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25.02.2023 Den Frieden gewinnen, nicht den Krieg
Viele Friedensdemos zum Jahrestag des Ukraine-Kriegs

Tausende Berlinerinnen und Berliner haben sich gestern auf mehreren Demonstrationen für Frieden in der Ukrainer eingesetzt. Über 20.000 Menschen setzten ebenfalls mit einer Menschenkette zwischen den Städten Münster und Osnabrück - den Städten, in denen 1648 der Westfälische Frieden ausgehandelt wurde - ein Zeichen für eine friedliche Lösung des Konflikts. In dieser Menschenkette dabei waren auch unsere UnterstützerInnen, die sich mit mehreren Ausstellungen der Drohnen-Quilts in Euskirchen, Münster und Köln bereits für eine Ächtung der mörderischen Drohnenkriege eingesetzt haben.

Hier in Berlin versammelten sich die Menschen am Brandenburger Tor, um nach 12 Monaten Krieg in der Ukraine endlich Wege zum Frieden zu fordern. Im Aufruf der Friko heißt es eindeutig:

Durch die Lieferung von immer mehr und immer schwereren Waffen in die Ukraine eskaliert auch die deutsche Regierung diesen Krieg, tötet und verletzt immer mehr Menschen, zwingt sie zur Flucht, zerstört das Land und macht Deutschland zur Kriegspartei. Die Gefahr der Ausweitung des Krieges auf ganz Europa wächst von Tag zu Tag. Zugleich verschärft der Wirtschaftskrieg gegen Russland durch ständig erweiterte Sanktionen die Lage – auch hier für uns: Rasant gestiegene Energie- und Lebensmittelpreise treffen uns alle.

Die geplante Aufrüstung der Bundeswehr mit jährlich bis zu 100 Milliarden EURO dient nicht dem Frieden, vielmehr erhöht sie die Spannungen und wird für uns alle Kürzungen im sozialen Bereich bringen. Die deutsche Regierung ist verpflichtet, zum Wohl der Bevölkerung zu handeln, ihren Nutzen zu mehren und Schaden von ihr zu wenden. Dazu verpflichten sich ihre Mitglieder mit ihrem Amtseid. Wir verlangen nun von der Bundesregierung:

  • Stoppen Sie alle Waffenlieferungen in die Ukraine!
  • Setzen Sie sich mit aller Kraft für einen Waffenstillstand und Verhandlungen ohne Vorbedingungen ein! Wirken Sie in diesem Sinn auch auf den US-amerikanischen „Partner“ ein!
  • Beenden Sie den Wirtschaftskrieg gegen Russland!
  • Stoppen Sie die Aufrüstungspläne und investieren Sie alle dafür vorgesehenen Gelder zu unser aller Wohl: für Bildung, Wohnen, Gesundheit, Mobilität, Umwelt- und Klimaschutz!
  • Wahren Sie unser Grundrecht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

Neben den Rednern der beteiligten Bündnispartner sprach auch Hans-Jürgen Rose, ehemaliger Oberstleutnant der Bundeswehr und SPD-Mitglied. Er verweigerte 2007 als erster Soldat der Bundeswehr aus Gewissensgründen seine Beteiligung am Tornado-Einsatz in Afghanistan und ist Vorstandsmitglied des der Friedensbewegung nahestehenden Arbeitskreises Darmstädter Signal. In seiner Ansprache legte er Wert auf die historischen Ursprünge des Ukraine-Konflikts. Um nicht als "Putin-Freund" verunglimpft zu werden, berief er sich in seinen Argumenten ausschließlich auf Zitate von US Sicherheitsberater Meadows, eines US Präsidenten und von Papst Franziskus.

Wir werden seine wichtige Rede hier zitieren, sobald sie vorliegt.

