#soziale-frage

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #gesellschaft #propaganda #rassismus #geflüchtete #soziale-frage #kapitalismus

Ich atme auf. Deutschland ist gar nicht „voll“. Deutschland ist auch kein Boot.

....Ich habe weiterhin nicht das Gefühl, auf dem Weg durch die Stadt nur noch durch die Menschen und nicht mehr zwischen diesen hindurch gehen zu können, weil schlicht kein Platz mehr vorhanden ist. Ich atme auf. Deutschland ist gar nicht „voll“. Deutschland ist auch kein Boot. Deutschland ist ein für europäische Verhältnisse riesiges Land mit einer Bevölkerungsdichte und Verteilung, die den gemeinen Niederländer an russische Verhältnisse erinnern muss – der dem inhärente Vergleich von Ostdeutschland mit Sibirien war (bevor mir das jemand unterstellen sollte) übrigens nicht beabsichtigt. Aber er ist durchaus willkommen.

Wenn also eine Million Neudeutsche das Land nicht an seine Grenzen bringen, es ihnen stattdessen am Ende nur an denselben Dingen mangelt, an denen es auch den Altdeutschen mangelt – nämlich vor allem Schulplätzen und Wohnraum – könnte es dann nicht sein, dass diejenigen, die in 16 Jahren Regierungsverantwortung diese Probleme nicht für alle Deutschen gelöst haben, mit der Nebelkerze Migration dieses eigene Versagen nur auf „die Ausländer“ abwälzen wollten? Aber heißt das nicht, dass die CDU/CSU dieselben ausländerfeindlichen Affekte bedient, wie die Alternativfaschisten? Und die Tories? Und das Rassemblement National? Und die Republikaner?

Der Groschen fällt.

Es gibt nur diejenigen, die arbeiten und die, die für sich arbeiten lassen. Und indem sie die Arbeitenden auf Basis imaginierter Unterschiede gegeneinander aufwiegeln, sichern die Besitzenden ihren eigenen Wohlstand. Denn wer Deutsche gegen Ausländer, Arme gegen ganz Arme, Arbeitende gegen Arbeitslose, Männer gegen Frauen ausspielt, kann sich sicher sein, dass diese nicht ihren eigentlichen Feind erkennen. Der kann dann weiter unbehelligt und unversteuert Milliarden an seine Kinder vererben, die wiederum den freien Markt und die Chancengerechtigkeit bejubeln. Und das nennt sich dann „Wirtschaftskompetenz“.
- aus Menschenarithmetik
https://www.migazin.de/2022/09/05/nebenan-menschenarithmetik/

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#politik #energiekosten #armut #soziale-frage #protest

Gegen die Denunziationsspielchen der Bürgerlichen. Diesem Klassenkampf von oben müssen wir entschlossene Solidarität von unten entgegensetzen.

Proteste gegen Gasumlage: Auf die Straße!

Protest gegen Energiepreise: Politiker und Medien verunglimpfen Unmut (Von Arnold Schölzel)

Die Nervosität bei den Etablierten steigt: Protest gegen Energiewucher ist angekündigt. Am 5. September soll es losgehen, wie jW am Mittwoch zuerst berichtete. Mehrere Regierungsbeauftragte versuchten sogleich, den Unmut in die antidemokratische Ecke zu stellen. Der Ostbeauftragte der Linksfraktion im Bundestag Sören Pellmann bekräftigte dennoch seinen Aufruf zu Demonstrationen.

Am Montag hatte die Bundesregierung bekanntgeben lassen, dass ab 1. Oktober eine sogenannte Gasumlage in Höhe von 2,419 Cent pro Kilowattstunde zugunsten der Energiekonzerne erhoben wird. Das bedeutet für private Haushalte höhere Kosten von mehreren hundert Euro jährlich und Milliardenbeträge für die Industrie. Die Partei Die Linke und Sozialverbände reagierten mit scharfer Kritik und forderten schnelle und hohe Entlastung. Die blieb Bundeskanzler Olaf »You’ll never walk alone« Scholz bisher schuldig. In einem Gastbeitrag für die Berliner Zeitung hob der Linke-Bundestagsabgeordnete Klaus Ernst am Montag abend hervor, dass die Krise selbst verursacht wurde: »Es erweist sich als politische Dummheit, Verträge mit Russland durch eigene Sanktionen zu brechen, gleichzeitig aber Vertragseinhaltung durch Russland zu erwarten. Dass Russland noch liefert, ist eher verwunderlich.« Nord Stream 2 dürfe kein Tabu sein.

Der Ostbeauftragte der Linksfraktion im Bundestag Sören Pellmann hält trotz Kritik von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) an seinem Aufruf zur Gegenwehr fest. Gegenüber jW erklärte er am Mittwoch, er sei im Kern mit Ramelow völlig einig: »Im ›heißen Herbst‹ müssen wir gemeinsam mit allen Demokratinnen und Demokraten in einem breiten gesellschaftlichen Bündnis auf die Straße gehen und fordern: Heißer Herbst gegen soziale Kälte! Energie und Essen müssen bezahlbar sein! Das tun wir am besten an jedem einzelnen Wochentag – gern auch an den Montagen.« Darin bestehe die Verantwortung der Linkspartei. Die Bevölkerung habe »nicht nur bei den Anti-Hartz-IV-Protesten gezeigt, dass sie sich soziale Verwerfungen nicht gefallen lässt«. Die Bundesregierung wolle Energieunternehmen retten: »Diesem Klassenkampf von oben müssen wir entschlossene Solidarität von unten entgegensetzen.« Die Linke fordere einen Gaspreisdeckel, eine Übergewinnsteuer und das Verbot von Strom- und Gasabschaltungen.

Der Ostbeauftragte der Bundesregierung Carsten Schneider (SPD) nannte die Mobilisierung zu Montagsdemos am Mittwoch gegenüber der Wirtschaftswoche eine »Herabsetzung der Verdienste von Ostdeutschen« und warnte vor einer Instrumentalisierung des »Symbols der friedlichen Revolution« durch verschiedene politische Richtungen. Ähnlich verleumderisch äußerte sich Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang am selben Tag in einer Mitteilung. Rechts- und Linksextremisten sowie andere Verfassungsfeinde konzentrierten sich auf Wirtschaft und Versorgungslage. Russland nutze dies als »hybriden Hebel« zur Spaltung. Für die Beobachtung dieser Aktivitäten sei eine »Sonderauswertung« eingerichtet worden. Der Innenminister Nordrhein-Westfalens, Herbert Reul, halluzinierte gegenüber NTV am selben Tag, es seien »fast so was wie neue Staatsfeinde, die sich da etablieren«.

Flankierend mäkelten einige Zeitungen am Protestaufruf. ND – der Tag riet mit Blick auf Pegida und Coronaleugner: »Finger weg vom Begriff der Montagsdemo!« Die Taz kommentierte, der Linken sei wegen ihrer Russland-Politik und wegen möglicher Forderungen nach Aufhebung der Sanktionen bei den Demos nicht zu trauen.

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#politik #medien #krieg #soziale-frage #energie #sanktionen #propaganda

"„Der kluge Weg, die Menschen passiv und gehorsam zu halten, besteht darin, das Spektrum akzeptabler Meinungen strikt zu begrenzen, aber innerhalb dieses Spektrums eine sehr lebhafte Debatte zuzulassen – und sogar die kritischeren und abweichenden Ansichten zu fördern. Das gibt den Menschen das Gefühl, dass es ein freies Denken gibt, während die ganze Zeit die Voraussetzungen des Systems durch die Begrenzung des Spektrums der Debatte verstärkt werden.“

  • Noam Chomsky

Zitat aus „Allein das gegnerische Lager ist für den Krieg verantwortlich“ (von Florian Rötzer)

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#politik #steuergerechtigkeit #soziale-frage

Übergewinnsteuer: Bis zu 100 Milliarden Euro an Einnahmen möglich

Neue Studie zeigt Wege für eine gerechte Besteuerung von Kriegs- und Krisenprofiten

Eine Übergewinnsteuer könnte - je nach konkreter Ausgestaltung und Steuersatz - dem deutschen Fiskus zwischen 30 und 100 Milliarden Euro jährlich einbringen, zeigt eine neue Studie des Netzwerk Steuergerechtigkeit im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Grundlage der Berechnung sind die erwarteten Übergewinne der Konzerne aus der Gas-, Öl- und Strombranche, die sich in Deutschland nach ersten Schätzungen der Autoren Christoph Trautvetter und David Kern-Fehrenbach auf ein Jahr berechnet auf rund 110 Milliarden Euro belaufen. Aktuell hatte zu Wochenbeginn der größte Mineralölkonzern der Welt - der saudi-arabische Staatskonzern Saudi Aramco - vermeldet, seinen Gewinn im 1. Halbjahr 2022 um exorbitante 40,7 Milliarden US-Dollar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesteigert zu haben.

