#waffenlieferungen

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #gesellschaft #krieg #panzer #waffenlieferungen #geschichte #russland #deutschland

Wenn man irgendwann einmal das Ziel hatte, die russische Bevölkerung gegen Putin und seinen Machtapparat aufzubringen ist dies krachend gescheitert. Spätestens mit der Liefergenehmigung für den Leopard wurde das Gegenteil erreicht. Nun spürt die russische Bevölkerung wieder den Feind im Nacken. Die Geschichte der millionenfachen Opfer steigt wieder hoch, obwohl dies vor Jahren noch undenkbar war. Dem Gedanken der Völkerfreundschaft wurde in den Arsch getreten. Mit noch nicht absehbaren Folgen…

Der Leopard im Raum. Die Reaktion der russischen Bevölkerung Teil2

... Alte Wunden platzen in Russland jetzt wieder auf. Eine Bekannte schrieb mir: »Wir fahren als Touristen nach Deutschland, fast jeder hat gute Bekannte dort, wir schätzen diese sehr und lieben sie sogar. Aber! Das russische Volk hat den Deutschen nichts vergessen und nichts vergeben. Die Auseinandersetzungen in der Ukraine sind furchtbar und zeugen von Unfähigkeit. Die Deutschen sollten wissen, dass die Russen in der Ukraine-Frage gespalten sind. Wenn der Westen allerdings – und besonders Deutschland – an unser Land ran will, werden wir uns zusammenschließen, egal ob klein oder groß. Und keinem wird die Hand zittern, weder am Abzug eines Gewehrs noch beim Drücken eines Start- oder eines sonstigen Knopfes.

Der Hass darauf, was die Deutschen damals getan haben, ist nicht verschwunden. Und der Hass darauf, dass eure alten Leute, die früheren Soldaten, im Ergebnis viel besser leben als unsere alten Leute, die die Welt vom Faschismus gerettet haben, führt dazu, dass niemand fragen wird, wer schuld ist, der Westen oder unsere Verräter. Deutschland muss jetzt still sein. Die ganze deutsche Nation muss jetzt beten, dass die Russen die Deutschen vergessen. Aber wir vergessen nicht!«
- aus »Wir vergessen nicht!« - Stimmen aus Russland: Überfall auf UdSSR bleibt im Gedächtnis. (Von Ulrich Heyden, Moskau)
https://www.jungewelt.de/artikel/443719.reportage-aus-russland-wir-vergessen-nicht.html

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#politik #gesellschaft #krieg #panzer #waffenlieferungen #geschichte #russland #deutschland

Wenn man irgendwann einmal das Ziel hatte, die russische Bevölkerung gegen Putin und seinen Machtapparat aufzubringen ist dies krachend gescheitert. Spätestens mit der Liefergenehmigung für den Leopard wurde das Gegenteil erreicht. Nun spürt die russische Bevölkerung wieder den Feind im Nacken. Die Geschichte der millionenfachen Opfer steigt wieder hoch, obwohl dies vor Jahren noch undenkbar war. Dem Gedanken der Völkerfreundschaft wurde in den Arsch getreten. Mit noch nicht absehbaren Folgen...

Der Leopard im Raum. Die Reaktion der russischen Bevölkerung

Wladimir Sergeijenko: ...Wichtig ist vor allem, wie die normale Bevölkerung das aufgenommen hat. Man muss dabei auch überlegen, warum die Russen Putin unterstützen, auch wenn er etwas falsch macht. Sind die alle blöd und ist die Propaganda so gut, dass man sie einer Gehirnwäsche unterzogen hat? Es liegt nicht alles an der Propaganda, es liegt auch an Werten. Und wenn man auf die Werte sieht, dann wurde schon ein Tiefpunkt erreicht, an dem besonders schmerzhaft wird. Wenn sich in der Zukunft nicht wirklich etwas an der deutsch-russischen Beziehung ändert, gibt es keine Gemeinsamkeit mehr. Das gilt auch für die Politik und die Wirtschaft. Es hat enorm lange gedauert, bis deutsche und russische Teilnehmer am Zweiten Weltkrieg sich die Hand gegeben haben, also dem damaligen Feind.