Eindrucksvoll war auch ein Banner, welches auf das Massaker an über 40 Gewerkschaftler nach der Mai-Demonstration 2014 in der ukrainischen Stadt Odessa hinwies. Faschistische Banden hatten das Gewerkschaftshaus angezündet, in das sich die Menschen geflüchtet hatten und die Polizei sah tatenlos zu, wie der Spiegel schreibt.

Heute, am Sa. 25.2. gibt es ab 14h eine weitere große Friedensdemonstration am Brandenburger Tor. Seid dabei!

Mehr dazu bei http://frikoberlin.de/
und alle unsere Artikel zum Krieg https://www.aktion-freiheitstattangst.org/cgi-bin/searchart.pl?suche=Russl+Ukraine&sel=meta
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Tags: #Russland #Ukraine #Kundgebung #Friko #DarmstädterSignal #Rose #Münster #SchuleohneMilitär #Atomwaffen #Militär #DrohnenQuilts #Bundeswehr #Aufrüstung #Waffenexporte #Drohnen #Frieden #Krieg #Friedenserziehung #Menschenrechte #Zivilklauseln #Demo

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #krieg #ukraine #russland #nato #gesprächsgrundlage #verhandlungen #frieden #china #dokumentation #wortlaut #übersetzung

Chinas Position zur politischen Beilegung der Ukraine-Krise (24-02-2023)

  1. Respektierung der Souveränität aller Länder. Das allgemein anerkannte Völkerrecht, einschließlich der Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen, muss strikt eingehalten werden. Die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit aller Länder muss wirksam gewahrt werden. Alle Länder, ob groß oder klein, stark oder schwach, reich oder arm, sind gleichberechtigte Mitglieder der internationalen Gemeinschaft. Alle Parteien sollten gemeinsam die grundlegenden Normen für die internationalen Beziehungen aufrechterhalten und für internationale Fairness und Gerechtigkeit eintreten. Die gleichmäßige und einheitliche Anwendung des Völkerrechts ist zu fördern, während doppelte Standards abgelehnt werden müssen. 

  2. Abkehr von der Mentalität des Kalten Krieges. Die Sicherheit eines Landes sollte nicht auf Kosten anderer Länder angestrebt werden. Die Sicherheit einer Region sollte nicht durch die Stärkung oder Ausweitung von Militärblöcken erreicht werden. Die legitimen Sicherheitsinteressen und -belange aller Länder müssen ernst genommen und angemessen berücksichtigt werden. Es gibt keine einfache Lösung für ein komplexes Problem. Alle Parteien sollten gemäß der Vision einer gemeinsamen, umfassenden, kooperativen und nachhaltigen Sicherheit und mit Blick auf den langfristigen Frieden und die Stabilität in der Welt dazu beitragen, eine ausgewogene, effektive und nachhaltige europäische Sicherheitsarchitektur zu schaffen. Alle Parteien sollten sich dem Streben nach eigener Sicherheit auf Kosten der Sicherheit anderer widersetzen, eine Blockkonfrontation verhindern und sich gemeinsam für Frieden und Stabilität auf dem eurasischen Kontinent einsetzen.

  3. Beendigung der Feindseligkeiten. Konflikte und Kriege sind für niemanden von Vorteil. Alle Parteien müssen rational bleiben und Zurückhaltung üben, es vermeiden, die Flammen zu schüren und die Spannungen zu verschärfen, und verhindern, dass sich die Krise weiter verschlechtert oder gar außer Kontrolle gerät. Alle Parteien sollten Russland und die Ukraine dabei unterstützen, in die gleiche Richtung zu arbeiten und den direkten Dialog so schnell wie möglich wieder aufzunehmen, um die Situation schrittweise zu deeskalieren und schließlich einen umfassenden Waffenstillstand zu erreichen. 