"Eine Übergewinnsteuer ist überfällig. Die Studie gibt Zahlen und Argumente für ihre Einführung an die Hand. Wir erleben enorme Extraprofite von Mineralöl- und Stromkonzernen bei zugleich wachsender sozialer Not vieler Menschen. Gleichzeitig steigt der Finanzbedarf der öffentlichen Hand, um in der Energie- und Klimakrise gegenzusteuern. Jetzt gilt es, den politischen Druck für eine Übergewinnsteuer zu erhöhen", so Daniela Trochowski, Geschäftsführerin der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

"Von London bis Athen, von Madrid bis Bukarest - überall in Europa machen es unsere Nachbarn vor. Auch die Bundesregierung in Berlin muss endlich eine Übergewinnsteuer umsetzten. Das Gebot der Stunde ist es, Kriegsgewinne umzuverteilen", kommentierte Martin Schirdewan die neue Studie. Schirdewan setzt sich als Abgeordneter der LINKEN im Europaparlament zugleich für eine gemeinsame EU-Übergewinnsteuer für multinationale Energiekonzerne ein.

"Eine Übergewinnsteuer ist verfassungsrechtlich möglich und technisch umsetzbar. Es existieren unterschiedliche wissenschaftliche und praktische Ansätze zur Ermittlung und Besteuerung von Übergewinnen. Deutschland sollte sich ein Beispiel an anderen Staaten nehmen und durch die kurzfristige Einführung einer nationalen Steuer dringend benötige Einnahmen generieren. Das würde zu mehr Steuergerechtigkeit führen und den Druck für eine internationale Lösung erhöhen", betonte Christoph Trautvetter.

Die Autoren der Studie "Kriegsgewinne besteuern. Ein Beitrag zur Debatte um Übergewinnsteuern" vergleichen die in verschiedenen Ländern bereits eingeführten Übergewinnsteuern u.a. hinsichtlich ihrer Wirksamkeit. Sie schlagen vor, dass Deutschland kurzfristig eine Übergewinnsteuer für Mineralölkonzerne und Stromproduzenten einführt. Die Steuer könnte nach Vorbild nationaler Digitalsteuern anderer Länder gestaltet werden. Dabei würden die hier zu versteuernden Gewinne anhand des Umsatzes, der in Deutschland anfällt, ermittelt. Bisher versteuern die internationalen Mineralölkonzerne einen großen Teil ihrer Gewinne, die sie hierzulande erwirtschaften, nicht in Deutschland, sondern verbuchen sie in Steueroasen.
Mittelfristig sollte die Bundesregierung auf eine allgemeingültige, international abgestimmte Übergewinnsteuer hinwirken. Dafür könnten die Reformvorschläge der OECD für die globale Unternehmensbesteuerung erweitert werden.

Zahlen und Fakten aus der Studie:

  • Die sechs analysierten Mineralölkonzerne (SaudiAramco, BP, Total, Shell, ExxonMobile und Wintershall Dea) haben ihre Gewinne im ersten Halbjahr 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 60 Milliarden US-Dollar erhöht. Auf den gesamten Mineralölmarkt hochgerechnet ergibt sich ein Übergewinn von rund 430 Milliarden US-Dollar; für das ganze Jahr wären es sogar 1.160 Milliarden US-Dollar (Kapitel 2).
  • Öl: Vergleicht man den Preis für Rohöl seit der Ukraine-Invasion (110 US-Dollar pro Fass) mit dem über lange Zeiträume betrachteten „normalen“ Preis (60 US-Dollar) und setzt diese Preissteigerung in Bezug zum deutschen Verbrauch aus dem Jahr 2019 (107 Millionen Tonnen), ergäbe sich bei gleichbleibend hohen Preisen für das in Deutschland verkaufte Öl auf ein Jahr gerechnet ein Übergewinn von 38 Milliarden Euro. Gas: Die Verdoppelung des Gaspreises auf aktuell etwa 16 Euro/mmBTU im Vergleich zu 2021 entspräche bei einem aktuellen Jahresverbrauch von 90 Milliarden Kubikmetern einem Übergewinn im Gasgeschäft von weiteren 25 Milliarden Euro. Strom: Bei den Produzenten von Strom aus Kernkraft und erneuerbaren Energien entstehen aus dem aktuellen Preisanstieg um 140 Euro (= Differenz zwischen dem aktuellen Strompreis von etwa 180 Euro/MWh und dem mittleren Preis der letzten 15 Jahre, etwa 40 Euro/MWh) bei einem jährlichen Stromverbrauch von etwa 600 TWh zusätzliche Übergewinne von etwa 50 Milliarden Euro – ein großer Teil davon bei den vier großen Stromkonzernen (Kapitel 2).
  • Für ihre Berechnung potentieller Erträge aus einer Übergewinnsteuer gehen die Autoren beispielhaft von einem Steuersatz von 25, 50 oder 90 Prozent auf 113 Milliarden Euro Übergewinn aus. Das ergibt Steuermehreinnahmen von 28,3 bzw. 56,5 bzw. 101,7 Milliarden Euro (Kapitel 4).
  • Italien, Griechenland, Großbritannien, Rumänien, Spanien und Ungarn haben aufgrund der aktuellen Kriegs- und Krisensituation Übergewinnsteuern eingeführt. Sie unterscheiden sich teilweise im Anwendungsbereich, der Berechnungsmethode und der Bemessungsgrundlage. Die erwarteten Mehreinnahmen belaufen sich von 300 bis 400 Millionen Euro und 0,2 Prozent des BIP (Griechenland) auf bis zu elf Milliarden Euro und 0,6 Prozent des BIP (Italien). Auf das deutsche BIP übertragen und auf ein Jahr gerechnet wären dies Mehreinnahmen von elf (Griechenland) bis 40 Milliarden Euro (Italien).
  • Bisher werden in keinem Land die internationalen Mineralölkonzerne angemessen besteuert. Denn die Konzerne verschieben die Gewinne von umsatzstarken Ländern mit höheren Steuersätzen in Länder mit niedrigeren Steuersätzen oder in Steueroasen wie etwa die Schweiz und Singapur (Kapitel 2).
  • Dafür gibt es Lösungsansätze: Eine kurzfristig umsetzbare Übergewinnsteuer für Deutschland könnte nach Vorbild nationaler Digitalsteuern anderer Länder gestaltet werden. Eine nationale Steuer würde den Druck für eine internationale Lösung im Rahmen der OECD erhöhen.
  • Auf dem Strommarkt verteilen sich die Extraprofite - je nach Geschäftsmodell und Strommix - sehr unterschiedlich. Der größte Teil des Ökostroms in Deutschland wird mit Abstand von den Branchenriesen des Energiemarktes produziert, die auch auf fossile Energieträger setzen. Will man eine Übergewinnsteuer für Stromproduzenten gerecht und klimapolitisch sinnvoll ausgestalten, könnte man etwa reine Ökostromproduzenten von der Steuer ausnehmen.

Alrun Kaune-Nüßlein,
Bereichsleiterin Politische Kommunikation (Rosa-Luxemburg-Stiftung)

  • Kontakt für Journalist*innen: David Kern-Fehrenbach, d.kern-fehrenbach@netzwerk-steuergerechtigkeit.de

Zur Studie: “Krisengewinner und die Finanzierung der Krisenbewältigung”

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#politik #wirtschaft #gesellschaft #soziale-frage #armut

Realität in Deutschland: Der Paritätische Armutsbericht 2022

Laut Paritätischem Armutsbericht 2022 hat die Armut in Deutschland mit einer Armutsquote von 16,6 Prozent im zweiten Pandemie-Jahr (2021) einen traurigen neuen Höchststand erreicht. 13,8 Millionen Menschen müssen demnach hierzulande derzeit zu den Armen gerechnet werden, 600.000 mehr als vor der Pandemie. Der Paritätische Wohlfahrtsverband rechnet angesichts der aktuellen Inflation mit einer weiteren Verschärfung der Lage und appelliert an die Bundesregierung, umgehend ein weiteres Entlastungspaket auf den Weg zu bringen, das bei den fürsorgerischen Maßnahmen ansetzt: Grundsicherung, Wohngeld und BAföG seien bedarfsgerecht anzuheben und deutlich auszuweiten, um zielgerichtet und wirksam Hilfe für einkommensarme Haushalte zu gewährleisten.
- https://www.der-paritaetische.de/themen/sozialpolitik-arbeit-und-europa/armut-und-grundsicherung/armutsbericht-2022/

Der vollständige Armutsbericht 2022 als pdf

Mehr zum Thema:
- Armut und kein Ende: Millionen Menschen in BRD müssen mit geringen Einkommen über die Runden kommen. Industrie droht bei steigenden Energiepreisen mit Massenentlassungen
- Akzeptiertes Elend: Ideologen der »Wohlstandsgesellschaft« kritisieren den Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands
- LabourNet-Dossier zum Armutsbericht

Der Herbst wird heiß: Die Linke muss sich mit konkreten, lebensnahen Antworten auf die soziale Krise ins aktuelle Getümmel stürzen (von Lorenz Gösta Beutin)

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#politik #soziale-frage #energiepreiskrise #inflation #armut #protest #linke-antworten

Mit freundlichen Grüßen an die "Alles Nazis, außer Mutti - Fraktion":

Die kommenden „Volksaufstände“: Werden Linke gestalten oder lieber Diskurspolizei spielen?

