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LIBerale MODerne: Lukrative Militanz

»Staatsknete für die richtige Meinung (2)« | Küppersbusch TV, Youtube

Im ersten Teil der erhellenden Recherche hatte Anton Hofreiter das Ziel des »Zentrums Liberale Moderne« noch auf den Punkt gebracht: »Woffn, Woffn und noch mal Woffn«. Und zwar nicht für irgendwen, für die Ukraine natürlich. Friedrich Küppersbusch legt nun nach, und der Eindruck, es handle sich bei der »Denkfabrik« um eine Geldsammelstelle der Familienunternehmer Marieluise Beck und Ralf Fücks lässt sich immer weniger von der Hand weisen. »LibMod« ist äußerst lukrativ – fünf Millionen Euro seien zwischen 2018 und 2022 aus verschiedenen Regierungstöpfen in die gemeinnütze GmbH geflossen. Den deutschen Militarismus aufzupäppeln und in der Gesellschaft zu verankern, kostet nun mal. Küppersbusch hat einen Whistleblower aufgetan, der klar macht, dass es bei LibMod mit dem vielversprochenen Pluralismus und Transparenz nicht weit her ist. Und er verspricht einen dritten Teil....

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Containern: Sozialstaat im Müll

Die Ampel kann Sozialpolitik. Neben einem enttäuschenden Bürgergeld spricht sie sich jetzt dafür aus, das Containern straffrei zu machen. Weggeschmissenes und Abgelaufenes für die Armen: So geht der Zeitenwende-Sozialstaat.

...Die Lebensmittel bei den Tafeln und in den Containern hinter Supermärkten sind ja nicht schlecht, sind im Grunde ja gar kein Abfall. Sie werden aus Bequemlichkeit weggeschmissen. Das stimmt zwar, aber Müll sind sie trotzdem, denn dass sie es sind, darüber scheint es einen breiten Konsens zu geben: Bei wem gibt es schon Käse zum Abendbrot, der zwei Stunden vorher noch neben welken Kartoffeln und schimmeligen Porree in der Tonne lag? Auch wenn er noch gut ist, noch essbar: Die Wenigsten tischen ihren Lieben solche Milcherzeugnisse auf.

Was ist also Abfall? Was Müll ist und was nicht ist ein gesellschaftliches Konzept. Die Frage der Verwertbarkeit von Materialien fällt insofern immer in die sozialwissenschaftliche Deutungshoheit. Für die Mehrzahl der Menschen in unserer Gesellschaft ist tierische Scheiße nutzlos und damit Abfall; andere düngen damit ihr Feld – und in anderen Weltregionen kachelt man damit seine Hütte. Hier isst man bestimmte Tierpartien nicht, dort gelten sie als besonders delikat. Was Abfall ist und was nicht, ist ein Konzept, basierend auf sozio-ökonomische, teils ökologische Entwürfe.

Nicht alle Menschen sehen dasselbe Erzeugnis als Abfall. Wir nennen es Abfall, wenn das Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist oder wenn nicht mehr viel fehlt, bis diese Grenze hinüber zum Abfall, erreicht ist. Unser Konzept von Wertigkeit eines Artikels, das sich aus der allzeitigen Verfügbarkeit von Lebensmittel rekrutiert, macht etwas schon vorab zum Müll, noch bevor die offizielle Zeitgrenze überschritten ist.

Letzteres mag man als schlechte Entwicklung betrachten, das ändert aber nichts daran, dass wir es mit Produkten zu tun haben, die kaum jemand regulär erwerben möchte. Aber bestimmte Leute im Lande sollten sie dennoch essen: Und diese Doppelmoral im Hinblick auf die Frische von Lebensmittel darf sich dann sogar noch rege Hoffnungen machen, als soziales Gewissen durchzugehen.

