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Lateinamerika und die Galeeren des grünen Kapitalismus

Über die Pläne der Gemeinschaft lateinamerikanischer und karibischer Staaten (Celac) ‒ und die Pläne der Europäischen Union für sie

In den ersten Jahren ihres Bestehens hat die Gemeinschaft der lateinamerikanischen und karibischen Staaten (Celac), motiviert durch einen unaufschiebbaren Impuls für den Frieden, einen Großteil ihrer Zeit darauf verwendet, die Erklärung Lateinamerika und die Karibik als Friedenszone1 mit Inhalt zu füllen.

Dies ist eine ihrer Gründungssäulen und bewahrt sie als solche vor der Versuchung, den Sirenengesängen zu erliegen, die sie von verschiedenen kriegführenden Organisationen zu hören bekommen. Diesem Umstand ist es unter anderem zu verdanken, dass es in der Region keinen offenen bewaffneten Konflikt gibt; die Region möchte, dass dies so bleibt und setzt sich für eine weltweite Friedensförderung ein.

Krieg ist keine der Prioritäten der Celac, sondern sie konzipiert sich ganz im Gegenteil "als ein repräsentativer Mechanismus für politische Konsultation, Zusammenarbeit und wirtschaftliche, soziale und kulturelle Integration, beruhend auf Demokratie und Dialog als Instrument zur Beilegung von Differenzen und erkennt gleichzeitig das Recht eines jeden Landes an, sein politisches und wirtschaftliches System frei zu definieren" 2. Die Definition als Friedenszone hängt mit ihrer Verpflichtung zum Multilateralismus, mit der Suche nach friedlichen und diplomatischen Konfliktlösungen und – im schlimmsten Fall – mit der Neutralität zusammen.

Deshalb weigerte sich die Region auch auf dem Dritten Gipfel Celac-Europäische Union3, der am 17. und 18. Juli 2023 in Brüssel stattfand, auf die Forderungen der EU einzugehen und gegen Russland Partei zu ergreifen und die Ukraine zu unterstützen. Mehr noch, in einem Szenario, in dem Waffenhändler von Streubomben bis hin zu nuklearen "Abschreckungs"systemen alles zur Verfügung stellen, "müssen wir den Humanismus aufrechterhalten und die Aufrüstung und die Verbreitung von Atomwaffen bekämpfen. Die Europäische Union muss uns eine größere Anstrengung zur Erreichung des Friedens zusichern", betonte die honduranische Präsidentin Xiomara Castro.

Die Celac-Länder stellen infrage, dass Billionen für Kriege ausgegeben werden, aber keine wirksamen Maßnahmen zur Beseitigung der Ungleichheit und nicht einmal für die Beseitigung des Hungers ergriffen werden. Im Jahr 2022 beliefen sich die weltweiten Rüstungsausgaben auf rund 2,2 Billionen US-Dollar, allein die EU investierte mehr als 345 Milliarden, während sich die Ausgaben ihres Verbündeten USA auf 877 Milliarden summierten4.

Die Erklärung des dritten Celac-EU-Gipfels 20235 verweist auf den Frieden und internationale Instrumente zur Konfliktlösung, während die von 2016 die Grundlage der Erklärung Lateinamerikas und der Karibik als Zone des Friedens würdigt und auf die Bedeutung des Vertrags von Tlatelolco6(1967) hinweist. Dieser verbietet Atomwaffen in der Region und fördert die Abrüstung.

Die Pläne der Celac ‒ und die Pläne der EU für die Celac

Obwohl beide Regionen in der Wichtigkeit einer Verbesserung der bilateralen Beziehung übereinstimmen und auf mehrere gemeinsame globale Probleme wie die Erderwärmung oder die Pandemien hinweisen, bezieht sich ihr jeweiliger Fokus auf unterschiedliche geopolitische Perspektiven.

Die Celac, als Stimme Lateinamerikas und der Karibik in der Welt, zieht vielfältige internationale Beziehungen mit den verschiedenen Regionen in Betracht, die Vereinbarungen mit den Achsen der Multipolarität umfassen, wie im Falle Chinas, mit dem sie einen gemeinsamen Aktionsplan hat.

In ihrem Plan zur Reaktivierung und Stärkung7 nennt die Celac als ihre Prioritäten die Konsolidierung ihrer eigenen Kapazitäten und ihrer Souveränität sowie die sofortige Einführung von Umverteilungsmechanismen, unter anderem durch Maßnahmen, die die internationalen Finanzinstitutionen einbeziehen. Hierzu zählen etwa der zeitnahe Zugang zu Sonderziehungsrechten oder die Behandlung der Auslandsschulden, die mehr als 70 Prozent des regionalen BIP ausmachen und die gerade jetzt aufgrund der Zinsen, Gebühren und Zuschläge auf Darlehen einen Kanal für Ressourcenabzug darstellen. Auch die Schaffung einer eigenen Währung zur Erleichterung der Diversifizierung des Handelsaustausches steht auf der Tagesordnung.

Gleichzeitig plant die Celac die Stärkung der Souveränität in Bezug auf Nahrungsmittel, Technologie und Energie ‒ Bereiche, die, wie wir weiter unten sehen werden, im Mittelpunkt des erneuerten Plans der EU für die Region stehen. In ihren Beziehungen zu Europa hat die Celac, abgesehen von dem ausdrücklichen Interesse an geregelten und gleichberechtigten Wirtschaftsbeziehungen, keine spezifischen politischen Pläne und auch keine einseitigen oder einmischenden Maßnahmen. Gleichzeitig beobachtet sie mit Besorgnis unter anderem die Menschenrechtsverletzungen bei den Migrationsprozessen, vor allem im Mittelmeerraum, oder die Unterdrückung der Zivilgesellschaft wegen ihrer Forderungen.

