#klassenkampf

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#politik #geflüchtete #eu-grenzregime #menschenrechte #klassenkampf

"Es ist jetzt wichtiger denn je, solidarische und breite Bündnisse aufzubauen, damit die Strategien der Herrschenden nicht aufgehen. Diese bestehen darin, Menschen entlang des Aufenthaltsstatus zu hierarchisieren, marginalisierte Gruppen gegeneinander auszuspielen und die arbeitende Bevölkerung so weiter zu spalten. Das Wissen darüber müssen wir zum Ausgangspunkt unserer Gegenwehr machen. Gewinnen können wir nur, wenn wir den Angriffen auf die Rechte von Geflüchteten einen verbindenden Klassenkampf entgegensetzen."

freieradikaleinfrarot@nerdpol.ch
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#politik #geschichte #ermordung #luxemburg #liebknecht #sozialdemokratie #klassenkampf

Der wahre Runge

Wilhelm Pieck und die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht

Die Umstände der Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht müssen nach aktuellen Recherchen neu bewertet werden. Jörn Schütrumpf, Historiker und Experte für Leben und Werk Rosa Luxemburgs, hat bisher unveröffentlichtes Archivmaterial ausgewertet. Dabei erscheint auch die Rolle von Wilhelm Pieck in neuem Licht.

Es geht um die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am 15. Januar 1919 mitten in Berlin. Der Hauptmann und Schreibtischtäter Waldemar Pabst, der den Befehl zur Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gab; der Staatsanwalt Paul Jorns, der 1919 die Morde vertuschte, um die wahren Mörder zu schützen; und der Gerichtspsychiater Leppmann, der den hippokratischen Eid verletzte, um einen Unterfeldwebel als angeblich geistig minderbemittelten Mörder zu diskreditieren, fügten dem Jahrhundert-Mord eine Jahrhundert-Lüge hinzu.

«Ihr Opfer hieß Otto Runge. In einer Mischung aus Verführung und brutalem Zwang wurde er dazu gebracht, sich als Einzeltäter zu bekennen», so die Erkenntnis von Schütrumpf, der bisher nicht berücksichtigte Dokumente aus dem Bundesarchiv ausgewertet hat. Dabei handelt es sich vor allem um Schriftstücke aus dem Nachlass von Willi Schoenbeck (1886–1957) sowie einen Bericht über zwei Besuche eines KPD-Funktionärs bei Otto Runge vom 22. Oktober 1929.

"In Wirklichkeit hatte Runge mit der Ermordung Karl Liebknechts überhaupt nichts zu tun. Auch Rosa Luxemburg hat er – nach der Drohung, selbst an die Wand gestellt zu werden – allenfalls an der Schulter verletzt, aber nicht den Kopf eingeschlagen."

Außerdem müsse die Rolle von Wilhelm Pieck neu bewertet werden. Er war zusammen mit Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht am 15. Januar 1919 verhaftet und ins Hotel Eden gebracht worden und konnte später fliehen. Während der Schreibtischmörder Papst 1962 in einem Spiegel-Interview Pieck des Verrats an seinen Genossen bezichtigte, verwies Pieck selbst auf einen gefälschten Pass, der seine Identität verschleiert und seine Flucht ermöglicht habe.

Das falsche Bild vom Einzeltäter Runge ist jahrzehntelang verbreitet worden. Das wäre laut Schütrumpf nicht passiert, wenn die Historiker ihre Hausaufgaben gemacht hätten: «Stattdessen verbreitet die Geschichtsschreibung bis heute die Jahrhundert-Lüge, in der – neuerdings zumeist etwas gemildert – Runge als gedungener Mittäter und nicht mehr als Einzeltäter dargestellt wird. Damit haben die Täter der Vergangenheit über die Geschichtsschreibung der Zukunft gesiegt.» Mit den neuen Schriftstücken aus dem Bundesarchiv kann das jetzt korrigiert werden.
- https://www.rosalux.de/publikation/id/51484

DER WAHRE RUNGE - Die Dokumentation: https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/sonst_publikationen/Online-Publikation_Der_wahre_Runge.pdf

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #theorie #praxis #liberalismus #autoritarismus #klassenkampf #kapitalismus

Freiheit bedeutet in einer Demokratie, dass die Menschen Staat und Wirtschaft nicht als fremden Mächten ausgesetzt sein dürfen, sondern sie demokratisch kontrollieren müssen. Verhindern Bosse, dass in ihren Unternehmen Betriebsräte gegründet werden, dann verhindern sie, dass die Beschäftigten ihre Freiheiten schützen. Beargwöhnen Unternehmerverbände Arbeitskämpfe, dann beargwöhnen sie den Freiheitskampf der Arbeitenden. Und schränkt die FDP im Namen der Freiheit die Möglichkeiten des demokratischen Staates ein, auf die Wirtschaft einzuwirken, dann schränkt sie ein Stück demokratischer Freiheit ein.

