#politikversagen

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #politikversagen #ernährung #armut #tafel #kapitalismus

Die Armen essen die Reste der Reichen – oder den Müll der Überfluss- und Wegwerfgesellschaft. Erwarten wir von diesen Menschen, dass sie diesen Überschuss konsumieren, dann entmenschlichen wir sie und behandeln sie als eine Art Abfallentsorger. Davon profitieren auch Lebensmittelkonzerne und die neoliberalen Narrative von Win-win-Situationen, die uns ständig erzählt werden. [...] Jede und jeder Tafel-Mitarbeitende sollte beim Überreichen von Lebensmitteln den Menschen deutlich sagen, dass das, was gerade stattfindet, Staatsversagen ist.

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#politik #politikversagen #bezahlbare-wohnungen #sozialer-wohnungsbau #wohnungsnot #studie #finanzen #sondervermögen

Wie war das nochmal: "Bei der Rüstung sind se fix, für #bildung, #wohnen, #löhne, #klima.... etc tun se nix"

Verbändebündnis Soziales Wohnen: Um neue Sozialwohnungsnot zu bremsen Sondervermögen von 50 Milliarden Euro gefordert

Ein Bündnis aus Mieterbund, Baugewerkschaft, Sozial- und Branchen-Verbänden der Bauwirtschaft hat heute vor einer "neuen und in ihrer Dimension beängstigenden Sozialwohnungsnot" in diesem Jahr gewarnt. Hintergrund ist eine Wohnungsbau-Studie, die das Verbändebündnis "Soziales Wohnen" beim Pestel-Institut (Hannover) und beim Bauforschungsinstitut ARGE (Kiel) in Auftrag gegeben hat. Als Reaktion auf die Ergebnisse der Untersuchung fordert das Bündnis den Bund und die Länder zu einer gemeinsamen "Sozialwohnungsbau-Offensive" auf. Der Staat müsse dringend ein Sondervermögen "Soziales Wohnen" schaffen. Erforderlich seien hierfür in einem ersten Schritt 50 Milliarden Euro bis zum Jahr 2025.
- Pressemitteilung mit Statements: Gegen-Rekord-Wohnungsmangel-50-Mrd-Sonderveroegen-fuer-Sozialwohnungen.pdf (544,0 KB)
https://igbau.de/Binaries/Binary18516/Gegen-Rekord-Wohnungsmangel-50-Mrd-Sonderveroegen-fuer-Sozialwohnungen.pdf

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#politik #soziale-frage #armut #politikversagen

Kein Brot, kein Frieden

Im Jahr 2022 waren bundesweit 50 Prozent mehr Menschen auf Lebensmittelspenden angewiesen (Von David Maiwald)

Die Verarmung in der Bundesrepublik nimmt seit Jahren zu, 2022 hat sie jedoch den Turbo eingelegt. Das hat die Bundesregierung mit ihrer Entscheidung, sich noch in der abflauenden Coronakrise in einen Wirtschaftskrieg mit Russland zu begeben, in Kauf genommen. Während die Preisexplosion bei Energie und Lebensmitteln für immer mehr Menschen zu einem wachsenden Problem wird, greifen »Entlastungsmaßnahmen« entweder zu kurz, zu spät, oder helfen denen, die keine Hilfe brauchen.

Besonders drastisch zeigt sich dieser Trend, wo Mildtätigkeit das Elend der bürgerlichen Überflussgesellschaft auffangen muss. Die Tafeln seien 2022 im bundesweiten Durchschnitt von 50 Prozent mehr Menschen angelaufen worden als noch im Jahr zuvor, erklärte der Bundesvorsitzende der Tafel Deutschland, Jochen Brühl, am Freitag gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). »Wir reden über zwei Millionen Menschen, die zu den Tafeln kommen«, so Brühl. Zeitweise habe ein Drittel der Lebensmittelausgaben einen Aufnahmestopp verhängen müssen, da der Andrang für die Menge an zu verteilenden Lebensmitteln zu groß gewesen sei. Zunehmend funktioniere der eigentlich dem Staat zukommende Versorgungsauftrag »nicht mehr«, sagte der Tafel-Chef gegenüber dem RND. Manchmal würden die Tafeln sogar »schon fest einkalkuliert«.

Karitatives Handeln sei »sinnvoll und notwendig«, erklärte Armutsforscher Christoph Butterwegge am Freitag im Gespräch mit junge Welt: »Es darf aber nicht vom Staat instrumentalisiert werden.« Forderungen nach einem festen Haushaltsposten für die Lebensmittelausgaben, wie etwa in der vergangenen Woche von der Landesvorsitzenden der Tafeln NRW, Evi Kannemann, geäußert, gäben »dem Sozialstaat die Möglichkeit, dass er sich zurückziehen kann«, so Butterwegge.