Wenn die Grade fallen und die Preise steigen, dann drohen „Volksaufstände“. Die Linke muss sich endlich organisieren, bevor Rechte die Thematik zur Mobilmachung ihrer Anhänger:innen missbrauchen (von Sebastian Friedrich)

Sozialproteste in Deutschland? Kaum zu glauben, aber möglich, denn laut einer aktuellen Umfrage könnten sich 44 Prozent der Bundesbürger vorstellen, an Demonstrationen gegen die hohen Energiepreise teilzunehmen. Kann es sein, dass hierzulande bald wirklich Menschen aufbegehren, weil sie nicht länger akzeptieren wollen, dass auf ihrem Rücken geopolitische Konflikte ausgetragen werden? Dass sich mehr und mehr fragen, ob die Russland-Sanktionen nicht eher den Menschen in Europa als der russischen Elite schaden? Dass die Ungerechtigkeit eines Wirtschafts- und Gesellschaftssystems nicht länger hingenommen wird, das ständig die Millionen in den Händen einiger weniger vermehrt und gleichzeitig Millionen Menschen von der Hand in den Mund leben lässt? Wenn die Tage wieder kürzer werden, die Hitzewellen vorbei sind und die Kälte vom Boden über das Sofa direkt in die Knochen kriecht, könnte es vorbei sein mit dem deutschen Untertanengeist.

Vielleicht fürchtet das auch die Bundesregierung, die wohl Zielscheibe entsprechender Proteste sein dürfte. Es bestehe die Gefahr, dass die stark steigenden Preise als neues rechtes Mobilisierungsthema missbraucht werden könnten, sagte Innenministerin Nancy Faeser (SPD) Mitte Juli. Annalena Baerbock (Die Grünen) zeigte sich wenige Tage später ebenfalls besorgt: Wenn das Gas knapp werde, drohten „Volksaufstände“, so die Außenministerin.

Die Angst vor den Massen treibt auch viele Linke um. Nun sind unter Letzteren einige, die es traditionell als ihre primäre Aufgabe ansehen, bei Demonstrationen auf der anderen Straßenseite zu stehen, um vermeintlich oder tatsächlich rechte Teilnehmer zu zählen. Nicht die Inflation, die drohende Rezession und mögliche Sozialkürzungen bringen sie in Bewegung, sondern die Befürchtung, dass Rechte die Situation für sich nutzen könnten. Keine gänzlich unberechtigte Sorge, denn bereits jetzt bereiten sich die AfD und ihr Umfeld auf einen heißen Herbst vor.

Doch vielleicht sind die Linken diesmal ja schneller und es gelingt ihnen, erste massentaugliche Demonstrationen und Kundgebungen gegen steigende Preise, drohende Kürzungen bei Löhnen und Sozialausgaben zu organisieren? Allerdings: Selbst wenn Linke ausnahmsweise mal in die Vorhand kommen sollten, werden sich auch bei linken Aktionen Menschen einfinden, die in Putin tatsächlich einen Heilsbringer sehen, die alles Übel der Welt an der Ostküste der USA verorten und die hinter den staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie die Durchführung eines geheimen Planes vermuten.

Entscheidend wird dann aber tatsächlich nicht sein, ob Linke akribisch jede einzelne rechte, rechtsoffene oder verschwörungsideologische Aussage zählen und notieren, sondern ob es ihnen gelingt, den reaktionären Deutungen linke, also sozialistische entgegenzusetzen. Ob es ihnen gelingt, da Überzeugungsarbeit zu leisten, wo es möglich ist, und da, wo nichts mehr geht, unmissverständlich Grenzen aufgezeigt werden können. Dabei sollte nicht die Frage im Zentrum stehen, ob alle Teilnehmenden der Proteste bereits in jeder Hinsicht dem eigenen linken Weltbild entsprechen. Wichtiger ist die Frage: Haben die jeweiligen und wahrscheinlich auch regional sehr unterschiedlichen Proteste das Potenzial, zu tatsächlichen klassenpolitischen Sozialprotesten entlang der Konfliktlinie zwischen oben und unten zu werden?

Sich an diesem Werden zu beteiligen, wäre kein einfacher Weg. Aber sicher ein sinnvollerer, als sich bei den Am-Rand-Stehern einzufinden. Vor allem wäre es trotz aller Mühen ein Weg, bei dem es nicht darum ginge, das Bestehende vor den Rechten zu verteidigen, sondern ein besseres Künftiges zu erstreiten.
- https://www.freitag.de/autoren/sebastian-friedrich/linke-muss-sich-den-sorgen-der-buerger-innen-widmen-nicht-diskurspolizei-spielen

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#politik #energiepreiskrise #preisspirale #soziale-frage #armut #protest #solidarität

AufRecht bestehen: Vorankündigung für den Aktionstag am 14.Oktober

Das Bündnis „AufRecht bestehen“ plant anlässlich der Diskussion um das geplante Bürgergeld sowie der explodierenden Energiekosten einen Aktionstag am 14. Oktober 2022.

Aktuell erarbeitet das Bündnis ein Forderungspapier auf Grundlage bereits veröffentlichter Forderungen zur Überwindung von Hartz IV („Hartz IV endlich ohne Wenn und Aber abschaffen“ von Juni 2021) und zur Energiearmut („Energieversorgung ist ein elementarer Bestandteil menschlicher Existenzsicherung“ von April 2022). Voraussichtlich können wir Ende August das fertige Forderungspapier, einen Aufruf zum Aktionstag sowie weitere Infos zur Verfügung stellen.

Das Bündnis „AufRecht bestehen“ fordert im Wesentlichen

  • ein menschenwürdiges Existenzminimum mit mindestens 600 Euro Regelsatz (bei Herausnahme von Strom und „weißer Ware“ aus dem Regelsatz);
  • einen regelmäßigen und zeitnahen Inflationsausgleich;
  • die Übernahme der tatsächlichen Wohnkosten, nicht nur in den ersten beiden Jahren;
  • die Übernahme der tatsächlichen Energiekosten (Heizung und Strom); Extraleistungen für die Ersatzbeschaffung von energiesparenden Haushaltsgeräten;
  • ein gesetzliches Verbot von Strom-und Gassperrungen, wenn Privathaushalte betroffen sind;
  • die Stärkung der Arbeitslosenversicherung und Abschaffung des Systems SGB II („Hartz IV“) mit Arbeitslosengeld für die gesamte Dauer der Erwerbslosigkeit;
  • Abschaffung der Sanktionen und der Sperrzeiten;
  • mehr und bessere Qualifizierungen.

Wir würden uns sehr freuen, wenn ihr die Forderungen in die politischen Diskussionen vor Ort tragt.

Mehr: Energiearmut: „Der notwendige Energieverbrauch muss übernommen werden“

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#politik #energiepreiskrise #soziale-frage #armut #protest

Die Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP verpasst nicht nur die mittelfristigen Pläne, sie blockiert bisher sogar das Notwendigste: sowohl einen Gaspreisdeckel, der den Grundverbrauch sicherstellen und zugleich zurückfahren würde, als auch eine generalstabsmäßige Verteilung der knapper werdenden Ressource, trotz der Versprechungen Russlands einer weiterhin stabilen Gasversorgung. Wenn nicht planwirtschaftlich in den Energiesektor eingegriffen wird, haben am Ende vermutlich sowohl kleinere wie mittlere Unternehmen als auch Privathaushalte das Nachsehen; das Recht des Stärkeren setzt sich durch. Die Frage ist letztlich, was politisch gewollt oder riskiert wird.