Die EU schlägt ihrerseits eine Partnerschaft auf der Grundlage ihres Global Gateway-Projekts8 vor, einer internationalen Governance-Agenda, die darauf abzielt, Europa in der Welt neu zu positionieren. Ziel ist es, Investitionen der EU, ihrer Mitgliedstaaten und ihrer Finanzinstitute zu aktivieren, vor allem in den Bereichen grüne und saubere Energie und digitale Technologien sowie in den Bereichen Infrastruktur, Gesundheit, Bildung und Forschung. Es handelt sich um eine Mobilisierung öffentlicher Mittel zur weiteren Stärkung des Investitions- und Gewinnpotenzials des Privatkapitals. Der Präsident des Rates der Europäischen Union, Pedro Sánchez, hat argumentiert, dass öffentliche Investitionen private Investitionen ankurbeln und so gerechtere Gesellschaften schaffen werden.

Gleichzeitig tritt die EU mit diesem internationalen Neustart in Konkurrenz unter anderem mit Chinas Vorschlag der Seidenstraße, der auf dem Win-Win-Prinzip beruht. Im Jahr 2022 erreichte der Handel zwischen China und Lateinamerika ein Volumen von 485,7 Milliarden Dollar, ein weiterer Anstieg wird erwartet.

Im Rahmen des Dritten Celac-EU-Gipfels kündigte die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, Investitionen in Höhe von 45 Milliarden Euro in der Region Lateinamerika und Karibik an, die sie als natürlichen Verbündeten und langjährigen Freund bezeichnete. Die EU, die mit 26 der 33 Länder der Region Handelspartnerschaften unterhält, hat vor kurzem neue Abkommen über sauberen Wasserstoff mit Argentinien, Chile und Uruguay geschlossen. Sie hofft weiterhin auf den Abschluss eines Freihandelsabkommens mit Mexiko und vor allem darauf, den Abschluss des seit 2019 geplanten Freihandelsabkommens mit dem Mercosur zu erreichen.

Von der Leyen unterstrich das Bestreben, dass sich die Geschäftsbeziehungen zwischen den beiden Regionen intensivieren, zur Stärkung der Schaffung von Möglichkeiten für jeden "an seinem rechtmäßigen Platz" in den Liefer- und Wertschöpfungsketten. In Lateinamerika und der Karibik entstehen viele der Konflikte jedoch durch Rechtsverletzungen des Privatsektors, vor allem der Unternehmen und transnationalen Konzerne, die von allen möglichen Anreizen ohne Regulierungen profitieren. Unter diesen Bedingungen könnten öffentliche Anreize für das Vordringen des europäischen Privatsektors in strategische Bereiche Lateinamerikas und der Karibik zur Privatisierung von Natur- und Energieressourcen durch Dritte führen.

Andererseits ist im Zusammenhang mit Global Gateway die sogenannte "internationale regelbasierte Ordnung" in Stellung gebracht worden, die, wie der kubanische Präsident Miguel Diaz Canel betont, nicht von den Staaten vereinbart wurde, die internationale Gesetzgebung verdrängt und ‒ zum Vorteil des privaten und unternehmerischen Sektors ‒ sogar an die Stelle der multilateralen Gremien tritt.

Dies erklärt den Appell an Gleichheit und Transparenz, den die Präsidenten der Celac im Rahmen des Dritten Gipfeltreffens formulierten. Mit den Worten des Präsidenten des Plurinationalen Staates Bolivien, Luis Arce: "Alle Staaten haben das Recht auf ihre Souveränität und mit diesem Respekt sollten auch die natürlichen Ressourcen der Länder behandelt werden".

Einige Dynamiken der Energiewende

Lateinamerika und die Karibik zeichnen sich durch den Reichtum ihrer Natur- und Energieressourcen aus, mit beträchtlichen Reserven an erneuerbaren und sauberen Energien: Sonne, Wind, Wasser, Wasserstoff und andere, aber auch an fossilen Energien. Letztere stoßen nach wie vor auf großes Interesse, da ein großer Teil der Industrie, der Transport und anderer Bereiche von ihnen abhängt. Venezuela verfügt über die größten Erdölreserven der Welt, während Bolivien, Argentinien und Chile mit 85 Prozent des wertvollen Minerals Lithiums das sogenannte Lithium-Dreieck bilden.

Die internationale Nachfrage nach diesen Ressourcen, insbesondere nach sauberer Energie, hat sich mit dem Aufkommen der Pläne zur Energiewende vervielfacht, die durch den drohenden Klimawandel und die damit verbundenen internationalen Verpflichtungen ausgelöst wurden. "Im Jahr 2022 flossen 224,579 Milliarden Dollar nach Lateinamerika und in die Karibik, die höchsten Beträge seit Beginn der Aufzeichnungen"9. Zu diesen Investitionen gehören auch die von Investmentfonds des Finanzkapitals und anderen Akteuren, die nicht direkt mit kollektiven Lösungen, sondern mit privater Akkumulation zu tun haben. Dadurch hat die Energiewende Konturen vor allem in Bezug auf die Energieversorgungssicherheit angenommen, nicht zuletzt, weil die Länder des Nordens ihre Politik mit der Entwicklung der Märkte verbinden.

In diesem Zusammenhang ist es für die Region von wesentlicher Bedeutung, die Achse der Souveränität bei ihrem Energieangebot zu bekräftigen. Auf dem Gipfeltreffen mit der EU hat die Celac das Thema Extraktivismus auf den Tisch gebracht, auch in Verbindung mit Praktiken, die aus dem kolonialen Erbe resultieren, die immer noch fortbestehen und Gegenstand von Reparationsforderungen sind. Dies gilt insbesondere für die Karibik, wo Situationen des direkten Kolonialismus fortbestehen, sowie für Afro-Nachkommen und indigene Völker. Laut dem argentinischen Präsidenten Alberto Fernandez hat dieser Gipfel ermöglicht, das Problem des Extraktivismus zum ersten Mal direkt anzusprechen und einen Mechanismus zu seiner Beendigung vorzuschlagen.