  4. Wiederaufnahme der Friedensgespräche. Dialog und Verhandlungen sind die einzige praktikable Lösung für die Ukraine-Krise. Alle Bemühungen, die zu einer friedlichen Beilegung der Krise beitragen, müssen gefördert und unterstützt werden. Die internationale Gemeinschaft sollte sich weiterhin für den richtigen Ansatz zur Förderung von Friedensgesprächen einsetzen, den Konfliktparteien dabei helfen, so bald wie möglich die Tür zu einer politischen Lösung zu öffnen, und Bedingungen und Plattformen für die Wiederaufnahme von Verhandlungen schaffen. China wird in dieser Hinsicht weiterhin eine konstruktive Rolle spielen. 

  5. Beilegung der humanitären Krise. Alle Maßnahmen, die dazu beitragen, die humanitäre Krise zu lindern, müssen gefördert und unterstützt werden. Humanitäre Maßnahmen sollten den Grundsätzen der Neutralität und Unparteilichkeit folgen, und humanitäre Fragen sollten nicht politisiert werden. Die Sicherheit der Zivilbevölkerung muss wirksam geschützt werden, und es sollten humanitäre Korridore für die Evakuierung der Zivilbevölkerung aus den Konfliktgebieten eingerichtet werden. Es müssen Anstrengungen unternommen werden, um die humanitäre Hilfe in den betroffenen Gebieten zu verstärken, die humanitären Bedingungen zu verbessern und einen schnellen, sicheren und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe zu gewährleisten, um eine humanitäre Krise größeren Ausmaßes zu verhindern. Die Vereinten Nationen sollten bei der Koordinierung der humanitären Hilfe für die Konfliktgebiete unterstützt werden.

  6. Schutz von Zivilisten und Kriegsgefangenen (POWs). Die Konfliktparteien sollten sich strikt an das humanitäre Völkerrecht halten, Angriffe auf Zivilisten oder zivile Einrichtungen vermeiden, Frauen, Kinder und andere Opfer des Konflikts schützen und die Grundrechte der Kriegsgefangenen achten. China unterstützt den Austausch von Kriegsgefangenen zwischen Russland und der Ukraine und fordert alle Parteien auf, günstigere Bedingungen für diesen Zweck zu schaffen.

  7. Sicherheit von Kernkraftwerken. China lehnt bewaffnete Angriffe auf Kernkraftwerke oder andere friedliche kerntechnische Anlagen ab und fordert alle Parteien auf, das Völkerrecht, einschließlich des Übereinkommens über nukleare Sicherheit, einzuhalten und von Menschen verursachte nukleare Unfälle entschlossen zu vermeiden. China unterstützt die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) dabei, eine konstruktive Rolle bei der Förderung der Sicherheit friedlicher Nuklearanlagen zu spielen.

  8. Verringerung der strategischen Risiken. Atomwaffen dürfen nicht eingesetzt und Atomkriege dürfen nicht geführt werden. Die Androhung oder der Einsatz von Atomwaffen sollte abgelehnt werden. Die Weiterverbreitung von Kernwaffen muss verhindert und eine nukleare Krise vermieden werden. China lehnt die Erforschung, Entwicklung und den Einsatz von chemischen und biologischen Waffen durch jedes Land unter allen Umständen ab.

  9. Erleichterung der Getreideexporte. Alle Parteien müssen die von Russland, der Türkei, der Ukraine und den Vereinten Nationen unterzeichnete Schwarzmeer-Getreide-Initiative in ausgewogener Weise vollständig und wirksam umsetzen und die Vereinten Nationen dabei unterstützen, eine wichtige Rolle in dieser Hinsicht zu spielen. Die von China vorgeschlagene Kooperationsinitiative zur globalen Ernährungssicherheit bietet eine praktikable Lösung für die weltweite Nahrungsmittelkrise.