Dies ist das einzige einer demokratischen Gesellschaft angemessene Verständnis von Freiheit in der Wirtschaft. Schließlich bezeichnen wir autoritäre Staaten auch nicht als liberal, nur weil deren Machthaber frei sind, nach Lust und Laune mit Land und Menschen umzuspringen. Genau das ist es aber, was die vermeintlich Liberalen in Verbänden, Parteien, auf Lehrstühlen und anderswo in Bezug auf die Wirtschaft von uns verlangen. Sie sind viel zu lange mit dieser falschen Vorspiegelung davongekommen. Nennen wir sie bei ihrem echten Namen: »Wirtschaftsliberale« sind in Wahrheit Wirtschaftsautoritäre.

Hervorragender Exkurs über politischen und wirtschaftlichen Liberalismus. Sehr lesenswert

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #protest #widerstand #streiks #macron #fn #kapitalismus #faschismus #klassenkampf #gewerkschaften #soziale-bewegungen #frankreich

Rückkehr nach Vichy

Die Annäherung zwischen Macronisten und RN ist also wesentlicher Teil der Strategie der Regierung, [...] Es ist nicht verwunderlich, dass Macron diesen Weg einschlägt, um aus der Krise zu kommen. Zwischen extremer Rechte und der Linken hat das Kapital schon immer gewusst, wo es steht. Das bestätigen auch die jüngsten Äußerungungen des Vorsitzenden des Medef, der größten »Arbeitgebervereinigung« in Frankreich, am Montag vergangener Woche im Interview mit dem Radiosender Franceinfo. Dort erklärte Geoffroy Roux de Bézieux wortwörtlich, Le Pen an der Macht sei »ein notwendiges Risiko«, das man jetzt eingehen müsse. Der marxistische Philosoph Frédéric Lordon hatte schon 2021 eine »Einheitsfront gegen links« unter Macron vorhergesagt. Dass diese Strategie jetzt dem Präsidenten helfen wird, aus der Krise zu kommen, ist unwahrscheinlich. Der Protest gegen die »Rentenreform« ist dafür zu breit aufgestellt. Allerdings ist dieses Spiel ein gefährliches, weil es Le Pen den Weg in den Élysée-Palast ebnet.
- aus Frankreich: Präsident Macron sucht Allianz mit rechter Le Pen, um »Einheitsfront« gegen Linke zu schmieden
https://www.jungewelt.de/artikel/448361.gef%C3%A4hrliche-strategie-m%C3%A9lenchon-staatsfeind-nummer-eins.html

fau_dresden@libranet.de

https://twitter.com/FauPlauen/status/1643700783895003136

#iranrevolution #JinJiyanAzadi #plauen #klassenkampf

taschenlampe@despora.de

Mehrarbeit für Aufrüstung? Ein Feiertag ist nicht zu viel verlangt

Deutschland sollte dem dänischen Vorbild folgen: Einen Tag mehr zu arbeiten, um die Bundeswehr zu finanzieren, wäre ein großes Zeichen. Der Krieg ist auch unser Krieg.

Einen Tag mehr zu arbeiten, macht die neue Wehrhaftigkeit und die nötige Aufrüstung zur Sache aller. Jeder, der arbeitet, leistet einen aktiven, sicht- und bezifferbaren Beitrag, seine persönliche "Zeitenwende". Das würde unterstreichen, was nicht alle wahrhaben wollen: Der Krieg in der Ukraine ist auch unser Krieg. Wir haben ein großes Interesse daran, dass die Richtigen gewinnen und damit auch Deutschland jene Zeit verschaffen, die es braucht, die Armee neu instand zu setzen.

Weiss ja nicht wie es euch so geht...aber ich glaube, ich muss mich nach der Lektüre des Artikel, gleich mal 2 Wochen krank schreiben lassen -> Diagnose: Akute Leckmichdochamarschitis.

