... wird beim #Radfahren als Problem genau so unterschätzt und ignoriert, wie die Gefahr vom Unfällen überschätzt und aufgebauscht wird.
Letzte Woche hat es das inzwischen siebenundzwanzig Jahre alte Fahrradmanufaktur-Rad meiner Frau erwischt, in den zwanzig Minuten, in denen es beim Einkaufen in der Nähe eines örtlichen Supermarktes am Strassenrand geparkt war. Den Spuren nach zu urteilen, ist jemand auf Kontakt gegen das bordsteinseitig an einem Pfosten angeschlossene Fahrrad gefahren und hat - mutmaßlich mit der Stoßstange - das Schaltwerk der 3x7-Schaltung samt Schaltauge bis zu den Speichen gedrückt und verbogen.
Ich selber benutze, nachdem mir mein schönes altes Sparta auf dem Parkstreifen vor dem Haus zu Klump gefahren wurde, für Einkaufsfahrten nur noch ein robustes, aber billiges Baumarkt-Hollandrad, an dem ich nicht hänge und dessen Zerstörung ich verschmerzen könnte. Generell habe ich mir schon vor Jahrzehnten zur Angewohnheit gemacht, meine guten Räder grundsätzlich nicht ausserhalb eines Bereichs abzustellen, in dem ich es unter Kontrolle habe. Während das Blech von Autos sakrosankt ist und Schäden, die eine funktionale Einschränkung bedeuteten, ja selbst solche problemlos repariert werden, die nicht mal nennenswerte kosmetische Schäden darstellen (etwa kaum sichtbare Kratzer oder Dellen), bzw. von den Versicherungen mit Summen bezahlt werden, die man kaum für ein hochwertiges Fahrrad ausgeben könnte, gilt das Demolieren eines Fahrrades hierzulande leider als Kavaliersdelikt.
Nun kann ich allerdings meine Frau verstehen - möchte man ein altes, aber gut ausgestattetes, hochwertiges und - wenn man es nicht zu sehr strapaziert - noch für ein paar weitere Jahre gutes Fahrrad aufgeben und durch irgend einen neu gebauten Schrott ersetzen, auf dem man weder gut sitzt, noch gut fährt? Gerade erst hatten wir den durchgerittenen alten Sattel durch einen neuen Sattel ersetzt, mit dem sie bisher recht zufrieden ist.
Dass ein Gebrauchsfahrrad auch schon mal umfällt oder umgeworfen wird und sich dabei der Lenker verdreht, nimmt man ja noch hin und das war es, was meiner Frau zunächst nur aufgefallen war. Erst bei der nächsten Fahrt fiel auf, dass das Schaltwerk beim Schalten in einen längeren Gang die Speichen touchiert. Auf der Rückfahrt vom Supermarkt ist Schalten kaum nötig und man muß wissen, dass die 3x7-Schaltung aus einer Ketten- und einer Nabenschaltung besteht, m.a.W. wenn man normalerweise den direkten Nabengang fährt, ist ein Runterschalten angesichts von viel Gepäck (EInkauf!) mit der Nabenschaltung der einfachste Weg.
Wie auch immer, ich war ziemlich angefressen, als ich bei der näheren Inspektion der Ursachen das verbogene Schaltauge entdeckte und befürchtete schon das Schlimmste. Ich bin längst Aluminiumrahmen gewöhnt und kenne da verbogene Schaltaugen nur in der Form von entweder wechselbarem Schaltauge, die man besser vorsorglich auf Lager legt, oder als Schaden, den selbst eine Werkstatt mit guter Ausstattung nur ungern repariert, weil Aluminium das Zurückbiegen nicht immer übersteht, ohne zu brechen.
Zum Glück ist der Rahmen dieses Rades noch aus Stahl, der nimmt dergleichen nicht so übel. Allerdings fehlte mir passendes Werkzeug. Ein einschlägiger Tipp besteht darin, aus einer Achse (M10x1) eines alten Laufrades quasi ein Biegewerkzeug zu konstruieren, das man in das verbogene Schaltauge einschraubt. Leider habe ich vorletztes Jahr alle meine alten Felgen, Laufräder und übriggebliebenen Naben weitergegeben, so dass ich mir eine Alternative überlegen musste. Diese bestand aus einer linear geführten langen Gripzange und einer langen Messerklinge ohne Griff. I.W. habe ich die gehärtete Klinge benutzt, um die Öse schaltwerkseitig vor den scharfen Zähnen der Zange zu schützen, die Zange soweit aufgeschoben, wie es das Ritzelpaket zuließ, dann die Zange gerade so weit geschlossen, dass der Druck zum Biegen reichte und schließlich zwei mal mit Kraft gebogen. Beim zweiten Mal war's perfekt - meine Frau meint, jetzt funktioniere die Schaltung besser als vorher. Wie es scheint, hat das Gewinde keinen Schaden genommen. Erstaunlich ist, dass das Sachs-Schaltwerk ("SACHS 5000"), an dem man auf der Aussenseite deutliche und tiefe Kratzspuren sieht, das Verbiegen durch den Verursacher des Schadens überstanden hat.
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