  10. Beendigung einseitiger Sanktionen. Einseitige Sanktionen und maximaler Druck können das Problem nicht lösen; sie schaffen nur neue Probleme. China lehnt einseitige, vom UN-Sicherheitsrat nicht genehmigte Sanktionen ab. Die betroffenen Länder sollten aufhören, einseitige Sanktionen und die "weitreichende Gerichtsbarkeit" gegen andere Länder zu missbrauchen, um ihren Teil zur Deeskalation der Ukraine-Krise beizutragen und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Entwicklungsländer ihre Wirtschaft ausbauen und die Lebensbedingungen ihrer Bevölkerung verbessern können.

  11. Aufrechterhaltung der Industrie- und Lieferketten. Alle Parteien sollten sich ernsthaft für den Erhalt des bestehenden Weltwirtschaftssystems einsetzen und sich dagegen wehren, die Weltwirtschaft als Werkzeug oder Waffe für politische Zwecke zu benutzen. Es bedarf gemeinsamer Anstrengungen, um die Auswirkungen der Krise abzumildern und zu verhindern, dass sie die internationale Zusammenarbeit in den Bereichen Energie, Finanzen, Lebensmittelhandel und Verkehr stört und die weltweite wirtschaftliche Erholung untergräbt.

  12. Förderung des Wiederaufbaus nach Konflikten. Die internationale Gemeinschaft muss Maßnahmen ergreifen, um den Wiederaufbau nach Konflikten in Konfliktgebieten zu unterstützen. China ist bereit, dabei Hilfe zu leisten und eine konstruktive Rolle zu spielen.

deutschewelle@squeet.me
utzer@social.yl.ms

Für die Aktion mit dem #Panzer vor der russichen Botschaft in #Berlin, die @Enno Lenze :verified: maßgeblich mit organisiert hat, kann man auch spenden, hier der Spendenlink:
https://spende.app/o/9773c5d5-b14e-487c-91e8-5ca333ce4306
Siehe auch hier wo er den Spendenlink geteilt hat:
https://twitter.com/ennolenze/status/1628663944352088069

Ich habe schon gespendet.

#Ukraine #SlavaUkraini #Russland


Enno Lenze :verified: - 2023-02-22 09:04:51 GMT

Am 24.02. soll der russische Panzer vor der russischen Botschaft in Berlin stehen. Zerstört wurde er in der Schlacht um Kyiv. Erst jetzt ist klar, dass es wirklich klappt. Hier erkläre ich mal die gesamte wirre Geschichte: https://www.berlinstory-news.de/wie-der-russische-panzer-nach-berlin-kommt/
Bild/Foto

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #krieg #ukraine #russland #nato #linke #verhandlungen #frieden

Die billigen Argumente der moralisch erhabenen Waffenfetischisten, jede abweichende Meinung sei naiv oder zynisch, sind nervenaufreibend, lassen sich aber mühelos parieren. Tatsächlich naiv ist es, zu glauben, die Atommacht Russland ließe sich kurzerhand mit westlichen Waffen besiegen, und dann dürften sich alle wieder des Weltfriedens erfreuen. Die Ukraine wird nach dem großen Blutvergießen als ökonomisch nicht überlebensfähiger Staat noch lange mit seiner Abhängigkeit seinen Preis für den westlichen Beistand im Krieg zu zahlen haben. Zynisch wiederum ist es, die Fortführung des Krieges als alternativlos darzustellen, solange man selbst in sicherer Entfernung sitzt und andere mit dem Leben bezahlen lässt.

Linke, die auf schwer durchschaubare rechte Positionen im Ukraine-Konflikt reagieren, indem sie Waffenlieferungen gutheißen, haben, oft ohne es zu merken, längst jegliche linken Überzeugungen aufgegeben und sind eigentlich nicht mehr ernst zu nehmen. Und auch dem Letzten, der gestern noch vorgab, ein offenes Ohr für die Wünsche der Opfer zu haben, sollte so langsam dämmern, wohin das führt, wenn von offizieller ukrainischer Seite Phosphorbomben und Streumunition eingefordert werden.

