#nohate

francoisvillon@societas.online

Aristophanes - Lysistrata

Mit Schwarzweiß-Illustrationen von Aubrey Beardsley

Lysistrata

wolter editionen
96 / ~2000 :)) #neverendingbookcoverchallenge

Lysistrata

Lustspiel in 3 Akten
Deutsch bearbeitet von J. J. C. Donner
Jahr der Aufführung: Olymp. 92,.1. vor Christus 411.

Das Stück thematisiert den Kampf einiger Frauen gegen die Männer als Verursacher von Krieg und den damit verbundenen Leiden. Getragen von dieser Erkenntnis verschwören sich die Frauen Athens und Spartas, um den Frieden zu erzwingen. Sie besetzen unter Führung der Titelheldin Lysistrata die Akropolis und verweigern sich fortan ihren Gatten sexuell. Durch die Konfiskation der dort gesicherten Gelder unterbrechen sie außerdem die Kriegsfinanzierung. In Sparta veranlasst Lampito einen ähnlichen Ausstand. Nach einigen Verwicklungen und Rückfällen - mehrfach versuchen liebestolle Frauen, die Burg in Richtung der Männer zu verlassen, oder die erbosten Herren versuchen, die Burg zu erstürmen - führt der Liebesentzug tatsächlich zum Erfolg.
Wikipedia

peace
#peace #nowar #nohate
#Aristophanes #AubreyBeardsley #Theater #Antike #Griechenland #Frauen #Bücher #HarrysRegal

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детей беженцев / Flüchtlingskinder / Refugee children 1915-16
Моисей Слепян (Majsiej Sliapian, 1872-1941)

Dagmar Nick - Flucht

Weiter. Weiter. Drüben schreit ein Kind.
Laß es liegen, es ist halb zerrissen.
Häuser schwanken müde wie Kulissen durch den Wind.

Irgendjemand legt mir seine Hand
in die meine, zieht mich fort und zittert.
Sein Gesicht ist wie Papier zerknittert,
unbekannt.

Ob du auch so um dein Leben bangst?
Alles andre ist schon fortgegeben.
Ach, ich habe nichts mehr, kaum ein Leben,
nur noch Angst
.

Erstveröffentlichung durch Erich Kästner in Die Neue Zeitung (NZ), München, 1945

peace
#peace #nowar #nohate
#DagmarNick #MajsiejSliapian #Flucht #Flüchtlinge

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Prinz Chaos - Thränen des Vaterlandes

Text: Andreas Gryphius
https://www.youtube.com/watch?v=nQJcPyc7xOs

Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr denn ganz verheeret!
Der frechen Völker Schar, die rasende Posaun
Das vom Blut fette Schwert, die donnernde Karthaun
Hat aller Schweiß, und Fleiß, und Vorrat aufgezehret.

Die Türme stehn in Glut, die Kirch' ist umgekehret.
Das Rathaus liegt im Graus, die Starken sind zerhaun,
Die Jungfern sind geschänd't, und wo wir hin nur schaun
Ist Feuer, Pest, und Tod, der Herz und Geist durchfähret.

Hier durch die Schanz und Stadt rinnt allzeit frisches Blut.
Dreimal sind schon sechs Jahr, als unser Ströme Flut
Von Leichen fast verstopft, sich langsam fort gedrungen.

Doch schweig ich noch von dem, was ärger als der Tod,
Was grimmer denn die Pest, und Glut und Hungersnot,
Daß auch der Seelen Schatz so vielen abgezwungen.

peace

#peace #nowar #nohate
#PrintChaos #AndreasGryphius

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Dieter Hildebrandt - Überleben Sie mal

aus:
Was bleibt mir übrig | Anmerkungen zu (meinen) 30 Jahren Kabarett. | Texte 1961 -1964

Knaur | 1989 | ISBN: 9783426023846
94 / ~2000 :)) #neverendingbookcoverchallenge

Überkleben Sie Plakate, Transparente,
wo geschrieben steht, es ist nun alles aus.
Überlassen Sie das bitte dem Talente,
der Voraussicht unsrer Herrn im Bundeshaus.
Übergeben Sie suspekte Elemente,
die das sagen, der Verfassungspolizei.
Auch der Untergang der Welt war eine Ente.
Pazifismus ist nur leere Rederei.
Weil alles halb so wild ist,
wenn man nur recht im Bild ist.
Weil man nur an geschmiert ist,
wenn man nicht informiert ist.
Weil alles halb so schwer ist,
weil alles kein Malheur ist,
weil jeder Amateur ist,
der sich dabei empört.

Überheben Sie sich sämtlicher Bedenken,
eine Bombe kostet nicht gleich jeden Kopp,
und die Kirche sagt, der Herr wird sie schon lenken,
und der lenkt sie in den Osten. Na und ob...
sie aber über Oberammergau
oder aber über Unterammergau,
oder aber überhaupt nicht fällt,
ist nicht gewiß.

