#worte

oldie@squeet.me

Beredtes Schweigen

Vor vielen Jahren hat mir eine gute Bekannte vorgeschlagen, auf unserem nächsten Spaziergang gemeinsam zu schweigen. Ich habe mich nach einem kurzen Zögern darauf eingelassen. Wir sind durch die Natur gegangen und haben miteinander geschwiegen. Jeder hat seine Eindrücke aufgenommen.

Das Schweigen war jedoch ausschließlich sprachlicher Art. Da wir einen guten Draht zueinander hatten und sehr viel Sympathie füreinander, haben wir uns auf der gefühlsmäßig-atmosphärischen Ebene ausgezeichnet unterhalten.

Ich hatte noch nie Angst vor schweigsamen Momenten. Mit dieser Erfahrung durfte ich leben und erleben, dass Kommunikation wesentlich mehr ist als der bloße Austausch mit Worten. Und Schweigen ist nicht immer mit Sprachlosigkeit gleich zu setzen.

#reden #schweigen #spaziergang #natur #sprache #sympathie #gefühlsmaßig #atmosphärisch #angst #schweigsamkeit #kommunikation #austausch #worte #sprachlosigkeit

eiseskaelte@despora.de

„Wie Sand im Stundenglas verrinnt die Zeit des Lebens. Korn um Korn, von einer Seite auf die andere. Unaufhaltsam türmt der Berg sich über mir, droht mich zu erdrücken. Zerbrich nun dieses Glas und nimm die Last fort von mir.“

#Gedanken, #Worte die während einer #Depression aus mir flossen.

diggers@diaspora-fr.org

#Remigration ist Nazi aber #Rückführungsoffensive ist #Konsens

Liegt das jetzt an der Beliebtheit des Wortes #Führung oder will mensch mit dem Wort #Offensive gleichzeitig auch noch mal die Entschlossenheit an der Ostfront zum Ausdruck bringen?

Zu ihrer Entlastung braucht es unter anderem die von Ihnen angesprochene schnelle und effektive Rückführung von Menschen ohne Bleiberecht. Im Koalitionsvertrag haben wir eine #Rückführungsoffensive verabredet und festgehalten, dass der Bund die Länder bei Abschiebungen künftig stärker unterstützen soll.

Judith Skudelny (FDP)

#Heuchelei #umdreiEcken #Deutschland #Worte #Manipulation #Koalition #FDP

artfremd@nerdpol.ch

Die verblüffende Macht der Sprache

"Worte wirken im Gehirn wie ein Medikament - nur schneller und zuverlässiger."

"Eine emotionale Wunde, die durch Worte entsteht, lässt sich nur mit einem offenen Eingeständnis ohne rechtfertigende Relativierung heilen - was Menschen oftmals sehr schwer fällt."

#kommunikation #psychologie #sprache #worte #sprachpsychologie

schoko_minza@pod.geraspora.de

Der Zug hielt kurz an. Bis eben hatte ich alleine ohne Nachbarn auf einem der Fensterplätze gesessen. Auf den Sitz neben mir hatte ich meine Tasche und meine Jacke gelegt, unter den Sitz gegenüber streckte ich meine Beine aus. Nur der letzte freie Sitz der Vierersitzgruppe war nicht von mir in Beschlag genommen. Ich saß entgegen der Fahrtrichtung, ich saß immer entgegen der Fahrtrichtung. Vielleicht hatte das damit zu tun, dass ich grundsätzlich gerne auch mal zurückschaute, zwar nicht in der Vergangenheit lebte, aber der Zukunft doch gerne ungeplant gegenübertrat. Vorhersehbares langweilte mich schnell. Auf meinem Schoß lag ein kleines Notizbuch, in dem ich herumgekritzelt, Gedanken notiert hatte. Mit dem Stift, einem schönen Designkugelschreiber aus gebürstetem Edelstahl, spielte ich herum, drückte die Mine heraus und ließ sie wieder in dem Korpus versinken. Ich mochte dieses kleise Klicken und der Druckpunkt, wenn die Mine sich ein- und ausfuhr fühlte sich auf meinem Daumen angenehm an. Ab und zu sah ich aus dem Fenster. Langsam wurde es dunkel, die Sonne hatte sich in einen blutroten Drachen verwandelt, der die Welt in Brand setzte.