Eine absolute Notlage kann keiner ernsthaft wollen. Bereits jetzt kündigen sich soziale Proteste an, sollte die Bundesregierung weitere Entlastungspakete ausschließen und die Planungssicherheit nicht herstellen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat vorsorglich vor radikalen Protesten gewarnt und ihre Behörden darauf eingestellt. Sie diffamiert jedweden Protest vorschnell als populistisch, wo er doch legitimer Ausdruck politischen Unmuts ist.

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#politik #armut #preisspirale #katastrophenpolitik #soziale-frage #sozialproteste #framing

Im Zweifel rechts: Framing für Sozialproteste, die noch gar nicht angefangen haben

Kurz nachdem die Linke-Chefin ankündigte, dass ihre Partei sich des Themas annehmen will, reden Ampel-Politiker (und die taz) eine Instrumentalisierung durch Rechtsextreme herbei. (von Claudia Wangerin)

Bundesinnenministerin Nancy Faeser wirkt ernsthaft besorgt: Die Verarmung breiter Bevölkerungsschichten durch steigende Energiepreise und Inflation könnte zu unschönen Szenen auf der Straße führen. "Natürlich besteht die Gefahr, dass diejenigen, die schon in der Coronazeit ihre Verachtung gegen die Demokratie herausgebrüllt haben und dabei oftmals Seite an Seite mit Rechtsextremisten unterwegs waren, die stark steigenden Preise als neues Mobilisierungsthema zu missbrauchen versuchen", sagte die SPD-Politikerin dem Handelsblatt vom Wochenende.

"Populisten und Extremisten" würden jede Krise für Angst und Spaltung, aber auch für Hass und Bedrohungen nutzen. "Sie wollen Krisen noch verschärfen, um daraus Profit zu schlagen", so die Ministerin, deren Kabinettskollege Christian Lindner (FDP / Finanzen) es für eine gute Idee hält, demnächst bei den Eingliederungshilfen für Langzeiterwerbslose zu sparen. Die Sicherheitsbehörden hätten aber die extremistischen Szenen sehr genau im Blick und seien auf das mögliche neue Protestgeschehen vorbereitet, erklärte Faeser.

Auch der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz verpasst den Sozialprotesten, die noch gar nicht da sind, aber schon jetzt ein unappetitliches Framing: "Es steht zu befürchten, dass Rechtspopulisten auch diese gesellschaftliche Krise für die eigene Agitation ausnutzen", sagte von Notz laut Handelsblatt. Vor diesem Hintergrund werde es in den nächsten Wochen und Monaten sehr auf "Solidarität und gesellschaftlichen Zusammenhalt" ankommen.

Was sein Parteifreund Robert Habeck als Wirtschaftsminister unter Solidarität und Zusammenhalt mit finanziell Schwächeren versteht, hat er im Juni klargemacht, als er Anreizen zum Energiesparen mit folgendem Satz eine Absage erteilte:

Wenn jemand sagt, "Ich helfe nur, wenn ich nochmal 50 Euro kriege", dann würde ich sagen: "Die kriegst du nicht, Alter".
- Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz

Populismus kann man ihm in diesem Punkt zumindest nicht vorwerfen, dennoch stellt sich die Frage, wer nun alles zu den Extremisten gehört, die laut Faeser die Krise noch verschärfen wollen.

Was, wenn das Framing zur "Self-fullfilling prophecy" wird?

In einen "heißen Herbst" der Sozialproteste will sich laut Janine Wissler die Partei Die Linke einbringen. Tatsächlich dauerte es keine Woche von dieser Ankündigung der Ko-Vorsitzenden der Linkspartei bis zu Faesers eindringlicher Warnung, dies könne das neue Mobilisierungsthema der Rechten werden.

Tatsächlich haben bisher weder Die Linke noch rechte Kräfte dazu Massen mobilisiert. So stellt sich vor allem die Frage, was Parteien der Ampel-Regierung damit erreichen wollen, schon jetzt die Besetzung des Themas auf der Straße durch Rechte herbeizureden.

Wenn verunsicherte Linke lieber zu Hause bleiben und abwarten, ob etwaige Demos tatsächlich von Rechten organisiert oder gekapert werden, kann dies natürlich zur "Self-fullfilling prophecy" werden.

Genau darum geht es. Der TAZ-Artikel der hier des öfteren geteilt wurde (https://taz.de/Mobilisierung-durch-das-rechte-Lager/!5866953/) haut subtiler in die selbe Kerbe. Ich hab das Gefühl, da wird aus genau jenem linksliberalen Lager, dass die soziale Krise zu verantworten hat rechter Protest herbeigebettelt oder schon die Diffarmierung linker Mobilisierungen vorbereitet.

Ich weiss, dass es Vorbereitungen gibt. Aus dem linken und gewerkschaftlichen Spektrum. Auch aus der Partei DIE LINKE. Ich bin selbst daran beteiligt. Jede und Jeder der so einen Dreck weiterverbreitet sollte sich fragen, was er/sie selbst tut. Diesmal sind wir selbst dran. Nicht dadurch gegen Rechts zu mobilisieren, sondern bitte davor. Auch bitte jene die sich so gern als radikal Links verorten, deren Hauptbeschäftigung aber meist darin besteht linke Politikansätze und deren Protagonist*innen zu diffarmieren und denunzieren.

Einbringen ist notwendiger denn je:

  • z.B. beim Aktionstag am 14.Oktober 2022 "AufRecht bestehen" (https://www.erwerbslos.de/). In lokalen Bündnissen, mit Aktionen, Demos etc., Aufbau oder Stärkung linker Sozialberatung und -unterstützung etc.
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#politik #gesellschaft #armut #soziale-frage #hartz4 #bürgergeld

Erwerbslose: Hartz IV heißt hungern

Bundesarbeitsminister präsentiert vage Pläne für geplantes Bürgergeld. Koalitionspartner für harte Sanktionen und gegen Regelsatzerhöhung (Von Simon Zeise)

Hubertus Heil bleibt hart. Der Bundesarbeitsminister lässt die Ärmsten in der Gesellschaft im Stich. Statt auf die Rekordinflation mit deutlichen Steigerungen der ALG-II-Regelsätze zu reagieren, hat die Regierung für Erwerbslose nur warme Worte übrig.

Am Mittwoch stellte Heil die Eckpunkte für das »Bürgergeld« vor, das das bisherige Hartz-IV-System ablösen soll. Fest steht: Mehr Geld gibt es frühestens im nächsten Jahr, und festlegen, wie hoch die Sozialhilfe ausfallen wird, wollte sich Heil auch nicht. Im Mai hatte der Minister eine Anhebung der monatlichen Zahlungen im Bürgergeld um 40 bis 50 Euro in Aussicht gestellt, zuletzt aber nur noch von einer »deutlichen Erhöhung« gesprochen.

Sozialverbände fordern hingegen Hilfen, die den Namen verdienen. Der Regelsatz müsse aktuell bei mindestens 678 Euro liegen, um das soziokulturelle Existenzminimum abzusichern, sagte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Mittwochausgaben). »Es reicht nicht aus, Hartz IV in Bürgergeld umzubenennen. Was es braucht, ist eine Totalreform zur Überwindung von Hartz IV«, so Schneider. Für ein armutsfestes Bürgergeld müsse die Grundsicherung um mindestens 50 Prozent angehoben werden. Des weiteren sei dringend ein Anpassungsmechanismus nötig, der vor realen Kaufkraftverlusten schütze. Bloße Einmalzahlungen verpufften angesichts der Inflation, bevor sie ausgezahlt seien. Die Vizepräsidentin des Sozialverbands Deutschland, Ursula Engelen-Kefer, forderte, die Regelsätze umgehend um 100 Euro zu erhöhen, mit dem Ziel, nach einer Neuberechnung dauerhaft noch höhere Regelsätze möglich zu machen. Heils angekündigte Erhöhung von bis zu 50 Euro sei »keinesfalls ausreichend, um das Existenzminimum zu sichern, wie es vom Bundesverfassungsgericht gefordert wird«, sagte Engelen-Kefer der Mediengruppe Bayern. Karlsruhe hatte 2010 festgestellt, dass »der Gesetzgeber (…) Vorkehrungen zu treffen (habe), auf Änderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel Preissteigerungen oder Erhöhungen von Verbrauchssteuern, zeitnah zu reagieren, um zu jeder Zeit die Erfüllung des aktuellen Bedarfs sicherzustellen«.

Die Bundesregierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag nur auf geringfügige Lockerungen der Armutsgesetze verständigt. So sollen in den ersten beiden Jahren des Bürgergeldbezuges Leistungen gewährt werden, wenn kein »erhebliches Vermögen« von mehr als 60.000 Euro pro Leistungsberechtigtem besteht. Zudem werden in dem Zeitraum die Kosten für die Wohnung in tatsächlicher Höhe übernommen. Bisher wird geprüft, ob die Größe der Wohnung angemessen ist. Finanzielle Strafen soll es zumindest anfangs nicht geben: In einer sechsmonatigen Vertrauenszeit sollen Leistungsminderungen bei Pflichtverletzungen ausgeschlossen sein.

