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#politik #gaza #israel #linke #desintegration #anti-antisemitismus #rassismus #hetze #zensur #migrantinnen

»Hey, die hassen uns. Die hassen uns ja wirklich.«

Was hat Mohamed mit der Hamas zu tun? Warum sich Menschen mit Migrationshintergrund seit dem 7. Oktober von diesem Land verraten fühlen (Von Marcus Staiger)

...Es sind nicht so sehr die Erkenntnisse über ein Geheimtreffen der AfD, die Menschen mit Migrationsgeschichte den Eindruck vermitteln, in diesem Land nicht gewollt zu sein. Das ist Nazishit, und Nazis tun, was Nazis tun. Was soll man von der AfD anderes erwarten? Es waren die Stimmen aus der linksliberalen »Mitte«, die schmerzen und letztendlich zu einer erheblichen Desintegration beitragen. Es waren diese Forderungen aus der sogenannten Mitte der Gesellschaft, jeden abzuschieben, der sich der deutschen Staatsraison nicht unterordnen will, von einflussreichen Kulturschaffenden über Fleischhauer, Merz, Lederer und Habeck bis hin zu Sascha Lobo. Es ist dieses Grundrauschen in Politik und Feuilleton, das dazu führt, dass man mit diesem Staat und dieser Gesellschaft am liebsten gar nichts mehr zu tun haben möchte.

Was in den vergangenen vier Monaten aus dem politischen Betrieb zu hören war, hat vielleicht genauso zur Verunsicherung von Menschen mit Migrationsgeschichte beigetragen wie der NSU-Komplex und der terroristische Anschlag von Hanau zusammen. Was da in den vergangenen Monaten im linksliberalen Milieu von sich gegeben wurde, war die pure Feindschaft. Mein Freund und Koautor Mohamed Chahrour sagt: »Hey, die hassen uns. Die hassen uns ja wirklich.«

Was nach dem 7. Oktober auch im Zuge der Migrationsdebatte an Abschiebephantasien formuliert wurde, lässt für viele aus der migrantischen Community nur einen Schluss zu: Die ganze Geschichte um Integration, Zusammenleben, Multikulti war nur gespielt. Das ging nur solange gut, solange man der Staatsraison und dem Aufarbeitungspatriotismus der vom Antisemitismus geläuterten Bundesrepublik nicht in die Quere kommt. Falls doch, dann fallen die Masken, und jedem, der die wechselseitige Persilscheinpolitik zwischen der Bundesrepublik und dem Staat Israel nicht mitmacht, dem wird mitgeteilt, dass er hier nichts verloren hat. Klappt einfach nicht. »Die passen nicht zu uns« – und das, obwohl die Vorfahren dieser Menschen mit Migrationsgeschichte denkbar wenig mit der deutschen Schuld zu tun haben. Das ist so absurd und widersinnig. Das frustriert und macht müde, so dass viele einfach gehen wollen....

  • Das ist nur ein Ausschnitt. Der ganze Text ist sehr lesens- und überlegenswert. Marcus Staiger ist Publi­zist, Aktivist und Autor. 1971 in Süddeutschland geboren, zog er nach dem Abitur nach Berlin und hielt sich mit Gelegenheitsjobs als Koch, Leiharbeiter und Journalist über Wasser. 1998 gründete er das Rap-Label Royalbunker, mit dem er nachhaltig die deutsche HipHop-Szene beeinflusste. Er entdeckte zahlreiche wichtige Rap-Künstlerinnen und Künstler, bevor er im Jahr 2008 für drei Jahre die Chefredaktion der Internetplattform rap.de übernahm. Seit 2011 arbeitet Staiger als Industriekletterer und Publizist, 2014 erschien sein Roman »Die Hoffnung ist ein Hundesohn« und 2022 veröffentlichte er zusammen mit Mohamed Chahrour ­»Dakhil – Inside arabische Clans« – ein Buch über arabische Großfamilien in Deutschland. Marcus Staiger ist verheiratet, hat drei Kinder und lebt in Berlin https://www.jungewelt.de/artikel/470549.dann-geh-doch.html
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#politik #migrantinnen #rassismus #rechter-terror #staat #hanau #spd #grüne #weisse-linke

