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Autorin Menasse: "Wir sind alle weniger tolerant geworden"

Diskussionskultur - Autorin Menasse: "Wir sind alle weniger tolerant geworden"

Wir seien heute schneller bereit, eine Meinung als unsagbar zu markieren, wenn sie uns nicht passt, meint die Schriftstellerin Eva Menasse.#Diskurs #Diskussionskultur #Wokeness #Identitätspolitik
Autorin Menasse: "Wir sind alle weniger tolerant geworden"

tom_s@friendica.ambag.es

Ideologiemaschinen Wie Cancel Culture funktioniert

Jenseits von links/rechts

#Freiheitsrechte bilden den Kern liberaler Demokratien; Wissenschaftsfreiheit, Lehrfreiheit und Kunstfreiheit gelten hierzulande als Verfassungsgrundsätze. Doch seit einiger Zeit kann selbst das #Grundgesetz sie nur wenig schützen, weil sie von den Institutionen, die sie hochhalten sollen, freiwillig preisgegeben werden.
#CancelCulture, #Wokeness und #Identitätspolitik sind dabei nur Oberflächenphänomene, denen ein viel gravierenderes Problem zugrunde liegt: Durch digitale Medien katalysiert, verlieren Institutionen wie Universitäten und Kunststätten die Fähigkeit, die Grenze zwischen politischer und nicht politischer Kommunikation zu ziehen. Sie machen sich die politische Kommunikation zueigen. Das kann im Extremfall dazu führen, dass Institutionen - anstelle von Wissen, Bildung und Kunst - #Ideologie produzieren: Sie verwandeln sich in Ideologiemaschinen.
Harry Lehmann identifiziert den Mechanismus, der zu dieser Art vondysfunktionaler #Politisierung führt. Davon ausgehend entwickelt er Vorschläge zur System-Therapie. Man kann nämlich Ideologieunterbrecher in die Institutionen einbauen und so die liberale #Demokratie restabilisieren.
Ein kluger Einwurf in eine verschwommene #Debatte, der mit Nachdruck demokratische Grundwerte anmahnt: Freiheit in Kunst, Lehre und Wissenschaft.

Der Autor:
Harry Lehmann, Dr. phil.; wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Luxemburg mit den Schwerpunkten Kunstphilosophie, Musikphilosophie, Ästhetik und KI-Ästhetik; freier Autor mit zahlreichen Publikationen.

https://www.buecher.de/artikel/buch/ideologiemaschinen/70671369

mrd_ill_be_back@diasp.org
  1. Voranmerkung: Wozu dieses Statement?

Als kritische Kommunist:innen, die in der #internationalen #radikalen Linken aktiv und Teil von Bündnissen und Kampagnen sind, sehen wir die Notwendigkeit, uns zur gegenwärtigen antisemitischen Hochstimmung in der deutschen und globalen #Linken zu verhalten. Die innerlinke #Antisemitismuskritik, die Anfang des Jahrhunderts noch deutlich präsenter war, scheint verhallt zu sein. Dies wollen wir als Anlass nehmen, diese aktuellen Entwicklungen innerhalb der Linken zu kritisieren und darzulegen, warum wir eine #ideologiekritische, #antiautoritäre und #antinationale #Linke für notwendig erachten.

Wir erleben zugleich eine vermeintliche Form von #Antisemitismusbekämpfung und #Israelsolidarität durch staatliche Organe und Teile der „Mehrheitsgesellschaft““, die voller Instrumentalisierungen bis hin zu offenem #Rassismus sind. Auch dazu möchten wir uns hiermit verhalten.

Es ist uns aber in diesem Statement kein Anliegen, innerhalb der aktuellen Situation einzelne islamistische Strukturen zu untersuchen, militärtaktische Ratschläge zu geben oder eine adäquate Lösung des Konflikts vorzuschlagen. Uns ist bewusst, dass der Raum, in dem sich die gegenwärtige antisemitische Hochstimmung breitmacht, auch eine Reaktion auf die #Kriegsführung durch die israelische Armee in #Gaza ist. Diese hat zehntausende Menschen, darunter viele Zivilist:innen, das Leben gekostet und große Teile der Region zerstört. Wir trauern um die Toten und sind solidarisch mit der notleidenden Bevölkerung Gazas. Für eine emanzipatorische Linke gilt es auch jene Strukturen zu unterstützen, die in Gaza für eine Perspektive auf ein gutes und selbstbestimmtes Leben und gegen die Schreckensherrschaft der #Hamas und reaktionäre Gesellschaftsbilder kämpfen, etwa indem sie sich für ihre #Rechte als Arbeiter:innen, als #Frauen oder als #Queers einsetzen.

Ebenso sind uns die Konflikte und Auseinandersetzungen innerhalb Israels, insbesondere mit den rechtsextremen Teilen der Regierung bewusst. Wir möchten dennoch betonen, dass der aktuelle Krieg in Gaza durch das terroristische Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023 ausgelöst wurde, bei dem über 1200 Menschen aus antisemitischen Motiven brutal vergewaltigt und ermordet wurden, und bei dem 239 Menschen als Geiseln entführt wurden, von denen viele bis heute festgehalten werden. Mit unserer Kritik möchten wir nicht das Recht auf Trauer und Protest absprechen und auch nicht Leid gegeneinander aufwiegen, sondern auf ein allgemeines Problem der globalen Linken eingehen.
2. Die Zäsur vom 7. Oktober

Der 7. Oktober 2023 markiert eine Zäsur. Die Ausmaße und Details der Gräuel schockieren: Systematische Folter, Verstümmelungen, Entführungen und systematisch eingesetzte sexualisierte Gewalt gegen Frauen. Diese wurden bewusst eingesetzt, um antisemitische Gewalt zu entfalten und Angst vor Vernichtung auszulösen. Die Massaker sollten Jüdinnen:Juden als solche treffen, die Erinnerung an eine Jahrhunderte lange Geschichte der Pogrome und Vernichtungsandrohungen aktivieren und damit auch das Selbstverständnis des Staates Israels, Schutzraum für Jüdinnen:Juden gegen antisemitische Verfolgung zu sein, angreifen.

Die einschneidenden Ereignisse des 7. Oktober wurden in der globalen Linken erstaunlich wenig reflektiert. Stattdessen entzündete sich eine massive Explosion antisemitischer Angriffe. Große Teile der globalen Linken sind dabei tragischerweise Plattform für diesen Antisemitismus und liefern den Treibstoff dafür.

So erleben wir bei etlichen Linken Abwehr bis zur Leugnung und klammheimlicher Freude. Andere verharren angesichts des aufbrausenden Antisemitismus in politischer Lähmung, anstatt dass sie zu einer solidarischen Praxis übergehen.

Dies verwundert nicht, enttäuscht aber – ist Antisemitismus doch ein zentrales Moment der gegenwärtigen Herrschaftsverhältnisse und Kritik an diesem daher Grundvoraussetzung für jegliche gesellschaftliche Emanzipationsbestrebung.
3. Eine neue globale Welle des Antisemitismus

Während linke Solidarität mit den Opfern des 7.10. fast komplett ausblieb, fanden noch vor Beginn der militärischen Operationen der IDF meist pro-palästinensische Massendemonstrationen statt, deren Skript eindeutig und bekannt war: Israel ist eine koloniale Besatzungsmacht, die verschwinden sollte; Israel ziele auf die Vernichtung aller Palästinenser:innen ab; Israel sei das Böse, das beseitigt werden soll. Auf den Straßen wurde dabei nicht einfach Solidarität mit den Palästinenser:innen geteilt, sondern zu oft etwas, was in seinem Wesen virulenter Israelhass ist. Es zeigte sich eine Überidentifizierung mit der „palästinensischen Sache“, die in weiten Teilen der globalen Linken als Identitätsbaustein, Erkennungsmerkmal, Ersatzkampf und als kollektives Ritual dient.