Für FDP-Chef Christian Lindner ist das Bürgergeld nur dann gut, wenn sich darin die ganze Verachtung für Erwerbslose ausdrückt. Die neue Sozialhilfe werde »auf gar keinen Fall« ohne Sanktionen kommen, sagte er am Mittwoch zu N-TV. Wer beispielsweise Termine nicht wahrnehme, »dem muss durch Sanktionen eine Grenze aufzeigt werden können«. Eine Erhöhung der Regelsätze lehnte der Finanzminister ebenfalls ab. Statt dessen wollen die Liberalen Zuverdienstmöglichkeiten schaffen. Aus dem Bürgergeld dürfe kein bedingungsloses Grundeinkommen werden.
- https://www.jungewelt.de/artikel/430875.erwerbslose-hartz-iv-hei%C3%9Ft-hungern.html

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#politik #energiekosten #soziale-frage #macht #eigentumsverhältnisse #kapitalismus

»Wenn sich die Preissteigerungen bei der Haushaltsenergie verstärken und verfestigen, müssen demnächst viele Haushalte bis weit in die Mittelschicht hinein die Hälfte ihres Nettoeinkommens oder mehr für Miete und Heizkosten aufwenden« (Christoph Butterwegge, Armutsforscher)

Sprengstoff

Die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi hat die entscheidende Frage, die von der »konzertierten Aktion« beantwortet werden muss, in Bild am Sonntag (BamS) richtig formuliert: »Einer wird bezahlen müssen. Entweder zahlen Reiche mehr, oder der Staat nimmt neue Schulden auf, oder der Durchschnittsbürger zahlt und wird ärmer.« Die Macht- und Eigentumsverhältnisse besagen: Ersteres wird nicht passieren. Die Bundesrepublik hat in den 73 Jahren ihrer Existenz noch nie eine gesetzliche Regelung getroffen, die sich gegen die Interessen des Großkapitals und derjenigen, die es repräsentieren, richtet. Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass die Quandt-Erben, die Jahr für Jahr etwa eine Milliarde Euro Dividende allein bei BMW kassieren, dauerhafte Reduzierungen in Kauf nehmen müssen. Gleiches gilt für die zehn Milliardärsfamilien, denen etwa zwei Drittel der bundesdeutschen Medien gehören, und alle anderen Superreichen. Sie haben von allen Krisen des Kapitalismus profitiert. Fahimi in BamS: »Die Milliardäre in Deutschland haben in der Coronapandemie ihren Besitz mal eben um knapp 100 Milliarden Euro gesteigert. Das ist Sprengstoff für den sozialen Zusammenhalt.«

Dem wäre nur hinzuzufügen:

Sprengstoff wird das, wenn denen, die schon jetzt auf gute Lebensmittel, auf Urlaub, Warmwasser und demnächst auf Heizung verzichten oder verzichten sollen, bewusst wird, dass es konkrete Personen gibt, die von Massenverarmung profitieren. Und wenn sich herumspricht, dass es möglich ist, sich gegen diese Leute zu wehren, gegen ihre feudale Stellung in der Gesellschaft, gegen ihr leistungsloses Einstreichen märchenhafter Summen.

Durch Streiks auf allen Ebenen und durch politischen, d. h. durch Generalstreik. Die »konzertierte Aktion« dient auch dazu, das Aufkommen solchen Bewusstseins zu verhindern. Ausgehandelt werden soll, welche Brotkrumen vom Tisch der Besitzenden und ihres Staates herabfallen sollen.

Die von Fahimi angesprochene Schuldenerhöhung des Staates ist nach dem von Finanzminister Christian Lindner gerade vorgelegten Haushaltsentwurf für 2023 ausgeschlossen. Wer die »schwarze Null« will, treibt die Umverteilung von unten nach oben und die satte Vermögensanhäufung der Reichen bewusst voran, will die Armen ärmer machen. Die Linke-Haushaltsexpertin Gesine Lötzsch hat das Lindner-Konzept in dieser Zeitung am Sonnabend richtig als »Brandbeschleuniger« bezeichnet.

Bleibt der von Fahimi so genannte »Durchschnittsbürger«, der zahlen und ärmer werden soll. Das wird wie stets in der bundesdeutschen Geschichte so geschehen, eine andere Möglichkeit gibt es im Kapitalismus nicht. Die Aufgabe derjenigen, die im Kanzleramt am Montag zum ersten Mal über die nächste staatsmonopolistische »Regulierung« berieten, besteht darin, die Steigerung sozialer Not in die Wege zu leiten und zu behaupten, die werde gemindert. Die Anhäufung von Sprengstoff geht weiter.
- https://www.jungewelt.de/artikel/429811.sprengstoff.html

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#politik #wohnen #leerstand #immobilienwirtschaft #soziale-frage #obdachlosigkeit #besetzen #habersaathstr #berlin-mitte

Habersaathstraße: Leerstand rekommunalisieren statt Luxusneubau!

Seit 2018 plant das Immobilienunternehmen Arcadia Estates GmbH den Abriss des Wohngebäudekomplexes an der Habersaathstraße 40-48 in Berlin-Mitte. Nur noch neun Altmieter:innen wohnen in dem fünfstöckigen Gebäude, seit Jahren steht der Großteil leer und soll möglichst schnell teurem Luxusneubau weichen. Im Dezember 2021 besetzten obdach- und wohnungslose Menschen gemeinsam mit der Initiative Leerstand Hab-ich-saath die leeren Wohnungen. Nach diversen Reibereien und Verhandlungen mit dem Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne), nach zwei angedrohten Räumungen und Versuchen durch die Eigentümer:in, die Besetzer:innen gegen ukrainische Geflüchtete auszuspielen ist eigentlich nur eines richtig klar:

Die Bewohner:innen sind immer noch da und fordern die Rekommunalisierung des Wohnraums!

Das Lower Class Magazine sprach mit Felix (Leerstand Hab-ich-saath) und Sven (Bewohner und Aktivist bei Leerstand Hab-ich-saath)

In der Habersaathstraße will das Immobilien-Kapital nach altbekanntem Muster verfahren: Bewohner:innen werden aus ihrem Wohnraum gedrängt, mit dem entstandenen Leerstand wird zunächst spekuliert bevor abgerissen und luxuriös neugebaut werden soll. Was hat euch bewegt, sich in der Initiative zu organisieren und den Kampf aufzunehmen?

Felix: Ich finde vor allem den Ansatz wichtig, dass wir uns leerstehenden Wohnraum nehmen, welcher sich in den Händen einiger weniger Privatiers befindet und dabei Menschen ohne und mit Obdach gemeinsam ihre politischen Ziele formulieren und sich darüber verständigen, wie politische Aktionen aussehen können um diese zu erreichen.

Sven: Bevor ich mit Leerstand Hab-ich-saath in Kontakt kam war ich im letzten Jahr hauptsächlich mit Arbeiten beschäftigt und wohnte in einer Massenunterkunft für wohnungslose Menschen. Ich fand das Projekt in der Habersaathstraße sehr gut und beschäftigte mich erstmals mit den politischen Dimensionen hinter der Lebenssituation Wohnungslosigkeit. Zudem ist das Leben in einer Massenunterkunft nichts für mich, weil man immer mit drei, vier Menschen auf engstem Raum lebt und keine Privatsphäre hat. An den Schutz vor Corona wurde dort auch nicht gedacht. Irgendwann entstehen da immer Konflikte.

Wie hat sich das Kräftemessen zwischen euch, der Kapitalfraktion und Behörde seit Dezember entwickelt und wie beurteilt ihr die Rolle und Verhalten von Bürgermeister von Dassel bzw. dem Bezirk Berlin-Mitte?

Felix: Es gab ja kurz nach der Besetzung die Möglichkeit für den Bezirk, das Gebäude zu beschlagnahmen. Das wäre, laut Allgemeinem Sicherheits- und Ordnungsgesetz (ASOG), ein Instrument der Bezirke um gegen spekulativen Leerstand vorzugehen. Eine Beschlagnahmung hat der Bezirk sich nicht getraut, aus Angst vor einer Klage des Eigentümers. Stattdessen gab es Absprachen zwischen von Dassel und Eigentümer:in und von Dassel hat uns zugesichert, dass wir bis zu einem möglichen Abriss – den wir natürlich versuchen zu verhindern – im Haus bleiben können. Gerade sieht es aber stark danach aus, dass er sein Versprechen bricht und im Hintergrund unsere Räumung vorbereitet wird.