Die EU bringt vor, dass es nicht nur um die Ressourcengewinnung geht, sondern auch um die Dynamisierung von Wertschöpfungsketten und das Vorhandensein tragfähiger Zulieferer, wovon auch die lokalen Gemeinschaften profitieren würden. Sie behauptet, dass die Investitionsagenda Global Gateway EU-Lateinamerika/Karibik als politische Verpflichtung für die Zusammenarbeit und die Ermittlung fairer grüner und digitaler Investitionsmöglichkeiten in Lateinamerika und der Karibik definiert sei. Diese würde von dem durch Handels- und Investitionsabkommen geschaffenen offenen Umfeld profitieren und so zur Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung beitragen.

Pragmatisch erinnert der Präsident der Celac, Ralph Gonsalves, daran, dass "2009 bereits von einem Milliardenfonds zur Eindämmung des Klimawandels die Rede war und bis heute nichts geschehen ist". Aber über die Fonds hinaus weisen Gonsalves selbst und mehrere Celac-Präsidenten darauf hin, dass "das zugrundeliegende Problem die Dynamik des kapitalistischen Systems selbst ist, das der Reproduktion des Kapitals Vorrang vor dem menschlichen und planetarischen Leben einräumt", wie der bolivianische Präsident Luis Arce betonte. Gleichzeit rief er dazu auf, "als internationale Gemeinschaft zu denken, die wir sind, und gemeinsam die Ursachen und Lösungen für alle Aspekte der vielfachen Krisen des Kapitalismus zu ermitteln".

Dies zeigt, dass die Celac neben ihrer Suche nach sozioökonomischen Lösungen dringend ihren Vorschlag für die regionale Selbstversorgung und ihren eigenen Plan für die Energiewende ausarbeiten muss. Darüber hinaus muss sie die Planungen für die technologische Entwicklung, die digitale Souveränität und das Wissen, die in ihrem Reaktivierungs- und Verstärkungsplan enthalten sind, voranbringen. Auf dieser Grundlage werden sich respektvolle überregionale Beziehungen entwickeln, die, wie der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva betonte, die Möglichkeit einschließen, Partner unter Gleichen mit Europa zu sein.

Fußnoten:
1. Celac (2014) Proklamation von Lateinamerika und der Karibik als Zone des Friedens.
https://portales.sre.gob.mx/ppt-celac/es/que-es-la-celac/cumbres-celac
2. Irene León (2022), Die Integration mit souveräner Perspektive, in Humanidad en REDH Jahr 2023 Nr. 1.
https://culturavenezuela.com/wp-content/uploads/2023/01/Revista_REDH2022_JR3.pdf
3. Gipfeltreffen Celac-Europäische Union, Brüssel, 17.-18. Juli 2023.
https://www.consilium.europa.eu/es/meetings/international-summit/2023/07/17-18/
4. Internationales Stockholmer Friedensinstitut, SIPRI (2022). Datenbank der Militärausgaben.
5. Europarat (2023) Erklärung des Celac-EU-Gipfels 2023/12000-23.
https://www.consilium.europa.eu/media/65925/st12000-es23.pdf
6. Vertrag über das Verbot von Kernwaffen in Lateinamerika und der Karibik (1967).
https://www.oas.org/xxxivga/spanish/reference_docs/Tratado_Tlatelolco.pdf
7. Celac (2021) Erklärung von Mexiko-Stadt. VI. Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Celac. Mexiko.
http://www.sela.org/media/3223268/declaracion-pol%C3%ADtica-de-ciudad-de-mexico-vi-cumbre-Celac.pdf
8. Europäische Kommission. Global Gateway.
https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/priorities-2019-2024/stronger-europe-world/global-gateway_es
9. Cepal(2023) Ausländische Direktinvestitionen in Lateinamerika und der Karibik 2023.
https://www.cepal.org/es/publicaciones/48978-la-inversion-extranjera-directa-america-latina-caribe-2023

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#politik #wirtschaft #krieg #lateinamerika #usa #ukraine #russland #nato #eu #hegemonie #imperialismus #nein

"Denn diese großartige Menschheit hat gesagt: 'Genug!' und hat sich auf den Weg gemacht. Und ihr Marsch der Giganten wird nicht aufhören, bis die wahre Unabhängigkeit errungen ist, für die sie schon mehr als einmal vergeblich gestorben sind"
- Fidel Castro, Zitat aus der Zweiten Erklärung von Havanna, 4. Februar 1962

Washingtons Politik gegen Russland trifft auch Lateinamerika

Der Anstieg der Kraftstoff- und Lebensmittelpreise hat negative Folgen für die Volkswirtschaften Lateinamerikas. Aber die Region ist schon lange nicht mehr der Hinterhof der USA

Die Weltwirtschaftskrise, der Anstieg der Kraftstoff- und Lebensmittelpreise zusammen mit der besorgniserregenden Verlangsamung der Exporte, beeinträchtigen "die Wirtschaft der Region und der Welt durch einen Rückgang der Aktivität infolge der restriktiven Geldpolitik". Hierfür tragen die USA die Verantwortung.

Unbestreitbar ist auch, dass die Unsicherheit angesichts des Konflikts in der Ukraine eine Rolle spielt, wo die USA und ihre Wiederkäuer in der Europäischen Union, die zum Hinterhof der USA des 21. Jahrhunderts geworden ist, keine friedliche Lösung des Konflikts anstreben, sondern Russland schwächen und gleichzeitig als paralleles Ziel die expansive Wirtschaftspolitik der Volksrepublik China behindern, bremsen und sogar angreifen wollen[...]

In diesem Szenario, in dem die USA versuchen, ihre Hegemonie auf Kosten des Wohlergehens eines großen Teils des grauen Planeten aufrechtzuerhalten, hebt sich die unabhängige Position, die eine große Anzahl lateinamerikanischer Länder gegenüber Washington eingenommen hat, als erhellendes und positives Element ab.