Die grausamen Taten der Hamas wurden dabei als Akt der #Dekolonisierung, als „Ausbruch aus dem Gefängnis“ oder als „Akt des Widerstandes“ gefeiert und umgedeutet. Mit den lauthalsen Rufen nach „Kontextualisierung“ des 7. Oktobers wird eine Rechtfertigung oder zumindest Relativierung der Gräuel eingefordert. Es ist absurd, mit welcher Vehemenz Parolen, Taten und Denkmuster vom Anklang des Antisemitismus freigesprochen werden. Ein großer Teil der weltweiten Linken bemühte sich darum, das #Massaker als vielleicht etwas übertriebene Notwehr zu erklären und zu entschuldigen – wenn es nicht gleich als antikolonialer Befreiungsschlag gefeiert wurde. Auch in Deutschland hatte ein Teil der Linken, von pro-palästinensischen Gruppen und deren „internationalistischen“ Unterstützer:innen, über stalinistische und trotzkistische Organisationen, queerfeministische Kreise bis hin zu autonomen Hausbesetzer:innen in #Berlin und anderswo kein Problem damit, islamistischen und antisemitischen Terror in Befreiung umzudeuten. Die sonst in linken Kreisen gepredigte Betroffenenzentriertheit scheint es für #Israelis, noch dazu für jüdische, nicht zu geben.

Kein Zweifel: Die Lebensumstände der knapp 2 Millionen Menschen im Gazastreifen sind durch den Krieg entsetzlich. Bereits vor den jüngsten Kriegshandlungen waren Verhältnisse in Gaza extrem prekär. Jedoch gibt es horrende Doppelstands für die Bemessung der menschenrechtlichen Situation in den palästinensischen Gebieten und andernorts. Auch das Leid der Palästinenser:innen scheint viele Kritiker:innen nur dann zu interessieren, wenn als vermeintliche Täter:innen Jüdinnen:Juden ausgemacht werden können: Sie schweigen besonnen zur Zerschlagung der Gewerkschaften, Ermordung von LGBTIQ*, der Geiselhaft, in die die palästinensische Zivilbevölkerung seitens der Hamas und ihrer Mitstreiter:innen aktuell genommen wird, und zu den menschenunwürdigen Bedingungen, unter denen die arabischen Nachbarstaaten geflüchtete Palästinenser:innen akzeptieren. Sie schweigen zur Grenzfestigung Ägyptens, das keine palästinensischen Geflüchteten aufnehmen will, und zu den außenpolitischen Interessen des Iran, der die Palästinenser:innen zum Spielball seiner Machtinteressen macht. Sie schweigen auch zu den fortwährenden Raketenangriffen der Hamas und Hisbollah auf Israel.

Wenn die Kriegshandlungen der israelischen Armee und das Leiden der Bevölkerung in Gaza durch Linke mit historisch spezifisch konnotierten Begriffen bezeichnet werden, zeigt sich darin häufig eine regelrechte Sehnsucht danach, Jüdinnen:Juden als Täter:innen ausmachen zu können – auf eine Weise, die sie oft implizit und manchmal explizit den NationalsozialistInnen gleichstellen. Wenn das bei Deutschen auftritt, handelt es sich um eine bekannte Schuldabwehrstrategie. Häufig geht dieser Vorwurf mit der Erzählung einher, Israel bzw. Jüdinnen:Juden würden sich gezielt durch den Verweis auf die #Shoah vor jeglicher Kritik immunisieren. Bei beidem muss klar benannt werden, dass hier Muster des sekundären bzw. Schuldabwehr-Antisemitismus deutlich werden. Für viele scheint folgendes zu gelten: Jüdinnen:Juden waren in Vergangenheit höchstens, wenn sie von Rechten angegriffen werden, Opfer – jetzt können sie nur als Täter:innen gedacht werden. Diese Auffassung deckt sich mit der antisemitischen Sichtweise, nach der Jüdinnen:Juden grundsätzlich als überlegen, mächtig und täterhaft imaginiert werden.
4. Zur ideologischen Funktion des #Antisemitismus

Antisemitismus funktioniert als eine Welterklärung, die in der Gedanken- und Affektwelt der Antisemit:innen fußt. Komplexe gesellschaftliche Phänomene, Krisen und Ambivalenzen werden in der antisemitischen Logik widerspruchsfrei aufgehoben. #Verschwörungsideologien ermöglichen Antisemit:innen, simple Erklärungsmuster für komplexe und verunsichernde individuelle und strukturelle Phänomene zu finden. In der antisemitischen Logik gilt es, das Bild des „Juden als übermächtige Figur der herrschenden #Klasse“ aufrecht zu erhalten und je nach aktueller gesellschaftlicher Krise Jüdinnen: #Juden als „Schuldige“ für selbige auszumachen.

Antisemitismus ist aus kritisch-materialistischer Perspektive auch immer als die umfassende soziale Pathologie bürgerlich-kapitalistischer Gesellschaft und als Produkt von #Herrschaftsverhältnissen zu betrachten. Im Antisemitismus bricht die Widersprüchlichkeit bürgerlicher Vergesellschaftung als offener Wahn heraus. Antisemitismus ist dabei auch Moment der unzureichenden oder verdrehten Versuche, die gegebenen Herrschaftsverhältnisse zu begreifen und zu überwinden. Dabei lässt sich Antisemitismus nicht als ein Moment von Herrschaft selbst erklären, ganz nach dem Schema einer direkten Unterdrückung. Antisemitismus hat außerdem immer einen eliminatorischen Fluchtpunkt: Antisemit:innen wollen nicht Jüdinnen:Juden „einfach“ unterdrücken oder abschieben, sondern vernichten. Antisemitische Weltbilder haben die Funktion, dass diejenigen, die sie reproduzieren, sich als Opfer der „übermächtigen jüdischen Weltherrschaft“ stilisieren können. Das ermöglicht ihnen, sich nicht mit gesellschaftlichen und eigenen Widersprüchlichkeiten auseinandersetzen zu müssen und keine Verantwortung für das eigene (politische) Handeln und Denken zu übernehmen.

Daraus folgt zum einen, dass sich Antisemitismus nicht einfach mit etwas mehr #Aufklärung aus der Welt schaffen ließe. Damit geht einher: Antisemitismus lässt sich nicht durch ein bestimmtes Handeln der Jüdinnen:Juden auflösen, sondern nur durch die Überwindung der tiefen gesellschaftlichen Grundlagen des Antisemitismus. Jüdinnen:Juden steht nur die Möglichkeit offen – und sie sind vor die Notwendigkeit gesetzt – die Abwehr der Konsequenzen des Antisemitismus zu organisieren oder seine Folgen hinzunehmen.

Seit der Shoah lässt sich Antisemitismus weniger offen artikulieren. Eine Art und Weise, antisemitisch agieren zu können, ohne offenen Hass auf Jüdinnen:Juden zu artikulieren, besteht darin, den Hass auf Israel als jüdischen Nationalstaat – und als eine Konsequenz aus der Shoah – zu projizieren, der nun für alles Böse verantwortlich ist.
5. Anfälligkeit für Antisemitismus innerhalb der Linken

Eine Anfälligkeit für Formen von Antisemitismus wurzelt auch in spezifischen Merkmalen und ideologischen Momente einiger linker Strömungen, die wir im folgenden näher analysieren wollen.
5.1 Der autoritäre (Neo-) #Leninismus

Einige antisemitische Denkmuster stammen aus einem autoritären (Neo-)Leninismus:

1.) Lenins These des Übergangs vom #Konkurrenzkapitalismus zu seinem Begriff von #Imperialismus geht einher mit einer verzerrten Auffassung kapitalistischer #Herrschaft. Diese wird nicht als eine subjektlose Herrschaft aufgefasst, die zwar durch Akteur:innen reproduziert wird, aber aus dem Prozess fortwährender #Kapitalakkumulation besteht und einen „stummen Zwang“ der ökonomischen Verhältnisse entfaltet. Stattdessen erscheint sie als direkte und willkürliche Herrschaft der Monopole und eines „parasitären Finanzkapitals“. Diesem Verständnis wohnen eine Neigung zur Personifizierung von Herrschaft, eine Anfälligkeit für Verschwörungsdenken und eine #Fetischisierung des „werktätigen Volkes“ inne, die Überschneidungen mit Antisemitismus aufweisen. Zeitweise wurde ein solcher Antisemitismus von der #Sowjetunion und ihren Sympathisant:innen aktiv betrieben und ansonsten mindestens heruntergespielt.