Man merkt, wie von Dassel versucht, es allen Beteiligten Recht zu machen und sich schadlos aus der Sache rauszuziehen: Er hat keinen Bock, die politischen Kosten für eine Räumung zu tragen und hat er aber auch keinen Bock, sich mit dem Eigentümer anzulegen. Zum Beispiel wendet der Bezirk das seit 2014 geltende Zweckentfremdungsverbot nicht an, was Strafzahlungen der Eigentümer:in in Millionenhöhe und wahrscheinlich den Bankrott der Arcadia sowie genügend Kohle für eine Rekommunalisierung der Gebäude bedeuten würde.

Sven: Stattdessen wird darauf gehofft, dass die Altmieter:innen sich auf einen von Bezirk und Eigentümer:in vorgeschlagenen „Deal“ einlassen, der einerseits von Dassel sein Gesicht wahren lässt und andererseits das Haus leer bekommt, so dass abgerissen werden kann. Da wird sich jetzt zeigen, ob die Altmieter:innen dem zustimmen oder nicht. Unser Kontakt zu denen ist gut und wir glauben, dass die dem schmutzigen Deal nicht zustimmen werden.
Im Bezug auf uns ließ von Dassel anfangs noch verlauten, dass er im Sinne der Besetzer:innen zu verhandeln versucht und spielte sich in seinen Anschreiben immer wieder als „Retter der Habersaathstraße“ auf. Im aktuellen Deal spielen wir, als neue Bewohner:innen, gar keine Rolle mehr und von Dassel sagt, er könne nichts mehr machen. Uns ist diesbezüglich zu Ohren gekommen, dass er immer nur mündliche Absprachen mit dem Eigentümer macht, es also keinerlei schriftlich festgehaltene und somit nachvollziehbare Kommunikation gibt. Wir werden so oder so hier bleiben und uns gegen eine Räumung wehren solange es keine Alternative für uns gibt.

Also sind die gesetzlichen Instrumente um der Immobilienwirtschaft Einhalt zu gebieten eurer Meinung nach vorhanden, werden aber nicht angewandt?

Sven: Das rechtliche Werkzeug sozusagen um dem Treiben der Immobilienhaie ein Ende zu setzen ist teilweise schon längst da, der Staat bzw. in unserem Fall der Bezirk Berlin-Mitte haben einfach nicht den Arsch in der Hose, dieses Werkzeug rauszuholen und zu benutzen.

Felix: Zum einen ist das Werkzeug da. Zum anderen muss man sich beispielsweise diesen Beschlagnahmungsparagraphen (§16, 17 ASOG) mal genauer anschauen: Dort steht, dass eine Beschlagnahmung von leerstehendem Wohnraum zu Abwendung von Obdachlosigkeit nur angewandt wird, wenn es keine anderen „milderen Mittel“ gibt, Menschen von der Straße wegzubekommen. Unter „milderen Mitteln“ fällt auch die Unterbringung in Massenunterkünften, wo die Menschen auf engstem Raum zusammengepfercht sind. Dass heißt, das Privateigentum und die Rechte eines:r Eigentümer:in sind so heilig und werden so lange nicht angerührt, so lange man Menschen noch irgendwo reinpressen kann, ganz egal, wie es denen damit geht. Diese Gesetzeslage gibt Eigentümer:in quasi freie Hand, die Profitmaximierung auf Kosten von Lebenssituationen von Menschen ungehindert fortzuführen.

Wie erleben die Bewohner:innen diese unsichere Situation, das Abwarten und die ständigen Verhandlungen über ihren Wohnort?

Sven: Es ist nervenzerreibend und wir sind sehr angespannt. Diese Ungewissheit und auch die Angst, dass wir hier mit Polizeiaufgebot geräumt werden könnten, zehrt allen an den Nerven. Das führt wiederum auch dazu, dass es untereinander zu Reibereien kommt. Zu ersten Termin der Schlüsselübergabe hatten wir einen schönen Pappschlüssel gebastelt, welchen wir der Hausverwaltung übergeben wollten um nochmal drauf hinzuweisen, dass es nachwievor nicht ausreichend Schlüssel für den Müllraum gibt, so dass wir unseren Müll nicht vernünftig entsorgen können und dieser auch nicht abgeholt wird. Den Pappschlüssel hat die Hausverwaltung nicht angenommen, den zweiten Termin zur Schlüsselübergabe haben wir einfach ignoriert. Zudem gab es noch ein Gespräch mit Herrn Dr. Schlese vom Sozialamt-Mitte, welcher uns mitteilte, dass es derzeit keine Alternativunterbringung für die knapp 60 Bewohner:innen gäbe. Das EU-Ziel, Obdachlosigkeit bis 2030 zu beseitigen, ist einfach lächerlich. Allein hier in Berlin-Mitte gibt es so viel Leerstand, teilweise schon ab sofort beziehbar! Da könnten schon ganz viele Menschen rein, würden die Behörden endlich anfangen, an diesem Ziel zu arbeiten.

Wenn ihr über den aktuellen Stellungskampf mit Bezirk und Eigentümer hinausdenkt: Was sind eure langfristigen Ziele oder (revolutionären) Perspektiven mit dem Projekt?

Sven: Wir wollen zunächst, dass das Haus zurück ans Land Berlin geht und den Menschen, die drin wohnen, zur Verfügung gestellt wird, ehe wir uns Gedanken über Selbstverwaltung oder langfristige Mietverträge für die Bewohner:innen machen können. Wir brauchen jetzt sofort eine Bleibeperspektive und eine Übernahme der Instandhaltung des Gebäudes. Das machen wir derzeit nämlich alles selbst und müssen das aus Spenden finanzieren.

Was uns freut, ist, dass wir sehr viele Anfragen bekommen von anderen Gruppen oder auch Menschen aus dem Ausland, die wissen wollen wir das alles bis hierher gemacht haben. Wir teilen sehr gerne unser Wissen und freuen uns natürlich, wenn es Nachahmer:innen gibt!

Felix: Perspektivisch geht es bei dem Projekt nicht darum, ein „Schöner Wohnen“ für 60 Personen zu kreieren oder so. Der erste Schritt ist jedoch das Haus zu behalten um es bewohnen zu können und in diesem Kampf sind wir gerade mittendrin. Wir als Initiative haben schon den Plan, z.B. weiter Menschen auf der Platte anzusprechen, weitere leerstehende Objekte mit ähnlichen Strategien zu erkämpfen und uns nicht nur auf die Habersaathstraße zu beschränken. Derzeit aber werden unsere Kapazitäten unter anderem im oben erwähnten Kampf sowie bei der Instandhaltung des Gebäudes aufgerieben. Das Gebäude stand jahrelang leer, es gab ein Müll(abholungs-)problem, es gibt immer wieder Wasserschäden, die wir selbst beheben müssen usw. Zudem sind die Bewohner:innen ein sehr heterogener Zusammenschluss mit unterschiedlichen Lebens- und Leidensgeschichten und dementsprechend unterschiedlichen Bedürfnissen. Nicht alle Personen haben die Kraft oder das Interesse, sich als Vollzeitaktivist:in in diesen aufreibenden Kampf zu begeben. Dennoch: Bei all dem derzeitigen Abkämpfen an den realpolitischen Gegebenheiten verlieren wir unsere langfristigen Ziele, nämlich die Wiederaneignung von Leerstand, den Aufbau von Orten für Menschen ohne festes Zuhause und selbstverwaltetes Wohnen, nicht aus den Augen!

Unterstützt die Menschen von der Habersaathstraße und Leerstand Hab-ich-saath!

Mehr Infos:
Web: https://strassegegenleerstand.de/
Twitter: @hab_ich_saath
Spendenkonto:
Empfänger:in: Neue Chance
IBAN: DE24 5206 0410 0003 9019 80
BIC: GEN0DEF1EK1 

Betreff: Habersaathstraße

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#politik #wohnen #energiekosten #gas #soziale-frage #armut #mieten

Gaspreis deckeln

Mieterbund legt »Neun-Punkte-Plan« wegen Energiekostenexplosion vor – und befürchtet Kündigungswelle. Immobilienbranche behauptet »Panikmache« (Von Oliver Rast)

Er geht in die Offensive, der Deutsche Mieterbund (DMB). Mittels eines »Neun-Punkte-Plans für mehr Rechtssicherheit und Entlastung der Mieterinnen und Mieter«. Eine Art Sofortprogramm, den die Organisation am Donnerstag vorstellte. Der Grund: hohe Preissprünge bei Heizkosten, die nach der kürzlichen Ausrufung der »Alarmstufe des Gasnotfallplans« durch das Bundeskabinett zu erwarten sind. Von Wohnungsverlust bedroht seien zuvorderst mietezahlende Privathaushalte der untersten Einkommensklassen, die oftmals keine Sozialtransfers beziehen, so der DMB.