Die Bundesrepublik und ihre transatlantischen Partner haben neben der stetigen Vermehrung von Armut aber noch den Schutz des Reichtums – also wachsende Militarisierung – im Sinn. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und »Oppositionsführer« Friedrich Merz forderten am Freitag weitere Waffenlieferungen in die Ukraine. »Militärische Unterstützung«, heißt es da, sei schließlich »der schnellste Weg zum Frieden«.
- https://www.jungewelt.de/artikel/441822.verarmungspolitik-kein-brot-kein-frieden.html

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#politik #wirtschaft #energie #kapitalismus #zeitenwende #politikversagen

Zu Lust und Risiken des Kapitalverkehrs: Gaspreis sinkt

....Der Markt funktioniert prächtig. Nur über das ganze Jahr hinweg ist offensichtlich nicht genug Gas da. Die blöde Realität passt sich nicht effizient genug an die Marktlage an. Ein Teil der Realität besteht auch aus der Blödheit der Politiker, die die früher gesicherte Zufuhr an Erdgas gekappt haben ohne einen Plan, wie Ersatz zu beschaffen ist. Einer von ihnen, der begnadete Wirtschaftsminister Robert Habeck, erhielt zwar weder von Katar noch den USA langfristige Lieferverträge, doch wies er die Bundesnetzagentur im Frühling an, um jeden Preis die Kavernen zu füllen. Das hievte den Gaspreis in lichte Höhen. Auch kluge Minister in anderen Ländern sowie EU-Kommissare handelten ähnlich. Obwohl ihr Herz voller Bewunderung für das Wirken des freien Marktes ist, scheint ihnen nicht ganz klar zu sein, dass ihr unkoordiniertes Handeln erst die sagenhaft hohen Preise verursacht hat und nun einen absehbaren Stau an Tankern voll mit flüssigem, teuer eingekauftem Erdgas. Die dringend in Auftrag gegebenen LNG-Terminals sind noch nicht fertig. Die Tanker mit der teuren Fracht liegen vor Europas Küsten. Nicht nur das, die Gaslager im Inland sind auftragsgemäß fast voll (97,73 Prozent). Und weil – wie ärgerlich – der Oktober mild und die Bevölkerung sparsam ist, fließt das Zeug nicht ab und schafft keinen Platz für den mühsam beschafften und mühsam wieder in Gasform gebrachten Nachschub. So werden einige LNG-Tanker, die jetzt vor Europas Häfen dümpeln, bald in Richtung Japan, Korea oder sogar China fahren, sobald für ihre kostbare Fracht an der Börse ein Käufer gefunden ist. Das superteuer eingekaufte Gas wird dann, wenn es im nächsten Frühjahr gebraucht wird, fehlen.

Habe ich noch eine Lehre für Habeck und Co.? Aber ja doch. Man kann mit Marktanreizen großes und kleines Geld in die Errichtung von Solaranlagen und Windrädern locken. Das Land ist heute voll davon. Die Realität passt sich so dem Geldfluss an. Spätestens jedoch, wenn man einen Wirtschaftskrieg führen will, bieten sich Koordination und Planung als Instrumente an. Die monopolistischen Strukturen des Gas- und Strommarktes zu zerschlagen war Ordo- und Neoliberalen ein Fest. Die statt dessen konstruierten Märkte funktionierten eine Weile scheinbar gut. In Wirtschaftskriegszeiten aber schaffen sie nur zusätzliche Probleme.
- https://www.jungewelt.de/artikel/437661.gaspreis-sinkt.html

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#politik #klimakatastrophe #politikversagen #medien #industrie #lobbyismus #kapitalismus #system-change

Greta Thunberg: Klimapolitik ist vor allem eines – Greenwashing!

Die Welt zu retten ist freiwillig. Von einem moralischen Standpunkt ließe sich wohl gegen diese Aussage argumentieren, aber Tatsache ist: Es gibt keine Gesetze oder Vorschriften, die jemanden zwingen, die notwendigen Schritte zur Rettung unserer zukünftigen Lebensbedingungen auf der Erde zu unternehmen. Das ist unter verschiedenen Aspekten ärgerlich, nicht zuletzt, weil – so sehr es mir widerstrebt, es zuzugeben – Beyoncé unrecht hatte. Nicht Mädchen regieren die Welt. Sie wird regiert von Politikern, Konzernen und Finanzinteressen – vorwiegend vertreten von weißen, privilegierten, heterosexuellen Cis-Männern mittleren Alters. Und wie sich herausstellt, sind die meisten von ihnen – unter den gegenwärtigen Umständen – für diese Aufgabe schlecht geeignet. Das mag keine sonderliche Überraschung sein. Schließlich ist der Zweck eines Unternehmens nicht, die Welt zu retten, sondern Gewinne zu machen. Vielmehr so viel Gewinn wie möglich, um die Aktionäre und Marktinteressen zufriedenzustellen. Damit bleiben uns die Politikerinnen und Politiker. Sie haben hervorragende Möglichkeiten, Dinge zu verbessern, aber wie sich herausstellt, ist die Rettung der Welt auch nicht ihre Hauptpriorität.

[...] Unsere Politikerinnen und Politiker brauchen auf niemanden zu warten, bis sie anfangen, etwas zu unternehmen. Sie brauchen auch keine Konferenzen, Verträge, internationalen Abkommen oder Druck von außen, damit sie echte Klimamaßnahmen ergreifen. Sie können sofort anfangen. Zudem haben sie – und hatten sie schon lange – unendlich viele Möglichkeiten, sich zu Wort zu melden und eine klare Botschaft darüber zu vermitteln, dass wir unsere Gesellschaften grundlegend verändern müssen. Aber, abgesehen von sehr wenigen Ausnahmen, haben sie sich bewusst entschieden, es nicht zu tun. Das ist eine moralische Entscheidung, die nicht nur sie in Zukunft teuer zu stehen kommen wird, sondern die das gesamte Leben auf dem Planeten gefährdet.