Dieses Verhalten irritiert die US-Regierung, die ihre Hegemonie von Tag zu Tag schwinden sieht. Das Weiße Haus versucht ständig, die Regierungen südlich des Rio Grande einzuschüchtern, weil diese es ablehnen, sich dem medialen, politischen und unaufrichtigen Chor ihres "antirussischen Kreuzzuges" anzuschließen, um das eurasische Land in allen Bereichen zu sanktionieren.

Beispielsweise hat sich kein lateinamerikanisches Land der Forderung Washingtons angeschlossen – und dazu wurde sogar Kanzler Olaf Scholz nach Chile, Argentinien und Brasilien geschickt – die russischen Waffen, die sie in ihren Lagern hatten, als " Unterstützungsbeitrag " an die ukrainische Regierung zu übergeben.

Nach dem Besuch des deutschen Bundeskanzlers erklärte der argentinische Präsident Alberto Fernández, dass "Argentinien nicht daran denkt, Waffen an die Ukraine zu liefern". Worte, die sich mit denen von Mexikos Präsident Andrés Manuel López Obrador, Kolumbiens Gustavo Petro und Brasiliens Luiz Inácio Lula de Silva decken.

Ein gutes Beispiel dafür, dass dieses Lateinamerika schon lange nicht mehr der Hinterhof der USA ist, auch wenn einige Regierungen weiterhin im Garten des Weißen Hauses grasen wollen. Als Lateinamerikaner müssen wir unseren Handel diversifizieren, umfassende Beziehungen aufbauen und uns von dieser unzuträglichen Dominanz befreien, die uns so viel Schaden zugefügt hat.

Wenn wir alle Soldaten aus den Militärbasen auf dem ganzen Kontinent vertreiben, können wir denken, dass es kein Traum mehr ist – und damit halte ich es: "Denn diese großartige Menschheit hat gesagt: 'Genug!' und hat sich auf den Weg gemacht. Und ihr Marsch der Giganten wird nicht aufhören, bis die wahre Unabhängigkeit errungen ist, für die sie schon mehr als einmal vergeblich gestorben sind"
- Pablo Jofré Leal aus Chile ist freier Journalist und Buchautor
(vollständiger Artikel: https://amerika21.de/analyse/264967/us-politik-gegen-russland-lateinamerika)

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#politik #geheimdienste #usa #rechte #lateinamerika #mexiko

USAID mischt mit

Mexikos Präsident prangert US-Finanzierung subversiver Organisationen vor Wahlen an. Die meisten stehen rechter Opposition nahe (Von Volker Hermsdorf)

Vor den Wahlen in Mexiko im kommenden Jahr verstärkt Washington die subversive Wühlarbeit im Nachbarland. Präsident Andrés Manuel López Obrador hat deshalb seinen Kollegen Joseph Biden aufgefordert, dafür zu sorgen, dass US-Dienste nicht weiterhin Organisationen finanzieren, »die sich offen gegen die legale und legitime Regierung stellen, die ich vertrete«. Der Unterstützung derartiger angeblicher Nichtregierungsorganisationen durch die US-Agentur für internationale Entwicklung (USAID) sei »ein interventionistischer Akt, der dem internationalen Recht und dem Respekt widerspricht, der zwischen freien und souveränen Staaten herrschen sollte«, schrieb López Obrador an Biden.

Wie die mexikanische Tageszeitung La Jornada berichtete, hatte der Staatschef am Mittwoch (Ortszeit) erklärt, er habe sich in dem Brief auch darüber beschwert, dass die dem US-Außenministerium unterstehende Agentur die dafür bereitgestellten Mittel sogar noch erhöhen will. Ursprünglich habe er nicht beabsichtigt, den US-Präsidenten zu adressieren, erklärte López-Obrador. Er habe seine Verärgerung über die USAID-Aktivitäten zunächst der Nationalen Sicherheitsberaterin des Weißen Hauses, Elizabeth Sherwood-Randall, vorgetragen. Angesichts des Ausmaßes und der Zunahme subversiver Einmischungsversuche änderte López-Obrador jedoch seine Meinung. »Ich bin mir sicher, dass Ihnen diese Angelegenheit nicht bekannt ist, und bitte Sie daher um Ihr Eingreifen«, schrieb er an Biden.

Demnach soll es bereits jetzt mehr als ein Dutzend NGOs und Einrichtungen geben, die Gelder von USAID erhalten. Als Beispiele nannte López-Obrador die Finanzierung von größtenteils der rechten Opposition nahestehenden Organisationen wie »México Evalúa«, »Artículo 19«, »Impunity«, »Mexico United Against Crime« und »Mexicans Against Corruption« durch den US-Dienst, der auch als CIA-Vorfeldorganisation gilt. Mexiko besteht jetzt darauf, dass die USA die Förderung derartiger NGOs einstellt. López Obrador habe darauf hingewiesen, dass Biden seiner Regierung stets Respekt entgegengebracht habe, er betonte jedoch: »Es stellt sich heraus, dass wir gerade jetzt die stärkste Einmischung spüren.« Sie komme aber nicht vom Präsidenten. »Man muss wissen, dass die US-Regierung in jüngster Zeit in ihren Institutionen sehr horizontal und relativ selbstständig agiert hat. Sie verfügt über viele Behörden mit großer Machtfülle, und einige dieser Institutionen handeln nicht mit Anstand und Respekt, sondern mit Arroganz«, zitierte die russische Agentur Sputnik den mexikanischen Präsidenten.