Ist denn diese Geschichte auch für die jüngere Generation in Russland noch lebendig?

Wladimir Sergeijenko: Ja. Für die Russen hat es sehr lange gedauert, bis sich Kriegsteilnehmer die Hände gegeben haben. Es waren berührende Bilder, als sich ein russische Veteran mit Deutschen am Reichstag getroffen hat. Sie haben gegeneinander gekämpft, aber nach vielen Jahren hat man den Mut gefunden, diese alte Geschichte auf die Seite zu legen und etwas Neues aufzubauen. Dazu gehören natürlich auch Gespräche über Antifaschismus, über Wirtschaft und Kultur, aber gibt diesen Schmerz in Bevölkerung, dieses Gefühl, als würde die Wirbelsäule durchbohrt, wenn deutsche Schäferhunde bellen und wenn man dabei die deutsche Sprache hört. Es gibt Generationen, die mit diesen Erinnerungen, diesen Filmen groß geworden sind. Für Russen verursacht die deutsche Sprache mit bellenden Schäferhunden Gänsehaut. Das muss man verstehen.

Viele Jahre hat man dieses Gefühl in der Sowjetunion gepflegt. Dann musste man alles umbauen, nachdem Deutschland kein Feind mehr ist. Es kamen viele Russen nach Europa, beispielsweise nach München oder auf die Berliner Friedrichstraße zum Einkaufen. Man hat einander nicht mehr die Vorwürfe gemacht, die Russen haben nicht mehr auf die deutsche Sprache reagiert. An den Siegesfeiern mit dem Marsch des Unsterblichen Regiments nahmen auch Deutsche teil. Wir haben darüber gesprochen, ob es nicht gefährlich ist, in Russland auf der Straße Deutsch zu sprechen. Die Russen aber haben die Deutschen umarmt und auf die Schulter geklopft, sie freuten sich, dass die Deutschen mit dabei sind, weil es der gemeinsame Sieg über den Faschismus ist.

Bei der Leopard-Lieferung ist für mich nicht die politische Rhetorik wichtig, meine Kritik richtet sich gegen die wahnsinnige Show, die darüber veranstaltet wurde, ob man liefert oder nicht. [...] Jetzt sind die Russen schon wieder zurück in der Zeit, als die deutsche Sprache Gänsehaut auslöste. [...]

Aber es geht doch nicht um deutsche Soldaten, sondern nur um deutsche Panzer, die von Ukrainern gefahren werden.

Wladimir Sergeijenko: Gute Frage. Man muss sich fragen, gegen wen diese Wut gerichtet ist und ob dies auch gleich eine Unterstützung für die russische Regierung bedeutet. Ist die Wut auf die deutsche Regierung, auf die Panzer oder auf die deutsche Bevölkerung gerichtet? Ich sage immer, man müsse zwischen den Ukrainern und der ukrainischen Regierung, zwischen Russen und der russischen Regierung oder Deutschen und der deutschen Regierung unterscheiden. Aber jetzt wird von Deutschland gesprochen, man macht diesen Unterschied nicht mehr und fragt, ob sie wollen, dass wir wieder nach Berlin kommen oder Hyperschallraketen schicken. Diese Rhetorik schmerzt, aber es gibt sie in der Bevölkerung. Nicht jeder ist so aufgeheizt, aber auch wer schweigt, solidarisiert sich mit denjenigen, die von den Leopard-Panzern ausradiert wird. Wir sind, denke ich, wieder ganz nahe an der Rückkehr zur Zeit, als die Deutschen Feinde waren. Ich denke, dass in der Bevölkerung der Nullpunkt der Beziehungen zu Deutschland erreicht wurde.