Einige stiegen aus, mehr jedoch kamen herein. Die Luft wurde weniger. Dann ruckelte es sanft, der Zug setzte sich wieder in Bewegung, als ein Mann sich auf den freien Platz mir schräg gegenüber setzte. Ich wand mich ihm kurz zu, wollte ihm zunicken, wie man das eben so macht. Das erste, das mir an ihm auffiel, war sein Mantel aus dunkelbraunem dicken Leder. Der Mantel ging hinunter bis über seine Knie. Er war aus so dickem Leder, dass man problemlos Satteltaschen daraus hätte machen können und doch sah er keineswegs störrisch und hart aus, vielmehr floß er an seinem Träger hinunter und erinnerte mich an einen schlammigen Wasserfall. Es war warm im Zug und der Mann öffnete den Mantel, um ihn auszuziehen. Damit das möglich war, musste er eine Art Gurt lösen, der von der rechten inneren Seitennaht bis über das innere untenliegende Mantelteil lag und dort links an der Seite mit einer dicken Stahlschnalle befestigt war. So etwas hatte ich noch nie gesehen, wahrscheinlich diente es dazu, den übereinandergeschlagenen Mantelteilen den richtigen Sitz zu verpassen. Das obere vordere Mantelteil hatte er zuvor so schnell aufgeknöpft, dass ich mich fragte, wie oft er dies am Tag machte. Mantel an, Schnalle zu, Knöpfe zu, Knöpfe auf, Schnalle auf, Mantel aus. Er rollte ihn zusammen und verstaute ihn im Gepäcknetz über meinem Kopf, dann setzte er sich. Nun sah ich auf einen dunkelgrauen Anzug, das Jacket war aufgeknöpft und gab den Blick auf eine Weste und ein schwarzes Hemd frei. Aus dem kleinen Einsteckfach der Weste baumelte eine Uhrkette hervor, zumindest hielt ich es für eine Uhrkette. Auch diese Kleidungsstücke waren von derartiger Qualität und strahlten trotz ihrer eigenartigen Derbheit eine solche schmeichelnde Sanftheit aus, dass ich versucht war, meine Hand auszustrecken und darüber zu streichen. Mantel und Anzug waren von solcher Gegensätzlichkeit, wie es mir noch nie bei einem Menschen aufgefallen war.

Dann erst nahm ich den Mann wahr. Er war schlank, das Alter konnte ich trotz seiner schon leicht angegrauten sowie oder gerade wegen seiner silberfarbenen Brille nicht schätzen. Ich hielt Ende zwanzig für möglich, genauso gut, konnte er aber auch Mitte fünfzig sein. Im herkömmlichen Sinne würde er sicher nicht als attraktiv bezeichnet werden, aber dennoch fand ich ihn sofort wunderschön. Dabei sah er unendlich müde aus, sein Gesicht war blaß und er hatte dunkle Ringe unter den Augen. Er griff in sein Jacket und holte ein Notizbuch hervor, ein kleines ledernes abgewetztes Ringbuch. Ich verfolgte jeder seiner Bewegungen. Er hatte gepflegte fast zarte anmutige Hände und am kleinen Finger der linken Hand steckte unpassender Weise ein breiter Silberring. Dann schlug er die Beine übereinander, legte das Notizbuch auf das eine Bein und blätterte es auf. Mit der freien Hand zog er aus seiner Hemdtasche einen Kugelschreiber heraus. Es war der Werbekugelschreiber einer Versicherung. Dieser Mann schrieb mit dem Giveaway-Kugelschreiber einer Versicherung. Das schockte mich.

Ich stellte mir seine Wohnung vor, seinen dunklen Schreibtisch aus Mahagoni mit drei großen schweren Schubladen, die man nur aufbekam, wenn man mit beiden Händen gleichzeitig fest daranzog, die Ecken zierten schwere geschmiedete Beschläge. Viele Male war er mit ihm umgezogen und durch die Beschläge hatte der Tisch keine einzige Macke abbekomme. In der oberen Schublade lagen edle exquisite Füller, auf rotem Samt gebettet und jeder einem anderen Zweck dienlich. Mit dem goldenen Hubkolbenfüller schrieb er Gedichte, mit dem schwarzen notierte er Termine in seinen Filofax mit dem trivialen Kaufhausfüller, einem Geschenk einer seiner Ex-Geliebten, der zwar häßlich dafür aber sündhaft teuer gewesen war, kritzelte er auf der Schreibunterlage herum während er wichtige Telefonate führte. In der zweite Schublade lagerte eine ganze Batterie von kleinen Glastiegeln verschiedenster Tinten und in der dritten Schublade reihten sich mindestens fünf Brieföffner aneinander und natürlich lag dort auch eine geladene Pistole, die nicht etwa zur Verteidigung diente, sondern mit der er vorgesorgt hatte, dem Leben willentlich ein Ende setzen zu können, wenn er dessen überdrüssig geworden war.