#arbeit #klassenkampf #krieg #waffen #aufrüstung #zeitenwende

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #gesellschaft #rebellion #feminismus #klassenkampf #iran

Es geht um mehr als die Kleiderordnung und liberale Freiheitsrechte...

Iran: Massenaufstände gegen Patriarchat und Klassenherrschaft

Hierzulande zeigen Menschen sich solidarisch mit den Protesten gegen den Tod von Jina Amini durch die sogenannte Sittenpolizei im Iran. Solidarität sollte aber vor allem mit einer ehrlichen Anerkennung der Progressivität der Kämpfe und einer Reflexion der eigenen Lage hier in Deutschland einhergehen. In Deutschland ist das Problem von Faschismus, Sexismus und Gewalt nämlich auch lange nicht gegessen. Was ist das Besondere am kurdischen Aufstand im Iran und was kann man aus den Erfahrungen der mutigen Frauen und Männer in einem faschistoid-theokratischen System für die hiesigen Kämpfe lernen?

...Um die Klassenfrage und die Geschlechtsfrage zusammenzudenken, kann man die Hauptstadt Teherans als Paradebeispiel nehmen; Im Norden Teherans, in den reichen Stadtvierteln, können die Frauen seit langem die Rechte genießen, die den Frauen der mittleren und unteren Klasse vorenthalten werden. Die sogenannten „Rich Kids of Tehran“, über die auch eine Twitter- & Instagramseite existiert, die diese kritisch kommentiert, posten seit Jahren Bilder und Videoaufnahmen von ihrer luxuriösen Lebensweise, die offensichtlich von der islamischen Regierung toleriert wird. Wohlhabende Männer und Frauen baden und tanzen zusammen, ohne sich an islamische Kleidervorschriften zu halten. Diese Bilder nehmen die Rechts- und Linksliberalen im Westen als ein Zeichen der Liberalität, die mehrheitliche iranische Gesellschaft aber als Affront gegen all diejenigen, die nicht über diese Freiheitsrechte verfügen. Diejenigen, die Kontakte in der Regierung, Kapital und kulturelle Macht haben, erhalten Sonderrechte, die den Frauen wie Jina, die in Teheran die kostengünstigste Mobilitätform (Bahnfahren) nutzen müssen, vorenthalten werden. Um es etwas salopp auszudrücken: Die Regierung traut sich nicht, sich mit der Klasse der Kapitalbesitzer anzulegen. Der andere vereinende Grund war daher die sozioökonomische Herkunft von Jina, mit der sich die Mehrheit der iranischen Frauen und Männern identifiziert haben.

...was die Demonstrationen betrifft, ist es kristallklar, dass es die ökonomisch benachteiligten Gruppen sind, die Veränderungen in einer Diktatur herbeiführen können. Wenn eine Demonstration sich, wie im Fall des Irans, in einen Straßenkampf verwandelt, dann bleibt nur die:der auf der Straße, die:der nichts zu verlieren hat. Die Obdach- und Arbeitslosen, die Lastenträger, kurzum all diejenigen in prekären Verhältnissen, die kaum ihr Nachtbrot verdienen können, sind die tragenden Säulen der Auseinandersetzung mit den bis an die Zähne bewaffneten Sicherheitskräften. Die Klasse der Unternehmer und Kapitalisten, die jahrelang von dem kapitalistischen Wirtschaftssystem profitiert hat, beobachtet die Entwicklungen mit großer Besorgnis. Während die Sanktionen der USA die unteren Schichten in die Armut getrieben haben, hat die herrschende Klasse sich durch das Umgehen der Sanktionen mehrfach bereichert und macht sich gerade ernsthafte Sorgen um den Erhalt dieser Gewinne.

Was die Forderung der Frauen angeht, versuchen die Liberalen, die Proteste auf oberflächliche Forderungen nach Aufhebung der Kleidervorschriften zu reduzieren. Die linken Feministen dahingegen heben andere geschlechtsbasierte Unterdrückungsformen wie Lohndiskriminierung, die Nicht-Beteilung der Frauen im Erwerbsleben und ihre Unterrepräsentation in allen gesellschaftlich-produktiven Sphären hervor.