MLuS

BÜRGERIN:
Der Mensch von heute soll nicht höher als höchstens im Hochparterre wohnen.
1. BÜRGER:
Warum denn das?
BÜRGERIN:
Je höher der Stand der Technik, um so tiefer muß der Mensch wohnen.
1. BÜRGER:
Weswegen?
BÜRGERIN:
Damit er’s nicht so weit in den Keller hat.
2. BÜRGER:
(Zieht ein Buch heraus.)
»Eine moderne Fernrakete hat eine Geschwindigkeit Von 28 000 Stundenkilometern. Die Flugzeit von Bratislawa bis München würde also fünf Sekunden betragen.«
3. BÜRGER:
Sagen Sie!
2. BÜRGER:
Nein, sagt der Fachmann.
1. BÜRGER:
Sie vergessen unser hochentwickeltes Warnsystem; es kann uns nichts passieren.
3. BÜRGER:
Unser was?
1. BÜRGER:
Warnsystem.
(Zieht eine Broschüre heraus und liest.)
»Bei einem drohenden Angriff wird die Bevölkerung durch den Rundfunk über die allgemeine Lage laufend unterrichtet.«
3. BÜRGER:
Sagen Sie?
1. BÜRGER:
Nein, sagt diese amtliche Broschüre.
3. BÜRGER:
Moment, das möchte ich wissen. Ich gehe jetzt hinaus und bin die Rakete. Einer von Ihnen spielt den Bayerischen Rundfunk, und einer zählt von 21-25, und dann schlage ich ein.
(Geht ab.)
2. BÜRGER:
Ich bin der Bayerische Rundfunk.
BÜRGERIN:
Und ich zähle bis 25. Alles fertig?
3. BÜRGER: (Von ganz weit hinten.)
Fertig! Ich liege bereits auf der Abschußrampe!
BÜRGERIN:
Einundzwanzig — zweiund...
2. BÜRGER:
Hier ist der Bayerische...
BÜRGERIN:
zwanzig — dreiund...
2. Bürger:
Rundfunk.
BÜRGERIN:
zwanzig — vierund...
2. BÜRGER:
Vor fünf Sek...
(Alle stürzen mit einem Schrei von der Bühne. Die »Bombe« tritt auf.)
3. BÜRGER:
Wo sind Sie denn?
2. BÜRGER:
Im Keller!!
3. BÜRGER:
Sie waren doch der Rundfunk. Sie müssen doch das Volk warnen?
2. BÜRGER:
Und wer warnt mich?
(Alle kommen langsam wieder auf die Bühne.)
3. BÜRGER:
Das Frühwarnsystem funktioniert ganz toll, was? Und was sollte denn der Quatsch mit der Aktentasche? Warum haben Sie die über den Kopf gehalten, als ich einschlug?
BÜRGERIN:
Das habe ich in der amtlichen Broschüre des Bundesinnenministeriums gelesen.
1. BÜRGER:
Jawohl, Aktentaschen schützen gegen Strahlung und herabfallende Trümmer.
2. BÜRGER: (Schlägt sein Buch auf.)
»Bei einer Oberflächenexplosion berührt der Feuerball die Erdoberfläche. Dabei werden Gestein, Erde und andere Materialien verdampft und in den Feuerball aufgesogen.«
BÜRGERIN:
Und was sagt Ihre Broschüre?
1. BÜRGER:
»Die Hitzestrahlung breitet sich mit ungeheurer Geschwindigkeit aus. Sie wirkt aber wegen ihrer kurzen Dauer nur auf die jeweils getroffene Oberfläche. In der Nähe schützen davor bereits Mauervorsprünge und größere Gegenstände.«
2. BÜRGER:
Aktentaschen.
1. BÜRGER:
Jawohl!
BÜRGERIN:
Vielleicht sollte man noch was rein tun in die Aktentasche, dann schützt sie noch mehr.
2. BÜRGER:
Ja, die Broschüre vom Innenministerium.
(Er liest aus seinem Buch.)
»Eine Wasserstoffbombe bewirkt nach den Erfahrungen von Bikini eine Verseuchung von 20 000 Quadratkilometern.«
1. BÜRGER:
Unsinn! Da lese ich doch lieber die Broschüre! »Die sogenannte Anfangsstrahlung dauert etwa 60 Sekunden und reicht nie weiter als 3-5 Kilometer vom Explosionspunkt.«
BÜRGERIN:
Wir wollten sowieso aufs Land ziehen.
1. BÜRGER:
Tun Sie es nicht, denn in meiner Broschüre steht:** »Flucht bringt keine Rettung.«
ALLE:
Ach soo?
1. BÜRGER:
Ja. »Wer sich auf die Flucht begibt, kann nicht rechtzeitig gewarnt werden.«
2. BÜRGER:
Vom Bayerischen Rundfunk!
Überleben werden wir’s auf alle Fälle, weil die Seele immer noch unsterblich ist.
Keinen Fußbreit rückt der Deutsche von der Stelle, wie ihr alle noch vom letzten Krieg her wißt.

Überheben Sie sich sämtlicher Bedenken,
eine Bombe kostet nicht gleich jeden Kopp.
Und die Kirche sagt: Der Herr wird sie schon lenken,
und der lenkt sie in den Osten, na und ob...
sie aber über Unterpfaffenhofen
oder aber über Oberpfaffenhofen
oder aber ganz genau ins Altmühltal,
ist fast egal.

peace
#peace #nowar #nohate

#DieterHildebrandt #MünchnerLachundSchießgesellschaft #Kabarett #Satire #Bücher #HarrysRegal

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BAP - Ein für allemohle

Album: Sonx, 2004
cover
https://www.youtube.com/watch?v=sZ0zb7a_PzY

Mai '42 wohr se sibbe, met Sommersprosse 'n blonde Hoor.
Die »Dausend Bomber övver Kölle» wohrn eez dä Ahnfang, aff do
Fass jede Naach Alarmsirene, fass jede Naach enn Duudesangs
Met Mamm un Schwester un däm Kleine die Strooß erunder nohm Bunker jerannt,
Off als et leechterloh brannt.

»En einzije Naach bloß un du häss ein für allemohle jeliert,
Verschött enn 'nem Keller, wer sämpliche Kreeje sick jeher verliert.«

All die Pulsschlääsch em Stockdunkle, all dä Krach, all dä Jestank,
All dä Stöbb enn Kinderlunge, all dä Rauch, all die Angs,
All die Wunde, all die Träne, all dat Bloot un all dä Dreck,
All die Duude ohne Name, zerfetz, verrenk un versengk,
Die kräät se nie mieh verdrängk.

»En einzije Naach bloß un du häss ein für allemohle jeliert,
Verschött enn 'nem Keller, wer sämpliche Kreeje sick jeher verliert.«
Die Brosch met däm Anker nevve däm joldne Häzz,
Rääts un links vun däm Krüzz, hatt ihre Bapp noch jescheck,
Eh dat e' vermess wood, irj'ndwo'n enn der Normandie verreck,
Jed'nfalls kohm dä nie zoröck, nä, dä kohm nie zoröck.
»En einzije Naach bloß un du häss ein für allemohle jeliert,
Verschött enn 'nem Keller, wer sämpliche Kreeje sick jeher verliert.«

Mai '42 war sie sieben, mit Sommersprossen und blondem Haar.
Die »Tausend Bomber über Köln» waren erst der Anfang, ab da
Fast jede Nacht Alarmsirenen, fast jede Nacht in Todesangst
Mit Mutter, Schwester und dem Kleinen die Straße runter zum Bunker gerannt,
Oft als es lichterloh brannte.

»Eine einzige Nacht bloß und du hast ein für allemal gelernt,
Verschüttet im Keller, wer sämtliche Kriege seit jeher verliert.«

All die Pulsschläge im Stockdunkeln, all der Krach, all der Gestank,
All der Staub in Kinderlungen, all der Rauch, all die Angst,
All die Wunden, all die Tränen, all das Blut und all der Dreck,
All die Toten ohne Namen, zerfetzt, verrenkt und versengt,
Bekommt sie nie mehr verdrängt.

»Eine einzige Nacht bloß und du hast ein für allemal gelernt,
Verschüttet im Keller, wer sämtliche Kriege seit jeher verliert.«

Die Brosche mit dem Anker neben dem goldenen Herz,
Rechts und links von dem Kreuz, hat ihr Vater noch geschickt,
Ehe er vermisst war, irgendwo in der Normandie verreckt,
Jedenfalls kam er nie zurück, nein, der kam nie zurück.
»Eine einzige Nacht bloß und du hast ein für allemal gelernt,
Verschüttet im Keller, wer sämtliche Kriege seit jeher verliert.«

peace

#peace #nowar #nohate
#BAP # #rock #kölsch #singersongwriter #music #musik

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Lied des Friedens (aus Aserbajdzan)

Song of Peace (from Azerbaijan)
aus:
Wir wollen Frieden für alle Zeiten - Neue und alte Friedenslieder
frieden
pläne | 1986 | ISBN: 9783885690078

Kommt laßt uns kämpfen in der ganzen Welt,
daß sie niemals, niemals in Schutt und Asche fällt.
Kommt mit, ihr Mütter, Väter, ihr Töchter und ihr Söhne,
und stimmt mit uns zusammen das Lied des Friedens an!