2.) Statt einer Analyse der globalen kapitalistischen Verhältnisse, Hierarchisierungen, und kolonialen Kontinuitäten sowie einer Kritik der Form des Nationalstaates, findet eine vereinfachte Aufteilung der Welt in Unterdrückende und Unterdrückte statt. Damit wird die „nationale Befreiung“ – als Befreiung durch den Nationalstaat und als Nationalkollektiv – zum emanzipatorischen Ziel schlechthin gemacht. Diese Auffassung fußt wiederum im unkritisch positiven Bezug zur Nation, den Stalin und viele realsozialistische Projekte nach ihm mit der Vorstellung von „ #Sozialismus in einem Land“ propagierten. Gleichzeitig werden „unterdrückte Völker“ – auch durch die maoistische Fortbestimmung des Modells – zum stellvertretenden Subjekt der Revolution gemacht: Palästina wurde als das unterdrückte Volk schlechthin aufgefasst und der Kampf „für die Befreiung Palästinas“ zum Symbol und Ersatz aller Befreiungskämpfe. Dabei spielte historisch auch die Außenpolitik der Sowjetunion eine Rolle, die im Kontext des Kalten Krieges den palästinensischen #Nationalismus gegen das von den USA unterstützte #Israel stärkte.

3.) Ein weiterer Grund für den positiven Bezug auf #Volk und #Nation liegt im populistischen Moment: Wessen Ziel primär die Eroberung staatlicher Macht ist, der muss nicht auf kollektive Selbstaufklärung und Emanzipation aller Menschen setzen, sondern will vor allem eine Masse mobilisieren. Wenn der Begriff der Klasse nicht mehr zieht, haben Leninist:innen deshalb oft kein Problem damit, diese Masse als Volk und Nation zu adressieren.

4.) Das Ziel der Machtergreifung führt auch zur Tendenz, falsche Mittel zu rechtfertigen. Das kann dann auch islamistischer Terror sein. Die Konzentration auf den Kampf gegen „Imperialisten“ führt zu Allianzen mit explizit regressiven Kräften wie beispielsweise IslamistInnen.
5.2 Die #postmoderne #Identitätspolitik

Eine zweite Quelle der Anfälligkeit stammt aus einigen Spielarten eines identitätsfokussierten Aktivismus postmoderner Prägung. Solche Positionen sind in einigen #queerfeministischen und #antirassistischen Kreisen, aber auch in Teilen der #Klimabewegung vertreten. Sie verbinden sich damit mit entscheidenden progressiven Kämpfen der Gegenwart. Hier wirken die Ablehnung einer Kritik der gesellschaftlichen Verhältnisse in ihrer Totalität mit einer exklusiven Fokussierung auf Betroffenheitserfahrung, Sprechorte und Identitäten zusammen.

1.) Die Unmöglichkeit der Repräsentation der eigenen Leid- und Diskriminierungserfahrung durch Andere wird zum alleinigen Ausgangspunkt der Kritik erklärt. Nur wer von einer Unterdrückungsform betroffen ist, kann die Wahrheit darüber sprechen. Dessen Perspektive ist unmittelbar normativ und es braucht keine weitere Kritik der Verhältnisse und keinen Streit um Begriffe und Analysen. Dabei wird übersehen, dass jede Artikulation einer Erfahrung bereits durch Theorien und Begriffe vermittelt ist und dass gerade in diesen Strömungen häufig schablonenhaftes Denken reproduziert wird. Um die eigene Leid- und Unterdrückungserfahrung zu artikulieren, muss man sich wiederum zu einer bestimmten Identität bekennen und sich als Teil eines Kollektivs verstehen. Die reine Fokussierung auf eigene Identitätskonstruktionen und vermeintliche Fremdzuschreibungen und die damit einhergehende reine Argumentation auf die vermeintliche eigene Betroffenheit(en) verhindert nicht nur eine materialistische Kritik an den Ursprüngen von Rassismus, Antisemitismus und Antifeminismus, sondern auch auch einen Diskurs, der über den eigenen Erfahrungs- und Emotionshorizont hinaus geht. Auffällig ist wiederum dabei, dass die Erfahrungen von Jüdinnen:Juden mit einer gewissen Konsequenz ausgeblendet werden. Insbesondere für sich als links verstehende Jüdinnen:Juden war die ausbleibende Solidarität, das Schweigen zu den Massakern der Hamas bis hin zu offenen Ausschlüssen aus queeren und antirassistischen Räumen ein Moment der #Entsolidarisierung vermeintlich Verbündeter.

2.) Statt einer #Kritik der herrschaftsgeladenen, gesellschaftlichen Vermittlung einer in sich widersprüchlichen #Totalität, die sich über Antagonismen konstituiert und #Zwangskollektive hervorbringt, wird sich an „Strukturen“ abgearbeitet, die vermeintlich authentische Identitäten überlagern würden. Dem entspricht oft ein machtanalytischer Ansatz, in dem die Konsequenz zur Ursache gemacht wird: Gewiss führt die gegebene Vergesellschaftung dazu, dass Gruppen aufgrund ihrer unterschiedlichen gesellschaftlichen Verortung über mehr Macht und damit verbundene Privilegien verfügen. Ausgeblendet werden aber sowohl die Verhältnisse, die Ursache dieses Machtgefälles sind, als auch die Tatsache, dass die grundlegende Form von Herrschaft eben die der Verhältnisse selbst ist. Dies führt auch zur falschen Annahme, dass Herrschaft bloß als binäres und lineares Machtverhältnis zu verstehen sei, als direkte Unterdrückung einer Gruppe durch eine andere mächtigere Gruppe und ausschließlich als binärer Kampf der Unterdrückten gegen das genau identifizierbare Unterdrückende. Daraus folgt ein klare Aufteilung der Welt in Unterdrückte und Unterdrücker, ähnlich wie im (Neo-)Leninismus. Anstelle einer Analyse von (Neo-)Kolonialismus, Imperialismus und Hierarchisierungen auf dem Weltmarkt tritt eine schlichte Einteilung in den bösen Globalen Norden und den guten, weil unterdrückten, Globalen Süden. Widersprüche und Konflikte innerhalb der Länder und Regionen des Globalen Südens finden wenig Berücksichtigung. Antisemitismus wird oft komplett ausgeklammert, jüdische Menschen gelten, solange sie helle Haut haben, schlichtweg als Weiße, und damit als Profiteur:innen des Rassismus. Damit wird zum einen geleugnet, dass alle Jüdinnen:Juden ebenfalls als „Andere“ rassifiziert werden. Zum anderen übersieht es die geographisch diversen Ursprünge des Judentums und die Tatsache, dass viele Jüdinnen:Juden zugleich zusätzlich auch von Rassismen betroffen sein können. Antisemitismus kann gerade deshalb nicht begriffen werden, da es sich nicht als lineare Unterdrückung auffassen lässt, sondern Folge der in sich widersprüchlich vermittelten Herrschaftsverhältnisse und der Unfähigkeit, diese zu begreifen, ist. Wenn nun von Rassismus Betroffene äußern, dass das Massaker der Hamas ein antikolonialer Befreiungsschlag war, dann muss und darf das nach dieser postmodern-identitätspolitischen Logik nicht hinterfragt werden. Dass aus feministischer und antisemitismuskritischer Sicht die Opfer des Massakers Solidarität und Emphatie verdienen würden, wird ausgeklammert, weil sie Israelis sind und Israel in dieser binären Logik nur als weißer, kolonialer #Staat und Teil des Globalen Nordens betrachtet wird. Mit dieser linearen Auffassung von Unterdrückung geht wiederum ein positiver Bezug auf die Zwangskollektive einher, die diese Herrschaftverhältnisse hervorbringen, es kommt damit auch zur Affirmation regressiver Ideologien und Gruppierungen, wenn diese von Subalternen getragen werden.