  • Der Publizist und Soziologe Wladimir Wladimirowitsch Sergijenko wurde 1971 im westukrainischen Lwiw geboren. Seit 1991 lebt er in Deutschland. Er ist Autor und Herausgeber mehrerer Anthologien mit Poesie und Erzählungen. In Russland und im russischsprachigen Europa ist er insbesondere aufgrund seiner Radiosendung „Eurozone“ bekannt, die mehrmals wöchentlich im staatlichen Radio „Vesti FM“ läuft.
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#politik #krieg #waffenlieferungen #verantwortung

Von Helmut Schmidt ist überliefert, dass er im Fall eines bevorstehenden sowjetischen Angriffs mit Atomwaffen als Kanzler die BRD für neutral erklären oder kapitulieren wollte – im Wissen, dass die USA ein Verglühen Westeuropas stets einkalkulieren. Jetzt rückt der Tag näher, an dem zu entscheiden ist, ob eine erhebliche russische Reaktion herausgefordert wird. Nach Auffassung Kaims (Sicherheitsexperte von der Stiftung »Wissenschaft und Politik«) hat die deutsche Außenpolitik längst »Maß und Mitte« verloren. Ausgang also offen.

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#politik #medien #geschichte #krieg #faschismus #russland #ukraine #waffenlieferungen #kriegsgetöse #vernichtungsphantasien #geschichtsrevisionismus

Ich kann vieles nachvollziehen. Die Verurteilung der russischen Föderation für die Intervention in die Ukraine, die Kritik an der autoritären russischen Führung, auch einige der Polemiken gegen Putin....
aber die Geschichtsvergessenheit die sich in Sprache und handeln der Regierenden und großer Teile der Medien offenbart, gepaart mit dem Zurechtlügen historischer Fakten (siehe Holodomor) keineswegs.

Wer heute heraustrompetet mit deutschen Tanks den (End-)Sieg gegen Russland erreichen zu wollen und für die Lieferung dieser schweren Waffen alle medialen und politischen Hebel in Bewegung setzt, scheint ein Problem zu haben. Will da die Enkel*innengeneration die Demütigung ihrer Wehrmachts- und SS-Opas rächen, oder ist da Leuten das "Wir sind wieder wer" der 90er so zu Kopfe gestiegen, dass man jede auf den historischen Realitäten basierende Demut wie einen abgetragenen Mantel abstreift? "Serbien muss Sterbien" war scheinbar erst der erste Streich. Nun geht es wieder gegen den russischen.....

Meiner Meinung müssen da Psycholog*innen ran. Politische und ökonomische Erklärungsmuster versagen meistens ab dem Punkt an dem klar wird, das vieles was nicht getan wurde (Insistieren auf Minsker Abkommen) und was heute getan wird (inkonsequentes und fehlgeleitetes Sanktionsregime, Lieferung schwerer Waffen) sich gegen die eigenen Interessen richtet.

Remember Stalingrad

... und alle Verbrechen, die im Rahmen des "Unternehmens Barbarossa", auch unter tätiger Mithilfe ukrainischer Kriegsverbrecher, die in der heutigen Ukraine als Helden gefeiert werden begangen wurden. Zur Erinnerung: 26 Millionen Sowjetbürger*innen verschiedenster Nationalitäten fielen dem deutschen Vernichtungswahn zu Opfer.

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#politik #medien #krieg #ukraine #russland #nato #gleichschaltung #waffenlieferungen #hochrüstung #heimatfront

„Wenn man damit einverstanden ist, wie über ein Thema berichtet wird, nimmt man keinen ‚Mainstream‘ wahr, dann findet man ja alles richtig. Ein Gefühl von Dissonanz gibt es nur, wenn man selbst anderer Meinung ist. Beim Thema Ukraine-Krieg ist das jetzt noch einmal schlimmer“

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Ukraine aktuell: Innenminister bei Helikopterabsturz getötet | DW | 18.01.2023