Die Medien und unsere politischen Führungskräfte haben die Chance, drastische, sofortige Maßnahmen zu ergreifen, aber sie entscheiden sich, es nicht zu tun. Vielleicht liegt es daran, dass sie die Fakten immer noch leugnen. Vielleicht kümmert es sie nicht. Vielleicht sind sie sich der Lage nicht bewusst. Vielleicht haben sie vor den Lösungen mehr Angst als vor dem Problem. Vielleicht befürchten sie, soziale Unruhen auszulösen. Vielleicht befürchten sie, ihre Popularität zu verlieren. Vielleicht sind sie einfach nicht in die Politik oder den Journalismus gegangen, um ein System zu stürzen, an das sie glauben – ein System, das sie ihr Leben lang verteidigt haben. Vielleicht ist der Grund für ihre Untätigkeit auch eine Mischung aus all diesen Faktoren.

[...] Es heißt, wir sollten kompromissfähig sein. Als wäre die Übereinkunft von Paris nicht schon der größte Kompromiss der Welt. Ein Kompromiss, der bereits unvorstellbar viel Leid für die am stärksten betroffenen Menschen und Regionen in sich birgt. Ich sage: Genug. Ich sage: Haltet stand.

Unsere sogenannten Führungskräfte glauben immer noch, sie könnten mit der Physik und den Naturgesetzen verhandeln. Sie sprechen mit Blumen und Wäldern in der Sprache von US-Dollars und kurzfristiger Wirtschaftspolitik. Sie halten ihre Vierteljahresbilanzen hoch, um Wildtiere zu beeindrucken. Sie lesen den Meereswellen Börsenberichte vor wie Narren.

Wir nähern uns einem Abgrund. Und ich würde dringend empfehlen, dass diejenigen von uns, die sich vom Greenwashing noch nicht um den Verstand haben bringen lassen, sich nicht unterkriegen lassen. Lasst nicht zu, dass sie uns auch nur einen Zentimeter näher an den Rand des Abgrunds zerren. Keinen Zentimeter. Genau hier und jetzt ziehen wir die Grenze.
- vollständiger Text: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/greta-thunberg-unsere-derzeitige-klimapolitik-ist-nur-eines-greenwashing

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#politik #gesellschaft #soziale-frage #mobilität #öpnv #verkehrswende #politikversagen

49 Euro sind viel zu teuer

....49 Euro fühlen sich heute ja fast schon wieder wie GroKo an. Da werden viele halt dann doch lieber das Auto nehmen. An alle, für die 49 Euro im Monat aufgrund von Armut ein unüberwindbares Hindernis darstellen, verschwendet diese Koalition ohnehin nur peripher Gedanken.

45,02 Euro für „Verkehr“ sieht der Regelsatz für Hartz IV vor, der als Bürgergeld von Januar an gelten soll. Man könnte jetzt denken: Fehlen ja nur 3,98 Euro und Erwerbslose können durch die ganze Republik fahren. Doch woher sollen sie diese 3,98 Euro nehmen, wenn schon die 174,19 Euro für Nahrung nicht reichen werden, weil alles immer noch teurer wird? Und selbst wer die knapp vier Euro zusammenkratzt und das 49-Euro-Ticket kauft – eine Fahrt von Rostock zu den Enkeln in München mit dem ICE ist da nicht drin. Gilt jetzt: Wer nicht arbeitet, soll gefälligst 13 Stunden Regionalbahn fahren?

Und wenn das Ticket schon 49 Euro kosten muss, weil die Ampel-Regierung scheinbar nicht in der Lage ist, die Mittel für den nötigen Ausbau der Infrastruktur des öffentlichen Nahverkehrs aufzubringen, dann müssen zumindest die Bürgergeld-Regelsätze so steigen, dass endlich das Existenzminimum gewährleistet ist. Nicht um 53, um 200 Euro, wie es die Sozialverbände fordern.
- https://www.freitag.de/autoren/sebastianpuschner/49-euro-sind-viel-zu-teuer

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#politik #gesundheit #krankenhäuser #reform #politikversagen #gemeinwohl

"Eine Krankenhausreform kann nur gelingen, wenn es durchdachte Pläne für die Verteilung von kleinen, mittelgroßen und großen Häusern sowie Universitätskliniken für sämtliche Regionen unseres Landes gibt. Sie kann nur gelingen, wenn entsprechend den Aufgaben und der Größe eines Krankenhauses ein pauschaliertes Finanzierungskonzept eingerichtet wird, befreit von diagnosegesteuerten Fehlanreizen. Sie kann nur gelingen, wenn Gemeinnützigkeit die alleinige Organisationsform ist, gleichgültig ob es sich um private, öffentliche oder kirchlich geführte Häuser handelt. Dann werden die börsennotierten Krankenhauskonzerne genauso schnell verschwunden sein, wie sie aufgetaucht sind. Medizin könnte wieder möglich werden

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#politik #wirtschaft #energiepreiskrise #soziale-frage #politikversagen

"Wenn wir demnächst wieder von einem neuerlichen Entlastungspaket sprechen, sollten wir als dann demonstrierendes Volk die Courage aufbringen, ein letztes Entlastungspaket einzufordern. Eines, das den Runterwirtschaftsminister ersetzt, die Außenministerin rauswirft und den Bundeskanzler in die Rente und den nächsten Untersuchungsausschuss schickt: Es sollte kurz gesagt ein Entlassungspaket sein. Ob es dann besser wird, weiß man nicht: Aber sich von diesen Dilettanten zu lösen, das hat auch was mit Selbstachtung zu tun. Aber womöglich hat die schon längst Insolvenz angemeldet."