3.) Unterdrückungsformen werden dabei als formal analog aufgefasst und bestehen nebeneinander – eine Gruppe mit Macht unterdrückt eine Gruppe ohne #Macht. Damit bleibt das jeweilig spezifische unterbelichtet,was insbesondere im Fall von Antisemitismus auffällig ist. Anderseits wird ihr reales und differenziertes Zusammenwirken innerhalb der gegebenen Herrschaftsverhältnisse nicht begriffen. Der Versuch, irgendwie Rechenschaft dafür zu tragen, vollzieht sich dann häufig als eine Aneinanderreihung innerhalb von Solidaritätsbekundungen: Jede Kundgebung muss alle weiteren Unterdrückungsformen erwähnen. Wenn aber alle Unterdrückungsformen analog sind, liegt es nahe, nach einem Grundmodell und einer alles zusammenfassenden Unterdrückungsform zu suchen: Dazu wird gerne (ohne realen Grund) die „palästinensische Sache“ gemacht. In der „Solidarität mit #Palästina“ wird jede andere Solidarität mitvertreten: Jede Kundgebung muss also eine „free Palestine“ Kundgebung sein.

4.) Gerade weil die Kritik der realen Verhältnisse verpasst wird, vollzieht sich Aktivismus dabei oft als Bekundung der eigenen guten Gesinnung, als Bekenntnis der Zugehörigkeit zur Gruppe der Guten und als selbstreferentieller Gestus der vermeintlichen Auflehnung und Radikalität. Reflexion und Kritik werden durch Mobilisierung ersetzt, die hauptsächlich eine Identität verschaffen soll. Diese Form vermeintlicher Solidarität mit #Palästina hat kaum etwas mit einem realen Interesse an der Lage von Palästinenser:innen zu tun. Sie wird allzu oft Identitätsfaktor, Wiederkennungsmerkmal, Ersatzkampf, Marker der eigenen #Radikalität, wird zum kollektiven Ritual und wird auch als solches abgerufen. Diese Selbstmobilisierung kann antisemitisch verstärkt werden.

Als sich als emanzipatorisch verstehende Kommunist:innen wissen wir, dass die Befreiung der Gesellschaft nur mit der Befreiung des Subjekts einhergeht, das bedeutet aber auch, dass es nicht „gut“ oder „böse“ gibt, sondern wir #Widersprüche und Ambivalenzen in der Welt um uns herum und in uns aushalten müssen. Es bedeutet auch ernstzunehmen, dass in allen Schichten der Bevölkerung, inklusive der Linken, Ideologien entstehen, also falsche Vorstellungen über die Welt. Ideologien entspringen den Strukturen, die die Menschen vorfinden und festigen diese wiederum. #Ideologiekritik, inklusive einer Kritik des Nationalismus und des Antisemitismus muss deshalb Bestandteil emanzipatorischer Praxis sein.
6. Leerstelle Islamismus

Wo Ideologiekritik höchstens nebensächlich ist, entsteht auch innerhalb der Linken bisweilen die Bereitschaft, die Hamas als irgendwie „objektiv emanzipatorisch“ zu betrachten. Das hat auch mit der Leerstelle #Islamismus innerhalb linker Kritik zu tun.

Als islamistische Organisation strebt die Hamas die Vernichtung aller Jüdinnen:Juden und die Errichtung eines #Gottesstaats an. Ihr religiöser #Fundamentalismus geht auch mit einem extrem patriarchalen Geschlechterbild und der Unterdrückung von Frauen und Queers einher. Sie schert sich nicht um das Leben, auch nicht um das von Palästinenser:innen, von denen sie die Bereitschaft zum Selbstopfer verlangt – und diese in deren Missbrauch als menschliche Schutzschilder bereits voraussetzt. Ihr Programm steht damit jeglichem Streben nach menschlicher #Emanzipation fundamental entgegen.

Der Islamismus ist, ähnlich wie #Faschismus und #Rechtspopulismus, eine moderne Krisenreaktion. Anstatt die Zerwürfnisse des #Kapitalismus zu analysieren und diese Verhältnisse aufzuheben, wird Halt und Heil in imaginierten Gemeinschaften wie #Volk, #Nation oder eben #Umma (der Gemeinschaft der gläubigen Muslim:innen) gesucht, einhergehend mit Abschottung bis Vernichtung gegen alles, was dort jeweils nicht hinein gehört – oder sich nicht unterordnet. Wie auch der Faschismus versucht der Islamismus mit mörderischer Konsequenz sein politisches Programm und seine Vorstellung von Gesellschaft durchzusetzen. Deshalb müssen für den Islamismus auch politische und religiöse Macht in einer Hand liegen. Seine Attraktivität resultiert vielleicht deshalb auch genau daraus: Nicht nur zu quatschen, sondern mit selbstmörderischem Einsatz alles daran zu setzen, den Vorstellungen der höheren Macht zu entsprechen. Damit stellt der Islamismus in vielen Weltregionen einen Hauptfeind linker emanzipatorischer Bestrebungen dar. Daher sollten wir als Kommunist:innen das Problem Islamismus weder abtun, noch mit den Nationalist:innen in ein Horn stoßen, indem sie „den Islam“ zum Feind erklären.
7. Keine falschen Einseitigkeiten

Um nach der vorhergegangenen Kritik an Formen des „Pro-Palästina“-Aktivismus weiter Teile der Linken eines deutlich zu machen: Es versteht sich von selbst, dass auch mit einigen abgedrifteten #Antideutschen kein Stich zu machen ist, die die gesamte #Bevölkerung von Gaza entmenschlichen, denen die Lage und die Zukunft der der Palästinenser:innen egal sind, die nicht die eigene Tragik und spezifische Kritikwürdigkeit der militärischen Handlungen der israelischen Armee erkennen, sondern in #Kriegsbegeisterung ausbrechen. Die kein Problem damit haben, dass zehntausende Zivilist:innen getötet wurden, Millionen Menschen ihre Wohnungen verloren haben und fliehen mussten, dass ein Großteil der Gebäude und Infrastruktur in Gaza zerstört wurden. Die keine Kritik für die rechte israelische Regierung und die eigenen Machtinteressen #Netanyahus übrig haben. Der Begriff der Antideutschen wird zwar in innerlinken Debatten inflationär und oft falsch benutzt, um jegliche #Antisemitismuskritik abzuwehren. In der realen Strömung der Antideutschen finden sich bisweilen aber einige #kritikwürdige Positionen, die oftmals mit antimuslimischem Rassismus einhergehen und sich weit jeder vernünftigen Ideologiekritik entfernt haben. Um der Komplexität der aktuellen Situation gerecht zu werden, müssen auch solche Auswüchse kritisiert werden.

Das bedeutet auch, das Leid der Bevölkerung von Gaza anzuerkennen, auf das wir mit großer Sorge schauen. Zehntausende1 Menschen wurden im Zuge der Operationen des israelischen Militärs getötet. Auch wenn ein gewisser Teil davon Kombattanten der Hamas und anderer Organisationen sind ist die Zahl an zivilen Toten enorm. Die humanitäre Lage ist aufgrund der Versorgungsknappheit, der durch die Zerstörung von Gebäuden und #Zwangsevakuierungen erzeugte Wohnungslosigkeit und der medizinischen Krise katastrophal. Hunderttausende Menschen mussten ihre Wohnungen verlassen, während so gut wie kein Bereich in Gaza sicher genannt werden kann. Wer anführt, die Hamas und ihre Ideologie ließen sich durch Beschwichtigung nicht besiegen, steht trotzdessen vor der Frage ob die aktuelle #Kriegsführung dazu geeignet ist.