Nahe der Hauptstadt Kiew ist ein Hubschrauber abgestürzt, Innenminister Denys Monastyrskyj und sein Vize kamen ums Leben. Nach den USA und Deutschland sagen auch die Niederlande ein Flugabwehrsystem zu. Ein Überblick.#Ukraine #Russland #Krieg #WolodymyrSelenskyj #Waffenlieferungen #Innenminister #Hubschrauberabsturz #Denys Monastyrskyj
Ukraine aktuell: Innenminister bei Helikopterabsturz getötet | DW | 18.01.2023

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#politik #aktivismus #fakten #militär #ukraine #russland #nato #waffenlieferungen #panzer #rüstungsindustrie #gewinne #politische-dummheiten

Politischer Aktivismus und militärischer Realismus – ein offensichtlich unlösbarer Widerspruch

Was bringt eigentlich die Lieferung von Schützen und Kampfpanzern?

... Aktuell sehen sich die westlichen Regierungen mit immer umfassenderen Forderungen nach immer schwereren Waffen zur Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte konfrontiert. Darauf wird – in Deutschland in der Regel mit zeitlicher Verzögerung – geradezu reflexartig positiv reagiert. Von Systemen zur Luftverteidigung über Schützenpanzer steht jetzt die Lieferung von Kampfpanzern zur politischen Entscheidung an. Ich habe den Eindruck, dass es nicht mehr lange dauern wird bis auch konkret über die Lieferung von Kampfhubschraubern oder Kampfflugzeugen und vielleicht auch Kriegsschiffen diskutiert wird. Erste diesbezügliche Stimmen aus der Ukraine sind schon seit geraumer Zeit zu hören.

Auffällig ist bei der Diskussion und letztlich auch den politischen Entscheidungen, dass diese getroffen werden, ohne über ihre militärische Umsetzung nachzudenken. Ob dieses Problem für alle NATO-Staaten gilt, kann ich nicht beurteilen, aber in Deutschland ist das sozusagen „ein Dauerbrenner“, vor allem bei Politikern der Regierungsparteien, aber auch in der CDU/CSU-Opposition. Man scheint sich darüber profilieren zu wollen, indem man am lautstärksten immer mehr und immer schwerere Waffen fordert.

Dabei ist mittlerweile jedem über gesunden Menschenverstand verfügenden Bürger klar, dass die militärische Unterstützung der Ukraine, besonders natürlich mit schweren Waffen nur zu Lasten der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands zu leisten ist. Ob das auch den Politikern bewusst ist oder ob sie diese Tatsache einfach ignorieren, sollte jeder Bürger – auch als Wähler! – für sich entscheiden.

Unklar ist mir auch, ob die Politiker begriffen haben, wie lange eigentlich eine solide Ausbildung des Personals dauert, das diese Waffensysteme bedienen soll.

Für Fahrer, Richtschützen, Ladeschützen und die Infanteristen in den Schützenpanzern mag eine Schulung von einigen Wochen nach der Methode „Learning by Doing“ ausreichen, aber für die Kommandanten ist eine solide Ausbildung von weniger als sechs Monaten nicht machbar und vor allem auch unverantwortlich. Für die Offiziere, die die Schützenpanzer und Kampfpanzer im Rahmen des „Kampf der verbundenen Waffen“ einsetzen sollen, dauert eine verantwortungsvolle Ausbildung deutlich länger als ein Jahr, nicht zuletzt, weil unterschiedliche Waffensysteme eingesetzt werden, die zudem eine aufwendige Logistik erforderlich machen.

In dem Zusammenhang sei übrigens angemerkt, dass ein deutscher pensionierter Generalleutnant des Heeres vor ein paar Tagen in einem Interview Klartext gesprochen hat, indem er festgestellt hat, dass der Einsatz von Schützenpanzern nur im Verbund mit Kampfpanzern Sinn mache, ansonsten mehr oder weniger wirkungslos sei.