Asien, Afrika, wir reichen euch die Hand.
und dir, Amerika, unversöhntes Land.
Es kommt der Tag, da haben wir, Schwarze, Weiße und Gelbe,
von dieser Erde endlich das Kriegsgespenst verbannt.

Laßt tausend Tauben hell am Himmel stehn,
laßt aller Völker Friedensfahnen wehn,
laßt überall die Stimme der Wahrheit erklingen,
laßt diese stolze Melodie um die Erde gehn.

Musik und Text: Trad.
deutsche Nachdichtung von Jürgen Brockert und Olaf Cless

peace
#peace #nowar #nohate

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Joan Baez - With God on Our Side

Album: The First Ten Years, 1970
cover
https://www.youtube.com/watch?v=97trw1rrls4
Bob Dylan:
Album: The Times They Are A Changin', 1964
cover

Oh my name it is nothin'
My age it means less
The country I come from
Is called the Midwest
I's taught and brought up there
The laws to abide
And that land that I live in
Has God on its side.

Oh the history books tell it
They tell it so well
The cavalries charged
The Indians fell
The cavalries charged
The Indians died
Oh the country was young
With God on its side.

Oh the Spanish-American
War had its day
And the Civil War too
Was soon laid away
And the names of the heroes
I's made to memorize
With guns in their hands
And God on their side.

Oh the First World War, boys
It closed out its fate
The reason for fighting
I never got straight
But I learned to accept it
Accept it with pride
For you don't count the dead
When God's on your side.

When the Second World War
Came to an end
We forgave the Germans
And we were friends
Though they murdered six million
In the ovens they fried
The Germans now too
Have God on their side.

I've learned to hate Russians
All through my whole life
If another war starts
It's them we must fight
To hate them and fear them
To run and to hide
And accept it all bravely
With God on my side.

But now we got weapons
Of the chemical dust
If fire them we're forced to
Then fire them we must
One push of the button
And a shot the world wide
And you never ask questions
When God's on your side.

In a many dark hour
I've been thinkin' about this
That Jesus Christ
Was betrayed by a kiss
But I can't think for you
You'll have to decide
Whether Judas Iscariot
Had God on his side.

So now as I'm leavin'
I'm weary as Hell
The confusion I'm feelin'
Ain't no tongue can tell
The words fill my head
And fall to the floor
If God's on our side
He'll stop the next war.

peace

#peace #nowar #nohate
#BobDylan #JoanBaez #folk #singersongwriter #music #musik

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Wolfgang Borchert - An diesem Dienstag

aus:
Das Gesamtwerk | Rowohlt | 1981 | ISBN: 9783498090272
93 / ~2000 :)) #neverendingbookcoverchallenge
covercover

An diesem Dienstag

Die Woche hat einen Dienstag.
Das Jahr ein halbes Hundert.
Der Krieg hat viele Dienstage.

An diesem Dienstag

übten sie in der Schule die großen Buchstaben. Die Lehrerin hatte eine Brille mit dicken Gläsern. Die hatten keinen Rand. Sie waren so dick, daß die Augen ganz leise aussahen.

Zweiundvierzig Mädchen saßen vor der schwarzen Tafel und schrieben mit großen Buchstaben:

DER ALTE FRITZ HATTE EINEN TRINKBECHER AUS BLECH. DIE DICKE BERTA SCHOSS BIS PARIS. IM KRIEGE SIND ALLE VÄTER SOLDAT.

Ulla kam mit der Zungenspitze bis an die Nase. Da stieß die Lehrerin sie an. Du hast Krieg mit ch geschrieben, Ulla. Krieg wird mit g geschrieben. G wie Grube. Wie oft habe ich das schon gesagt. Die Lehrerin nahm ein Buch und machte einen Haken hinter Ullas Namen. Zu morgen schreibst du den Satz zehnmal ab, schön sauber, verstehst du? Ja, sagte Ulla und dachte: Die mit ihrer Brille.

Auf dem Schulhof fraßen die Nebelkrähen das weggeworfene Brot. An diesem Dienstag

wurde Leutnant Ehlers zum Bataillonskommandeur befohlen. Sie müssen den roten Schal abnehmen, Herr Ehlers.

Herr Major?

Doch, Ehlers. In der Zweiten ist sowas nicht beliebt.

Ich komme in die zweite Kompanie?

Ja, und die lieben sowas nicht. Da kommen Sie nicht mit durch. Die Zweite ist an das Korrekte gewöhnt. Mit dem roten Schal läßt die Kompanie Sie glatt stehen. Hauptmann Hesse trug sowas nicht.

Ist Hesse verwundet?

Nee, er hat sich krank gemeldet. Fühlte sich nicht gut, sagte er. Seit er Hauptmann ist, ist er ein bißchen flau geworden, der Hesse. Versteh ich nicht. War sonst immer so korrekt. Na ja, Ehlers, sehen Sie zu, daß Sie mit der Kompanie fertig werden. Hesse hat die Leute gut erzogen. Und den Schal nehmen Sie ab, klar?

Türlich, Herr Major.

Und passen Sie auf, daß die Leute mit den Zigaretten vorsichtig sind. Da muß ja jedem anständigen Scharfschützen der Zeigefinger jucken, wenn er diese Glühwürmchen herumschwirren sieht. Vorige Woche hatten wir fünf Kopfschüsse. Also passen Sie ein bißchen auf, ja?

Jawohl, Herr Major.

Auf dem Wege zur zweiten Kompanie nahm Leutnant Ehlers den roten Schal ab. Er steckte eine Zigarette an. Kompanieführer Ehlers, sagte er laut.

Da schoß es.

An diesem Dienstag

sagte Herr Hansen zu Fräulein Severin:

Wir müssen dem Hesse auch mal wieder was schicken, Severinchen. Was zu rauchen, was zu knabbern. Ein bißchen Literatur. Ein Paar Handschuhe oder sowas. Die Jungens haben einen verdammt schlechten Winter draußen. Ich kenne das. Vielen Dank.

Hölderlin vielleicht, Herr Hansen?

Unsinn, Severinchen, Unsinn. Nein, ruhig ein bißchen freundlicher. Wilhelm Busch oder so. Hesse war doch mehr für das Leichte. Lacht doch gern, das wissen Sie doch. Mein Gott, Severinchen, was kann dieser Hesse lachen!

Ja, das kann er, sagte Fräulein Severin.

An diesem Dienstag

trugen sie Hauptmann Hesse auf einer Bahre in die Entlausungsanstalt. An der Tür war ein Schild:

OB GENERAL, OB GRENADIER:
DIE HAARE BLEIBEN HIER.