Der Professor für Internationale Beziehungen Rubén Ramos vermutete gegenüber Sputnik, dass die Einmischung der USA darauf abzielt, die sozialdemokratische Regierungspartei MORENA vor den nächsten Wahlen zu schwächen. Umfragen zufolge liegt die von López Obrador geführte Partei zur Zeit vor anderen politischen Kräften, und alles deute darauf hin, dass ein Politiker dieser Gruppierung die Präsidentschaftswahlen 2024 gewinnen wird. Daher könnte die von López Obrador angeprangerte Finanzierung rechter Kräfte durch die USAID »der Versuch sein, sich einzumischen und sicherzustellen, dass die Opposition bei den nächsten Wahlen ein besseres Ergebnis erzielt«.
- https://www.jungewelt.de/artikel/450225.cia-vorfeldorganisation-usaid-mischt-mit.html

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#politik #wirtschaft #arbeitsmarkt #fachkräfte #import #lateinamerika #argentinien #raubbau #intelligenz #ausbeutung

Raub der grauen Zellen - Fachkräfte aus dem globalen Süden

  • von Gaby Weber

Die Ampelkoalition schlägt Alarm. Millionen Fachkräfte fehlen. Vor allem in der Pflege. Jetzt hat sie eine große Kampagne gestartet. Kommt zu uns, ruft der grüne Wirtschaftsminister. Eilig werden Gesetze aus dem Hut gezaubert: Schluss mit Rassismus und unfreundlichen Ausländergesetzen, Einbürgerung soll einfacher werden.

Wo sollen diese begehrten Fachkräfte herkommen? Die USA, Kanada und Australien suchen schon länger nach „klugen Köpfen“. Was fällt den Deutschen ein? Auf der südlichen Halbkugel nach Ärzten und Krankenschwestern Ausschau zu halten. Zum Beispiel am Rio de la Plata, wo der Bundeskanzler gerade war. Die meisten Argentinier haben europäische Vorfahren, eine helle Hautfarbe, sind Katholiken und, welch Glück! – einige gendern sogar!

Aber was hält der Globale Süden von den Plänen von Habeck und Co? Ich habe mich an den Universitäten, in den Krankenhäusern, bei den Gewerkschaften und der Regierung umgehört, in der Hauptstadt sowie in den ärmeren Vorstädten. Und alle sind entsetzt, sprechen von Ausbeutung und dem Abfluss der Gehirne, brain drain in der Fachsprache.

Die öffentlichen Universitäten kennen keine Studiengebühren, auch nicht für Ausländer. Sie werden aus Steuermitteln finanziert. Und wenn diese nach ihrem Abschluss in den Norden emigrieren, droht dem Land eine ernste Krise. Schon heute fehlen in argentinischen Krankenhäusern Ärzte und Pfleger. Monatelang müssen Patienten auf einen Termin warten. Auf 100.000 Einwohner kommen in Argentinien 5 Krankenschwestern. In Deutschland sind es 80! Und da sollen noch welche abgeworben werden? Imperialismus wie zu kolonialen Zeiten, heißt es in Buenos Aires über die Pläne der Ampelkoalition. Eine Reportage aus der Sicht des Globalen Südens.

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#politik #soziale-bewegungen #patriarchat #kapitalismus #feminismus #internationalismus #lateinamerika

Apropos "Feministische Außenpolitik":

"...der Kampf zur Überwindung der kapitalistischen und patriarchalen Gesellschaften, die Formen von Herrschaft und Gewalt gegen Frauen in allen Teilen der Welt aufrechterhalten"

In Lateinamerika entsteht die "Feministische Internationale"

Mexiko-Stadt. Am 8. März haben 58 Frauen aus rund 30 Ländern den Aufruf für eine "Feministische Internationale" (Internacional Feminista) lanciert. Mit der Organisation wollen die Teilnehmenden feministische Anliegen international verknüpfen.

Das Gründungstreffen wird vom 30. März bis zum 1. April in Mexiko-Stadt stattfinden. Dort werde "ein Fahrplan erstellt, der es ermöglicht, die Debatte über die Vorschläge zu organisieren, die Frauengruppen in jedem einzelnen Land und auch auf globaler Ebene entwickeln", erklärte die ecuadorianische Abgeordnete und Mitunterzeichnerin Gisela Garzón.

Als eine ihrer Aufgaben sehen die Initiatorinnen, "kritische und mehrsprachige Dialoge zwischen Feminismus, Außenpolitik, internationaler Sicherheit und Diplomatie aus Mexiko und dem übrigen Lateinamerika im Allgemeinen zu befördern". Entsprechend feministischer Grundsätze wollten sie Pluralität, kollektives Handeln, Rechenschaftspflicht und Transparenz in Bezug auf öffentliche Maßnahmen vorantreiben, die eine Geschlechterperspektive beinhalten. Ihre Rolle in der weltweiten feministischen Bewegung sehen die Initiatorinnen darin, "öffentliche Maßnahmen zu entwickeln, umzusetzen, zu begleiten und zu evaluieren, die einen integrativen und radikal transformativen feministischen Ansatz gewährleisten".

Das Gründungstreffen finde in einer entscheidenden Zeit statt, in der die Welt "schwere wirtschaftliche, politische, soziale, gesundheitliche und ökologische Krisen durchlebt, wobei die am stärksten Betroffenen und Verarmten die Frauen sind", heißt es in dem Aufruf weiter. Und: "Wir glauben an den Feminismus als grenzüberschreitendes politisches Projekt, das sich für gleiche Rechte und Chancen für alle Menschen einsetzt".

Die "Feministische Internationale" rufe dazu auf, sich zusammenschließen, um Alternativen für Entwicklung und Demokratisierung zu schaffen, die auf dem Aktivismus "eines popularen, intersektionalen, klassenbezogenen, antikapitalistischen, dissidenten, dekolonialen, antirassistischen, ökologischen Feminismus basieren, mit einem tiefgehenden Sinn für Demokratisierung und für die Schaffung von Frieden", so das Dokument.