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#politik #krieg #sanktionen #energieknappheit #politikversagen #habeck&co

Moralische Überlegenheit muss man sich leisten können....

Diese Bundesregierung ist ein Albtraum

Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner: Sie alle tun so, als sei die gegenwärtige Krise ein Schicksal, über das allein der Kreml bestimmt. Damit stiehlt sich die Ampel-Koalition dreist aus der Verantwortung (von Christian Baron)

Bislang ist Robert Habeck nicht dadurch aufgefallen, dass ihm die Bekämpfung der Armut besonders am Herzen läge. Nun war es aber ausgerechnet der grüne Vizekanzler, der vor einem „politischen Albtraumszenario“ warnte. 50 Prozent der Bevölkerung liefen „auf eine Situation zu, in der sie weniger verdienen, als sie ausgeben“. Das werde Deutschland vor eine „Zerreißprobe“ stellen, „wie wir sie lange nicht hatten“. Kurz darauf sagte Kanzler Olaf Scholz bei einem Bürgerdialog: „Die Preise werden nicht schnell wieder sinken, sondern das wird lange ein Problem bleiben.“ Für Regierungsvertreter ist diese Klarheit bemerkenswert, dafür gab es viel Anerkennung. Corona, Krieg, Inflation, Sanktionen: All das sind Preistreiber, die Millionen sogar in relativ reichen Ländern in blanke Existenznot bringen.

Habeck und Scholz vermitteln den Eindruck, bei den Härten handele es sich um ein nur vom Kreml auferlegtes Schicksal. Doch ist die Bundesregierung so machtlos, wie sie erscheinen will? Es steht außer Frage, dass die globale Lage ihren Handlungsspielraum begrenzt. Die Pandemie hat Lieferkettenprobleme verursacht, die nicht den Deutschen anzulasten sind. Für den Personalmangel in vielen Branchen infolge eines hohen Krankenstands ist die Koalition kaum verantwortlich. Nicht zuletzt hat der russische Angriffskrieg für eine Teuerung gesorgt, weil mit der Ukraine ein wichtiger Lebensmittelexporteur militärisch unter Beschuss steht.

Doch ist die Aufrüstung der Bundeswehr für 100 Milliarden Euro die Entscheidung der Bundesregierung. Die Sanktionen gegen Russland waren ihre Entscheidung. Es war ihre Entscheidung, die Gaspipeline Nord Stream 2 nicht in Betrieb zu nehmen. Und es ist ihre Entscheidung, diese Position in Anbetracht der Notlage nicht zu überdenken. Gerade hat das Kabinett eine Reform des „Energiesicherungsgesetzes“ beschlossen. Deren Kern ist die Möglichkeit für Gashändler, die Kosten der Energiekrise an die Verbraucher weiterzugeben. Womöglich dürfen Vermieter ihren Mietern bald vorschreiben, die Wohnung maximal auf 18 Grad zu „heizen“ und Warmwasser zu sparen. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger fordert die Ausrufung eines „nationalen Notstands“, um das Streikrecht der Beschäftigten einzuschränken. Finanzminister Christian Lindner hat Kürzungen bei Leistungen für Langzeiterwerbslose angekündigt.

Gleichzeitig sind vier Bundesländer im Bundesrat mit ihrer Idee einer Sondersteuer auf hohe Zusatzgewinne von Unternehmen durch den Ukraine-Krieg gescheitert. Eine Debatte über die Wiedereinführung der Vermögenssteuer oder eine Erhöhung der Erbschaftssteuer ist nicht in Sicht. Dafür geistert die Forderung durch den Debattenraum, „die Deutschen“ sollten „die Freiheit der Ukraine“ nicht opfern für ihren Komfort.

Doch um wessen Komfort geht es hier? Wer in einer heruntergekommenen Mietwohnung lebt, ist von der Energiekrise anders betroffen als ein Eigenheimbesitzer, der auch noch Solarzellen auf dem Dach hat. Wer mit einer spritfressenden Rostlaube zur Arbeit fahren muss, weil der Mindestlohn zu niedrig ist und weil es im Dorf keinen Bus gibt, ist anders betroffen als ein Start-up-Chef in Berlin-Mitte mit U-Bahn-Anschluss.

Moralische Überlegenheit muss man sich leisten können. Da erscheint es umso dreister, dass Habeck der Bevölkerung empfahl, weniger zu duschen und im Winter die Heizung herunterzudrehen. Eine Bundesregierung, die sich im Angesicht der durch sie mitverschuldeten Katastrophe aus der Verantwortung stiehlt, ist ein politischer Albtraum.

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#politik #rassismus #morde #hanau #politikversagen #polizeiversagen

Hanau-Anschlag: „Die Polizei hat versagt“

Ein neues Gutachten der Forschungsagentur Forensic Architecture zeigt: Die Polizei hat das Haus des Attentäters in den Stunden nach dem Anschlag nicht richtig bewacht.