Er wurde geschoren. Der Sanitäter hatte lange dünne Finger. Wie Spinnenbeine. An den Knöcheln waren sie etwas gerötet. Sie rieben ihn mit etwas ab, das roch nach Apotheke. Dann fühlten die Spinnenbeine nach seinem Puls und schrieben in ein dickes Buch: Temperatur 41,6. Puls 116. Ohne Besinnung. Fleckfieberverdacht. Der Sanitäter machte das dicke Buch zu. Seuchenlazarett Smolensk stand da drauf. Und darunter: Vierzehnhundert Betten.

Die Träger nahmen die Bahre hoch. Auf der Treppe pendelte sein Kopf aus den Decken heraus und immer hin und her bei jeder Stufe. Und kurzgeschoren. Und dabei hatte er immer über die Russen gelacht. Der eine Träger hatte Schnupfen.

An diesem Dienstag

klingelte Frau Hesse bei ihrer Nachbarin. Als die Tür aufging, wedelte sie mit dem Brief. Er ist Hauptmann geworden. Hauptmann und Kompaniechef, schreibt er. Und sie haben über 40 Grad Kälte. Neun Tage hat der Brief gedauert. An Frau Hauptmann Hesse hat er oben drauf geschrieben.

Sie hielt den Brief hoch. Aber die Nachbarin sah nicht hin. 40 Grad Kälte, sagte sie, die armen Jungs. 40 Grad Kälte.

An diesem Dienstag

fragte der Oberfeldarzt den Chefarzt des Seuchenlazarettes Smolensk: Wieviel sind es jeden Tag?

Ein halbes Dutzend.

Scheußlich, sagte der Oberfeldarzt.

Ja, scheußlich, sagte der Chefarzt.

Dabei sahen sie sich nicht an.

An diesem Dienstag

spielten sie die Zauberflöte. Frau Hesse hatte sich die Lippen rot gemacht.

An diesem Dienstag

schrieb Schwester Elisabeth an ihre Eltern: Ohne Gott hält man das gar nicht durch. Aber als der Unterarzt kam, stand sie auf. Er ging so krumm, als trüge er ganz Rußland durch den Saal.

Soll ich ihm noch was geben? fragte die Schwester.

Nein, sagte der Unterarzt. Er sagte das so leise, als ob er sich schämte.

Dann trugen sie Hauptmann Hesse hinaus. Draußen polterte es. Die bumsen immer so. Warum können sie die Toten nicht langsam hinlegen. Jedesmal lassen sie sie so auf die Erde bumsen. Das sagte einer. Und sein Nachbar sang leise:

Zicke zacke juppheidi
Schneidig ist die Infanterie.

Der Unterarzt ging von Bett zu Bett. Jeden Tag. Tag und Nacht. Tagelang. Nächte durch. Krumm ging er. Er trug ganz Rußland durch den Saal. Draußen stolperten zwei Krankenträger mit einer leeren Bahre davon. Nummer 4, sagte der eine. Er hatte Schnupfen.

An diesem Dienstag

saß Ulla abends und malte in ihr Schreibheft mit großen Buchstaben:

IM KRIEG SIND ALLE VÄTER SOLDAT.
IM KRIEG SIND ALLE VÄTER SOLDAT.

Zehnmal schrieb sie das. Mit großen Buchstaben. Und Krieg mit G. Wie Grube.

peace

#WolfgangBorchert #peace #nowar #nohate
#Literatur #Prosa #Bücher #HarrysRegal

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Kai Degenhardt - Desertieren

Album: Briefe aus der Ebene, 2002
cover
https://soundcloud.com/kai-degenhardt-official/desertieren

Wenn das Schreien wilder Gänse durch die Sommernacht
meinen Traum zerreißt und ich lieg noch wach,
wie der Tagmond am Himmel die Sonne streift,
und auf dem Ast vorm Fenster aufgereiht,
selbst die Raben frieren.

Beim Geschwafel über Coolness und Verantwortung
auf allen Kanälen, jedem Podium
man den Vorteil preist und die Solidarität,
wenn die Fahnen knallen, wo kein Laufthauch geht,
werde ich desertieren.

Schmeiß die Gitarre ins Auto,
dreh die Fenster runter,
um dem Fahrtwind nachzuspüren.
Da ist nichts, was ich verlier.
In die Dämmerung hinein,
und wenn die Sonne morgen steigt
liegt die Grenze hinter mir.

Ich stehe neben P.T. vorm SuperU,
und erneure meinen Schwur
mit einem Schluck hinüber zur Champagne.
Ich ruhe mich aus am Fuß des Mont Ventoux
Für meine Tingeltangel-Tour
von der Provence in die Bretagne.

Ich spiel die Straßen
von Grasse bis St. Marie
die Hafenpromenaden
und den Place-de-la-Comédie.
Trink den schweren Roten
und Käse zum Dessert,
schlaf im Wagen, wenn der Mond scheint,
lieg ich draußen am Meer.

Bin desertiert.
Die Gitarre im Auto
und die Fenster unten,
riech ich wie das Wetter wird.
Da ist nichts was ich verlier.
In die Dämmerung hinein
und wenn die Sonne morgen steigt
liegt die Grenze weit hinter mir.

An meinen Off-Day im Katharer-Land
Schick ich an Mary einen Brief,
Lederstiefel to the one I love.
Fahre weiter über den Atlantikstrand,
lieg in den Dünen von Contis,
sitz in der Bar am Hafen von Roscoff,

Schreibe ein zwei Verse
zwischen Muscheln und Bier,
nehme die Fähre um drei,
setze über nach Rosslare.
Spiel meinen letzten Gig
in Hughe's Pub
ending up with Mary's Jig,
nehme die Coastroad und hau ab.

Ich bin desertiert.
Die Gitarre im Auto
und die Fenster unten,
riech ich wie das Wetter wird.
Da ist nichts, was ich verlier.
In die Dämmerung hinein,
und wenn die Sonne morgen steigt
liegt auch diese Grenze hinter mir.

peace

#desertieren #desert #peace #nowar #nohate
#KaiDegenhardt #liedermacher #singersongwriter #music #musik

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Die Bucht von Komos, Kreta, Griechenland