Der Rest seiner Wohnung bestand aus durchsichtigen Plastiksäcken, in denen sich Tausende von Werbekugelschreiber angesammelt hatten, die den Rest seiner Möbel formten. Selbst Innenwände gab es in seiner Wohnung nicht, bildeten doch die aufeinandergestapelten Kugelschreibersäcke ein wahres Labyrinth und geleiteten einen von einem Zimmer zum Nächsten. Überflüssig zu erwähnen, dass kein einziger Kugelschreiber doppelt vorhanden war. Dieser Mann bekam auf Schritt und Tritt Werbekugelschreiber geschenkt. Ich war mir sicher, dass er schon ernsthaft darüber nachgedacht hatte, einen Begleiter einzustellen, der für ihn die tägliche Fuhre durch den Tag brachte und diese dann abends verstaute.

Ich bin mir sicher, dass es ihm nicht entgangen war, dass ich ihn minutenlang angestarrt hatte, hoffte jedoch gleichzeitig, dass es sich in Echtzeit nur um einige besonders kurze Sekunden gehandelt hatte. Es war mir peinlich, ich spürte wie mir heiß wurde und mir die Röte ins Gesicht stieg. Ich wand mich ab, kramte mir einen Kaugummi aus meiner Handtasche, stopfte diesen in meinen Mund und wand mich scheinbar meinen Notizen zu. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass der Mann begonnen hatte, seinerseits in sein kleines Buch zu schreiben. Ich wollte, nein, ich musste unbedingt seine Schrift sehen, dann würde ich ihn auch keines Blickes mehr würdigen, aber seine Schrift musste ich sehen. Kurz überlegte ich aufzustehen und zur Toilette zu gehen, um dabei einen Blick erhaschen, verwarf diesen Gedanken aber sofort wieder, als ich das Zittern in meinen Knien spürte. Und so streckte ich mich mich nur etwas, wie Menschen das eben während langer sitzender Tätigkeiten gerne mal tun. Ich wollte ihn glauben machen, ich wäre in diesen Zug schon in Paris Gare de l'Est eingestiegen und würde ihn auch erst wieder morgen Früh in Wien am Hauptbahnhof verlassen. Später bei der Fahrkartenkontrolle sollte ich erfahren, dass er eine Monatskarte hatte, diese Zugstrecke also offenbar regelmäßig befuhr und er seinerseits sollte erfahren, falls er das überhaupt wahrgenommen hatte, dass ich mit einem Regionalticket unterwegs war und somit keineswegs auf dem Weg von meiner gutsituierten Pariser Familie zu guten Freunden in Wien unterwegs war, sondern nur von einem geschäftlichen Termin in der hundert Kilometer entfernten nächsten Großstadt kam.

Auf alle Fälle genügte es mir einen langen Blick auf sein Buch zu werfen. Also, er schrieb mit einem schwarzem Kugelschreiber. Ich selbst würde lieber keine einzige Zeile schreiben, wenn ich dies mit einem schwarzschreibendem Stift tun müsste. Ich schrieb blau oder braun oder eben gar nicht und das seit meiner Schulzeit. Zu meiner Enttäuschung hatte ich kein einziges Wort lesen können, nicht einmal einen Buchstaben hatte ich erkennen können und das obwohl er eine riesengroße Schrift hatte. Wenn er schrieb, bewegte sich seine ganze Hand auf- und abwärts, rutschte über das Papier und erzeugte ein kratzendes Geräusch. Bei jeder Pause klappte er das Buch zu, ließ allerdings den Kugelschreiber darin, um es dann schnell wieder aufklappen zu können und weiterzuschreiben. In seinen Schreibpausen gähnte er ein paar mal tief, kniff dabei die Augen fest zusammen, nahm sogar seine Brille ab und rieb sich die Augen. Ich war enttäuscht, dass ich nichts hatte lesen können, aber seine Schrift setzte sich nur aus höheren und niedrigeren Zacken zusammen und glich eher den Aufzeichnungen eines EKG, denn der Handschrift eines exzentrischen Dichters. Warum also klappte er sein Buch überhaupt zu, wenn er nachdachte. Vielleicht hielt ja er mich für eine hysterische Stalkerin und vielleicht sogar erinnerte ich ihn an seine Ex-Geliebte, die, die ihm den häßlichen Füller geschenkt hatte oder aber er wollte sich nur vor meinen neugierigen Blicken schützen. Vielleicht war es ihm aber auch peinlich, dass er mit einem Werbekugelschreiber schrieb, denn einmal kratzte er mit dem Fingernagel an dem Aufdruck herum.

Ich musste aufhören, ihn anzustarren. Was war nur los mit mir, das war doch sonst nicht meine Art und so zwang ich meine Augen nach unten zu schauen und endlich gelang es mir meine Gedanken wieder auf das Blatt Papier vor mir zu lenken. Ich verbesserte etwas an dem Satz, den ich vorhin notiert hatte, strich etwas durch, machte eine Fußnote und versuchte meinen Sitznachbarn zu vergessen, dessen pure Anwesenheit mich derart aus der Fassung brachte.