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #krieg #ukraine #russland #nato #globaler-süden #neutralität #verhanlungen #frieden

Herunter vom hohen Ross westlicher Werte. Wie wäre es mal auf die Vertreter:innen der Mehrheit der Menschheit zu hören.

Krieg in der Ukraine: Wie die Welt ihn sieht

Neutralität: China, Indien, Indonesien, Brasilien, Kolumbien und auch andere Länder lassen sich auch ein Jahr nach Kriegsausbruch von keiner Konfliktpartei vereinnahmen. Ein Blick über Europas Grenzen hinaus zeigt andere Perspektiven auf Russlands Krieg

  • von Lutz Herden, Christian Wagner, Sabine Kebir, Niklas Franzen

China: Verhaltene Parteinahme

Allzu sehr ist die chinesische Außenpolitik auf friedliche Koexistenz und Respekt vor der UN-Charta bedacht, als dass sie den russischen Krieg in der Ukraine anstandslos billigen würde. Im Gegenteil, sie tut sich schwer damit. Und das unverkennbar. Allein das Risiko eines ausufernden Konflikts mit der NATO beunruhigt, weil der bei einer nach oben offenen Eskalationsskala über die nukleare Schwelle driften könnte. Gilt die Formel von Präsident Xi Jinping von der „verantwortungsvollen Weltmacht“, wäre womöglich mehr Äquidistanz zu den Kriegsparteien angebracht.

Stattdessen lässt sich verhaltene Parteinahme für Wladimir Putin schwerlich leugnen. Dem dürfte die Annahme zugrunde liegen, dass eine russische Niederlage China in der systemischen Rivalität mit den USA schaden würde. Die Volksrepublik kann es sich nicht leisten, aus der Komfortzone eines Unbeteiligten heraus zu verfolgen, wie Russland verliert. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz hat denn auch Ex-Außenminister Wang Yi eine Friedensinitiative versprochen, die man zum ersten Jahrestag des Krieges verkünden werde.

Als sich Xi Jinping und Wladimir Putin Mitte September 2022 im usbekischen Samarkand während des Gipfels der Shanghai Cooperation Organisation (SCO) trafen, dankte Russlands Staatschef für die „ausbalancierte Haltung der chinesischen Freunde in der ukrainischen „Krise“ und sprach von einem „außenpolitischen Tandem“, was sein Gegenüber so nicht zurückgeben wollte. Doch brachte Xi seine politische Fürsprache für Russland in einem Moment zum Ausdruck, als dessen Armee im Raum Charkiv an Boden verlor. Nach dieser Begegnung war in der Rhetorik Putins die Drohung mit einem Atomschlag seltener zu hören. Nun hieß es etwa in der Rede vor dem Verteidigungsministerium in Moskau am 21. Dezember: „Kernwaffen sind die Hauptgarantie für die Bewahrung unserer Souveränität und territorialen Integrität“.

Wie China seine Akzente setzt, wurde deutlich, als Li Zhanshu – Vorsitzender des Ständigen Ausschusses im Nationalen Volkskongress und so die Nr. 3 in der staatlichen Hierarchie nach Xi und Premier Li Keqiang – beim Moskau-Besuch am 11./12. September die russische Diktion übernahm und von einer „militärischen Spezialoperation“ in der Ukraine sprach, für die es Gründe gäbe. Während russische Medien dies wohlwollend zitierten, wurden Lis Aussagen in China zurückhaltender oder gar nicht wiedergegeben. Das Geschick der Biden-Administration – sei es bei der Taiwan-Frage oder der „Ballon-Affäre“ – hat Anteil daran, dass China Russland nicht fallen lässt.

Lutz Herden

Brasilien: Lula schickt keine Munition

Einen „Friedensklub“ will Brasiliens Präsident „Lula“ da Silva gründen und zusammen mit China im Ukrainekrieg vermitteln. Im Westen wurde darauf reserviert, teils mit Häme reagiert. Was viele nicht wissen: Während seiner ersten Amtszeit – sie währte von 2003 bis 2011 – war Lula durchaus gefragt, um Konflikte zu entschärfen, beim Atomstreit mit dem Iran ebenso wie zwischen den USA und Venezuela.