Die Unterzeichnerinnen kommen aus unterschiedlichen Berufen und Bereichen, vor allem aus der Politik. Auf der Liste firmieren unter anderem die chilenische Ministerin für Frauen und Gleichstellung der Geschlechter, Antonia Orellana, die honduranische Präsidentin Xiomara Castro, die Regierungschefin von Mexiko-Stadt, Claudia Sheinbaum, Venezuelas Frauenministerin Diva Guzmán sowie Mariela Castro aus Kuba, Direktorin des Centro Nacional de Educación Sexual und Parlamentsabgeordnete. Aus Deutschland beteiligen sich die Mitglieder der Partei Die Linke, Alex Wischnewsky, Daphne Weber und Bettina Gutperl.

Neben den Unterstützerinnen aus Süd- und Zentralamerika und einigen aus Europa, finden sich außerdem Frauen aus asiatischen Ländern: Varsha Gandikola-Nelluta aus Indien, Vorstandsmitglied der Organisation Progressive International, die palästinensische Aktivistin und politische Analytikerin Yara Hawari, sowie aus Bangladesch Nazma Akter, Vorsitzende der Gewerkschaft Sommilito Garments Sramik.

Was sie trotz aller Unterschiede zusammenbringe, sei "der Kampf zur Überwindung der kapitalistischen und patriarchalen Gesellschaften, die Formen von Herrschaft und Gewalt gegen Frauen in allen Teilen der Welt aufrechterhalten", so der Aufruf.
- https://amerika21.de/2023/03/263160/gruendung-feministische-internationale

https://www.internacionalfeminista.com/

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#politik #wirtschaft #energie #blutkohle #mercosur #lateinamerika #deutschland #kolonialismus #imperiale-lebensweise

»Ich bin (der) Robert, das ist Cem, und wir sind Minister in der deutschen Regierung – das ist so etwas wie euer Häuptling, aber in einem anderen Land.«

  • Robert Habeck (erster Anwärter auf den Heinrich Lübke "Meine Damen und Herren, liebe N***" - Gedächnispreis)

»Grüner« Kolonialstil

Minister Habeck und Özdemir werben in Südamerika für »Freihandel« beziehungsweise »Giftvertrag« (Von Volker Hermsdorf)

Auf ihrer Südamerikareise wollen die grünen Bundesminister Robert Habeck (Wirtschaft) und Cem Özdemir (Landwirtschaft) nach eigenen Angaben für faire Wirtschaftsbeziehungen, den Schutz des Regenwaldes, Klimakooperationen und den Kohleausstieg werben. Mit populistischen Auftritten verschleiern sie, dass ihre wahre Mission eher darin bestehen dürfte, die Akzeptanz für umstrittene Projekte wie das EU-Mercosur-»Freihandelsabkommen« oder den Import kolumbianischer Steinkohle zu erhöhen. »Ein bisschen Show muss sein«, überschrieb der deutsche Nachrichtensender NTV am Mittwoch seinen Bericht über die »grüne« PR-Tour, die von lateinamerikanischen Medien kaum beachtet wird.

Als Habeck und Özdemir zum Abschluss ihrer Reise in Kolumbien eintrafen, beherrschten nicht deren Besuch, sondern ein Grubenunglück die Schlagzeilen der örtlichen Presse. In der Nacht zum Dienstag (Ortszeit) waren bei einer Gasexplosion in einem rund 75 Kilometer nördlich von Bogotá gelegenen Kohlebergwerk mindestens elf Arbeiter ums Leben gekommen und zehn unter Tage eingeschlossen worden. Die Tageszeitung El Espectador berichtete am Donnerstag, dass es allein im vergangenen Jahr 21.935 Unfälle und 114 Todesfälle im Bergbau gab. Die meist indigenen Anwohner in der Nachbarschaft der Kohleminen beklagen seit Jahren die Verschmutzung von Luft, Böden und Gewässern. Habeck habe in Bogotá eingeräumt, dass der Kohleabbau in Kolumbien auch »eine ökologische und soziale Problematik« habe und betont, dass beide Länder »innerhalb der nächsten zehn Jahre den Ausstieg« anstrebten, meldete der Auslandssender Deutsche Welle am Mittwoch. Das sei »eine große Aufgabe«, so Habeck weiter. Die Aufgabe bestehe nun darin, eine Alternative aufzubauen, zum Beispiel durch die Produktion von grünem Wasserstoff, der auf Basis »erneuerbarer Energien« aus Wind und Sonne hergestellt wird.

Ein bisschen Show für die heimische grüne Klientel muss eben sein. Denn tatsächlich ging es dem Wirtschaftsminister darum, die Folgen der durch die Russland-Sanktionen verursachten Energiekrise abzumildern. Als Alternative zur russischen Kohle erhöhte die BRD die Importe aus Kolumbien von sechs Prozent im Jahr 2021 auf 16,3 Prozent im Jahr 2022. Da Deutschland auch Kohle aus den Niederlanden bezieht, die wiederum zweitgrößter Kunde ­Kolumbiens sind, dürfte der tatsächliche Anteil deutlich höher liegen. Nur, noch im Mai 2022 hatte die »grüne« Bundestagsabgeordnete Kathrin Henneberger gegenüber dem ARD-Magazin »Kontraste« Steinkohleimporte aus Kolumbien als »koloniale Ausbeutung« bezeichnet – und erklärt, es sei falsch, aus dieser Region »Blutkohle« zu importieren. Parteikollege Habeck rechtfertigt dies die Folgen seiner Sanktionspolitik nun mit dem Hinweis, er wolle in Kolumbien ja auch »über neue Energiepartnerschaften« reden.