Hanau-Gedenken: Wider den rassistischen Konsens in Deutschland

Auf der »Vier Jahre nach Hanau«-Demonstration am Montag in Hamburg hat eine Sprecherin der palästina-solidarischen Gruppe ­»Thawra – Revolution!« eine Rede über den rassistischen Konsens in Deutschland und die Doppelmoral von Ampelparteien und imperialen Linken gehalten:

(…) Politiker*innen faseln etwas von einer Zäsur nach Hanau, aber intensivieren laufend ihren rechten und rassistischen Kurs. Dieselben Politiker*innen, die sich gerne an den Gräbern unserer Toten inszenieren, verabschieden Gesetze, die uns außerhalb Europas umbringen. Dieselben Politiker*innen, die heute heuchlerisch ein Sharepic geteilt haben, haben in den letzten Monaten jedes rassistische Narrativ, das es über Migrant*innen gibt, wiederholt und sich dem Sprech der Springer-Presse unterworfen. (…) Das Narrativ von den »Sozialbetrügern« und »Demokratiefeinden«, und nicht zuletzt das Narrativ vom »importierten Antisemitismus« – all das wird im Manifest des nächsten Attentäters stehen. Und viele von euch aus dem Publikum werden mitschießen.

Weiße Deutsche neigen gerne dazu, das Problem weit weg von sich zu verorten und die AfD oder die CDU für den Rechtsruck der Gesellschaft verantwortlich zu machen. Aber diese sind längst nicht mehr allein: Die SPD, Grünen und FDP haben die rechten Faschos der AfD und CDU rechtzeitig von »links« eingeholt. Sie machen ihre peinliche Politik auf dem Rücken von Migrant*innen und armen Menschen und finden damit ziemlich viel Gehör in der deutschen Mitte. (…)

Es waren die Newcomerkriegstreiber der Grünen in Hessen, die die Offenlegung der NSU-Akten blockierten! Es sind dieselben Grünen, die die Veröffentlichung der Ergebnisse des Untersuchungsausschusses zum Anschlag in Hanau aufgeschoben haben. Wisst ihr wie lange? Bis nach der anstehenden Landtagswahl – damit bloß keine Stimmen verloren gehen!

Heute spricht die Parteijugend der SPD und der Grünen. Worüber wollt ihr eigentlich sprechen? Das einzig sinnvolle, was ihr verkünden könnt, ist euer Austritt aus den Parteien, die die Grundlage für unser Sterben sind. Aber ihr haltet lieber die Beine still, in der Hoffnung, auch mal große Karriere zu machen und dann eure Ideale dem Machtstreben zu verkaufen.

Übrigens, im Vorfeld dieser Demonstration hat mich ein Typ von der Interventionistischen Linken, die Mitorganisator sind, angeschrieben und verkündet, dass linke Gruppen besorgt seien, dass wir die Demonstration für unsere eigene Agenda im Hinblick auf den Genozid in Gaza instrumentalisieren wollen. Ein weißer Typ hat seine Bedenken geäußert, dass Ausländer auf der Demonstration, die Opfern rassistischer Gewalt gedenkt, ihre eigene Agenda durchsetzen möchten. Weißt du, was unsere Agenda ist? Wir wollen in diesem Land nicht mehr durch weiße Hände sterben.

Dieselbe Entmenschlichung von Muslim*innen und Migrant*innen, die dazu geführt hat, dass unsere Geschwister in Hanau getötet worden sind, bringt jetzt in diesem Moment Zivilist*innen in Gaza um. Die Kriminalisierung von Muslim*innen rechtfertigt jede Form von Gewalt – auch Kriegsverbrechen, wie wir im Irak, in Afghanistan und heute in Gaza sehen können.

Wir weigern uns, mit Menschen zusammen zu demonstrieren, die denken, unser Leben ist ihren isolierten Weltbildern unterzuordnen. (…) Es geht ein Gespenst um in Deutschland, und das nennt sich antimuslimischer Rassismus. Es hat meine Schwester Mercedes und meine Brüder Ferhat, Hamza, Sedat, Velkoyan, Vili Viorel, Said, Nesar, Fatih und Gökhan umgebracht.