Und: Die absolute Mehrheit der Mieter bezieht Gas als Heizenergie und wäre von den Tariferhöhungen direkt betroffen. Entweder über eine sofortige »Vertragsanpassung« bei Gasetagenheizungen oder im Rahmen der Nebenkostenabrechnung durch erhöhte Voraus- bzw. Nachzahlungen an den Vermieter. Also: »Wir stehen kurz vor einer Zäsur, schon im Juli könnten über den Preisanpassungsmechanismus die Gasrechnungen von mehr als 20 Millionen Mietern von jetzt auf gleich explodieren«, wurde die DMB-Bundesdirektorin Melanie Weber-Moritz in der am Donnerstag verbreiteten Verbandsmitteilung zitiert. Niemand dürfe aus seinen vier Wänden geworfen werden, der die Zusatzkosten der »Preisanpassung« nicht sofort schultern oder die Nachzahlungen nicht innerhalb der vertraglichen Frist von 30 Tage begleichen könne, betonte Weber-Moritz.

Deshalb der Forderungskatalog. Ganz oben auf der Agenda des DMB steht ein Kündigungsmoratorium bei nicht begleichbaren Nebenkosten von mindestens einem halben Jahr. Für die Periode der Energiekrise müssten Strom- und Gassperren ausgesetzt sein. Rasant steigende Marktpreise für Gas und Öl dürften nicht ein zu eins an Mieter weitergegeben werden. Das heißt: Gaspreisdeckel, gesetzlich fixiert. Das ist nicht alles. Ein Heizkostenzuschuss für alle einkommensschwachen Haushalte sei ebenso wichtig wie ein höheres Wohngeld. Ferner brauche es einen Bestand von zwei Millionen Sozialwohnungen bis 2030. Und nicht zuletzt einen bundesweiten Mietenstopp, »differenziert nach Wohnungsmärkten für sechs Jahre«, hieß es im DMB-Punkteplan.

Unterstützung kommt von Caren Lay (Die Linke). Wenn die Politik nicht stärker regulierend einschreite, »werden die Menschen an Essen sparen und im Winter frieren müssen«, sagte die Sprecherin für Mieten-, Bau- und Wohnungspolitik ihrer Bundestagsfraktion am Donnerstag gegenüber jW. Die Lebenshaltungskosten seien für zahlreiche Haushalte finanziell einfach nicht mehr tragbar. Darum: »Es ist richtig und wichtig, dass der Mieterbund jetzt Alarm schlägt« – und konkrete Vorschläge macht. Denn damit könnten die Krisenfolgen sozial abgefedert werden, immerhin. Und ja, die »Sorgen des DMB« ernst nehmen, das schon, sagte Christina-Johanne Schröder gleichentags auf jW-Anfrage. Nur, in der Gaskrise »müssen wir uns auf weitere Preisanstiege gefasst machen«, meinte die wohnungspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Die Ampel werde indes ihren Teil tun, »um gerade die Menschen, die wenig verdienen, zu entlasten«.

Einen bringt gar nichts aus der Ruhe: Kai Warnecke, Präsident von »Haus & Grund Deutschland«, dem Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer. »Schon während der Coronapandemie wurden alle Probleme einvernehmlich gelöst und ist niemandem gekündigt worden«, sagte Warnecke am Donnerstag zu jW. Die Warnrufe des DMB, wonach »viele Mieter in diesem Winter in kalten Wohnungen sitzen oder ihre Wohnungen verlieren könnten«, sei nichts weiter als »unseriöse Panikmache«. Der »Haus & Grund«-Chef empfiehlt Vermietern und Mietern gleichermaßen ins Gespräch zu kommen, um sich über höhere Vorauszahlungen und Abschlagszahlungen zu verständigen. Möglichst einhellig.

Also, alles ganz simpel, ein kurzer Plausch, und der Fall ist geklärt? Mitnichten. »Freiwillige Selbstkontrolle und private Absprachen reichen überhaupt nicht«, sagte Martha Anna Kleedörfer, Vizefraktionsvorsitzende in der Bezirksverordnetenversammlung Berlin-Mitte und Sprecherin für Wohnen, am Donnerstag im jW-Gespräch. Das zeigten zahlreiche Fälle aus Beratungsgesprächen mit Mieterinnen und Mietern. Zumal Immobilienkonzerne alles andere sind als kulant. Kleedörfer weiter: »Wir brauchen mehr staatliche Eingriffe, nicht weniger, insbesondere beim Deckeln der Energiekosten.«
- https://www.jungewelt.de/artikel/429536.wohnungspolitik-gaspreis-deckeln.html

DMB "Mieterinnen und Mieter vor Kündigungen schützen & bei Heizkosten entlasten - 9-Punkte-Plan gegen die Gaspreisexplosion"

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#politik #krieg #russland #ukraine #nato #deutschland #militarismus #rüstungsindustrie #hochrüstung #zeitenwende #soziale-frage #widerstand

"Im Gleichschritt marschiert der neue deutsche Militarismus, dessen Akteure sich täglich mit immer neuen Rüstungsforderungen zu überbieten scheinen. Jeder, der behauptet, die neue Hochrüstung ginge nicht auf Kosten von Investitionen in Bildung, Gesundheit und Soziales, lügt. Wie die Zeche des Wirtschaftskrieges gegen Russland bereits jetzt durch eine galoppierende Inflation von der Bevölkerung hier gezahlt wird, so werden die Rüstungsschulden und Kriegskredite mit einem sozialen Kahlschlag bezahlt werden. Gegen diesen brandgefährlichen neuen deutschen Militarismus braucht es gesellschaftlichen Widerstand. Für Brot und Frieden."

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#politik #gesellschaft #soziale-frage #armut #hartz4 #sozialpolitik #zivilgesellschaft #tafeln

„Im Interview mit junge Welt schlug Jochen Brühl, Vorstand der Tafel Deutschland e.V. neue Töne an. Er sagte: „Bürgerschaftliches Engagement darf nicht dazu dienen, staatliches Versagen zu kaschieren. Mit Minijobs oder Niedriglohn klappt es nicht, gesellschaftlich teilzuhaben, auch wenn letzterer jetzt zwölf Euro betragen soll. Wir fordern statt dessen 100 Euro Zuschuss pro Monat. Auch Regelsätze und Sozialleistungen müssen angehoben werden. Die Versorgung der Menschen ist Aufgabe des Staates. Wir von den Tafeln unterstützen nur, wir sind keine Existenzhilfe. Unser Anliegen ist es, kurzfristig in Not geratene Menschen zu unterstützen.“ So ein Statement war von den Tafeln bisher nie zu hören. Vielleicht ist das Umdenken der aktuellen Lage bei den Tafeln geschuldet, bei der die Preissteigerungen zur Belastungsprobe werden. Das Umdenken über das staatliche Versagen in der Sozialpolitik kommt spät, aber es kommt. Die Idee der Tafeln ist ein fester Bestandteil der neoliberalen Politik und gleichzeitig ein billiges Konzept für die Abfallbeseitigung (…) Würde der Staat, vertreten durch die Parlamente im Bund und in den Bundesländern das Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes ernst nehmen, müsste er durch seine Gesetzgebung dafür sorgen, dass es Lebensmittelspenden an Bedürftige durch zivilgesellschaftliche Organisationen und Wohlfahrtsverbände nicht geben muss. Wenn sie nun die Tafeln auch dafür einsetzen würden, gäbe es einen weiteren Mitstreiter.“

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#politik #gesellschaft #gefangene #knastsystem #soziale-frage #abolitionismus

Wir leben in einer Gesellschaft, die besser über die Schädlichkeit der Käfighaltung von Hühnern aufgeklärt ist als über die Auswirkungen der Unterbringung von Gefangenen in Zellen....

Dabei gilt es zu bedenken, dass die Kritik der Massentierhaltung nicht vom Himmel gefallen ist, sondern erkämpft wurde. Die Gründer der Zellengefängnisse hatten sich vorgestellt, Straftäter würden sich isoliert voneinander in strenger Einzelhaft bessern. Da das die Gefangenen körperlich und geistig krank werden ließ, wurden Lockerungen eingeführt. Aber die Zelle blieb.