In Brasilien hatten Habeck und Özdemir zuvor demonstriert, dass peinliche öffentliche Auftritte nicht nur das Markenzeichen von Annalena Baerbock sind. Beim Besuch eines Dorfes in der Nähe von Manaus habe er die Einwohner begrüßt, »als hätten die noch nie einen Mann aus Europa gesehen«, beschrieb die Tageszeitung Welt eine Szene, die an Filme über die Kolonialzeit erinnert. »Ihr fragt euch vielleicht, wer wir sind«, sagte Habeck. »Ich bin (der) Robert, das ist Cem, und wir sind Minister in der deutschen Regierung – das ist so etwas wie euer Häuptling, aber in einem anderen Land.« Laut der Welt wies der Minister auf Gemeinsamkeiten zwischen Deutschland und den indigenen Völkern im Regenwald mit der Bemerkung hin: »Wir haben auch Farbe im Gesicht, aber die ist blau und nicht rot.« Auch Özdemir habe ein paar »freundliche Worte« an die Gastgeber gerichtet und den jungen Indigenen zugesichert: »Wir werden alles tun, damit ihr auch in Zukunft an diesem wunderschönen Ort in Sicherheit leben könnt«, berichtete NTV über den Auftritt in Kolonialherrenart. Zum Abschluss des kurzen Dorfbesuches am Río Negro sagte Habeck, er habe bei seinen Gesprächen in Brasilien eine andere Perspektive wahrgenommen. Nämlich, dass das EU-Mercosur-Abkommen und mehr Handel gut seien, um den Regenwald besser zu schützen. Ob das zu Hause reicht, um die Akzeptanz für das von Greenpeace als klimaschädlicher »Giftvertrag« bezeichnete Freihandelsabkommen zu erhöhen, darf bezweifelt werden.
- https://www.jungewelt.de/artikel/446998.wirtschaftsbeziehungen-gr%C3%BCner-kolonialstil.html

Mehr: https://www.greenpeace.de/biodiversitaet/waelder/waelder-erde/eu-mercosur-abkommen

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#politik #wertewesten #lateinamerika #afrika #globaler-süden #multipolarität

Das Ende des postkolonialen Imperiums scheint eingeläutet

Munich Security Report: Der Globale Süden beginnt, sich westlicher Kontrolle zu entziehen

Die Organisatoren der Münchner Sicherheitskonferenz plädieren für eine stärkere Berücksichtigung der Interessen des Globalen Südens (Von German Foreign Policy)

Wie es im Munich Security Report heißt, der am 13. Februar veröffentlicht wurde, müsse man sich endlich der Tatsache stellen, dass immer noch kein einziges Land Afrikas und Lateinamerikas – sowie kaum ein Land Asiens – die westliche Sanktionspolitik gegen Russland unterstütze. Wolle man ernste Rückschläge im globalen Machtkampf gegen Russland und China langfristig vermeiden, müsse man wenigstens einige der Länder im Globalen Süden zurückgewinnen....

"Postkoloniale Dominanz"

Besonderes Gewicht messen die Autoren des Munich Security Report dem Globalen Süden bei. Die Motive dafür sind nicht etwa Armut sowie schwierige Lebensverhältnisse in vielen Ländern Asiens, Afrikas und Lateinamerikas, sondern die Tatsache, dass die Staaten des Globalen Südens zwar mehrheitlich den russischen Überfall auf die Ukraine als einen Bruch des internationalen Rechts kritisieren, sich aber nicht am Wirtschaftskrieg des Westens gegen Russland oder gar an der Hochrüstung der Ukraine beteiligen.

Hieß es bisher in öffentlichen Stellungnahmen aus Politik und Denkfabriken wie auch im medialen Echo stets nebulös, eine höchst diffuse "internationale Gemeinschaft" bestrafe Moskau für den Krieg mit Sanktionen, so stellt der Munich Security Report erstmals in dieser Offenheit fest: "Kein einziger Staat Afrikas oder Lateinamerikas ist Teil der lockeren Koalition, die Sanktionen gegen Russland verhängt hat."2 Auch in Asien beteiligen sich nur drei Staaten3 plus die chinesische Insel Taiwan an der Sanktionspolitik – und damit am Bestreben, die alte, vom Westen dominierte Weltordnung zu stabilisieren.

Der Munich Security Report räumt ein, die "vom Westen geführte Ordnung" sei für viele Staaten im Süden durch "postkoloniale Dominanz, doppelte Standards und Vernachlässigung der Anliegen von Entwicklungsländern" charakterisiert. "In weiten Teilen der Welt" gebe es daher Sympathien für eine multipolare, "nachwestliche" Weltordnung....

...Konkret und eher hilflos plädiert der Munich Security Report für eine wirkungsvolle Entwicklungshilfe und dafür, dass "Europa und die USA ihre Versprechen erfüllen, globale öffentliche Güter bereitzustellen". Zugleich müssten sie vom "Geber-Empfänger-Verhältnis" loskommen sowie "Kooperation auf Augenhöhe" ermöglichen. Allerdings gehört etwa Letzteres seit Jahren zu den offiziell stets stolz vorgetragenen Zielen der deutschen Außenpolitik, ohne dass es jemals praktisch realisiert worden wäre.5 Dass die ehemaligen Kolonien den Aufstieg auf gleiche Augenhöhe mit den Ex-Kolonialmächten schaffen, lag in der Tat noch nie im Interesse westlicher Politik.

Der Süden opponiert

Während es im Munich Security Report heißt, man müsse den Globalen Süden einbinden, beginnen dortige Schwellenländer nicht nur passiv – durch die Verweigerung von Russland-Sanktionen –, sondern auch aktiv gegen die transatlantische Politik im Ukraine-Krieg zu opponieren. So hat Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva anlässlich seines Besuchs in Washington am 10. Februar bekräftigt, er arbeite weiterhin daran, gemeinsam mit anderen Staaten jenseits des alten Westens eine Verhandlungslösung im Ukraine-Krieg zu erreichen.6 Als Kooperationspartner komme dabei China in Frage. Lula hat angekündigt, in wenigen Wochen nach Beijing zu reisen und mit seinem dortigen Amtskollegen Xi Jinping Gespräche zu führen.