Eine emanzipatorische Kritik blickt wiederum mit großer Sorge auf die Entwicklungen in der israelischen Politik. Die #rechtsextremen Teile der Regierung verfolgen auch eine explizit anti- arabisch-rassistische Politik, die das Sicherheitsbedürfnis der israelischen Bevölkerung instrumentalisiert und Eskalationen hervorruft. Auch das Leben der noch in Gaza festgehaltenen #Geiseln setzt diese Politik mit ihrer Kriegsführung aufs Spiel. Netanyahus Politik ist häufig von einem Handeln zugunsten seiner eigenen Machterhaltungsinteressen bestimmt, wofür er mit den Rechtsextremen und den gewalttätigen Teilen der Siedler:innen in der #Westbank paktiert. All dies wird immer wieder innerhalb der israelischen Gesellschaft thematisiert, wie etwa die Proteste der Angehörigen der Geiseln zeigen, die eben auch Austragungsorte der Kritik an ihrer Regierung sind.
8. Zur Kritik der staatlichen #Antisemitismusbekämpfung

Unsere Kritik gilt auch Aspekten der Antisemitismusbekämpfung und Israelsolidarität durch staatliche Organe und Teile der Mehrheitsgesellschaft, die mitunter voller Instrumentalisierungen bis hin zu offenem Rassismus sind. Antisemitismuskritik wird zur Zeit häufig nicht zur realen Bekämpfung von Antisemitismus abgerufen, sondern stellt selbst ein kollektives Ritual der geläuterten Deutschen und als #Selbstvergewisserung bürgerlich-liberaler Ideologie dar. Dabei lassen sich mehrere problematische Aspekte beobachten. Nicht alle Bemühungen gegen Antisemitismus fallen unter diese Kritik. Dies zu behaupten, würde sämtliche Reflexionen von NS-Vergangenheit und ihren Kontinuitäten, die dieser Gesellschaft maßgeblich von Jüdinnen:Juden und Linken abverlangt wurden, vom Tisch wischen.

1.) Die Reaktionen von deutscher Mehrheitsgesellschaft und Staatsapparaten belaufen sich auf öffentlichkeitswirksam inszenierte Gegnerschaft zum Antisemitismus – ihr bleibt weiterhin das Schicksal lebendiger Jüdinnen:Juden gleichgültig. Das zeigen nicht nur die enorm gestiegen Zahlen antisemitischer Gewalt der letzten Monate. Der selbsternannte Aufarbeitungsweltmeister weiß, dass es tunlichst auf Distanz zur allzu offenen #Judenfeindschaft zu gehen gilt, ohne aber einen genaueren Begriff des Antisemitismus zu haben. Das resultiert in #Symbolpolitik, deren Folgenlosigkeit für die Bekämpfung von Antisemitismus mit ihrer tatsächlichen Brisanz in anderen Bereichen korrespondiert.

Am Beispiel der #Verbote vermeintlicher bzw. tatsächlicher antisemitischer Demos lässt sich gut nachzeichnen, wie wenig es diese #Mobilmachungen schwächt und welch hoher Preis, nämlich die Außerkraftsetzung der von diesem Staat so hochgehaltenen Grundrechte, dafür in Kauf genommen wird. Dieser Umgang weiß gegen Antisemitismus wenig auszurichten, wohl aber dient er dazu, staatliche Handlungsfähigkeit zu demonstrieren. Das derartige #Repression niemals gegen rechte Antisemit:innen ins Feld gebracht wird, ist ebenso eine unschöne Binsenweisheit wie der Umstand, dass es hierbei überwiegend migrantisierte Menschen sind, die von solchen Maßnahmen betroffen sind. Rassistische #Polizeigewalt und Racial Profiling ist beispielsweise seit dem 7. Oktober angestiegen. Rassistische Ressentiments und Praktiken manifestieren sich nicht erst seit dem Massaker der Hamas, dieses wird aber als Begründung dazu genutzt, insbesondere muslimische oder als muslimisch gelesene Menschen in Geiselhaft für die Gräueltaten der Hamas zu nehmen, was häufig auch Kinder und Jugendliche im Schulunterricht trifft. In diesem Kontext geschehen zudem Asylrechtsverschärfungen, die Verstärkung der Abschiebepraxis und die Einschränkung von Grundrechten. Antisemitismusbekämpfung wird von staatlicher Seite dazu genutzt, rassistische Praktiken zu manifestieren. Einem Ausspielen von Antisemitismus und Rassismus gegeneinander stellen wir uns klar entgegen.

2.) Zum Teil wird diese Form von (vermeintlicher) Antisemitismusbekämpfung als Entlastungs- und Externalisierungsstrategie durchgeführt. Die proklamierte Gegnerschaft zum Antisemitismus wird vollends bigott angesichts des Versuchs seiner Auslagerung als migrantisches Importprodukt. Ohne Frage: es gibt spezifische Formen des Antisemitismus. Es ist eine falsch verstandene Form antirassistischer Vorsicht, diese nicht zu benennen. Die Externalisierung des Antisemitismus ist jedoch ein Ausdruck deutscher Schuldabwehr. Sie dient dann vor allem dem Zweck, nicht mehr den Antisemitismus der eigenen (Ur-)Großeltern, sein Nachwirken in der deutschen Nachfolgegesellschaft und das antisemitische Potential bürgerlicher Verhältnisse zu behandeln. Der doppelt perfide Kniff ist, dass das durch die selbstattestierte Läuterung zu moralischen Höhenflügen berufene Deutschland zusätzlich nicht selten noch seine rassistischen Bedürfnisse auslebt und dabei vor allem muslimische Menschen als die eigentlichen Übeltäter:innen zeichnet. Sinnbildlich für die rassistischen Doppelstandards bzgl. Antisemitismus ist z.B. die andere Behandlung des bayerischen „Menschenfreunds“ Hubert #Aiwanger, dessen Flugblattaffäre ihn sogar als gestärkter Politiker hervorgehen ließ. Jedoch trifft auch genau dieser #Schuldabwehrantisemitismus auf deutsche nicht-migrantische und nicht-jüdische Linke zu, die sich als „moralisch überlegen“ und „gute Antifaschist:innen“ begreifen; sich dabei die Involviertheiten der eigenen Familie in die NS-Verbrechen und eigene Täter:innenpotenziale einzugestehen und sich mit ihnen auseinanderzusetzen, ist ein schmerzhafter Lern- und Reflexionsprozess.

3.) Wenn sich die bürgerliche Mitte als Chef-Kritikerin des Antisemitismus inszeniert, geht es um mehr als das bloße Bedürfnis, schlussendlich auf der moralisch korrekten, guten Seite angekommen zu sein. Zum einen wird der bürgerliche Staat und die bürgerliche Mitte von Antisemitismus freigesprochen und Antisemitismus #extremismustheoretisch zu einem Problem der „Extremen“ gemacht. So wird im gleichen Zug die bürgerlich-kapitalistische Gesellschaft und ihre politische Form als wichtige Quelle von Antisemitismus verdrängt. Stattdessen wird recht plump gegen Linke vorgegangen und auf der eingeübten Klaviatur des antimuslimischen Rassismus gehämmert, in der muslimische Menschen als rückständig und unaufgeklärt, tendenziell gewalttätig und zu radikalen Ansichten neigend gezeichnet werden.

Noch perfider ist der Versuch, ein Doppelpaket zwischen Antisemitismusbekämpfung und der gegenwärtigen rassistischen Abschiebe- und Abschottungspolitik und der sie begleitenden rassistischen Töne im öffentlichen Diskurs zu etablieren. Ganze Communities und Kieze werden kriminalisiert und einige reale Bedrohungssituationen für Jüdinnen:Juden für autoritäre Law and Order Politik genutzt. Das wird insbesondere an (vermeintlichen) Palästinenser:innen durchexerziert: Eine vorgebliche Kritik des Antisemitismus wird hier vorgeschoben, um gegen alle Palästinenser:innen zu pauschalisieren – welche es wiederum oftmals als #Staatenlose besonders schwer unter dem Zugriff deutscher #Migrationsbehörden haben.

Antisemitismus und Rassismus sind in ihrer Funktionsweise unterschiedlich, haben aber konkrete (gewaltförmige) Auswirkungen auf die Lebensrealitäten von Betroffenen. Antisemitismus und Rassismus, wie aktuell häufig passiert, gegeneinander auszuspielen oder eine Hierarchisierung des Leides der Betroffenen aufzumachen, steht jeglicher solidarischen Praxis und materialistischen Kritik entgegen.