Es sind beeindruckende Bilder – die Aufzeichnungen eines Polizeihubschraubers. Sie zeigen den Hanauer Stadtteil Kesselstadt in der Nacht des Anschlags von oben: den Tatort am Kurt-Schumacher-Platz, reges Treiben vor der „Arena-Bar“, in der wenige Minuten zuvor tödliche Schüsse fielen, und die Nachbarschaft des Hauses des Attentäters. Die Aufzeichnungen zeigen: Beim Einsatz der Polizei in der Tatnacht hat es weitere Pannen gegeben. „Die Polizei hat in der Tatnacht versagt“, sagt Bob Trafford, Projektleiter der Forschungsagentur Forensic Architecture. Die Rechercheure haben die Bilder ausgewertet und sich nach eigenen Angaben durch tausende Seiten Ermittlungsakten gearbeitet. (…) In ihrem Gutachten zeigt Forensic Architecture, dass die Polizei das Haus des Attentäters nach dessen Tat über einen längeren Zeitraum nicht oder nicht richtig bewacht hat – obwohl klar war, wer er war und wo er sich aufhielt. Durch die mangelnde Bewachung hätte der Attentäter fliehen und weitermorden können. Demnach waren drei Polizei-Einheiten damit beauftragt, das Haus beziehungsweise einen Fluchtweg zu sichern. Doch die Einheiten waren teils falsch positioniert oder haben ihren Standpunkt verlassen. Laut Gutachten hätte der Attentäter zwischen 23.21 Uhr und 0.25 Uhr, also mehr als eine Stunde lang, das Haus unbemerkt verlassen können. Demnach hatte in dieser Zeit kein einziger Beamter weder die Vordertür des Hauses noch die Hintertür im Garten im Auge.

„Jeder Bürger und jede Bürgerin in Hessen und in Deutschland sollten von diesem nachlässigen Umgang mit einem gewalttätigen Extremisten schockiert sein“, kritisiert Trafford. „Sie haben es nicht geschafft, wichtigste Informationen zum Einsatz und der Ermittlung intern weiterzugeben.“ Auch das belegen die Aufzeichnungen des Polizeihubschraubers: Die Polizei hat offenbar teilweise nicht richtig miteinander kommuniziert. (…)

Das neue Gutachten der Forensiker ist Teil der Ausstellung „Three doors“ . Darin zeigt Forsensic Architecture weitere Punkte rund um den Anschlag auf: So geht es auch um die möglicherweise verschlossene Notausgangstür am Tatort Arena Bar. Die Staatsanwaltschaft Hanau hatte entsprechende Ermittlungen eingestellt, unter anderem mit dem Hinweis, es sei nicht klar, ob die Opfer es überhaupt bis zu dieser Tür geschafft hätten. In einem Gutachten, das Angehörige im Untersuchungsausschuss im hessischen Landtag präsentierten, kommt Forensic Architecture zum Schluss: Sie hätten es zum Teil schaffen können. Zwei der Opfer hätten demnach überleben können. Die Ausstellung, die sich auch mit dem Fall Oury Jalloh befasst, wird heute im Frankfurter Kunstverein eröffnet…“
- Text und Audio des Beitrags von Heiko Schneider vom 2.6.2022 bei hessenschau.de
https://www.hessenschau.de/panorama/gutachten-zu-hanau-anschlag-die-polizei-hat-versagt,neue-erkenntnisse-hanau-100.html

PM 3.6.: „Three Doors“ – Ausstellung von Forensic Architecture mit einer neuen Video-Rekonstruktion zum Täterhaus von Hanau:
- https://19feb-hanau.org/2022/06/03/three-doors-ausstellung-von-forensic-architecture-mit-einer-neuen-video-rekonstruktion-zum-taeterhaus-von-hanau/

Link zur Video-Rekonstruktion von Forensic Architecture zum Täterhaus:
- https://forensic-architecture.org/investigation/racist-terror-attack-in-hanau-the-police-operation

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #wirtschaft #inflation #soziale-frage #armut #politikversagen #almosen #schwachsinn

Die Politik hat im Umgang mit einer Inflation, die sich längst nicht mehr allein mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer, kurzfristigen Lieferkettenunterbrechungen oder anderen zeitweiligen Schwierigkeiten erklären lässt, einen Umgang gefunden, auf den viele Adjektive passten. Ignorant, demütigend, kurzsichtig. Armutsfest im Sinne, dass Armut verstetigt wird. Sie setzt auf Einmalzahlungen oder Soforthilfen. Egal, wie die Begriffe lauten, sie meinen: Wir finden das mit den drei Euro ALG II mehr schon richtig, sehen aber auch ein, dass es hin und wieder eines Almosens bedarf. Almosen konnte die vorherige Regierung, aber es scheint, als beherrschte auch die neue den Kanon völlig unzulänglicher Maßnahmen, die in der einen oder anderen Form den insgesamt rund 13 Millionen Menschen zugutekommen, die hierzulande als arm oder armutsgefährdet gelten. Inzwischen werden es mehr sein. Während die einen weiterhin überdurchschnittlich belastet werden durch die Inflation, was keine Einmalzahlung ausreichend zu kompensieren in der Lage ist, finden die anderen Wege, ihr Vermögen „inflationssicher“ anzulegen. Weshalb es auch zu kurz gegriffen ist, zu sagen, eine Einmalzahlung wirke ja wie ein Konjunkturprogramm. Wer von den 150 Euro eine Stromrechnung bezahlt, die schon die erste Inkassoschleife gedreht hat, kurbelt die Konjunktur gewiss nicht an. Aber Schwachsinn lässt sich halt mit noch größerem Schwachsinn vorübergehend übertünchen.