Franz Hohler - Der Mann auf der Insel - Ein Lesebuch

Kurzgeschichten | Luchterhand Literaturverlag | 1991 | ISBN: 9783630867557

Die schöne Insel

Wenn etwas im sinnlosen zweiten Weltkrieg besonders sinnlos war, dann war es die Eroberung Kretas durch die Deutschen im Mai 1941.
Griechenland hatte kapituliert, aber Kreta wurde noch von englischen Truppen gehalten, und plötzlich war die schöne Insel nicht mehr einfach eine schöne Insel, sondern ein Stützpunkt, ein wichtiger Stützpunkt im Mittelmeer, den man auf keinen Fall dem Feind überlassen durfte.
Und so mußten an einem heißen Tag Ende Mai ein paar tausend deutsche Fallschirmjäger über Kreta abspringen, mitten in die gut vorbereiteten Engländer hinein, und mußten versuchen, die Flugplätze unter Kontrolle zu bringen.
Dies gelang ihnen schlechter, als sie erwartet hatten, erst nach zwei Tagen waren die ersten Transportflugzeuge imstande, auf dem kleinen Flugplatz von Maleme zu landen und Gebirgstruppen abzusetzen, die dann von dort aus mit den wenigen übriggebliebenen Fallschirmjägern erstaunlicherweise die ganze Insel erobern konnten.
Eine abenteuerliche Flotte von allen möglichen, zum Teil in Piräus zusammengestohlenen Transportschiffen, die von Athen aus zusätzliche Truppen auf die Insel bringen sollte, lief kurz vor der Landung in die englische Marine hinein, und fast der ganze Konvoi wurde von ihr versenkt, mit andern Worten, die meisten deutschen Soldaten auf diesen Schiffen ertranken.
Die Kämpfe an Land müssen furchtbar gewesen sein. Viele wurden schon in den Fallschirmen erschossen, andere gleich beim Landen, die Kreter, sozusagen Partisanen aus Tradition, kämpften zum Teil zivil mit, mit Jagdflinten, oder mit Gewehren, welche sie den ersten getöteten Deutschen abgenommen hatten, und sie kannten jedes Haus und jedes Mäuerchen, im Gegensatz zu den Braunschweigern und Kölnern, die da vom Himmel fielen und denen man gesagt hatte, es sei nur mit vereinzeltem lokalem Widerstand zu rechnen.
Ihre Überreste liegen heute auf dem Hügel oberhalb des Flugfeldes von Maleme, auf einem der Hügel, von dem aus die Engländer auf die landenden Flugzeuge gefeuert haben müssen. Die Engländer waren übrigens nur zum Teil Engländer, es waren australische und neuseeländische Regimente dabei, gerade Maleme wurde hauptsächlich von den Neuseeländern verteidigt, unter denen auch, was für eine sonderbare Vorstellung, Maoris mitkämpften. Ich vermute, daß man denen die dreckigere Arbeit überließ. So erzählt ein neuseeländischer Offizier in einem Bericht, wie er einem Maori den Befehl gegeben habe, einen verwundeten, aber weiterkämpfenden deutschen Soldaten mit dem Bajonett zu töten. Der Maori habe das getan, habe aber dabei sein Gesicht abgewendet, weil er den Anblick nicht ertragen habe.
Und heute der Friedhof. Über 4000 Grabplatten liegen hier in Reih und Glied, aufgeteilt in Blöcke, Block I liest man, oder Block II, und im Besucherbuch hat jemand bei den Bemerkungen darauf aufmerksam gemacht, daß auch die Baracken in Auschwitz als Blöcke bezeichnet wurden.
»Sie starben für ihr Vaterland«, heißt der letzte Satz auf der großen Gedenktafel am Eingang, und ich versuche mir einen 19jährigen Lörracher Lehrling vorzustellen, der in Kreta aus dem Flugzeug rennt und dabei von einer neuseeländischen Maschinengewehrsalve umgebracht wird, für sein Vaterland.
Am Palmenstrand von Vai habe ich Schweizer Lehrlinge getroffen, die tags darauf gegen eine einheimische Mannschaft zu einem Fußballspiel antraten. Sie haben mehr Glück gehabt, sie sind 40 Jahre später geboren, und dazu noch in Basel, auf der richtigen Seite des Rheins, und sie konnten eine Twenreise nach Kreta buchen und in lockeren Kleidern mit gemieteten Motorrädern die Insel erobern und wieder verlassen. Ihr Lörracher Kollege von damals mußte sich mit entsetzlichem Gepäck in ein Flugzeug zwängen, in dessen Innern es 60°C heiß war, zusammen mit andern 19- und 20jährigen, um sich auf einer Ferieninsel erschießen oder erstechen zu lassen.
Auch als Lörracher Lehrling konnte man allerdings Glück haben, es sind ja nicht alle ums Leben gekommen. Manche von den Überlebenden besuchen heute ihre lieben Kameraden, wie sie sich ausdrücken, einer schreibt ins Gästebuch, er sei der erste deutsche Fallschirmjäger gewesen, der in Heraklion gelandet sei, und dies sei alles völlig sinnlos gewesen - nie wieder Krieg!
Diesen Satz liest man mehr als einmal, es gibt auch etliche, die gegen den Zynismus des Vaterlandssatzes protestieren, und unter all den alten Handschriften lese ich nur eine unbelehrbare, die schreibt »Wir danken Euch für Euren Einsatz!«
Der Mann kommt aus Österreich.
Das Namenbuch, in dem man nachschlagen kann, wer wo begraben liegt, ist abgegriffen, da gibt es noch viele, für die diese Gräber nicht Geschichte sind, sondern verlorene Menschen, ein Name ist mit einem dezidierten Kugelschreiberstrich korrigiert, nicht Horawetz Günther hieß der Major, sondern Morawetz, und oben, bei den Grabreihen, sieht man immer wieder Vasen mit frischen Blumen stecken.
Oft steht auf einer Platte auch kein Name, sondern
»Ein unbekannter deutscher Soldat«. Das waren die, deren Angehörige noch Jahre nach dem Krieg hofften, die Türe ginge auf, und er stünde da und sagte: »Da bin ich wieder.« Vielleicht ist er aber schon am ersten Tag gestorben, und nun liegt er da und kriegt keinen Besuch mehr.
Weiter oben ist auch ein Gedenkstein für »Angehörige der deutschen Luftwaffe«, die 1975 bei einem Unglück in Kreta ums Leben kamen. Das erinnert daran, daß heute alles anders ist. Täglich landen deutsche Charterflugzeuge auf allen Flughäfen der Insel, ohne daß sie von den Engländern beschossen werden, weil die Engländer auch kommen, zusammen mit den Schweizern und den Skandinaviern, denn heute kann man sich hier günstig erholen, es gibt Flüge ab 450 DM, und die Kreter sind froh um die Touristen, in den Hotels sprechen alle deutsch, wenigstens die nötigsten paar Sätze, in einem Bergdorf habe ich am Sonntag die BILD-Zeitung vom Samstag zum Verkauf aufliegen gesehen, und Griechenland ist in der NATO, und England auch, also dürfen alle Soldaten wieder gemeinsam auf die Insel, und das Fotografieren des lächerlich kleinen Flugplatzes Maleme ist verboten, denn es könnte ja sein, daß wieder einmal eine fremde Armee dort landen will, und dannzumal werden die Deutschen und die Griechen und die Engländer miteinander auf die Soldaten schießen, die aus den Flugzeugen herauspurzeln werden, und wer es diesmal sein wird, ist noch nicht bekannt, vielleicht die Russen, vielleicht die Türken, doch die sind ja auch in der NATO, aber dann vielleicht die Libyer oder die Iraner, ich weiß es auch nicht, ich vermute nur, daß es auch diesmal, aus welcher Richtung sie immer kommen mögen, wieder 19jährige Lehrlinge sind.
peace

#peace #nowar #nohate
#FranzHohler #Kreta #ww2

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Albert Einstein & Sigmund Freud - Warum Krieg?