Zusammenfassend: Zu oft wird Antisemitismusbekämpfung für eine politische und diskursive Agenda instrumentalisiert. Das geläuterte Deutschland hat die nationalsozialistische Vergangenheit bewältigt, fühlt sich als Aufarbeitungsweltmeister. Jetzt kann man sich dem Antisemitismus der anderen widmen. Deshalb kann man jetzt getrost als Deutsche auch wieder wer sein in der Welt. Deshalb ist man als bürgerlicher Staat die Spitze der Zivilisation. Eine antinationale #Staatskritik muss auch und gerade diesen nationalen Konsens in Deutschland und die Normalität bürgerlicher Verhältnisse angreifen.
9. Abschluss

Gegen die antisemitische Entmenschlichung von Jüdinnen:Juden wie auch gegen die rassistische Entmenschlichung von Palästinenser:innen und den falschen Widerspruch des Kampfs gegen Antisemitismus und gegen Rassismus treten wir ein für eine Linke mit dem Ziel universeller #Befreiung. Für uns wäre das ein Zustand, in dem man ohne Angst verschieden sein kann. Wir plädieren also für eine ideologiekritische, antinationale und antiautoritäre Linke. Wir müssen als Linke und Kommunist:innen ernstnehmen, dass sich in dieser Gesellschaft in allen Teilen der Bevölkerung, auch innerhalb der Linken, autoritäre Ideologien herausbilden, die Emanzipation entgegenstehen. Diese zu kritisieren und eine Praxis zu entwickeln, in der diese Ideologien sich auflösen können, durch die Perspektive einer vernünftig eingerichteten Gesellschaft, in der alle gut leben können, einem antiautoritären #Kommunismus, muss Aufgabe einer radikalen Linken sein. Dabei gilt es auch, Antisemitismus in seiner Besonderheit anzuerkennen als Ideologie, die auf Vernichtung von Jüdinnen:Juden zielt – gerade weil Antisemitismus oft unerkannt bleibt und sich gerne antikapitalistisch und rebellisch gibt. Das Ziel bleibt die Aufhebung von #Kapitalverwertung und #Nationalstaaten in einer kommunistischen Weltgesellschaft, die keine menschenfeindlichen Ideologien wie Antisemitismus mehr hervorbringt und die eine #Assoziation von Menschen auf freier und bewusster Basis, sowie von #Zwangssubjektivierungen befreite Identitätsbestimmungen, ermöglicht.

In diesem Sinne: Wir bleiben unversöhnlich.

Für eine antinationale, ideologiekritische und antiautoritäre Linke!

Gegen jeden Antisemitismus, für den Kommunismus.

Wir freuen uns auf konstruktive Fragen, Anmerkungen und Debattenbeiträge. Schreibt uns eine Mail an: info.antisemitismustext@systemli.org

verfasst von: Basisgruppe Antifaschismus Bremen, Eklat_MS, URA-Dresden, Antifa_nt München, Kritik&Praxis FFM, Redical [M] Göttingen, CAT Marburg, In/Progress Braunschweig

http://basisgruppe-antifa.org/wp/debattenbeitrag/
#antifa

taschenlampe@despora.de

Die Woken und die Rechten: Zwei Fäuste für die Gegenaufklärung?

Für die einen ist es der Inbegriff des Kampfes gegen Intoleranz. Für die anderen ist es eine engstirnige Verirrung, die die politische #Linke, ja die Gesellschaft insgesamt spalte. Das sind die Pole, die in der #Debatte über linke #Identitätspolitik aufeinandertreffen. Dabei dürfte sich die Frage eigentlich so nicht mehr stellen. Zu offensichtlich ist, dass dieser Ansatz – neuerdings auch als #Wokismus verhandelt – versagt. Als dominante Denkform im eher linken Spektrum, die zunächst in linken Nischen keimte und dann alle Mitte-Links-Parteien beeinflusste, trägt jene Identitätspolitik eine Mitverantwortung für die aktuelle Situation: Wäre sie eine effektive Sache gegen #Rechtsextremismus, gäbe es den #Rechtsruck nicht.

Die Frage ist daher vielmehr: Handelt es sich bei den Woken bloß um Akteure, die den Kräften von Rechtsaußen ungewollt in die Hände spielen, um »nützliche Idioten«, wie manche sagen? Oder stehen sie gar für eine Denkform, die regressive Momente mit dem Rechtsextremismus teilt – zum Leid der aufgeklärten, dialogfähigen Teile der Gesellschaft? Diesen Fragen geht der Club Volantaire nach, in dem zahlreiche Diskutanten zu klären versuchen, wie sich das Zusammenspiel zwischen den Woken und den Rechten genau gestaltet.

Hierzu sprachen am 24. November 2023 im Saalbau Gutleut zu Frankfurt am Main:

Till Randolf Amelung (Politischer Autor, u.a. Jungle World)
Jörg Finkenberger (Politischer Philosoph, Das Große Thier)
Chantalle El Helou (Politische Autorin, »Vom Queersexismus zur Emanzipation«)
Eszter Kováts (Politikwissenschaftlerin, Uni Wien)
Sinan Kurtulus (Youtuber, »Sinans Woche«)
Holger Marcks (Politischer Autor, soziale-republik.org)
Sebastian Schnelle (Podcaster, »Vorpolitisch«)

Moderation: Malte Clausen & Judith Faessler

#woke #rechte

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #linke #künstliche-widersprüche #klassenfrage #identitätspolitik #kulturkampf #rechte

Gegen rechte Identitätspolitik: Linke müssen den Kulturkampf annehmen, um ihn zu gewinnen

Ist eine „Diversity-Linke“ genau die Linke, die sich die Rechte wünscht? Über das Verhältnis von Sach- und Identitätspolitik beim Kampf gegen AfD & Co. (von Robert Misik)

Eine der schrägsten, bizarrsten, deswegen aber nicht minder verbreiteten Thesen ist: Die machten heute viel zu viel Identitätspolitik. Oder: Statt sich um Klasse zu kümmern, kümmern sie sich zu sehr um Identitätsfragen, um Diskriminierungen wegen Hautfarbe, Geschlecht, sexueller Orientierung. Auf diesem Feld der „Kulturkriege“ würden die Rechten gewinnen, zumindest aber hätten sie leichteres Spiel. Also: Die Linken laufen den Rechten ins Messer.

Figuren wie Sahra Wagenknecht garnieren die fragwürdige These noch mit der denunziatorischen Behauptung, dieses seien vor allem Themen einer saturierten „Lifestyle“-Linken, von Leuten mit dickem Bankkonto und schlechtem Gewissen. Ulkigerweise hat sie mit der Verbreitung dieser These im vergangenen Jahr 750.000 Euro eingenommen.

Schweinsbraten statt Pizza

Ein Blick auf die reale Welt zeigt: Niemand ist so auf Identitätspolitik fixiert wie die Rechtsparteien. Niemand ist so sehr besessen davon, jede x-beliebige Sachfrage in eine quasi-religiöse Gefühls- und Lebensstil-Angelegenheit zu verwandeln. Die Parteien der extremen Rechten haben es kultiviert, die der gemäßigten Rechten haben sich mittlerweile in einen Überbietungswettbewerb Richtung närrischer Identitätspolitik begeben.

Schon werden Demos gegen „die Heizungsideologie“ organisiert, bei denen es nicht nur um praktische Aspekte und Förderungsrichtlinien geht, sondern bei denen die Liebe zur Gas- und Ölheizung in eine Art Lebensstil-Marker verwandelt wird. Demnächst beten sie wahrscheinlich einen Öltank an. Folgerichtig halten Friedrich Merz und Markus Söder ostentativ Würstchen in die Kamera. Die sind, ähnlich wie der Öltank und Dieselmotor, längst ein Identitäts-Attribut, Ausweis des „Normalen“. Wer normal sein will, muss gegrillte Würstchen essen, schon die Salatbeilage steht im Wokeness-Verdacht.

Was mit einem Konservatismus geschieht, der ins Fahrwasser der Radikalisierung gerät, kann man längst in Österreich beobachten. So werden in Niederösterreichs Gemeinden jetzt gastronomische Nahversorger gefördert, aber nur, wenn sie überwiegend lokale Speisen anbieten: Schweinsbraten statt Pizza und Tiramisu! Die Konservativen beteuern, ihre Ultrarechts-Koalition sei eine Allianz für alle „Normaldenkenden“, und flugs wurde allen direkten und mittelbaren Landesinstitutionen das Gendern verboten.