Im Mai 2022 hatte ein Interview mit dem US-Magazin Time für Aufsehen gesorgt, bei dem Lula zu verstehen gab, für ihn sei Ukraine-Präsident Wolodymyr Selenskyj „genauso verantwortlich“ für den Krieg wie Russlands Wladimir Putin. Man müsse mehr über Hintergründe des Konflikts sprechen. Während des Besuchs von Kanzler Olaf Scholz im Januar zitierte Lula ein brasilianisches Sprichwort: „Wenn einer nicht will, können zwei nicht streiten.“ Mit Blick auf Russland meinte er, das Land habe „den klassischen Fehler begangen, in das Territorium eines anderen Landes einzudringen“, deshalb verurteile er zusammen mit Scholz den russischen Angriff. Dies änderte jedoch nichts an der Absage an die NATO, die Artilleriemunition für die ukrainische Armee gefordert hatte. Bei einem Besuch in Washington Ende Januar verteidigte Lula seine Entscheidung. „Würde ich die Munition schicken, würde ich mich in den Krieg einmischen“, sagte er CNN. „Ich will in keinen Krieg eintreten. Ich will den Frieden.“ Auch andere südamerikanische Staatschefs halten sich in ähnlicher Weise gegenüber der Ukraine bedeckt. Kolumbiens linker Präsident Gustavo Petro erklärte, kein russisches Militärgerät, das von der eigenen Armee genutzt werde, in die Ukraine lotsen zu wollen. Ebenso verweigert sich Argentiniens Mitte-Links-Präsident Alberto Fernández einem Waffentransfer. Nur Chiles linker Regierungschef Gabriel Boric will Kiew Schiffe zu Verfügung stellen, um Minen im Schwarzen Meer zu räumen.

Trotz ihres Interesses an einem kooperativen Verhältnis zur EU wollen sich die meisten Staaten des Subkontinents im Ukraine-Konflikt auf keine Seite schlagen. Ihre Außenpolitik folgt einer multipolaren Agenda: Abhängigkeiten von den Großmächten verhindern, stattdessen einen gleichen Abstand wahren und beachten, dass es wirtschaftliche und politische Verbindungen mit Russland wie mit China gibt. Ganz abgesehen davon, dass in der lateinamerikanischen Linken aufgrund der eigenen Geschichte ein tiefes Misstrauen gegenüber den USA besteht. Während der Ukrainekrieg in Europa medial weiter Topthema ist, steht er in Südamerika nur selten im Fokus. Europa ist für viele weit weg.

Niklas Franzen

Algerien: Missverständnis vor der Garküche

Von Anfang an beharrt Algerien im Ukrainekrieg auf Neutralität. Als ich im November in die winzige Garküche „Chez Rebouh“ in Algier treten wollte, wo man aus siedendem Öl gehobene Knuspersardinen bekommt, wurde ich von zwei Passantinnen zurückgehalten. „Sind Sie Russin?“, wurde ich gefragt und kassierte mit meinem Nein eine leichte Enttäuschung. Selten war das seit der Unabhängigkeit 1962 mit Algerien verbündete Russland – früher die Sowjetunion – so angesehen wie heute. Die Bevölkerung ist vom Westen zutiefst enttäuscht, seit den Kriegen im Irak, in Syrien, Libyen und Afghanistan, die „failed states“ hinterließen. Ebenso stößt der westliche Unwille ab, etwas für die Lösung der Konflikte zwischen Israelis und Palästinensern wie um die Westsahara zu tun. Dass Marokko die Westsahara und Israel die Golan-Höhen sowie Ostjerusalem annektiert haben, verhindert die offizielle Anerkennung der russischen Annexion ukrainischer Gebiete durch Algerien.