Mit einem Essay von Isaac Asimov

Diogenes-Verlag | 1972 | ISBN: 9783257200287
92 / ~2000 :)) #neverendingbookcoverchallenge

Statt eines Vorworts: Albert Einstein - Für einen militanten Pazifismus
Es gäbe genug Geld, genug Arbeit, genug zu essen, wenn wir die Reichtümer der Welt richtig verteilen würden, statt uns zu Sklaven starrer Wirtschaftsdoktrinen oder -traditionen zu machen. Vor allem aber dürfen wir nicht zulassen, daß unsere Gedanken und Bemühungen von konstruktiver Arbeit abgehalten und für die Vorbereitung eines neuen Krieges mißbraucht werden. Ich bin der gleichen Meinung wie der große Amerikaner Benjamin Franklin, der sagte: es hat niemals einen guten Krieg und niemals einen schlechten Frieden gegeben.
Ich bin nicht nur Pazifist, ich bin militanter Pazifist. Ich will für den Frieden kämpfen. Nichts wird Kriege abschaffen, wenn nicht die Menschen selbst den Kriegsdienst verweigern. Um große Ideale wird zunächst von einer aggressiven Minderheit gekämpft. Ist es nicht besser, für eine Sache zu sterben, an die man glaubt, wie an den Frieden, als für eine Sache zu leiden, an die man nicht glaubt, wie an den Krieg? Jeder Krieg fügt ein weiteres Glied an die Kette des Übels, die den Fortschritt der Menschlichkeit verhindert. Doch eine Handvoll Wehrdienstverweigerer kann den allgemeinen Protest gegen den Krieg dramatisieren.
Die Massen sind niemals kriegslüstern, solange sie nicht durch Propaganda vergiftet werden.
Wir müssen sie gegen Propaganda immunisieren. Wir müssen unsere Kinder gegen Militarismus impfen, indem wir sie im Geiste des Pazifismus erziehen. Der Jammer mit Europa ist, daß die Völker mit falschen Zielen erzogen worden sind. Unsere Schulbücher verherrlichen den Krieg und unterschlagen seine Gräuel. Sie indoktrinieren die Kinder mit Haß. Ich will lieber Frieden lehren als Haß, lieber Liebe als Krieg.
Die Schulbücher müssen neu geschrieben werden. Statt uralte Konflikte und Vorurteile zu verewigen, soll ein neuer Geist unser Erziehungssystem erfüllen. Unsere Erziehung beginnt in der Wiege: die Mütter der ganzen Welt haben die Verantwortung, ihre Kinder im Sinne der Friedenserhaltung zu erziehen.
Es wird nicht möglich sein, die kriegerischen Instinkte in einer einzigen Generation auszurotten. Es wäre nicht einmal wünschenswert, sie gänzlich auszurotten. Die Menschen müssen weiterhin kämpfen, aber nur, wofür zu kämpfen lohnt: und das sind nicht imaginäre Grenzen, Rassenvorurteile oder Bereicherungsgelüste, die sich die Fahne des Patriotismus umhängen. Unsere Waffen seien Waffen des Geistes, nicht Panzer und Geschosse.
Was für eine Welt könnten wir bauen, wenn wir die Kräfte, die ein Krieg entfesselt, für den Aufbau einsetzten. Ein Zehntel der Energien, die die kriegführenden Nationen im Weltkrieg verbraucht, ein Bruchteil des Geldes, das sie mit Handgranaten und Giftgasen verpulvert haben, wäre hinreichend, um den Menschen aller Länder zu einem menschenwürdigen Leben zu verhelfen sowie die Katastrophe der Arbeitslosigkeit in der Welt zu verhindern.
Wir müssen uns stellen, für die Sache des Friedens die gleichen Opfer zu bringen, die wir widerstandslos für die Sache des Krieges gebracht haben. Es gibt nichts, das mir wichtiger ist und mir mehr am Herzen hegt.
Was ich sonst mache oder sage, kann die Struktur des Universums nicht ändern. Aber vielleicht kann meine Stimme der größten Sache dienen: Eintracht unter den Menschen und Friede auf Erden.

peace

#peace #nowar #nohate
#AlbertEinstein #SigmundFreud #Pazifismus #Bücher #HarrysRegal #books

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Hanns Dieter Hüsch - Fragt Eure Väter

Album: Typisch Hüsch | pläne | 1970

Fragt Eure Väter
Warum sie sich nicht vor Euch stellen
Wenn man Euch zum Dienst mit der Waffe holt

Fragt Eure Mütter
Warum sie jammern und Euch doch freigeben
Für ein Handwerk, das stets zu Mord und Totschlag führte

Fragt Eure Priester
Was sie sich dabei gedacht haben
Als sie Euch »Liebe deine Feinde« und »Du sollst nicht töten« lehrten

Hütet Euch vor den Klugschnäbeln
Die euer bestes Wissen und Gewissen, das Beste was ihr habt, untersuchen
Denn gerade sie sind es
Für die ihr später töten und sterben müßt

Fragt Eure Eltern
Ob sie Euch wirklich mehr lieben
Als all diese fatalen Begründungen
Von Heimat, Treue, Vaterland, Ehre, Recht und Ordnung

Und wenn sie Euch keine Antwort geben
Oder wie so oft nur mit den Schultern zucken
Dann fragt sie
Warum sie Euch dann wohl in die Welt gesetzt haben.
peace

#peace #nowar #nohate
#HannsDieterHüsch

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Friede auf Erden

Arnold Schönberg – op. 13 (1907) | WDR Rundfunkchor
Conrad Ferdinand Meyer (1892)

Da die Hirten ihre Herde
Ließen und des Engels Worte
Trugen durch die niedre Pforte
Zu der Mutter und dem Kind,
Fuhr das himmlische Gesind
Fort im Sternenraum zu singen,
Fuhr der Himmel fort zu klingen:
»Friede, Friede! auf der Erde!«

Seit die Engel so geraten,
O wie viele blut'ge Taten
Hat der Streit auf wildem Pferde,
Der geharnischte, vollbracht!
In wie mancher heil'gen Nacht
Sang der Chor der Geister zagend,
Dringlich flehend, leis verklagend:
»Friede, Friede... auf der Erde!«

Doch es ist ein ew'ger Glaube,
Daß der Schwache nicht zum Raube
Jeder frechen Mordgebärde
Werde fallen allezeit:
Etwas wie Gerechtigkeit
Webt und wirkt in Mord und Grauen
Und ein Reich will sich erbauen,
Daß den Frieden sucht der Erde.