Neben den Problemen im Zusammenhang mit Ausbildung und Einsatz stellt sich für mich die Frage, auf welchem Wege eigentlich die „Marder“ und später vielleicht sogar die „Leopard 2“ Kampfpanzer eigentlich in die Ukraine gelangen sollen. Luft- und Seetransport fallen ebenso aus, wie vermutlich auch der Straßentransport. Bleibt die Option Bahn. Das wird vermutlich über Polen geschehen, aber was ist mit dem notwendigen Stopp in der Spurwechselzone und vor allem mit dem Grenzübertritt in die Ukraine? Es entzieht sich meiner Vorstellungskraft, dass Moskau weiterhin tatenlos zusieht, wie die ukrainische Armee mit schweren westlichen Waffen aufgerüstet wird. Bleibt die Frage, wie ein solcher Transport innerhalb der Ukraine bis zu der mehrere Hundert Kilometer entfernten Front ablaufen soll.

Zusätzlich zu diesen Problemen gibt es aber auch das Risiko, dass Deutschland durch seine immer intensivere militärische Unterstützung der Ukraine, vor allem durch die Art der Waffen, aber auch besonders durch die Ausbildung ukrainischer Soldaten zur Kriegspartei wird.

Auch der Bündnisfall ist im Zusammenhang mit dieser Gesamtentwicklung nicht auszuschließen, weil es dafür ausreichen würde, wenn es z.B. bei einem russischen Angriff auf einen westlichen Panzertransport beim Passieren der polnisch-ukrainischen Grenze zu Schäden auf der polnischen Seite käme.

Last but not least müsste den militärischen Amateuren in der Politik doch klar sein, dass die Ukraine diesen Krieg auch mit Hilfe schwerer westlicher Waffen nicht gewinnen kann und wird. Um das zu erkennen, empfehle ich das Interview mit dem amerikanischen pensionierten Oberst Douglas Macgregor und auch den aktuellen Artikel des ehemaligen UN-Waffeninspekteurs Scott Ritter.

Nicht nur diese beiden, sondern alle militärischen Fachleute in den USA und grundsätzlich auch in Deutschland sind sich darüber einig, dass die Ukraine über einen sehr begrenzten verbleibenden Zeitraum im besten Fall ein Patt auf dem Gefechtsfeld halten kann. Der Preis dafür sind weitere gefallene und schwer verwundete Soldaten auf beiden Seiten, noch mehr Tote in der Zivilbevölkerung, noch mehr Flüchtlinge und eine weitere Zerstörung der Ukraine.

Professor Reinhard Merkel hat am 28. Dezember 2022 in der FAZ einen Artikel geschrieben unter der Überschrift: „Verhandeln heißt nicht kapitulieren.“ Ich frage mich seit Langem: Warum will das, auch in Deutschland, niemand begreifen?
- vollständiger Artikel mit noch mehr praktischen Details: https://overton-magazin.de/hintergrund/wirtschaft/politischer-aktivismus-und-militaerischer-realismus-ein-offensichtlich-unloesbarer-widerspruch/

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#politik #krieg #donbass #ukraine #russland #nato #stimmungslage #realität #waffenlieferungen #werte

Baerbock vs Realität: Der Donbass-Besuch

Wahrscheinlich hat die deutsche Botschaft in Kiew Außenministerin Annalena Baerbock vor ihrem Besuch in Charkiw nicht mitgeteilt, dass 70 bis 80 Prozent der Einwohner des Donbass für Russland seien, der Rest warte ab. (Von Reinhard Lauterbach)

»Leicht beieinander wohnen die Gedanken / Doch hart im Raume stoßen sich die Sachen.« Das lässt Schiller seinen Wallenstein sagen, und es ist schwer, sich nicht an das Zitat zu erinnern, wenn man sich die Auftritte der Bundesaußenministerin seit Beginn des Ukraine-Kriegs anschaut. Zuletzt war sie in der grenznahen Großstadt Charkiw und fand dort markige und emotionale Worte, würdig eines ganzen Leopardenrudels: Die Ukraine müsse weitere Waffenlieferungen erhalten, »um ihre Mitbürgerinnen und Mitbürger zu befreien, die noch unter dem Terror russischer Besatzung leiden«. Wahrscheinlich hat ihr die deutsche Botschaft in Kiew nicht mitgeteilt, was ukrainische Soldaten über die Stimmung in der verbliebenen Bevölkerung des umkämpften Donbass Korrespondenten Kiewer Medien gesteckt haben: 70 bis 80 Prozent der Einwohner seien für Russland, der Rest warte ab. Für die Ukraine sei so gut wie niemand.