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #corona #covid19 #politikversagen #durchseuchung #ableismus

Was mich wütend macht, ist, dass wir jetzt sehr lange über eine »Spaltung der Gesellschaft« zwischen Coronaleugnern/-verharmlosern und allen anderen geredet haben, während die anderen Spaltungen, die wesentlich dramatischer sind, unter den Tisch fallen: die Spaltung zwischen denjenigen, die eine Infektion gut wegstecken können und denen, die das nicht können. Oder die Spaltung zwischen denen, die sich locker zu Hause isolieren können und denen, die alte oder kranke oder behinderte Menschen pflegen und nicht so leicht ersetzt werden können. Oder die Spaltung zwischen denen, die auf die aktuellen Infektionszahlen mit einem zynischen »jetzt ist auch egal« reagieren und denen, die längst völlig jenseits der Grenze ihrer Kräfte sind, zum Beispiel Eltern oder Risikopatient:innen oder Pflegekräfte oder Angehörige von Schwerkranken. Oder die Spaltung zwischen denen, denen die Pandemie finanziell kaum schadet und denen, die längst ihre Ersparnisse aufgebraucht haben, weil sie nicht so arbeiten können wie vorher.

Erinnern Sie sich, wie in Potsdam im vergangenen Jahr vier behinderte Menschen ermordet wurden? Das Entsetzen und die Anteilnahme waren völlig zu Recht riesig. Aber wie gehen wir heute mit Menschen um, die besonderen Schutz bräuchten und darauf angewiesen sind, dass andere sich um sie kümmern? Richtig schlecht, wenn Sie mich fragen. Die können gucken, wo sie bleiben.

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #corona #covid19 #politikversagen #durchseuchung #faschismus

"Sagt es doch, dass es euch hauptsächlich darum geht, die Wirtschaft am Laufen zu halten, und dass es euch vergleichsweise egal ist, wenn alte Menschen sich nicht mehr hinaustrauen, Kinder und Erwachsene Long Covid kriegen, wichtige Operationen verschoben werden müssen, Frauenhäuser überfüllt sind, mehr Leute an Krebs sterben und euer Ziel definitiv nicht ist, dass möglichst wenig Leute krank werden oder sterben oder arm werden oder verzweifeln. Sagt es doch wenigstens, dass euch der faschistische Gedanke, dass man auf die Schwächsten gut und gern auch verzichten kann, vielleicht doch ganz gut gefällt. Übertrieben? Dann beweist das Gegenteil."

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #politikversagen #corona #covid19 #coronaleugner:innen #neoliberalismus #kapitalismus #zurichtung #solidarität

Dass die Unzufriedenheit über diese (Corona)Politik wächst, ist nachvollziehbar. Mit Querdenken bricht sie sich allerdings als egoistische Bockigkeit Bahn. Nachdem ihnen jahrelang eingehämmert wurde, dass sie nur für sich selbst verantwortlich sind, dass Scheitern nur als individuelles Versagen zu verstehen und Schwäche ein persönlicher Makel ist, begreifen sich viele Menschen tatsächlich als Einzelne, die der Rücksichtslosigkeit staatlicher Politik ohnmächtig ausgeliefert sind. Die Beschränkung persönlicher Freiheiten ist die Kränkung, die das neoliberal zugerichtete Individuum noch am ehesten empfinden kann. Sie mit derselben Rücksichtslosigkeit zurückzuweisen, dabei die eigene Verletzlichkeit zu verdrängen und eine Illusion oppositioneller Gemeinschaft zu stiften, macht die Anziehungskraft der Corona-Leugnerei aus.

Dass dieses verzerrte individualistische Freiheitsbild auch bei manchen Linken verfängt, ist Ausdruck der neoliberalen Hegemonie im Alltagsverstand. Obwohl die Ausbreitung des Virus täglich offen legt, dass wir über die gesellschaftlichen Ausbeutungsverhältnisse in äußerst enger – wenn auch fremdbestimmter – Beziehung zueinander stehen, fehlt hierfür jedes Bewusstsein. Ebenso dafür, dass dieses Beziehungsgeflecht die größte Machtressource der Ausgebeuteten ist, weil es sie in die Lage versetzt, durch gemeinsames Handeln den rücksichtslosen Normalbetrieb anzuhalten und eine Politik zu erzwingen, die, statt die Einzelnen zu gängeln, eine vorausschauende Pandemiebekämpfung betreibt und den Gesundheitsschutz an erste Stelle setzt.

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#politik #gesundheit #politikversagen #corona #covid19 #triage #menschenrechte #justiz

Corona und die Folgen: Vom Wert menschlichen Lebens

Schutzpflicht und Benachteiligung. Fortschritt und Grenzen des jüngst ergangenen Bundesverfassungsgerichtsbeschlusses zur Triage (Von Hans Otto Rößer)

...Theorie des Rechts ist nicht in erster Linie Ideologiekritik, sondern analysiert das Recht als System von Formen, in denen die gesellschaftlichen Verhältnisse reproduziert werden. Diese setzten jenem Rahmen und Grenzen. So ist es gewiss zu begrüßen, dass der Entscheid im Namen der Menschenrechte eine Barriere gegen den krudesten Utilitarismus errichtet, der unterm Fetisch der »Erfolgsaussicht« das »Survival of the Fittest« zu seiner Sache macht. Gleichzeitig ist aber zu konstatieren, dass das Gericht nirgends die Voraussetzungen, die die Anwendung der Triage real möglich erscheinen lassen, in Frage stellt. Der Beschluss wirft keinen Sand ins Getriebe. Es kann weiterlaufen, nichts stockt.