Mählich wird es sich gestalten,
Seines heil'gen Amtes walten,
Waffen schmieden ohne Fährde,
Flammenschwerter für das Recht,
Und ein königlich Geschlecht
Wird erblühn mit starken Söhnen,
Dessen helle Tuben dröhnen:
Friede, Friede auf der Erde!

peace

#peace #nowar #nohate
#ConradFerdinandMeyer #Gedichte
#ArnoldSchönberg #classical #Musik #music

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Bertha von Suttner - Die Waffen nieder!

Eine Lebensgeschichte.
E. Pierson’s Verlag | Dresden und Leipzig | 1892

Zweiter Band, Seite 318 - 320:
»In der That, Excellenz, können Sie an den ehrlichen, aufrichtigen Friedenswillen Jener glauben, die mit Leidenschaft, mit Begeisterung – Soldaten sind? Die alles, was den Krieg gefährdet – nämlich Abrüstung, Staatenbund, Schiedsgericht – nicht nennen hören wollen? Könnte denn die Freude an Arsenalen und Festungen und Manövern und dergleichen bestehen, wenn diese Dinge wirklich nur als das betrachtet würden, wofür man sie ausgibt: als Vogelscheuchen?
Also, damit man sie niemals brauche, der ganze Kostenaufwand ihrer Herstellung! Die Völker müssen ihr ganzes Geld hergeben, um an den Grenzen Befestigungen zu machen, in der Absicht, sich über die Grenzen hin Kußhändchen zuzuwerfen? Zu einer bloßen Friedens-Aufrechterhaltungs-Gendarmerie läßt sich das Militär nicht herabdrücken – der oberste Kriegsherr wird doch nicht einem Heer von ewigen Kriegsvermeidern vorstehen sollen? Hinter dieser Maske – der »si vis pacem«-Maske – blinzeln die einverständlichen Blicke, und die jedes Kriegsbudget bewilligenden Abgeordneten blinzeln mit.«

»Die Volksvertreter?« unterbrach der Minister. »Man kann den Opfermut doch nur loben, dessen diese in ernsten Zeiten niemals ermangeln und welcher in der einhelligen Votierung der entsprechenden Gesetze erhebenden Ausdruck findet.«

»Verzeihen Sie, Excellenz, diesen einhelligen Stimmabgebern wollte ich einem nach dem andern zurufen: Dein Ja wird jener Mutter ihr einziges Kind rauben; – deines bohrt jenem armen Wicht die Augen aus; – deines schießt eine unersetzliche Bücherei in Brand; – deines zerstampft das Hirn eines Dichters, der deines Landes Ruhm gewesen wäre … Aber ihr habt dieses »Ja« votiert, um nur ja nicht feige zu scheinen – als ob man gerade nur für sich die Assentierung fürchten müßte. – Seid ihr denn nicht da, um des Volkes Willen zur Geltung zu bringen? Und das Volk will die produktive Arbeit, will die Entlastung, will den Frieden …«

»Ich hoffe, lieber Doktor,« bemerkte der Oberst bitter, »daß Sie niemals Abgeordneter werden; das ganze Haus würde Sie auspfeifen.«

»Mich dem auszusetzen, würde schon beweisen, daß ich nicht feige bin. Gegen den Strom zu schwimmen erfordert die stählerne Kraft.«

»Wenn aber der Ernstfall einträte und man stände unvorbereitet da?«

»Man bereite einen Rechtszustand vor, der den Eintritt des »Ernstfalles« unmöglich mache. Denn was dieser Fall sein wird, Herr Oberst, von dem kann heutzutage kein Mensch einen klaren Begriff fassen. Bei der Furchtbarkeit der gegenwärtig erreichten und noch immer steigenden Waffentechnik, bei der Massenhaftigkeit der Streitkräfte wird der nächste Krieg wahrlich kein »ernster«, sondern ein – es giebt gar kein Wort dafür – ein Riesenjammer-Fall sein … Hilfe und Verpflegung unmöglich … Die Sanitätsvorkehrungen und Proviantvorkehrungen werden den Anforderungen gegenüber als die reine Ironie sich erweisen; der nächste Krieg, von welchem die Leute so geläufig und gleichmütig reden, der wird nicht Gewinn für die Einen und Verlust für die Anderen bedeuten, sondern Untergang für Alle. Wer hier unter uns stimmt für diesen Ernstfall?«
peace
#BerthavonSuttner #peace #nowar #nohate #Aufrüstung

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Oskar Werner rezitiert Gedichte gegen den Krieg

Wilhelm Keller - Protestsong Ungebildeter

Ob der große Alexander, Caesar oder Hannibal,
ob Napoleon oder andere im großen Jammertal
dieser Welt mit Siegen weiterhalfen, weiß ich nicht,
eines aber weiß ich sicher und ich schreie es Euch ins Gesicht:
Krieg ist immer ein Verbrechen, geht mit ihm ins Weltgericht!

Wir brauchen keine Fahnen und keine Schießgewehre,
verzichten gern auf Hymnen, auf Heldentod und Ehre,
wir wollen nur leben und lieben, wie tausende Millionen
die unter Eurer Herrschaft auf dieser Erde wohnen.

Ob nun Christen und Buddhisten oder andere Religiöse
führen recht schwarze Listen, um zu scheiden Gut von Böse,
uns die Wahrheit wahrlich sagen oder schreiben, weiß ich nicht,
eines aber weiß ich sicher und ich schreie es Euch ins Gesicht:
Krieg ist immer ein Verbrechen, geht mit ihm ins Weltgericht!

Ob nun Freiheit, Sozialismus oder andere hohen Worte
aus dem Propaganda-Zirkus von der Bla-Bla-Bla-Retorte
Gutes meinen und verheißen oder wollen, weiß ich nicht,
eines aber weiß ich sicher und ich schreie es Euch ins Gesicht:

Krieg ist immer ein Verbrechen, geht mit ihm ins Weltgericht!

#peace #nowar #nohate
#OskarWerner #literatur #poesie #gedichte

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Heute vor 120 Jahren

Edita Morris

* 5. März 1902 † 15. März 1988

Die Blumen von Hiroshima

Edita Morris schrieb dieses Buch über die Opfer des Atombombenabwurfs, 1955 nach ihrem Besuch Hiroshimas.
Zusammen mit ihrem Mann stifte sie das Haus der Ruhe als Fürsorgeeinrichtung für die überlebenden Opfer.

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Der Titel der Originalausgabe lautet:
»The Flowers of Hiroshima« (New York 1959)
Ins Deutsche übertragen von Sophie Angermann

Bertelsmann Lesering | 1960
91 / ~2000 :)) #neverendingbookcoverchallenge

Nachwort von Robert Jungk:
Das Haus am Fluß
Aus allen Fenstern sieht man auf den Fluß. Er ist an dieser Stelle schon sehr breit, denn die Mündung, der er zustrebt, liegt ganz nah, und an stürmischen Tagen dringt der Wellenschlag des Meeres bis hierher. Aber die hoben Wogen haben sich dann schon fast geglättet, der Zorn des Sturms sich besänftigt.