Über die Gestaltung des Strafvollzugs heißt es in den Gesetzen der Bundesländer, dass das Leben im Vollzug den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich angeglichen werden soll. Wo gibt es in allgemeinen Lebensverhältnissen Zellen, also Räume mit vergitterten Fenstern, deren Türen von innen nicht zu öffnen sind, die innen keine Türklinke haben?

Im Zuge der Debatte um eine Entkriminalisierung von Drogen erinnere ich oft an den ehemaligen Kölner Gefängnisleiter Jörn Foegen, der schon in den 1990er Jahren öffentlich betonte, dass er ein Drittel aller Zellen dichtmachen könnte, wenn es eine an Leidverminderung orientierte Drogenpolitik geben würde. Der ehemalige Gefängnisdirektor Thomas Galli, der seit ein paar Jahren in der Bundesrepublik mit Vorträgen und seinen Büchern für einen Abbau der Gefängnisplätze unterwegs ist, erklärt, dass 90 Prozent aller Gefangenen nicht in den Strafvollzug gehören.

Ich denke, diesem Irrsinn liegt eine Struktur zugrunde, die in allen herrschaftlich organisierten Gesellschaften zu finden ist: Es gibt einen Bedarf an Sündenböcken. Der Soziologe Christian Sigrist, der u. a. über die Entstehung von Herrschaft geforscht hat, hat es auf den Punkt gebracht: »Allgemein lässt sich die Entstehung von Pariagruppen als Ergebnis von Herrschaftsbildung und wachsender ökonomischer Ungleichheit erklären. Die religiöse Überhöhung von Herrschaftsinstanzen findet ihren Gegenpart in der Dämonisierung von Randgruppen.« Weil das soviel älter als die Strafgesetze und die Gefängnisse ist, in denen das fortlebt, können sich viele Menschen Änderungen nicht vorstellen.

Marx und Engels haben in ihrem 1845 erschienenen Buch »Die Heilige Familie oder Kritik der kritischen Kritik« geschrieben, man müsse »nicht das Verbrechen am einzelnen strafen, sondern die antisozialen Geburtsstätten des Verbrechens zerstören und jedem den sozialen Raum für seine wesentliche Lebensäußerung geben. Wenn der Mensch von den Umständen gebildet wird, so muss man die Umstände menschlich bilden.«

Zeitnah dürften die Knäste nicht abgeschafft werden. Was sind Ihre Sofortforderungen, von denen Sie sich vorstellen könnten, dass sie in naher Zukunft umgesetzt werden könnten?

Alle Kämpfe zur Überwindung der Armut und zur Beendigung der Gewalt gegen Frauen müssen verstärkt und so ernstgenommen werden wie die Gefahr, die von der Erderwärmung ausgeht. Und ich würde mich darüber freuen, wenn möglichst viele das »Abolitionistische Manifest« lesen und unterschreiben.

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#politik #krieg #ukraine #russland #gas #energiepreise #armut #soziale-frage #klassismus #ignoranz

Prima Vorschlag. Kann aber auch nur von Leuten kommen, denen Energiepreise nicht existentiell betreffen. Nach dem Motto: *"... dann sollen sie doch Kuchen essen"*

“Steigende Energiepreise treiben die Inflation: Im Januar lag sie insgesamt bei 4,9 Prozent. Allerdings treffen steigende Preise nicht alle gleich, da je nach Haushalt unterschiedliche Ausgaben anfallen. Das zeigt ein Blick auf den IMK-Inflationsmonitor, der spezifische Teuerungsraten für neun repräsentative Haushaltstypen liefert. (…) Sollten die Energiepreise weiter steigen, was derzeit wahrscheinlich ist, dürfte das Haushalte mit niedrigeren Einkommen besonders stark belasten. Denn unverzichtbare Ausgaben für Haushaltsenergie und Lebensmittel haben bei ihnen ein sehr hohes Gewicht. Hinzu kommt, dass ärmere Haushalte kaum Spielräume haben, ihren Konsum durch Rückgriff auf Erspartes aufrechtzuerhalten. https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-steigende-gaspreise-belasten-armere-39325.htm

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#politik #wirtschaft #inflation #soziale-frage #armut #politikversagen #almosen #schwachsinn

Die Politik hat im Umgang mit einer Inflation, die sich längst nicht mehr allein mit der Erhöhung der Mehrwertsteuer, kurzfristigen Lieferkettenunterbrechungen oder anderen zeitweiligen Schwierigkeiten erklären lässt, einen Umgang gefunden, auf den viele Adjektive passten. Ignorant, demütigend, kurzsichtig. Armutsfest im Sinne, dass Armut verstetigt wird. Sie setzt auf Einmalzahlungen oder Soforthilfen. Egal, wie die Begriffe lauten, sie meinen: Wir finden das mit den drei Euro ALG II mehr schon richtig, sehen aber auch ein, dass es hin und wieder eines Almosens bedarf. Almosen konnte die vorherige Regierung, aber es scheint, als beherrschte auch die neue den Kanon völlig unzulänglicher Maßnahmen, die in der einen oder anderen Form den insgesamt rund 13 Millionen Menschen zugutekommen, die hierzulande als arm oder armutsgefährdet gelten. Inzwischen werden es mehr sein. Während die einen weiterhin überdurchschnittlich belastet werden durch die Inflation, was keine Einmalzahlung ausreichend zu kompensieren in der Lage ist, finden die anderen Wege, ihr Vermögen „inflationssicher“ anzulegen. Weshalb es auch zu kurz gegriffen ist, zu sagen, eine Einmalzahlung wirke ja wie ein Konjunkturprogramm. Wer von den 150 Euro eine Stromrechnung bezahlt, die schon die erste Inkassoschleife gedreht hat, kurbelt die Konjunktur gewiss nicht an. Aber Schwachsinn lässt sich halt mit noch größerem Schwachsinn vorübergehend übertünchen.

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#politik #gesundheit #corona #covid19 #impfen #soziale-frage #armut

Corona | Wieder trifft es die Ärmsten und Abgehängten

Von einem Tag auf den anderen reicht eine Impfung mit dem Vakzin von Johnson und Johnson nicht mehr aus, um als vollständig geimpft zu gelten. Das verstärkt einmal mehr die Ungleichheit. Wo bleibt der Aufschrei? (von Mirijam Günter)

Jetzt haben sie also ohne Vorwarnung oder eine Übergangsfrist über drei Millionen Menschen (die Angaben schwanken) um ihren Impfstatus gebracht: Über Nacht gelten die, die sich nur ein Mal mit dem Wirkstoffe Johnson und Johnson haben impfen lassen, um als vollständig geimpft zu gelten, als eben das nicht mehr. Und diejenigen, die sich mit einer weiteren Impfdosis geboostert wähnten, brauchen dafür nun auch noch eine weitere Impfung. Das verkündet das Paul-Ehrlich-Institut, eine untergeordnete Behörde. Ohne Debatte, ohne Parlamentsbeschluss, einfach so.

Wo bleibt der Aufschrei? Ich höre eher nichts. Woran liegt das, obwohl doch so viele betroffen sind? Die Einmalimpfung wurde vor allen Dingen den Ärmsten und Abgehängten verabreicht – Menschen, die so gut wie keine Lobby haben. Johnson und Johnson bekamen Geflüchtete, Obdachlose und Menschen in sozialen Brennpunkten. Ach nein, sie nennen die Gegenden, aus denen ich mich rausgekämpft habe, jetzt „vulnerable Sozialräume“. Als würde das einer der Betroffenen verstehen, geschweige denn, dass der neue Begriff etwas an den katastrophalen Wohn- und Lebensverhältnissen ändern würde.
Aus dem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen

Diese Viertel liegen in Wahlbezirken, in denen nicht mal die Hälfte der Menschen zur Wahl geht. Diese Menschen sind jetzt also ohne Vorwarnung raus aus dem gesellschaftlichen Leben. Als hätten sie in der Pandemie, im Gegensatz zu gesellschaftlichen und politischen Eliten, nicht nicht schon genug gelitten – in ihren beengten Wohnverhältnissen (wo sie massiv von den Ausgangsbeschränkungen betroffen waren) und am Geldmangel, der durch die Schul- und Tafelschließungen noch verstärkt wurde. Der neue Impfstatus wird die Betroffenen jetzt scharenweise bei der nächsten Wahl an die Urnen bringen. Ironietaste aus.

Warum haben die Ärmsten überhaupt diesen Impfstoff bekommen? „Weil“, so erklärte mir eine Ärztin letztes Jahr im Juni, „man mit solchen Menschen keine zwei Termine machen kann.“ Mit „solchen“ Menschen, was immer das auch heißen soll.

Deutschland, deine soziale Spaltung wird immer weiter vertieft.

  • Mirijam Günter ist Schriftstellerin und Publizistin