Bereits der Verfassungsbeschwerde ging es allein um die »gerechte« Verwaltung des Mangels, also um die »faire« Zuteilung knapper Ressourcen, nicht um die Infragestellung dieser Knappheit selbst und der Triage als Folge davon. Wenn das Kriterium der Reihenfolge, in der Patienten eine Klinik erreichen, die Reihenfolge der Behandlung bestimmen soll, ist der Mangel nicht beseitigt, sondern wird nur anders verteilt als nach dem fragwürdigen Kriterium der »Erfolgsaussicht«. Die Beschwerdeführerin Nancy Poser formuliert die möglichen Konsequenzen der von ihr geforderten gesetzlichen Regelung der Triage nach dem Prinzip »Wer als erste da ist, wird als erste behandelt« einverständig so: »Dann sterbe ich vielleicht, weil ich zu spät dran war, aber nicht, weil ich behindert bin.« (SWR, 17.11.2020) Solche Äußerungen bestätigen Marx’ Kritik an den Grenzen der Verteilungsgerechtigkeit, die ihre Voraussetzungen (die Produktion usw.) nicht in den Blick nimmt, sondern nur nachgeordnete Probleme bearbeitet.

Im Fall des Gesundheitswesens sind die Auswirkungen negativer Folgen des Mangels schon im »Normalfall« ungleich verteilt, weil sich reiche Menschen ihnen in der Regel entziehen können. Da sich die Covid-19-Pandemie nicht explosionsartig durchsetzt, sondern wellenförmig, als eine Katastrophe »in Zeitlupe« (Christian Drosten), wäre es zumindest Gesellschaften wie jener der Bundesrepublik möglich, in den Pausen der Pandemie die Ressourcen des Gesundheitssystems soweit zu adjustieren, dass triageträchtiger Mangel ausgeschlossen werden kann. Sofern dies nicht geschieht und die Triage praktiziert wird, werden alle Beteiligten und Betroffenen den Imperativen einer inhumanen Situation unterworfen, die keineswegs »schicksalshaft« oder »tragisch« ist, sondern verändert werden könnte. Die Triage ist dann eine immanente Konsequenz der Ausrichtung des Gesundheitssystems an Kostenersparnis und Gewinnmaximierung anstatt am Bedarf. Dem medizinischen Personal wird es überlassen, aus der von ihm nicht verantworteten volkswirtschaftlichen Unterfinanzierung des Gesundheitssystems die Konsequenzen vor Ort zu ziehen. Das Beharren auf ärztlicher »Primärverantwortung«, sei sie korporatistisch oder individualistisch gefasst, wäre dann das, was Theodor W. Adorno einmal der Autorität des Lehrers attestiert hat: eine (todernste) Parodie wirklicher Handlungsmacht....
- vollständiger Artikel: https://www.jungewelt.de/artikel/417912.corona-und-die-folgen-vom-wert-menschlichen-lebens.html

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#politik #gesundheit #covid19 #corona #impflicht #politikversagen

Die Impfpflicht ist eine Bankrotterklärung

Hätte sich die Regierung früh genug um das Boostern und die globale Impfstoffversorgung gekümmert, hätte man diese Situation verhindern können. Bürger zur Spritze zu zwingen, ist das letzte Mittel – und gefährlich für die Demokratie (von Elsa Koester)

Jetzt kommt also der Olaf Scholz, oberster Pragmatiker, und regelt das: Impfpflicht. Erst soll der Bundestag sie für das medizinische Personal beschließen, im Februar dann für alle. Keine roten Linien. Tun, was getan werden muss. Bestimmt finden das viele gut – auch und gerade all die Zögerlichen, Trägen, Trotzigen: Grummel, na gut, dann mache ich das halt. Endlich nimmt mal jemand das Zepter in die Hand. Jetzt wird regiert. Dabei bedeutet die Impfpflicht das Scheitern jeden Regierens.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich sehe es ein. Womöglich ist eine Impfpflicht in dieser Situation nicht mehr zu vermeiden. Einen weiteren Lockdown kann man den Kindern gewalttätiger Eltern, den Cafébesitzern, Restaurantangestellten und Kurzarbeiterinnen nicht antun. Schimpfen Sie mich ruhig ultraliberal, aber ich finde trotzdem: Der Staat sollte niemanden zwingen, sich ein Serum in den Körper zu pressen. Wir sind schließlich keine Untertanen. Sondern Bürgerinnen. Was ich also vorschlage?

Ich schlage vor, dass der Staat lernt, wirklich souverän zu handeln. Seine Aufgabe ist nicht, seinen zwei Kindern, die sich darum kloppen, ob das eine sich nun eine Spritze reinjagen oder das andere zu Hause bleiben muss, die Entscheidung abzunehmen. Der Bundeskanzler ist nicht Papa Scholz. Der Bundeskanzler ist Regierungschef. Er koordiniert und verantwortet die Aufgabe, die Bedürfnisse der Bevölkerung so zu organisieren, dass die Geschwister gar nicht erst die Prügelei anfangen. Das Zauberwort nennt sich Daseinsvorsorge.

Da-seins-vor-sorge: die staatliche Aufgabe, alle Güter und Leistungen bereitzustellen, die für ein menschliches Dasein notwendig sind. Ein vor-sorgender Staat hätte so einiges tun müssen. Er hätte bereits im Juli Impfteams in die Pflegeheime losschicken und alle Bürgerinnen zur dritten Impfung einladen müssen. Er hätte die Patente für die Impfstoffe freigeben müssen, damit die Bevölkerung im Globalen Süden geimpft werden kann – aus postkolonialer Verantwortung für die Weltgemeinschaft und um das Risiko gefährlicher Mutationen zu verringern. Er hätte Krankenhäuser subventionieren müssen, um sie vom Kostendruck des „Wettbewerbs“ im Gesundheitssystem zu befreien. Er hätte auf diese Weise vielleicht Vertrauen gewonnen, das ihm jetzt bei bis zu 30 Prozent der Bevölkerung fehlt.