Das, was man aus den Protesten im Iran lernen kann, ist, die Macht der Massenorganisationen anzuerkennen, den Schnittpunkt zwischen Geschlecht, Ethnie und Klasse zu berücksichtigen, sich mit ernsten politischen Angelegenheiten mit radikalem emanzipatorischem Potenzial auseinandersetzten und nicht in betroffenes Schweigen zu verfallen, wenn den Zugehörigen der Minderheitsgruppen Gewalt angetan wird.
- vollständiger Artikel: https://lowerclassmag.com/2022/10/14/iran-massenaufstaende-gegen-patriarchat-und-klassenherrschaft/

diggers@diaspora-fr.org

#Quote

"Divested of its ideological and organizational paraphernalia, fascism is nothing more than a final solution to the class struggle, the totalistic submergence and exploitation of democratic forces for the benefit and profit of
higher financial circles."
*
[Quoted from: Michael #Parenti, Blackshirts and Reds, 2001]

#Zitat

"Befreit von seinen ideologischen und organisatorischen Utensilien, ist der Faschismus nichts anderes
als eine Endlösung des Klassenkampfes, die totalistische Unterwerfung und Ausbeutung und Ausbeutung der demokratischen Kräfte zum Nutzen und Profit der höheren Finanzkreisen."


#Facism #Faschismus #Politik #politics #classstruggle #Klassenkampf

olladij@diaspora.permutationsofchaos.com

Abolitionist*innen würden sagen, dass Polizeigewalt, die #Gewalt karzeraler Regime sowie Grenzgewalt gar nicht unabhängig von race zu denken sind. Race ist demnach ein zentraler Teil nicht nur der Legitimationsnarrative dieser Institutionen, sondern auch der tatsächlichen Funktionsweisen. Demnach muss dieser Faktor immer mitgedacht werden. Wenn man das nicht macht, dann verpasst man ein wichtiges Element der Macht- und #Herrschaft|slogiken. Besonders spannend ist meiner Meinung nach daran, dass der #Abolitionismus diese komplett bescheuerte Gegenüberstellung von #Klassenkampf versus #Identitätspolitik aufbricht, wie man sie in vielen linken Debatten zurzeit beobachten kann. Abolitionismus geht ganz selbstverständlich davon aus, dass die Kategorien von #class, #race, #gender und anderen Unterdrückungsmechanismen integral zusammengehören und sie nicht erst im Nachhinein miteinander addiert werden müssen. Deshalb ist es auch ein wenig irreführend, wenn man den Abolitionismus jetzt nur auf race abstellt, weil dieser immer schon die Kombination mindestens aus Klassenposition und Gender mitdenkt. Betrachtet man beispielsweise die Praxis der Inhaftierung, wird offensichtlich, dass die Einsperrung fast ausschließlich arme Menschen betrifft und deswegen wesentlich auch eine Klassenfrage ist. Außerdem ist für den Abolitionismus klar, dass die Auswirkungen von Inhaftierung nicht an den Gefängnismauern aufhören – auch wenn weitaus weniger #Frauen eingesperrt sind als Männer, hat das Gefängnissystem Auswirkungen auf das Leben von Frauen, weil diese die Hauptarbeit in den zurückgelassenen Communities machen.

https://www.philomag.de/artikel/was-ist-abolitionismus-herr-loick #polizei #gewalt #gefängnis #arbeit #ausbeutung #gesellschaft #frontex #migration #rassismus #feminismus #usa #brd #europa #militarismus #krieg #blm #waffen

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #mobilität #klassenkampf #deutschebahn

Klassenkampf im ICE: „Zu uns“ in die 1. Klasse

...Wie schon in den ersten Zügen des 19. Jahrhunderts bleibt der zentrale Unterschied zwischen den Klassen also die Frage, wie eng gedrängt man reisen muss. Das zeigt sich laut der Berliner und Hamburger Studie MobileInclusion übrigens auch im Stadtverkehr. „Über die Klassen hinweg steigen die Schnellbahn-Abfahrten in urbanen Gebieten mit der Kaufkraft an“, heißt es darin: Wo Menschen mit geringem Einkommen leben, müssen sie sich stärker in den ÖPNV quetschen als dort, wo Menschen mit höherem Einkommen leben.

Dass die Frage der Enge im Lebensalltag eine Klassenfrage ist, darauf wiesen auch Gesundheitsforschende in der Pandemie hin. Die Covid-19-Infektion sei „vor allem vom Sozialstatus abhängig“, so hieß es aktuell wieder in einer Studie der Universität Bielefeld. Als einen zentralen Grund hierfür nannten Ungleichheitsforscher anderer Studien zuvor die Unmöglichkeit, den Kontakt mit anderen Menschen zu meiden: Menschen mit geringem Einkommen nutzen öffentliche Verkehrsmittel und arbeiten teils dicht gedrängt ohne die Möglichkeit auf Homeoffice. Die Ausbrüche in den Fleischfabriken von Tönnies und in Hochhäusern waren schon 2020 erste Hinweise auf diese Klassen-Raum-Schieflage.