In Würde wühlen

Dieser vermeintliche Pragmatismus, der sich hinter der Ansicht versteckt, das alles sei ja noch gut, das könne man noch essen, offenbart natürlich das sozialstaatliche Defizit, das bei den Liberalen und den Grünen vorherrscht. Statt über Strukturen nachzudenken, die ein menschenwürdiges Leben garantieren können, übt man sich im libertären Gutmenschentum, das ein soziales Gewissen lediglich simuliert. Schließlich kann man sich so beruhigt zurücklehnen und einreden: Man habe alles getan, um die schlimmste Not zu lindern.

Von der FDP hat man freilich nichts anderes erwartet, seit Jahrzehnten ist genau das ihre Vorstellung von Sozialpolitik. Die Grünen jedoch geben regelmäßig zu Protokoll, sie seien eine gänzlich soziale Partei, hätten ein Herz für die Habenichtse. Und was fällt ihnen für sie ein? Ein Freifahrtschein zum Wühlen im Müll. Sei der auch noch so gut, noch so essbar: Für die, die das Containern straffrei machen wollen, bleibt es dennoch Müll. Sie würden sich kein Mahl aus Zutaten zaubern, die eben noch im Abfall lagen.

Es ist keine Frage der Nützlichkeit oder des Pragmatismus, die sich hier stellt: Wir haben es mit einer ethischen Frage zu tun. Und die geht so: Ist es sittlich, anderen das zuzuteilen, was ich in den Müll werfen würde?

Wer das mit Ja beantwortet, sagt damit auch: Ich bin etwas Besseres. Aber es ist und bleibt eines in diesem Deutschland eindeutig: Arme Menschen haben keine Würde, wegen der es sich um Sittlichkeit zu diskutieren lohnte. Deren Würde liegt auf dem Müll. Und wenn sie demnächst nach essbaren Resten suchen, ohne Angst haben zu müssen, dass sie gleich die Polizei mit auf das Revier nimmt, finden sie vielleicht zufällig irgendeine entsorgte Würde. Eine, die gleich neben den abgelaufenen Fischstäbchen lag. Die ausrangierte Würde anderer Leute aufzutragen: Mehr kann man als Mensch in Armut in Deutschland nicht erwarten. Auch nicht von einer Bundesregierung, die sich selbst als sozial und progressiv anpreist.
- https://overton-magazin.de/kommentar/gesellschaft-kommentar/sozialstaat-im-muell/

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #gesellschaft #rassismus #antirassismus #diversität #liberalala #klassenfrage #ausbeutung #kapitalismus

Liberaler Antirassismus: Oft nicht mehr als moralische Selbstvergewisserung

Wir müssen über den Kapitalismus reden und danach endlich anfangen, über Rassismus zu sprechen. Denn: Rassismus ist mehr als ein Vorurteil. Er stabilisiert die Klassengesellschaft. Und ist ein politisches, nicht bloß moralisches Problem (von Bafta Sarbo)

Heute gehört Antirassismus quasi zum guten Ton. Bis in konservative Kreise will kaum jemand „rassistisch sein“. Das merkt man etwa, wenn es zu spektakulären Fällen rassistischer Gewalt kommt. So löste die tödliche Polizeigewalt am Afroamerikaner George Floyd im Juli 2020 weltweite Proteste aus; hierzulande gingen 200.000 auf die Straße. Es gab dann auch eine kurze, intensive Phase der Auseinandersetzung mit dem „strukturellen Rassismus“. Mit der Umbenennung der Mohrenstraße in Berlin-Mitte ging es plötzlich schnell voran. Unternehmen stellten „Diversity-Beauftragte“ ein – und Bücher, die Weiße auffordern, Rassismus und ihre „Privilegien“ zu „reflektieren“, verkauften sich noch mal ein bisschen besser.