Damals, an »jenem Tage«, trieben auf den grauen Fluten Trümmer und Leichen: die Männer auf dem Rücken, die Frauen das verbrannte Gesicht, die toten Augen dem trüben Flußgrund zugekehrt. Kamen sie in jene Zone, wo die Inlandsee und der Ohta ineinanderfließen, so schwemmte die Flut sie oft wieder flußaufwärts, zog sie die Ebbe abermals zum Meer, trieben die Gezeiten so noch lang ein unschuldig grausames Spiel mit den Opfern des großen »Pikadon« {Donnerblitzes), ehe sie endlich, endlich im Schlamm des Deltas ihre Ruhe fanden.
Stundenlang schauen die Gäste dieses »Hauses der Ruhe« hinunter auf den Fluß. Sie wollen den Tag, an dem die Bombe fiel, vergessen, aber sie können es nicht. Er ist in ihr Gedächtnis, in ihre Haut, in ihr Blut, in jede Zelle ihres Körpers eingeprägt. »Damals schätzte ich mich natürlich glücklich, der Katastrophe entronnen zu sein«, erzählt einer von ihnen. »Die paar Kratzer am Fuß, die oberflächlichen Brandwunden am Arm machten mir keine Sorgen.
Seither habe ich mich oft gefragt, ob jene, die sofort umkamen, nicht eigentlich das bessere Schicksal erlitten. Denn meine winzigen Verletzungen begannen zu schwären, mein Haar fiel aus, die Müdigkeit und der Weltüberdruß, die mir zuerst nur als vorübergehend erschienen waren, verließen mich nicht mehr. Erst Jahre später habe ich begriffen, daß ich »_atomkrank
« war, und erst seit kurzem weiß ich, daß es dagegen vorläufig kein wirksames Mittel gibt. Gewiß, ich bekomme Arzneien, Spritzen, Bluttransfusionen, aber viel hilft das nicht. So schleppe ich mich durchs Leben. Wie lange noch?!« Zwanzig, dreißig, oft bis zu sechzig Überlebende des Atom-Bombardements von Hiroshima sind täglich Gäste in diesem friedlichen schönen Haus am Fluß. Über ein Jahrzehnt lang hatte man so gut wie nichts für sie getan.
Die japanischen Stellen wollten lange nicht begreifen, daß Menschen, die oft kilometerweit vom Explosionszentrum der Bombe entfernt gewesen waren, noch Jahre danach an den Folgen dieses Angriffs litten, und die Amerikaner verschanzten sich hinter juristischen Argumenten, um zu begründen, daß sie die Opfer zwar medizinisch genau untersuchten, aber nicht behandelten.
Doch halt - man darf nicht sagen »_die Amerikaner
«
(sowenig wie man »die Deutschen« sagen sollte, wenn die Greuel von Auschwitz und Lidice zur Sprache kommen). Es haben gerade in Hiroshima nach dem Krieg einzelne amerikanische Bürger, wie der Botanikprofessor Floyd Schmoe, die Missionarin Mary MacMillan, die Lehrerin Mary Jones, der Schriftsteller Norman Cousins, die humanistische und philanthropische Tradition ihres Volkes hochgehalten und ohne viel zu fragen den unschuldigen Opfern des Pikadon geholfen. Zu dieser kleinen Schar gehören auch Edita und Ira Morris. Ihrer Initiative ist es zu verdanken, daß dieses »Haus der Ruhe« gegründet wurde. In ihm können die Atomkranken, die von ihren gedankenlosen Mitbürgern oft wie Aussätzige behandelt werden, ein wenig Erholung, Unterhaltung, eine Spur von Lebensfreude wiederfinden. Ich war zufällig in Hiroshima, als das Heim am 2. Mai 1957 eröffnet wurde. Damals wurde in der auferstandenen Stadt manche kritische Stimme laut. Denn die Überlebenden sind mißtrauisch geworden. Zu oft schon hat man aus ihrem Unglück bald für jene, bald für diese Seite politisches Kapital schlagen wollen. Nun, drei Jahre nach seinem Bestehen, habe ich das »Haus der Ruhe« wiedergesehen.
Sprechen die Opfer, wenn sie an das Schauspiel jener unvergeßlichen Tage im August 1945 zurückdenken, von der »Stätte des Leidens«, so kommt dem friedlichen Heim am Fluß, das von dem Dichter Tanabe und seiner entzückenden Gattin geführt wird, der Name »Stätte der Freude« zu. Wer hier einen Abend verbringt, wird nicht nur Berichte von Untergang und Unglück hören, sondern auch lautes Lachen, ein Lachen, das beinah etwas Trotziges an sich hat, ein Lachen der Herausforderung an die Mächte der Zerstörung. Und doch ist jeder einzelne, der hier auf den sauberen Strohmatten sitzt, jede Frau, jeder Mann, ja sogar das fünfzehnjährige Mädchen, das ein Säugling auf dem Rücken seiner Mutter war, als der giftige Atompilz über Hiroshima emporwuchs, einem früheren Tod geweiht als wir, die »Normalen«. Jede harmlose Krankheit kann ihnen gefährlich werden. Die Strahlung hat ihre Regenerationsfähigkeit, diese wunderbare Kraft der Heilung und der Erneuerung, entscheidend geschwächt. Dennoch wird man bei diesen Menschen selten Bitterkeit oder gar Haß gegen die Urheber ihres Unglücks finden.
Diese Haltung fiel westlichen Beobachtern, wie zum Beispiel dem gleichfalls vom Atomangriff betroffenen und unter seinen Folgen leidenden deutschen Jesuitenpater Kleinsorge, bereits in den ersten Tagen nach dem Angriff auf. Damals allerdings wußte noch niemand, wie lange und nachhaltig dieses Ereignis nachwirken würde. Und so begann in den Jahren ab 1949 dann die Stimmung umzuschlagen.
Jetzt kam es in Hiroshima zu lauten antiamerikanischen Protesten und Demonstrationen, die bis heute noch nicht abgeklungen sind.
Im »Haus der Ruhe« am Ohtafluß aber hat der Geist der helfenden Brüderlichkeit von Edita und Ira Morris Wunder gewirkt. Hier ist ein wahrer »Friedensherd« entstanden. Gegenstück zu jenen »Kriegsherden«, die uns beunruhigen und ängstigen.
Wer bei Nachtanbruch über den Fluß hinüber nach dem Meer und zur fernen von den Lichtreklamen in den Himmel gezeichneten Silhouette der wiedergeborenen Stadt Hiroshima schaut, spürt den starken Wunsch, daß noch viele solcher »Friedensherde« auf der ganzen Welt entstehen möchten, damit das Unheil von Hiroshima sich nie mehr wiederhole.
Hiroshima, im Juni 1960
Robert Jungk

#peace #nowar #nohate #Atombombe #Atomkrieg #Hiroshima
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