In der Mobilitätsforschung ist bekannt, dass mehr Raum pro Person die meisten CO2-Emissionen erzeugt: Das gilt für Autos, die stärker genutzt werden, je höher das Einkommen ist, und das gilt natürlich auch für die 1. Klasse in Flugzeugen, deren Plätze mehr Raum einnehmen und weniger Passagiere pro Flugzeug zulassen. Ähnliches gilt wohl auch für den Zug – einen der letzten Orte, an dem platzverwöhnte Gutverdienende und Enge-gequälte Wenigverdienende noch aufeinandertreffen. Umso stärker ist das Abgrenzungsbedürfnis: „Tut mir leid, aber wer zu uns in die 1. Klasse will, soll das auch gefälligst bezahlen. Das ist so, als würde man meckern, dass Autos unterschiedlich viel kosten“, wird auf Twitter gemeckert. Das „zu uns“ zeugt von einem für das 21. Jahrhundert beeindruckend ausgeprägten Klassenbewusstsein.

1.Klasse buchen und gefälligst auch bezahlen, das heißt für eine Hin- und Rückfahrt von Hamburg nach München im Juli: 271,80 Euro. Der Mindestlohn beträgt nun bald zwölf Euro, das sind 2.080 Euro brutto, knapp 1.500 Euro netto, wenn ich ledig bin. Wer gibt 18 Prozent des Monatslohns für eine Fahrt aus? Bei Hartz IV sind 40 Euro pro Monat für Verkehr vorgesehen und es wird bereits diskutiert, die 9-Euro-Tickets anzurechnen und die Differenz zu den normalen Tickets zumindest bei Schüler*innen zurückzahlen zu lassen.

Ginge es bei der 1. Klasse nicht um Geldbeutel, sondern um Bedürfnisse nach Ruhe und Raum, müsste sie hingegen allen kranken, alten und abgearbeiteten Menschen zur Verfügung stehen. Da chronische Krankheit und Arbeitsunfähigkeit mit die größten Armutsrisiken darstellen, ist jedoch das Gegenteil der Fall. Und wie (nicht reiche) Menschen mit Behinderung das 9-Euro-Ticket sehen, konnte man jüngst auch auf Twitter nachlesen: „Ja, ich hatte mich gefreut. Echt. Mit Freund_innen in weiter entfernte Museen fahren, Ausflüge machen, rauskommen“, schrieb eine Nutzerin, aber: „Pustekuchen. Wenn die Bahnen so dermaßen überfüllt sind und teils geräumt werden, ist es für Krüppel leider fast unmöglich. Es wird keine/kaum Hubkäfige geben. Anschlüsse werden nicht erreichbar sein. (…) ich tu das nicht behinderten Freund_innen nicht an – ein Ausflug, auf den 1 sich freute, nicht oder nur sehr verkürzt machen zu können, weil das Fahren mit ’nem Krüppel so problematisch und aufwendig ist.“ Kaputte Toiletten, kaputte Fahrstühle, zu wenig Hubkäfige: Menschen mit Behinderung beklagen immer wieder die mangelnde Barrierefreiheit in den Zügen. Überfüllung ist ein Faktor, der ihren Ausschluss weiter vorantreibt. In die 1. Klasse dürfen sie dadurch noch lange nicht.

Das ändert sich auch nicht durch den Vorschlag der Linke-Vorsitzenden Janine Wissler: Dass bei Überfüllung die Zugbegleiterinnen angewiesen sind, die 1. Klasse zu öffnen, ist längst Praxis. Das passiert beim ICE nur ganz selten mal, da ordnet unsere Gesellschaft schon von ganz allein vor. Oder, wie der Mobilitätsforscher Stephan Daubitz sagt: „Die unterschiedlichen Mobilitätsroutinen werden manifest, sie ändern sich nicht mehr. Weil Armut letztendlich in die Knochen kraucht.“

Vollständiger Artikel: https://www.freitag.de/autoren/elsa-koester/9-euro-ticket-klassemkampf-im-ice