Gut so? Nur zum Teil. Antirassismus fungiert hier vor allem als eine selbstreferenzielle moralische Selbstvergewisserung, welche Symptome problematisiert, aber an den Voraussetzungen nicht rütteln will. Denn der Rassismus ist mehr als ein falsches Vorurteil, das sich durch „Dekonstruktion“ auflösen lässt. Er ist ein soziales Verhältnis innerhalb von Klassengesellschaften; es kommt ihm materielle Realität zu. Der liberale Antirassismus, der heute so weit verbreitet ist, verschreibt sich hingegen zwar dem Kampf gegen Rassismus, scheitert aber an seinen eigenen Voraussetzungen: dem Liberalismus und seinem eigentlich nicht vorhandenen Gesellschaftsbegriff. Man sei erinnert an Margaret Thatchers Satz: „Es gibt keine Gesellschaft, nur einzelne Männer, Frauen und ihre Familien.“

Der liberale Antirassismus hat zwei Schattierungen. Sein rechter Flügel meint, eine „Farbenblindheit“ reiche aus, um dem Rassismus zu entkommen. Das leugnet nicht nur die materielle Realität von Rassismus, sondern äußert sich dann auch in Scheindiskussionen zu „umgekehrtem Rassismus“ und Deutschenfeindlichkeit: Wenn Rassismus nur ein Vorurteil ist, kann sich das gegen alle richten. Eine zynische Diskussion, wenn man an all die Gewalt gegen Geflüchtete und andere Migrant:innen allein seit den 1990ern denkt.

Der linke Flügel des liberalen Antirassismus versucht sich in der Rede vom „strukturellen Rassismus“ immerhin an einer umfassenden Perspektive. Doch „struktureller Rassismus“ heißt dabei nicht mehr als „in der Gesellschaft weitverbreitete rassistische Einstellungen“. So reduziert sich die Praxis auf eine Auseinandersetzung mit Sprache, Bildern und Denkmustern. Und die mangelnde Diversität in Politik, Medien und Führungsetagen erscheint als Folge individueller Diskriminierungen – und davon, dass diese Institutionen eine bestimmte Klassendynamik abbilden.

Dabei existieren rassistische Ideologien in genau diesem Spannungsfeld. Sie rationalisieren bestehende Ungleichheit; ob sie mit genetischen Unterschieden argumentieren wie einst Thilo Sarrazin in Deutschland schafft sich ab – oder „kulturell“.

Dass Menschen mit Migrationshintergrund einem überdurchschnittlichen Armutsrisiko ausgesetzt sind, ist Realität. Doch die liberale Rassismuskritik skandalisiert nur die Verteilung der Armut – nicht deren Existenz. Der Diskurs um „Diversity“ erschwert es sogar, über migrantische Armut zu sprechen: Indem er Einzelnen aus Minderheiten zum Aufstieg ins Bürgertum oder in staatliche Institutionen verhilft, unterstreicht er die Ideologie namens „Alle können es schaffen“. So werden die sozialen Unterschiede kaschiert, die so tief sind wie noch nie. Denn noch immer sind hauptsächlich Migranten im Niedriglohnsektor tätig. Eine Quote in Dax-Vorständen wird da nichts nutzen.

Auch eine „buntere“ herrschende Klasse wird den Rassismus nicht beenden. Solange man das System schont, das er stabilisiert und das ihn immer wieder reproduziert, bleibt der Kampf gegen ihn ein Sisyphosjob. Wer den Rassismus abschaffen will, muss also verstehen, dass er ein politisches Problem ist, kein moralistisches.
- https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/liberaler-antirassismus-oft-nicht-mehr-als-moralische-selbstvergewisserung

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#kultur #kampf #liberalismus #verbote #mallorcahit #liberalala

Wer solche Songs in Bierzelten grölt, wurde über Jahrzehnte hinweg zum Einzelkämpfer gemacht in einer wirtschaftsliberalen Konkurrenzlogik, ohne dass Linksliberale es verhindert hätten.