Als im Mai 2022 ein NATO-Gesandter Armeechef Said Chengriha nahelegte, Russland zu verurteilen, antwortete der, dass Algerien neutral bleibe und auf gleichen Maßstäben beim Umgang mit UN-Beschlüssen bestehe. Auf einer Konferenz der Mittelmeerstaaten im Dezember bekräftigte Außenminister Ramtane Lamamra, dass sein Land die russische Invasion weder billigen noch verdammen werde. Auch er beschuldigte die westlichen Staaten, bei der Annexion ukrainischer Gebiete andere Maßstäbe walten zu lassen als im Falle palästinensischer Territorien und der Westsahara, deren Inbesitznahme durch Israel beziehungsweise Marokko nicht einmal verbal verurteilt werde.

Wirtschaftlich profitiert Algerien von der in der EU entstandenen Energieknappheit. Hohe Preise für Öl und Gas spülen Devisen in die Staatskasse. Gehälter und Sozialleistungen wurden beträchtlich erhöht. Präsident Abdelmadjid Tebboun empfing im Januar Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, um ein Abkommen über eine schnell zu bauende weitere Gaspipeline Richtung Europa abzuschließen. Die Trasse wird mehrere EU-Länder beliefern, darunter auch Deutschland.

Die meisten Waffen, die Algerien kauft, stammen aus Russland. Am 22. Juli 2022 liefen Schiffe der russischen Schwarzmeerflotte zum Freundschaftsbesuch in den Hafen von Algier ein. Auf das jährlich von den USA und sieben afrikanischen Staaten in Marokko, teilweise in der Westsahara, veranstaltete Manöver „African Lion“ reagierten Moskau und Algier mit einer Übung im Westen Algeriens.

Sabine Kebir

Indonesien: Das Erbe des „Dritten Weges“

Die Regierung in Jakarta hat Russland im Vorjahr wegen des Einmarsches in die Ukraine nie öffentlich kritisiert. Augenscheinlich galten wegen der Präsidentschaft bei den G20-Staaten Neutralität und Überparteilichkeit als erstrebenswert. Was allerdings Indonesiens UN-Botschafter Dian Triansyah Djani nicht daran hinderte, am 2. März sowie 12. Oktober 2022 in der UN-Generalversammlung für die Resolutionen A/RES/ES-11/1 bzw. A/RES/ES-11/4 zu stimmen, die den russischen Angriffskrieg verurteilten und einen Truppenabzug verlangten. In den Debatten zuvor hatte Triansyah Djani wie auch die Vertreter Südafrikas, Vietnams und Argentiniens moniert, dass in den Dokumenten nicht mit dem nötigen Nachdruck auf Friedensverhandlungen bestanden wurde. Eine Isolation Russlands sei wenig förderlich und trage eher zur Eskalation bei, so der Botschafter.

Ähnlich hat Außenministerin Retno Marsudi den Verzicht auf Sanktionen begründet. Am 7. April 2022 enthielt sich Indonesien wie 57 andere UN-Mitglieder der Stimme, als – wiederum in der UN-Vollversammlung – eine Mehrheit Russlands Präsenz im Menschenrechtsrat suspendierte.

Vor dem G20-Gipfel auf Bali Mitte November 2022 hatte es Forderungen aus den USA und anderen westlichen Ländern gegeben, Russland als Mitgliedsstaat von diesem Treffen auszuschließen. Präsident Joko Widodo lehnte das ab und lud den russischen Präsidenten ausdrücklich ein, der sich dann jedoch von Außenminister Sergej Lawrow vertreten ließ. Ende Juni hatte Widodo – in seiner Eigenschaft als G20-Präsident – erst Kiew und dann Moskau besucht, um sich, wie es hieß, „einen Eindruck von den Positionen beider Staaten“ zu verschaffen, ohne auf eine Verhandlungsmission bedacht zu sein.