Das Lustigste ist, dass sie bei der nächsten Bierzeltrede wohl gegen die „linksgrüne Verbotspolitik“ und deren „Tugendterror“ wettern werden. Es ist diese Geistesverwirrung, die auch Friedrich Merz dazu bringt, in den Grünen „den Hauptfeind“ zu sehen, statt in den Demokratiefeinden der AfD. „Feindbilder werden erfunden, Ideologien aus den USA importiert und über die sozialen Medien verbreitet“, beschrieb Nils Minkmar diese Politik der Paranoia unlängst in der Süddeutschen Zeitung. Er sieht bei den konservativen Akteuren „fehlenden Ernst“ und „die Bearbeitung mehr oder weniger erfundener Probleme“.

Konservative im Wettbewerb mit den Rechtsradikalen schaffen einen Echoraum und Verstärkungskammern, die immer den Radikalen nützen. Dass jede sachpolitische Frage in eine Lebensstil- und Identitätsfrage verwandelt wird, ist aber längst nicht das Ende vom Lied. Die jeweilige rechte Position wird in einem Prozess des Framings als die „normale“ Ansicht des sprichwörtlichen „kleinen Mannes“ behauptet. Dem säßen liberalen Eliten im Nacken, die ihn verachten und deswegen umerziehen wollen. Ihm wird von den Rechten gesagt: Es ist okay, wie du bist. Das ist zentral in dieser Strategie der „Verkulturkampfisierung“, wie Nils Markwardt in der Zeit angemerkt hat. Der Rechtsradikalismus und Krawallkonservatismus bespaßt breite Bevölkerungsteile mit antielitärem Unsinn, um hintenherum dieselben Bevölkerungsteile zum Vorteil der neoliberalen Eliten bequem ausplündern zu können.

Die Linke kann Kulturkämpfe gewinnen

Der Reflex vieler Linker ist, das Feld der Kulturkämpfe zu meiden, weil man sich damit auf das Terrain der rechten Radikalen begeben würde. Sowohl die Framing-Theorien als auch Heerscharen von Polit-Beratern haben schließlich gelehrt, dass man nicht das Spiel nach den Regeln des Gegners spielen, sondern möglichst sein eigenes Spiel machen sollte. Motto: Wenn die über Gendersterne reden, reden wir über Mieten und leistbares Wohnen. Wenn die über Migration reden, reden wir über Arbeitsmarkt und Mindestlohn. Eine Linke, die selbst von „kulturellen“ Fragen, von Gender-, sexueller Orientierung, Hautfarbe, Diskriminierung, Trans-, kurzum: von „Diversität“ besessen ist, liefere genau „jene Art der Linken, die die Rechte wünscht“, lautet nach Walter Benn Michaels die Kritik.

Das ist nicht falsch, hat aber Schwächen. Erstens: Die Kulturkämpfe gehen nicht weg, wenn man sie nicht führt. Die Rechten können, wie wir sehen, alles in ein Identitätsthema verwandeln, sogar die klammheimliche Sympathie mit einem Wladimir Putin. Als Politiker:in kann man sich noch so fest vornehmen, sich nicht auf dieses Terrain zwingen zu lassen, aber man wird von der Presse danach gefragt, in Streitgesprächen konfrontiert. Schweigen ist keine praktikable Option.

Zweitens: Rechter Gefühlspolitik wird man nicht allein mit linker Sachpolitik beikommen können. Identitätspolitik stiftet starke Gemeinsamkeitsgefühle und damit Identifizierung.

Drittens: Der Reflex des Ausweichens signalisiert Schwäche. Er beruht auf der Annahme, dass progressive Überzeugungen und Werte dermaßen minoritär seien, dass man eine öffentliche Auseinandersetzung darüber nie gewinnen würde. Was aber, wenn diese Annahmen zu pessimistisch und von falschen Vorannahmen getragen sind? Langfristige Wertestudien haben den paradoxen Sachverhalt zutage befördert, dass die heutigen Gesellschaften immer progressiver und liberaler werden, und gerade dieser Umstand zu einem Backlash führt, zu einer Gegenreaktion. Simpel gesagt: Weil progressive Werte allmählich majoritär werden, fühlen sich Menschen mit konservativen und konventionellen Ansichten abgedrängt.

Sektiererei bleibt ein Problem

Sozialdemokratische und andere Linksparteien performen bei Wahlen dann am besten, wenn sie ökonomisch markant links sind (also einen schützenden Staat präferieren und die Sackgasse des „Dritten Weges“ hinter sich lassen) und in gesellschaftspolitisch-kulturellen Fragen links-progressiv. Von nichtkonventionellen Lebensstilen über Fragen sexueller Orientierung, aber auch mit Blick auf die multikulturelle Realität unserer Gesellschaften zeigt sich: Linke und progressive Werte sind keineswegs automatisch in der Minderheit sind. Forderungen, die vor vierzig Jahren nur „verrückte Emanzen“ vertreten haben, sind heute Konsens. Respekt für jeden, dass man niemanden diskriminieren soll, dieses tolerante „Leben und leben lassen“ – alles heute Mainstream und weitgehend akzeptiert.

Das Problem der Linken ist also sicherlich nicht „Identitätspolitik“, sondern allenfalls eine Identitätspolitik, die spaltet. Nicht die Themen sind das Problem, die heute so üblicherweise mit dem Label Wokeness versehen werden, sondern die sektiererische Weise, in der sie manchmal vertreten werden. Wer die Latte für Übereinstimmung so hoch legt, dass nur eine kleine Minderheit zustimmt, und dann alle anderen als Halbfaschisten beschimpft, wird wahrscheinlich keine breite gesellschaftliche Allianz hinbekommen.

Die Kulturkämpfe sind zu gewinnen, wenn man die Konfliktlinien richtig definiert und potenzielle Alliierte nicht ins Lager der Gegner treibt.

Die Linke war immer dann erfolgreich, wenn sie soziale und materielle Forderungen, Wohlfahrt und Fortschritt für die arbeitenden Klassen mit Forderungen nach mehr Demokratie, Liberalität und Modernität verband. Genauer: Wenn sie auch eine Art von Gefühlspolitik betrieb. Wenn sie ein Bild einer künftigen Welt zeichnete, in der alle ein besseres Leben führen, in der das kulturelle und geistige Niveau aller gehoben ist, in der Emanzipation verwirklicht ist und alle ihre Talente entwickeln können. In der die Kinder mit Liebe und Zuneigung erzogen werden statt mit Drohungen, autoritärem Getue und Rohrstock.

Was für die Vergangenheit galt, gilt auch heute: Es ist keineswegs aussichtslos, für die eigenen Werte einzutreten und sie kämpferisch zu verteidigen. Im Gegenteil: Es ist absurd, zu glauben, man könne sich davonstehlen, die eigenen Werte nicht verteidigen und hoffen, sich zu Mehrheiten zu schwindeln.
- https://www.freitag.de/autoren/robert-misik/rechtsparteien-lieben-den-kulturkampf-linke-muessen-ihn-trotzdem-fuehren

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #gesellschaft #kultur #wirtschaft #winnetou #karl-may #first-nations #identitätspolitik #energiepolitik #wertewesten #frackinggas #eu #kanada #usa #kapitalismus #umweltzerstörung #land #klimakatastrohe

Was würde Winnetou dazu sagen?

Alle sind heute "Indianerfreunde". Ob nun jene, die sich für die Rechte und Identität der First Nations einsetzen, oder jene Karl May-Jünger:innen, die sich ihren Jugendtraum vom "Indianersein" nicht nehmen lassen wollen.

Wenig verwunderlich aber bestürzend bei all dem ist, dass diese riesig aufgeblähte Diskussion zu einem Zeitpunkt stattfindet in der die Herrschenden hier vehement darauf drängen gegen die Proteste der indigenen Bevölkerung in Kanada, den USA und Lateinamerika Fracking-Gas und Öl einzukaufen. Dabei werden die letzten Lebensräume der Menschen dort zerstört, vergiftet und unbewohnbar gemacht.

Aber wen stört das schon. Während hier darüber diskutiert wird, ob Karl May Rassist war, oder auch nicht. Fragt die Menschen, die heute um ihr Land und ihre Zukunft kämpfen. Nicht nur für sich selbst, sondern auch gegen die Klimakatastrophe, die uns alle betrifft.
- https://grist.org/climate-energy/native-american-groups-increasingly-at-the-center-of-fights-over-oil-and-gas/
- https://www.klimareporter.de/deutschland/kanzler-zum-gas-shopping-in-kanada-erwartet
- https://www.pressenza.com/de/2022/09/die-fluessiggas-nato/
- https://www.theguardian.com/us-news/2020/jun/10/new-mexico-fracking-navajo-indian-country
- ....