Layla und die Liberalen: Triebabfuhr statt Klassenkampf

Geht es wirklich darum, den „Verbotseifer“ der Linken anzuprangern? Was die Debatte um einen Ballermannsong namens „Layla“ über die Liberalen verrät (von Christian Baron)

Youtube als Debattenlagerfeuer fürs Feuilleton? Willkommen in Deutschland! Seit Tagen sitzen Kulturmenschen vor ihren Rechnern und betrachten Männer, die zu den Klängen eines sexistischen Superhits – nennen wir es kulanzhalber: tanzen. In der Süddeutschen Zeitung vermisst eine Autorin „die Suche nach einem Funken Form, wenn es um die Erotik zwischen den Geschlechtern geht“. Im Cicero dagegen sieht ein Autor „eine Minderheit puritanischer Tugendwächter“ am Werk. In der taz beschreibt eine Autorin, die Bilder mit grölenden Kerlen auf Mallorca wirkten auf sie „wie ein durch Urlaub und Alkohol legitimiertes Paralleluniversum“.

Worum es geht? Darum: DJ Robin & Schürze stehen seit Wochen auf Platz eins der deutschen Single-Charts mit einem Lied, in dem das lyrische Ich die Titelheldin besingt, die als „Puffmama“ arbeite und „schöner, jünger, geiler“ sei. Die Stadt Würzburg bat darum, das Chanson auf der örtlichen Kirmes nicht zu spielen, weil es frauenverachtend sei. Skandal um Layla!

Einer der aufschlussreichsten Texte zum Thema erschien in der Welt. Der Autor rät darin zu Gelassenheit, weil sie im Interesse der Herrschenden liege. In Zeiten ökonomischer Zumutungen müsse den „Proleten“ ihr Bierzelteskapismus bleiben: „Wenn man ihnen auch das kleine Vergnügen entzieht, kann das der Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt.“ Was sagt uns das über den Liberalismus?

Vor wenigen Jahren erschien das Buch Das Reich des kleineren Übels von Jean-Claude Michéa. Seine Prämisse: Heute gelte es als selbstverständlich, dass der „linke“, sich auf Freiheitsrechte berufende Liberalismus und der „rechte“, den freien Markt verabsolutierende Wirtschaftsliberalismus zu trennen seien. Michéa sagt, beide besäßen dieselbe Wurzel. Jede liberale Gesellschaft beruhe auf dem Gedanken, der Staat müsse „neutral“ agieren, die Gesellschaft handele marktförmig ihre Regeln selbst aus. In einer Zeit steigender sozialer Ungleichheit, in der Alternativen zu Marktmechanismen denkbar würden, müsse der Liberalismus immer mehr Kraft aufwenden, um das Rationale als in der Natur des Menschen liegend nachzuweisen. Deshalb werde der Ruf nach mehr rationaler Eigenverantwortung und weniger irrationaler Ambivalenz lauter, je deutlicher die „neutrale Aushandlung“ und der „wertfreie Markt“ versagen. So entstehe eine Gesellschaft, in der auch die privaten Beziehungen und Vorlieben dem Primat des Ökonomischen unterliegen.

„Layla“-Streit zeugt von einer falschen Front zwischen „linken Eliten“ und „Volk“

Bezogen auf das Beispiel Layla bedeutet das: Die Wirtschaftsliberalen attackieren die Linksliberalen für ihren vermeintlichen Verbotseifer. Sie sehen den Eskapismus in Gefahr, der den Lohnsklaven jenes „kleine Vergnügen“ schenkt, das ihren Status als für die wirtschaftliche Verwertbarkeit abgerichtete rationale Wesen sichert. Die Linksliberalen wiederum denken in anderer Weise eiskalt-rational und nicht dialektisch. Als ob Frauenverachtung aus der Gesellschaft effizient verschwände, wenn frauenverachtende Lieder aus Bierzelten verbannt blieben. Warum sie das Kirmes-Aus für Layla in Würzburg gut findet, begründete die Autorin des Textes in der Süddeutschen mit diesem Satz: „Die Stadt entschied sich, so will es der freie Markt.“