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#politik #migrantinnen #rassismus #rechter-terror #staat #hanau #migrantifa

"Der Rassismus der bürgerlichen Gesellschaft ist der Nährboden, auf dem rechten Terror wächst. Er ermöglicht, dass Rechtsextreme sich so schamlos in der Polizei, dem Verfassungsschutz oder der Bundeswehr ausbreiten und durch diese Verbindungen die rechtsextreme Szene auf der Straße schützen, mit Informationen ausstatten und sogar bewaffnen. Rechtsextremismus ist nur die vulgärste Ausdrucksform von Rassismus. Bürgerliche Kräfte wie Grüne und SPD, die sich jetzt bei den Großprotesten gegen die Rechtsextremen empören und gleichzeitig die schlimmsten Abschiebegesetze in der Geschichte der BRD erlassen, sind Teil desselben Problems. Aus Sicht der bürgerlichen Parteien sind Migrant:innen hier willkommen, um die Drecksarbeit zu leisten, um dem Wirtschaftsstandort Deutschland zuzuarbeiten. Deutschland braucht Migranten:innen, um sie auszubeuten, und Rassismus ist die Ideologie, die das rechtfertigt.

[Die Großdemos gegen rechts] richten sich nicht gegen den Rassismus, auf dem die herrschende Ordnung fußt, sondern tragen diesen selbst mit, in dem sich für den Erhalt des Status Quo einsetzen. Diese Politik ist verantwortlich für das Erstarken von rechtem Terror. Stattdessen grenzt sich die deutsche Mitte durch die Proteste davon. Man klopft sich selbst auf die Schulter, weil man mal bei einer Demo dabei war, geht dann nach Hause und toleriert Abschiebungen im großen Stil."

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»Wir sind hier zu Hause. Niemand wird uns vertreiben!«

Der Bundesverband Netzwerke von Migrant*innenorganisationen e. V. mit seinen 800 Mitgliedsvereinen nahm am Freitag Stellung zu rechten Vertreibungsplänen

Das Bekanntwerden der Geheimsitzung von Ultrarechten, in denen es um Pläne für eine Vertreibung von Menschen mit Einwanderungsgeschichte ging, hat viele Menschen aufgeschreckt. (…) Neu ist die Offenheit, mit der Gewalt- und Vertreibungspläne ausgesprochen werden. Das ist nur möglich, weil sich das gesellschaftliche Klima verändert hat. Die von den Parteien der »Mitte« mit groben Parolen geführte Debatte um die Verschärfung der Asylregeln gehört zu den Wegbereitern einer feindlichen Stimmung gegenüber »anderen« und hilft auch der AfD.

Bei vielen unserer Freund*innen, Verwandten und Kolleg*innen wachsen Unsicherheit und auch Angst, vor allem aber wächst die Enttäuschung über ein Land, das aufgrund seiner eigenen Geschichte und seines Grundgesetzes für Demokratie, Menschenwürde und Weltoffenheit steht. Oder sollen wir schon sagen: gestanden hat? Anders gesagt:

Bei dem, was gerade passiert, geht es um die Kernfrage: Was für ein Deutschland wollen wir?

Angst ist verständlich, aber kein guter Ratgeber. Wichtig sind jetzt ein warmes Herz und ein kühler Kopf. Vor allem: nicht allein bleiben und nicht alleingelassen werden! Demokratische Migrant*innenorganisationen und vor allem jene, in denen Menschen jenseits von unterschiedlichen Herkünften und Traditionen solidarisch zusammenwirken, sind gerade in diesen Zeiten unverzichtbar. Sie müssen stärker und sichtbarer werden und zugleich zuverlässige Partner all jener, die mit Wort und Tat für ein weltoffenes Land eintreten. Daran arbeiten wir gemeinsam, denn wir sind hier zu Hause. Niemand wird uns vertreiben!
- https://www.jungewelt.de/artikel/467555.migrantenverband-wir-sind-hier-zu-hause-niemand-wird-uns-vertreiben.html

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Intersektionalität: »Mehr als Aushängeplakate«

Dachverband der Migrantinnenorganisationen, Damigra, fordert zur Jahreskonferenz »gelebte Solidarität« (Von Gitta Düperthal)

Selbst von der deutschen Frauenbewegung fühlen sie sich ignoriert. Die Anliegen von Migrantinnen und geflüchteten Frauen seien in gesellschaftspolitischen Diskursen oft nur eine Randnotiz, wird von ihren Interessenvertretungen konstatiert. Der Dachverband der Migrantinnenorganisationen (Damigra) kündigt seine Jahreskonferenz 2023 für diesen Freitag in Berlin mit dem Titel an: »Migrantische Selbstorganisierung und feministische Zivilgesellschaft auf Augenhöhe«. Ein großer Teil der deutschen feministischen Bewegung sei »herkunftsdeutsch, akademisch und weiß geprägt«, so die Kritik. Der Blick auf Intersektionalität, also ein Zusammenwirken mehrerer Unterdrückungsmechanismen, von denen Migrantinnen betroffen sind, fehle dort oft.