Chinas Regierung sei "eine der wenigen auf der internationalen Bühne, die Moskau nicht ignorieren kann", räumte gestern Wolfgang Ischinger, ehemaliger Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, ein: "Allein oder mit anderen wäre China vielleicht imstande, einen Friedensvorschlag zu machen."7 Ischinger wies allerdings zugleich darauf hin, das werde "in den USA vermutlich nicht größte Freude auslösen". In der Tat wäre ein von China mit erzielter Verhandlungserfolg bloß ein weiterer Beleg für den historischen Abstieg des Westens, den dieser verhindern will – mit allen Mitteln.
- vollständiger Artikel: https://amerika21.de/analyse/262782/der-zusammenbruch-der-alten-ordnung

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

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»Wir putschen, gegen wen wir wollen. Finde dich damit ab.« - Elon Musk gelöschte Twitter-Antwort und die Praktiken des "Wertewestens" für ihr Geschäftsmodell den Globalen Süden auf das Dasein als preiswerte Rohstofflieferanten zu degradieren.

Kampf um Rohstoffe: Das weiße Gold

Kampf um Verteilung der Profite durch Lithiumausbeutung in Lateinamerika (Von Thorben Austen)

Lithium ist aus der Industrie und dem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken. Kein Smartphone oder Computer funktioniert ohne Lithiumbatterien, der durch die »Energiewende« gestiegene Bedarf an Elektrofahrzeugen steigert die Bedeutung noch weiter. In den vergangenen zwei Jahren ist der Preis um bis zu 490 Prozent gestiegen. Mindestens 60 Prozent der bekannten weltweiten Vorkommen, etwa 50 Millionen Tonnen, liegen im »Lithiumdreieck« Bolivien, Chile und Argentinien.

Das kanadische Unternehmen Plateau Energy, Tochterunternehmen des kanadischen Bergbauunternehmens Macusani Yellowcake, entdeckte auch im Südwesten Perus Vorkommen. Die Gegend ist eine der Hochburgen des gestürzten linken Präsidenten Pedro Castillo und ein Zentrum der aktuellen Proteste.

In den bisherigen Hauptförderländern Chile, Argentinien und Bolivien existieren unterschiedliche Vorstellungen über die Formen der Ausbeutung. Während in Chile und Argentinien Privatunternehmen das Lithium fördern und als Rohstoff zur Weiterverarbeitung exportieren, schwebt Bolivien ein eigener Entwicklungsweg mit höherer Kontrolle und Industrialisierung im Lande vor. Der Plan geht auf den linken Präsidenten Evo Morales zurück, der Bolivien von 2005 bis zum Putsch 2019 regierte. In dem Land liegen mit rund 21 Millionen Tonnen die größten weltweit bekannten Vorkommen.

Bei dem aktuellen linken Staatspräsidenten Luis Arce, wie Morales Mitglied der sozialistischen Partei Movimiento al Socialismo (Bewegung zum Sozialismus), scheint die Idee aufzugehen. Am 20. Januar dieses Jahres verkündigte Arce den Abschluss eines Vertrages zwischen dem bolivianischen Staatsunternehmen Yacimientos de Litio Bolivianos (YLB) und dem chinesischen Unternehmen CBC über den Bau zweier Industriekomplexe zur Gewinnung des Leichtmetalls. Bolivien rechne ab 2025 mit Exporteinnahmen von bis zu fünf Milliarden US-Dollar pro Jahr. Den Unterschied zur Lithiumausbeutung in anderen Ländern sieht Arce darin, »dass unser staatliches Unternehmen YLB in der gesamten Produktionskette präsent sein wird, von der Gewinnung über die Industrialisierung bis hin zur Vermarktung der Produkte«. Sowohl Morales als auch Arce hatten immer wieder betont, dass sie eine der Ursachen des Putsches von 2019 in ihrer Haltung zur Lithiumausbeutung sehen.

In Peru hatte Pedro Castillo zunächst zwar gegenüber dem Unternehmen Macusani Yellowcake die Nationalisierung des Lithiums angedeutet. Bei zwei Treffen mit Ulises Solis, Generaldirektor von Macusani, im September 2021 habe Castillo jedoch versprochen, die Lithiumvorkommen »nicht zu verstaatlichen«. Dennoch dürfte Castillo als unsicherer Kandidat gegolten haben, nicht zuletzt weil er seine Wählerbasis und Unterstützung vor allem bei der indigenen und ländlichen Bevölkerung Perus hat. Die steht der Ausbeutung der Bodenschätze häufig ablehnend gegenüber und organisiert in vielen Regionen erbitterten Widerstand.

Die bolivianische Zeitung Los Tiempos wies in einem Artikel von 2021 darauf hin, dass Macusani Yellowcake bisher nur über ein Abbaufeld verfügt, das Tonopah-Lithiumfeld mit etwa 7,13 Millionen Tonnen in Nevada, USA. Es liegt vier Autostunden von einer Akkufabrik der Firma Tesla entfernt. Tesla ist eines der weltweit führenden Unternehmen bei der Produktion von E-Autos und lithiumhaltigen Energiespeichern. Sein Aufsichtsratsvorsitzender und Großaktionär Elon Musk hatte 2020 im Zusammenhang mit dem Lithiumabbau und dem Putsch in Bolivien Schlagzeilen gemacht. Auf Twitter hatte Musk kritisiert, die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie seien nicht im »besten Interesse der Bevölkerung«. Einer seiner Follower schrieb: »Weißt du, was nicht im besten Interesse der Bevölkerung ist? Dass die US-Regierung einen Putsch gegen Evo Morales organisiert, damit du Zugang zum Lithium erhältst.« Musk antworte in einem kurz danach gelöschten Beitrag, der trotzdem um die Welt ging: »Wir putschen, gegen wen wir wollen. Finde dich damit ab.«

Mehr: Putsch in Peru. Die offenen Adern Perus

Großer Reichtum an natürlichen Rohstoffen: Zu den Hintergründen des Sturzes von Präsident Castillo
- https://www.jungewelt.de/artikel/444187.putsch-in-peru-die-offenen-adern-perus.html