Das alles haben unsere Regierungen nicht getan. Sie haben sich geweigert, für unser Dasein vorzusorgen. Warum? Weil es Geld gekostet hätte, wirklich vorsorgend zu handeln. Dafür hätte investiert werden müssen. Die Regierungen der vergangenen zwanzig Jahre haben nicht investiert, sondern gespart. Und die Ampel? Sie plant – zaghaft – Investitionen. Die Pflege soll unterstützt werden, ein Personalschlüssel eingeführt, Krankenhausplanung und Gesundheitsdienste reformiert. Das klingt alles noch sehr vage, und das ist es auch. Die Frage, wie souverän ein Kanzler Scholz ist, wird sich daran messen, was seine Regierung hier umsetzt. Ganz pragmatisch.

Zugegeben, für die aktuelle pandemische Lage nützt all diese Kritik an bisherigen Versäumnissen wenig. Doch es gibt noch immer Alternativen zur Impfpflicht. Eine Pflicht zur Impfberatung etwa, mit anschließender Möglichkeit zur Impfung. Auf diese Weise lässt die Staatsgewalt ihre Finger von jenem Teil ihres Hoheitsgebiets, in dem sie nichts zu suchen hat: den Körpern seiner Bürger. Zwingt er sie aber, statt sie zu lenken, stellt sich die Frage: Wie stark radikalisieren sich Menschen, wenn ihnen ein Serum in den Körper hineingezwungen wird, das sie als giftig erachten?

Mehr: Warum uns eine Impfpflicht in diesem Corona-Winter nicht helfen wird

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

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"Alles derzeit erscheint wie ein großer Déjà-vu-Moment"

Der Pflegepersonalmangel auf Intensivstationen wurde und wird durch die Corona-Pandemie geboostert

“Es ist kompliziert und für viele Menschen mehr als irritierend. Da verkündet der (noch und nur) geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hoffnungsvoll das Ende der pandemischen Notlage und gleichzeitig wird man konfrontiert mit Dauermeldungen über steigende Inzidenzen, gepaart mit Notrufen aus zahlreichen Krankenhäusern, dass bereits jetzt die Betten voll sind mit COVID-19-Patienten. Und wie in den Wellen der vergangenen Monaten richtet sich der besorgte Blick auf die Endpunkte der Corona-Pandemie, also auf die Intensivstationen. Man erlebt eine Wiederholung dessen, was wir auch im ersten Corona-Jahr erfahren haben: Die Warnung, dass gerade die Intensivstationen, die Corona-Patienten versorgen müssen, an ihr Limit geraten. Alles derzeit erscheint wie ein großer Déjà-vu-Moment. (…) Deutschlands größte Uni-Klinik, die Charité in Berlin, warnt vor Überlastung. Christian Karagiannidis, wissenschaftlicher Leiter des DIVI-Intensivregisters, schreibt, ebenfalls in dem sozialen Netzwerk: „Viele Krankenhäuser werden bald wieder aus dem Regelbetrieb rausmüssen.“ (…) »Auch aktuell ist die Lage auf den Intensivstationen sehr angespannt. Derzeit kann mehr als jedes zweite Krankenhaus wegen fehlender Personalausstattung in Pflege oder Medizin Intensivbetten nicht betreiben. Die nicht betreibbaren Betten entsprechen knapp einem Viertel der laut Krankenhausplan verfügbaren Intensivkapazitäten der betroffenen Häuser.« Während große Krankenhäuser schon seit längeren große Stellenbesetzungsprobleme in der Intensivpflege haben, sind zunehmend auch kleinere und mittelgroße Häuser von Abwanderungen aus der Intensivpflege betroffen. Zur Kompensation von Personalausfällen in der Intensivpflege setzen die Krankenhäuser vermehrt Pflegepersonal von den Normalstationen ein, um die Versorgung insbesondere von COVID-19-Patienten zu gewährleisten. Derzeit kann mehr als jedes zweite Krankenhaus wegen fehlender Personalausstattung in Pflege oder Medizin Intensivbetten nicht betreiben. In den Großkrankenhäusern ab 500 Betten sind sogar 81 % der Befragten mit diesem Problem konfrontiert. Fazit des Deutschen Krankenhausinstituts: »Schon im letzten Jahrzehnt hatten die Intensivstationen mit steigender Tendenz mit Stellenbesetzungsproblemen in der Intensivpflege zu kämpfen. Die Corona-Pandemie hat die Lage noch weiter verschärft … Für dieses Jahr haben 72 % der Häuser durch Kündigungen, interne Stellenwechsel oder Arbeitszeitreduktionen weniger Intensivpflegepersonal zur Verfügung als noch am Ende des letzten Jahres. Erschwerend kommen ggf. noch gestiegene Ausfallzeiten durch Krankheit infolge der Belastungen durch die Behandlung von Corona-Patienten hinzu…”
- Beitrag vom 3. November 2021 von und bei Stefan Sell
https://aktuelle-sozialpolitik.de/2021/11/03/pflegepersonalmangel-auf-intensivstationen-wurde-und-wird-durch-die-corona-pandemie-geboostert/