Die außenpolitischen Positionen Indonesiens gründen in den Vorstellungen von einer friedlichen Koexistenz zwischen allen Staaten. Eine Auffassung, wie sie schon in den 1950er-Jahren regionale Anerkennung fand. Indonesien war im April 1955 Ausrichter der asiatisch-afrikanischen Friedenskonferenz in Bandung (Westjava), um Länder des „Dritten Weges“ zusammenzuführen. In der Regel erst kurz zuvor in die Unabhängigkeit entlassen oder zum Teil noch kolonisiert, lehnten sie jede Blockbindung strikt ab und sollten wie Ägypten, Indien, Pakistan oder Ceylon (heute Sri Lanka) zu den Wegbereitern der Nichtpaktgebundenen-Bewegung werden.

Indonesiens damaliger Präsident Ahmed Sukarno erregte Aufsehen, als er jede Diskriminierung der Volksrepublik China verwarf und deren Premier Zhou Enlai ebenfalls nach Bandung einlud.

Lutz Herden

Indien: Den geopolitischen Moment auskosten

Russlands Überfall auf die Ukraine hat für Indien einen geopolitischen Moment geschaffen, den das Land für seine außenpolitischen Ambitionen nutzt. Wie nie zuvor buhlen alle Großmächte um seine Gunst. Premier Narendra Modi hat sich zwar mittlerweile vom russischen Krieg distanziert, doch zugleich die wirtschaftliche Kooperation mit Russland ausgeweitet, das zu einem der wichtigsten Öllieferanten Indiens wurde. Zudem investieren russische Staatsfirmen weiterhin und entwickeln Möglichkeiten, anfallende Zahlungen direkt oder über Drittwährungen zu begleichen. Russland, der Iran und Indien haben den internationalen Nord-Süd-Transport-Korridor (INSTC) wiederbelebt.

Indiens überparteiliche Haltung sorgte in den westlichen Hauptstädten anfangs für viel Kritik und Unverständnis. Jedoch musste Delhi keine Sanktionen fürchten, profitiert es doch von den geopolitischen Gemeinsamkeiten mit den westlichen Ländern gegenüber China. Sie resultieren aus der Überlegung, dass Indiens Aufstieg ein wichtiges Bollwerk gegen chinesische Hegemonie im Indo-Pazifik ist. So sind – trotz der fortgesetzt hohen Abhängigkeit von russischen Rüstungseinfuhren – die USA, Frankreich und Israel für Indien mittlerweile die wichtigsten Partner bei der Modernisierung seiner Streitkräfte.

Die EU und die USA haben signalisiert, ihre Beziehungen mit Indien zu intensivieren. Bausteine hierfür sind der neue Handels- und Technologierat EU/Indien sowie die US-Initiative über kritische und Zukunftstechnologien (Critical and Emerging Technology). Selbst China bemüht sich nach dem Grenzzwischenfall im Sommer 2020 wieder um Annäherung, was Delhi als geopolitisches Moment für den eigenen internationalen Aufstieg zu nutzen versteht, um an einer strategischen Autonomie festzuhalten und sich als Pol in einem multipolaren Asien zu etablieren. Dazu zählt, dass die Regierung Modi von den westlichen Staaten einen Blankoscheck für den innenpolitischen Umbau erhält, bei dem Demokratie und Meinungsfreiheit erodieren, dazu die Rechte der Minderheiten zugunsten der Hindu-Mehrheit zurückgedrängt werden.

Indiens auf den ersten Blick komfortable Position ist nicht ohne Risiken. Erstens verursacht die militärische Kooperation mit dem Westen deutlich höhere Kosten als die mit Russland. Zweitens fürchtet Delhi eine allzu enge Anlehnung Russlands an China. Indien bleibt für die westlichen Staaten ein gleichermaßen unabdingbarer wie schwieriger Partner.

Christian Wagner

deutschewelle@squeet.me