Gerade wollte ich einen neuen Satz beginnen, als mein Designkugelschreiber auf einmal zu mir sprach. „Du willst wissen, was der Typ da schreibt. Ok, ich werd es für dich herausfinden. Denn vorher wirst du ohnehin keinen einzigen vernünftigen Satz mehr mit mir schreiben.“ Mein Kugelschreiber sprach zu mir, glitt mir aus der Hand, nicht ohne einen häßlichen dicken Strich über meine Notizen zu machen, als wollte er mir sagen, dass meine Gedanken nichts wert seien, und begann von meinem Sitz zu klettern, rollte über den Fußboden und machte sich daran auf den anderen Sitz hochzuklettern. „Lass das“, dachte ich, „komm sofort zurück“, befahl ich ihm. Dieser elende Kugelschreiber schrieb doch sonst genau das, was ich ihm diktierte. Was bildete er sich ein. „Wenn du nicht augenblicklich umdrehst, werde ich dich mit einer schwarzschreibenden Mine ausstatten und dich nie mehr benützen“, klang es in meinem Kopf. Ich lehnte mich leicht nach vorne und wollte den Kugelschreiber unauffällig ergreifen. Aber er war zu flink und schon auf die Kopflehne des Sitzes geklettert. Panisch sah ich zu dem Mann hinüber. Vielleicht hatte er ja ausgerechnet heute, die Pistole aus seiner Schublade in seiner Jackettasche dabei und würde mich Wahnsinnige damit zur Strecke bringen und jeder Richter der Welt würde ihn freisprechen und seine absolute Notwehr anerkennen. Der Mann jedoch hatte gerade sein Büchlein zugeklappt, seinen Kopf an die Kopflehne gelehnt und schaute sinnierend aus dem gegenüberliegenden Fenster. Mein Kugelschreiber war ihm mittlerweile auf die Schulter gesprungen, an seinem Revers hinuntergerutscht und schlich nun leise über sein Bein in Richtung Notizbuch. Ich musste irgendetwas tun.

In diesem Augenblick drehte sich der Mann zu mir. Seine wasserblauen Augen zogen mich in einen Sinnenstunnel, in dem ich drohte das Bewusstsein zu verlieren. Ich täuschte einen Hustenanfall vor, legte mir die entschuldigend die Hand vor den Mund und beugte mich nach vorne, dabei stieß ich einmal heftig an sein Bein. Mein Kugelschreiber fiel von dem Stoß herunter und rollte unter den Sitz. Endlich konnte ich mich bücken, ich ergriff den Stift, hörte auf zu husten, griff fast gleichzeitig nach meiner Jacke und meiner Tasche und stürzte zur Zugtür, ganz in der Hoffnung, die nächste Haltestation würde nicht mehr weit sein.

Aber der Zug fuhr weiter durch die Dunkelheit, hielt nicht an und brachte mir mit keinem Halt die ersehnte Erlösung, ließ mich nicht flüchten. Ich lehnte mich mit der Stirn an die kalte Glasscheibe der Zugtüre. Auf einmal spürte ich die Anwesenheit einer Person. Als ich aufsah, sah ich in der Scheibe das Spiegelbild des Mannes. Ich schluckte, drehte mich um. Ich war mir sicher, er würde die Zugtüre aufreißen und mich hinausstoßen. Ich hob meine Hände und legte sie schützend um meinen Hals. In Wirklichkeit muss es so ausgesehen haben, als wolle ich mich selbst erwürgen. Der Mann lächelte mich an. „Sie haben ihr Notizbuch vergessen. Das sollte Sie nicht tun.“ Seine Stimme klang wie die Stille inmitten eines Wirbelsturmes, man konnte sie in der Luft sehen, ganz langsam waren der sonore Klang aus seinem Mund auf mich zugekommen und in meine Ohren gekrochen. Ich streckte meine Hand aus, nahm das Buch an mich, stammelte ein Danke, steckte es in meine Jackentasche. Dann endlich hielt der Zug, ich stieg aus, und rannte zum Ausgang, dabei rempelte ich ein sich küßendes Liebespaar an, das sich tränenreich verabschiedete oder ein glückseliges Wiedersehen feierte. Ich lief vor das Bahnhofsgebäude, ich hatte den Zug unplanmäßig eine Station vor meinem eigentlichen Ausstieg verlassen. Ich beschloß eine Taxi zu nehmen, ich war zu durcheinander und schließlich war es nicht weit bis zu mir nach Hause. Der Taxifahrer schaltete das Taxometer an und fuhr los. Mein Hand griff in meine Jackentasche, ich zog mein Notizbuch heraus und blätterte es auf. Es war bis auf die letzte Seite vollgeschrieben. Eine schwarze eckige kantige Schrift hatte jedes Blatt gefüllt.

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