Und noch einmal Baerbock: Ihr sei wichtig, dass »wir auch in diesem Kriegswinter den Platz der Ukraine in unserer europäischen Familie nicht aus dem Blick verlieren«. Ein Ragout aus zwei unterschiedlichen Metaphern, das jemand, der dazu vermutlich mehr zu entscheiden hat als Baerbock, zuletzt in seine Zutaten zerlegt hat: Frans Timmermans, Vizechef der EU-Kommission. Der hatte verlauten lassen, der Ukraine müsse klar sein, dass sie der EU nur beitreten könne, wenn der Krieg zuvor beendet sei. Da klingt ein Unterton von Überdruss mit, auch wenn Timmermans alsbald nachschob, Kiew müsse in die Lage versetzt werden, den Krieg zu gewinnen. Und wenn – hart im Raume stoßen sich die Sachen – sie ihn nicht gewinnt oder gewinnen kann? Dann könnte die Situation eintreten, dass sich Kiew entscheiden muss: auf Teile des Staatsgebiets zu verzichten, um mit dem Rest dem Brüsseler Staatenbund beizutreten.

Einstweilen bereitet die Bundesregierung nun also die Lieferung von 40 »Marder«-Schützenpanzern an Kiew vor. Was Bild dazu vor einigen Tagen meldete: Die 40 Panzer seien eigentlich Griechenland zugedacht gewesen, als Ersatz für sowjetische Schützenpanzer, die Athen bereits an die Ukraine abgegeben hat. Ob Athen der Verschiebung der Gegenleistung zustimmt, ist laut Handelsblatt vom Dienstag noch offen. Wie ein Berliner SPD-Politiker treffend bemerkte: Das »Ringtausch«-Schema komme inzwischen an sein Ende.

Also wartet alles auf die deutschen »Leoparden«. Wie US-Medien dieser Tage berichteten, sind die USA nicht bereit, ihre modernen »Abrams«-Panzer an die Front zu schicken. Nicht nur wegen technischer und logistischer Probleme, die bereits beschrieben wurden. Sondern insbesondere, weil sie zu modern sind. Und offenbar doch nicht so unverwundbar, wie die Werbung sagt. Sollte einer der »Abrams« unversehrt in russische Hände fallen – was im Krieg immer vorkommen kann –, dann hätte Moskau Zugriff auf die dort verbauten Technologien. Ist für die USA halt doch nur ein Stellvertreterkrieg.
- https://www.jungewelt.de/artikel/442642.panzerrochade.html

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#politik #krieg #ukraine #russland #nato #donbass #zivile-tote #waffenlieferungen

„Unsere Waffenlieferungen helfen offensichtlich sehr deutlich, Menschenleben zu retten.“

  • Annalena Baerbock, 13.09.2022

Ukraine-Krieg: »Die machen uns platt«

Donbass unter Dauerbeschuss (Von Reinhard Lauterbach)

Eine SMS aus Donezk von diesem Wochenende: »Die machen uns platt. Schon wieder Einschläge im Zentrum, das fünfte Mal heute. Gerade hat es das Kalinin-Krankenhaus getroffen.« Als Ergebnis erlitt ein Patient tödliche Verletzungen an Kopf und Brustkorb, vier weitere wurden verletzt. Davor war eine belebte Straßenkreuzung im Berufsverkehr das Ziel ukrainischer Artillerieangriffe, davor eine Markthalle und das Hauptgebäude der Technischen Universität. Im Herbst wurde am Rentenzahltag der Straßenabschnitt vor der Donezker Hauptpost beschossen, wo die Leute Schlange standen, um ihr Geld abzuholen. Damals gab es an einem Morgen 25 Tote. Allein für den Sonntag verzeichnete das Lagezen­trum der international nicht anerkannten Volksrepublik Donezk 37 Angriffe, die meisten davon aus Raketenwerfern der »Grad«-Klasse. Diese Nachfolgemodelle der im Zweiten Weltkrieg entwickelten »Katjuschas« haben für die Angreifenden den Vorteil, dass sie unter den Radars der Flugabwehrsysteme fliegen und deshalb kaum abzufangen sind. Es werden aber auch Raketen der aus den USA gelieferten »Himars«-Werfer gegen Ziele im Donbass eingesetzt, ebenso Geschütze aus NATO-Ländern, die am Kaliber ihrer Granaten zu ermitteln sind.