Amerikanische Ureinwohner stehen zunehmend im Mittelpunkt der Kämpfe um Öl und Gas

Im 17., 18. und frühen 19. Jahrhundert raubten die europäischen Siedler den amerikanischen Ureinwohnern viel Land. Sie töteten sie, betrogen sie und raubten ihnen den größten Teil des Kontinents. Aber sie machten einen Fehler. Damals war gutes Land fruchtbares Land für den Anbau von Feldfrüchten. Die Great Plains und der innere Westen - trocken, staubig, im Winter eiskalt und im Sommer brütend heiß - hatten wenig zu bieten.

Jetzt aber gieren die Europäer und ihre Nachfahren nach Öl und Gas, um Strom, Wärme und Treibstoff für Verbrennungsmotoren zu gewinnen. Und raten Sie mal, wo viel davon zu finden ist? Auf Stammesland oder in dessen Nähe, so dass Leitungen, Schienen oder Straßen durch dieses Land verlegt werden müssen.

Sie sehen, wohin das führt. Konzerne und willfährige lokale Beamte - das heutige Äquivalent zu Konquistadoren und europäischen Kronen - versuchen, die Kontrolle über das zu erlangen, was von dem Land der indigenen Völker übrig geblieben ist.

"Im Westen Kanadas sind in den nächsten zehn Jahren mehr als 600 große Rohstoffprojekte im Wert von 650 Milliarden Dollar geplant, aber die Beziehungen zu den Ureinwohnern könnten ein großes Hindernis für diese Entwicklungen darstellen", berichtet die Toronto Globe and Mail.

olladij@diaspora.permutationsofchaos.com

Abolitionist*innen würden sagen, dass Polizeigewalt, die #Gewalt karzeraler Regime sowie Grenzgewalt gar nicht unabhängig von race zu denken sind. Race ist demnach ein zentraler Teil nicht nur der Legitimationsnarrative dieser Institutionen, sondern auch der tatsächlichen Funktionsweisen. Demnach muss dieser Faktor immer mitgedacht werden. Wenn man das nicht macht, dann verpasst man ein wichtiges Element der Macht- und #Herrschaft|slogiken. Besonders spannend ist meiner Meinung nach daran, dass der #Abolitionismus diese komplett bescheuerte Gegenüberstellung von #Klassenkampf versus #Identitätspolitik aufbricht, wie man sie in vielen linken Debatten zurzeit beobachten kann. Abolitionismus geht ganz selbstverständlich davon aus, dass die Kategorien von #class, #race, #gender und anderen Unterdrückungsmechanismen integral zusammengehören und sie nicht erst im Nachhinein miteinander addiert werden müssen. Deshalb ist es auch ein wenig irreführend, wenn man den Abolitionismus jetzt nur auf race abstellt, weil dieser immer schon die Kombination mindestens aus Klassenposition und Gender mitdenkt. Betrachtet man beispielsweise die Praxis der Inhaftierung, wird offensichtlich, dass die Einsperrung fast ausschließlich arme Menschen betrifft und deswegen wesentlich auch eine Klassenfrage ist. Außerdem ist für den Abolitionismus klar, dass die Auswirkungen von Inhaftierung nicht an den Gefängnismauern aufhören – auch wenn weitaus weniger #Frauen eingesperrt sind als Männer, hat das Gefängnissystem Auswirkungen auf das Leben von Frauen, weil diese die Hauptarbeit in den zurückgelassenen Communities machen.

https://www.philomag.de/artikel/was-ist-abolitionismus-herr-loick #polizei #gewalt #gefängnis #arbeit #ausbeutung #gesellschaft #frontex #migration #rassismus #feminismus #usa #brd #europa #militarismus #krieg #blm #waffen

mme_de_faune@nerdpol.ch

Die Kampagne gegen Ferda #Ataman hat auch etwas Gutes. Seit am 15. Juni 2022 bekannt wurde, dass das Bundeskabinett sie für die Position der Bundesbeauftragten für #Antidiskriminierung vorschlagen wird, tobt eine Kampagne gegen Ataman. Die Vorwürfe sind durchweg immer dieselben: Sie habe Deutsche als „Kartoffel“ beleidigt. Sie habe Horst Seehofer des Rassismus bezichtigt. Sie habe die Berichterstattung über #Clan-Kriminalität mit einem Negativpreis ausgezeichnet. Sie habe sich in ihrer Arbeit nicht zu Ehrenmorden, Zwangsehen, „Clan-Kriminalität“, #Rassismus unter Migranten, #Schwulenfeindlichkeit im #Islam und #Antisemitismus unter #Muslimen geäußert. Sie wäre der Meinung, dass nur weiße Deutsche rassistisch sein könnten. Sie würde #Identitätspolitik betreiben – was auch immer das ist.

An den zahlreichen Kolumnen, Interviews und Streitgesprächen lässt sich – und das ist das Gute – der Zustand der deutschen Medienlandschaft einigermaßen präzise feststellen: Er ist schlecht. Sehr schlecht. [...]

https://stephananpalagan.de/2022/07/06/die-verleumdung-der-ferda-ataman/

#BundesbeauftragteFürAntidiskriminierung #FerdaAtaman #Kartoffeln

mme_de_faune@nerdpol.ch

[…] Politische Konflikte entstammen also nicht mehr nur zwei Polen. Nicht mehr nur die Kapitalisten und ihre Freunde gegen die arbeitenden und armen Menschen und ihre Freund*innen, sondern es ist ein dritter Pol dazugekommen: Der Pol der #Emanzipation. Jede dieser Seiten kann mit der anderen zusammenarbeiten. So habe die Seite des Marktes mit dem moderaten Flügel der Seite der Emanzipation zusammengearbeitet. Dieser zeigt sich beispielhaft, wenn Apple sich damit schmückt, die LGBTQ-Communities zu unterstützen, während die Firma unter so ausbeuterischen Bedingungen ihre Waren herstellen lässt, dass die Arbeitenden sich vom Fabrikdach stürzten. Sie verpassen sich damit einen regenbogenfarbigen Glanz.

Progressiver #Neoliberalismus ist der Teil von Frasers Kritik, der mit viel Mühe zu Wagenknechts Fantasiegebilde einer „Lifestyle-Linken“ passt. Nur dass Fraser damit eher die Politik von Menschen wie Bill Clinton oder Justin Trudeau meinte, die ganz eindeutig ihre neoliberale Politik gerne regenbogenfarben anstreichen. Gegen den Großteil der Linken ist die #Kritik aber so nicht gerichtet. Denn der Unterschied ist der: Fraser sagt, die Trennung von sozialem Schutz und Emanzipation ist das Problem. Genau diese Trennung propagieren ja Leute wie Wagenknecht und Rechte wie Poschardt. Dagegen sind die meisten, die für diskriminierungsfreie Sprache kämpfen, stärker auch für Umverteilung.

[…]
Fraser erklärt aber, dass es keinen Grund gebe, den Verlust des alten ,Double Movement‘ zwischen den Marktkräften und des sozialen Schutzes zu betrauern, wie es Leute wie Wagenknecht tun. Die traditionellen Kräfte des sozialen Schutzes waren in sich vielfach hierarchisch und unterdrückerisch organisiert. Deren Unschuld sei für immer zerstört. Von nun an gebe es keinen Schutz ohne Emanzipation. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben: Wer nur die deutsche, weiße, männliche Arbeiterklasse ansprechen will, kommt nicht mehr weit und verstrickt sich in Widersprüche. Wer Emanzipation ohne soziale Gerechtigkeit denkt, kommt ebenfalls nicht weiter. Beides gehört zusammen. […]

https://houssamhamade.net/2021/11/19/wenn-wagenknecht-fraser-wirklich-lesen-wurde-musste-sie-in-flammen-aufgehen/#more-1360

#ATripleMovement #SahraWagenknecht #NancyFraser #linkePolitik #Identitätspolitik #Gesellschaft #Kapitalismus #SozialeGerechtigkeit