Was beide Seiten ausblenden: Wer solche Songs in Bierzelten grölt, wurde über Jahrzehnte hinweg zum Einzelkämpfer gemacht in einer wirtschaftsliberalen Konkurrenzlogik, ohne dass Linksliberale es verhindert hätten. Man kann nicht oft genug daran erinnern, dass es eine Bundesregierung aus SPD und Grünen war, die den Sozialstaat abgebaut, das Gesundheitssystem privatisiert und den Finanzmarkt dereguliert hat. Beide Parteien sind nun wieder an der Macht und planen, die aktuelle Krise auf dem Rücken der ärmeren Bevölkerungshälfte zu managen. So wird das notwendig falsche Bewusstsein von einer Front zwischen „den linken Eliten“ und „dem einfachen Volk“ leider einstweilen fortbestehen und in Bierzelten eher Triebabfuhr mit Layla betrieben werden als Klassenkampf mit der Internationalen.
- https://www.freitag.de/autoren/cbaron/layla-und-die-liberalen-triebabfuhr-statt-klassenkampf

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #8märz #feminismus #liberalala #baerbock #staatspolitik

Feministische Außenpolitik kann sich nicht vom Staat, dem Bruder des Patriarchats, scheiden. Ihre Loyalität gilt der Macht, nicht der Freiheit. Sie hat herzlich wenig mit den vielen feministischen Bewegungen auf den Straßen der Welt zu tun, in denen Menschen tagtäglich ihre Leben riskieren, um sich Patriarchat, Kapitalismus, Polizeigewalt und militärischen Angriffen zu widersetzen. Dies sind zwei unterschiedliche Welten. Feminist:innen sollten sich aktiv dagegen wehren, dass ihre Geschichte, ihre Methoden und ihre Kämpfe durch Begriffe wie feministische Außenpolitik ihrer Bedeutung beraubt und mit Systemen der Gewalt und Ausbeutung vereinbar gemacht werden. Wir verdienen mehr als die rückständigen Ideologien und Methoden, die uns nun durch Staaten als Feminismus angedreht werden.

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #klimawandel #aktivismus #letztegeneration #liberalala #kapitalismus

Das Ende der Welt auf der A100 aussitzen: Warum Klima-Aktivismus gegen die pendelnden Umweltsäue nichts bringt

Eigentlich ist die Sache offenkundig und in den antikapitalistischen Kreisen der Klimabewegung längst common sense: Der Kapitalismus ist nicht in der Lage, das Mensch-Natur-Verhältnis auf eine Grundlage zu stellen, die das Überleben der Menschheit gewährleistet. Er kann es nicht, weil sein Imperativ Kapital zu akkumulieren, nur aufgeht, indem er die zwei Springquellen des Reichtums, den Arbeiter und die Natur, ausbeutet. Und weil die Akkumulation maß- und schrankenlos ist, kann ein Planet mit endlichen Ressourcen an ihr nur zugrunde gehen. Es ist irrelevant, welche Technologien angeblich eine „grüne Wende“ im Kapitalismus einleiten sollen, sie werden sofort in den Imperativ der Kapitalakkumulation eingebettet und die Sache geht weiter in Richtung Abgrund. Es gibt keine „nachhaltige Zähmung“ dieses Monsters und alle Daten aus vorherigen mit viel PR-Gedöns vorgetragenen Ansätzen dazu stützen diese Auffassung.

Individualisierung der Umweltkrise

Weil die Sache so einfach ist, müssen von denjenigen, die an der Erhaltung eben dieses Kapitalismus interessiert sind, Ideologien in Umlauf gebracht werden, die sie verschleiern. Die Individualisierung der Umweltkrise ist eine der wichtigsten Säulen der Erhaltung des Status Quo. Es ist ein alter Hut, dass die Popularisierung des personalisierten „carbon foot print“ auf die Kappe von PR-Agenturen ging, die von multinationalen Konzernen beauftragt wurden. Vermittelt werden sollte: Wir sind alle im selben Boot und ihr, die Konsument:innen, seid ja am Ende Schuld dran, dass so viel Dreck produziert wird.