Auf die Frage von junge Welt, was genau zur Augenhöhe fehlt, antwortete Delal Atmaca, Geschäftsführerin von Damigra: Es gehe um »gelebte Solidarität«. Dazu zähle unter anderem die Anerkennung, dass, »auch wenn uns selbst etwas nicht betrifft, diese Ungerechtigkeit trotzdem bekämpft werden muss«. Atmaca zitiert dazu die schwarze US-Schriftstellerin und Aktivistin Audre Lorde: »Ich bin nicht frei, solange irgendeine Frau unfrei ist, selbst wenn ihre Fesseln ganz anders sind als meine eigenen.« Ziel müsse sein, Machtverhältnisse zu erkennen und zu dekonstruieren. Ein weißgeprägter Feminismus aber reproduziere mit seinen Forderungen Strukturen, die nur einzelnen Veränderung bringe, nicht jedoch der Gesamtheit aller Frauen, so Atmaca. Hierfür aber gelte es, gemeinsam zu arbeiten.

Die Frauenbewegung in Deutschland ist nicht mehr, was sie in den 1970er Jahren mal war. Damals gingen in Westdeutschland Frauen für gleichen Lohn und gleiche Rechte im Beruf und in der Gesellschaft auf die Straße. In den Betrieben waren sie aktiv gegen die sogenannten Leichtlohngruppen; gegen schwere Arbeit zu leichtem Lohn. Für deren Abschaffung kämpfte eine betriebliche, gewerkschaftliche Frauenbewegung, vielfach auch migrantisch geprägt. Diese musste sich mit Frauenkonferenzen in der IG Metall etwa gegen männliche Vorgesetzte, Kollegen und eine sozialdemokratisch geführte Gewerkschaftsführung durchsetzen. In Krisenzeiten traf es Migrantinnen mit besonderer Wucht: Während der Entlassungswellen in den 1990er Jahren nach der »Wende« wurden Vertragsarbeiterinnen der DDR aus Vietnam, Angola und Mosambik zugleich zur Ausreise gedrängt; mit Abfindung von 3.000 D-Mark, Ausgleichszahlung von 70 Prozent der letzten drei Monatslöhne und Flugticket.

Atmacas aktuelle Kritik aber geht weiter. Wenn Feministinnen kollektiv gleichen Lohn für Frauen und Männer fordern, dürften sie nicht ausblenden, dass es ungleiche Bezahlung, genannt »Migration-Gender-Pay-Gap«, nicht nur zwischen Frauen und Männern gibt, sondern auch zwischen weißen Frauen und denen of Color. Es gehe vor allem aber um den Blickwinkel und die Voraussetzungen: »Wir brauchen mehr finanzielle Unterstützung, andere Strukturen und Initiativen, die uns mehr Beteiligung ermöglichen.« Bedürfnisse und Ziele der Dominanzgesellschaft seien stärker vertreten, da sie mehr Zugänge, Möglichkeiten und Ressourcen habe. Auch werde die Kompetenz von migrantischer Selbstorganisation in diversen Bereichen kaum geachtet, moniert die Mitbegründerin des Dachverbandes: »Lasst uns in Landtagen zum Beispiel Platz am runden Tisch für Kitafinanzierung einnehmen – warum immer nur zur ›Integration‹? Wir sind mehr als Aushängeplakate, leisten einen wichtigen Beitrag zur Demokratie und handeln die Grenzen etablierter Institutionen neu aus.«

Damit Migrantinnen, jüdische Frauen und Women of Color sich mit ihren eigenen Anliegen, Bedürfnissen und Interessen wiederfinden und gegen Sexismus, Rassismus und Antisemitismus aktiv werden können, müsse mehr Partizipation ermöglicht werden. Die Zusammenarbeit mit Kommunen und Bundespolitik bewerten Migrantinnenorganisationen oft als verbesserungswürdig. Maßnahmen zur interkulturellen Sensibilisierung im Alltagsgeschäft der Behörden müssten verankert und praktisch umgesetzt werden.
- https://www.jungewelt.de/artikel/463860.intersektionalit%C3%A4t-mehr-als-aush%C3%A4ngeplakate.html