Militärisch ist dieser Beschuss sinnlos. Die Zielgenauigkeit der einzelnen »Grad«-Raketen ist gering, die Werfer sind dafür konzipiert, Flächenwirkung im freien Gelände gegen Truppen zu erzielen. In bebauter Umgebung, wo nicht unmittelbar gekämpft wird, treffen sie zwangsläufig wahllos Zivilisten und Gebäude. Aber das passt sich ein in eine Strategie der Zermürbung der Donezker »Abtrünnigen«, die schon 2014 der damalige Präsident Petro Poroschenko in die Worte fasste: »Unsere Kinder werden in die Schule gehen, und ihre werden in den Kellern sitzen.«

Aussagen ukrainischer Offizieller, die vom nackten Hass gegen die Bewohner des Donbass zeugen, wiederholen sich mit einiger Regelmäßigkeit. Am 13. Dezember trat der Chef der ukrainischen Nationalpolizei, Igor Klimenko, im Kiewer Staatsfernsehen auf und erklärte, das größte Problem bei der künftigen »Befreiung« des Donbass seien die dortigen Bewohner. Sie seien der ukrainischen Sprache entwöhnt, ihre Kinder gingen schon acht Jahre in russisch geprägte Schulen, sie fühlten sich nicht mehr als Ukrainer. Mit ihrer »Reintegration« werde es große Schwierigkeiten geben, deshalb sei »absehbar«, dass sehr viele der immer noch gut drei Millionen Bewohner ihr Heil in der Flucht suchen würden. In seinen Worten: »dass sie ihre ›russische Welt‹ in Russland suchen werden«. Ähnliche Äußerungen sind auch vom Präsidentenberater Michailo Podoljak bekannt, der den Donbass-Bewohnern eine »Heimat möglichst nah am Polarkreis« wünschte. Ein anderer der Kiewer Lautsprecher erklärte vor einigen Monaten, nicht die Ukraine müsse sich Gedanken um die Reintegration der Donbass-Bewohner machen, sondern diese sich als Ukrai­ner bewähren, was eine jahrelange Phase der Durchleuchtung und Umerziehung voraussetze.

Da es mit der als Lösung angepeilten Vertreibung der Donbass-Bewohner einstweilen aus militärischen Gründen nicht so vorangeht wie in Kiew erhofft, ist der ständige Artilleriebeschuss ihrer Wohnviertel für Kiew das Mittel der Wahl. Es ist dabei wichtig, sich zu erinnern, dass dieser Beschuss nicht etwa, wie man vordergründig annehmen könnte, eine Eskalation im Zuge des verstärkten russischen Beschusses von Infrastrukturzielen in der Ukraine seit Anfang Oktober darstellt und insofern »im Zuge des Krieges unvermeidlich« sei. Er hat schon 2014 begonnen, Jahre, bevor die erste russische Rakete auf ukrainische Ziele abgefeuert worden ist, und eine Phase seiner Intensivierung im Februar – nach Angaben der damals noch dort tägigen OSZE-Beobachter um das Vierfache – war eines der wesentlichen Signale, das Russland eine unmittelbar bevorstehende ukrainische Offensive befürchten ließ.
- vollständiger Artikel: https://www.jungewelt.de/artikel/441228.ukraine-krieg-die-machen-uns-platt.html

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