Die These, die dahinter steht, ist – auch bei denen, die gerne die auswendig gelernten Phrasen von „strukturellen Ursachen“ bemühen -, dass letztlich ohne Revolution und im Kapitalismus die Sache noch irgendwie gewuchtet werden könne, wenn „wir“ uns nur „alle“ einschränken. Da das „wir“ klassenneutral gedacht ist – also den auf Mindestlohn darbenden LKW-Fahrer genauso einschließt wie den Vorstandsvorsitzenden von BMW -, ist es einfacher sich an denen abzuarbeiten, die ohnehin schon nichts mehr haben. Den anderen läuft man selten über den Weg. Die anonyme Masse, die sich vermeintlich oder tatsächlich weigert, sich „einzuschränken“, ist die treibende Kraft hinter der Zerstörung der Natur. Der Bockwurst fressende, Stinke-Auto fahrende Pendelproll, der einmal jährlich nach Malle fliegt, ist, eingestanden oder nicht, die Zielfigur dieser Politik. Der muss bestraft werden, indem man ihn beschämt oder sich eben am Freitag nachmittag vor sein Auto setzt, auf dass er demnächst mit dem Fahrrad zur Arbeit radle. Der Unternehmensberater aus Stuttgart tut ja schon alles, er hat sogar Solarzellen auf seinem Eigenheim, was soll man an ihm noch ändern?

Wen erreichen?

Der letztlich liberale Aktivismus, der aus der Analyse entspringt, dass „wir alle“ jetzt sofort „unseren Lebensstil“ ändern müssen, hat mehrere Probleme. Das systematische ist, dass er die Ursachen für die vom Kapitalismus gemachte Klimakrise verkennt und sich deshalb an Symptomen abarbeiten muss. Die zweifellos notwendige Veränderung des Konsumverhaltens wird von ihrer Voraussetzung – der Änderung der Produktionsweise – getrennt und läuft ins Leere

Dass Aktivist:innen überhaupt etwas tun, sich selbst in die Waagschale werfen, ist anzuerkennen. Einer liberalen Ideologie aufzusitzen, die Tag für Tag durch die Leitmedien, die Think Tanks, die PR-Agenturen der Unternehmen und die auf ökologisches Marketing setzenden Parteien in die Köpfe gedrückt wird, ist auch keine moralische Schuld. Völlig nachvollziehbar ist, dass angesichts der Größe der Krise viele das Gefühl haben, jetzt schnell etwas tun zu müssen – was auch durchaus eine richtige Einschätzung der Lage ist.

Ohne Massen keine Lösung

Nur leider führt „irgendwas tun“ in den seltensten Fällen zu dem Ziel, das man sich gesetzt hat, manchmal auch einfach davon weg. Und die Sache an der Klima-Krise ist eben, dass sie von den anderen multiplen Krisen des Kapitalismus nicht zu trennen ist: Nicht von der imperialistischen Produktionsweise, die vom Outsourcing und Offshoring der arbeitsintensiven und umweltschädlichen Produktionsteile in den Trikont lebt; nicht von Krieg und Hochrüstung; und nicht von der Klassenspaltung. Man muss Klima-Krise und diese anderen Aspekte des Kapitalismus nicht äußerlich „zusammendenken“, man kann sie nur trennen um den Preis, in liberale Irrwege abzurutschen.

Ohne die Vergesellschaftung der Produktion und die Aneignung der Macht durch die organisierte Gesellschaft gibt es nicht einmal die Möglichkeit, die Katastrophe noch abzuwenden. Das aber geht nicht ohne Massenbewegung. Wer das teilt, kann aber Aktionen weder nur zum Appell an die Eliten, noch zur Selbstbestätigung machen. Das Gefühl „ich tue ja was, die dumme Mehrheit aber nicht“ mag über die Wintermelancholie retten, vor dem Untergang der Menschheit rettet es nicht. Auch wenn es „5 nach 12“ ist, führt an dem langen Weg zum Ziel, zumindest eine handlungsfähige Mehrheit der Gesellschaft gegen den Kapitalismus und seinen Staat in Stellung zu bringen, kein Weg vorbei. Auf Autobahnen sitzen oder das Abdrehen der Heizung zu romantisieren, bis es 10 nach 12 ist, bringt diesem Ziel keinen Schritt näher.