#verhandlungen

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Konfrontation mit Russland und China um jeden Preis?

Ein Plädoyer für Diplomatie statt Waffen

Michael Lüders schlägt in diesem Vortrag einen ganz großen Bogen, ausgehend vom derzeitigen Krieg ni der Ukraine über China, die Rolle von LGBTIQ+, das Verhältnis des Westens und speziell Deutschlands zum globalen Süden, die deutsche Wirtschaft und die Weltwirtschaft, die Rolle Europas in der Welt und in der Geschichte, die "regelbasierte Ordnung" und noch einiges anderes. Eine seiner Thesen: Wir steuern auf edine multipolare Welt zu. Dabei bleibt er immer ruhig und sachlich. Sehr hörenswert.

https://youtu.be/BiNCXZgQSz4

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Vier tabuisierte Wahrheiten über den Ukrainekrieg

Wenn man in Talkshows oder Zeitungen die Eskalationsgefahr des Ukrainekrieges anspricht, wird man kaltgestellt. Das liegt auch daran, dass die Meinungsmacher in diesem Land linksliberal sind – ihnen geht es mehr um Moral als Realismus

Vier unbequeme Wahrheiten kennzeichnen den Krieg in der Ukraine von Anfang an.
Dazu gehört erstens: Wie jeder Krieg in der Geschichte hat auch der Ukrainekrieg eine Vorgeschichte, die nicht erst mit dem russischen Überfall auf das Nachbarland vor knapp einem Jahr beginnt, ja nicht einmal erst 2014 mit dem Anschluss der Krim an Russland.
Zweitens: Dem Krieg wohnt ein immenses Eskalationspotenzial inne. Und zwar sowohl innerhalb der Ukraine als auch über ihre Grenzen hinaus, weil er sich von einem Invasions- zu einem Stellvertreterkrieg mit internationaler Beteiligung auf beiden Seiten ausgeweitet hat, weil es sich um einen Krieg mit einer Atommacht handelt und weil sich abzeichnet, dass ohne direkte Beteiligung von NATO-Truppen der ukrainischen Seite die Soldaten ausgehen, die die aus den USA und auch aus Europa gelieferten Waffen bedienen können. Dass der Krieg seine Ursprünge in einem Bürgerkrieg hat, macht die Sachlage nur umso schwieriger.

Drittens: Dieser Krieg wird nicht mit einem Siegfrieden enden. Es gibt keinen primär militärischen Weg zu einem Ende des fürchterlichen Blutvergießens, zu einem Ende von Zerstörung, Verstümmelung, psychischer Zerrüttung, sexualisierter Gewalt und Flucht. Dies zeigt sich immer stärker jetzt, da der Krieg in eine Phase des Stellungs- und Abnutzungskriegs übergegangen ist, mit einem Blutzoll von annähernd 300.000 Toten insgesamt und bis zu 1.000 Todesopfern auf beiden Seiten jeden Tag.
Und viertens: Der Ukrainekrieg wird, so unerträglich man das findet, nicht ohne territoriale Zugeständnisse der ukrainischen Regierung enden.

Es ist bemerkenswert zu sehen, dass diese vier Wahrheiten nicht primär von Linken oder nicht zuerst oder am lautesten von Politiker:innen der Linken zu hören gewesen sind, sondern vielfach von kritischen liberal-konservativen Wissenschaftler:innen, von hohen Militärs und aus den Staatsapparaten selbst: Am Tabu der Vorgeschichte – dem ost-westlichen Zerren an der Ukraine, die das Land schließlich im Jahr 2014 zerriss – rührten in Deutschland etwa Wolfgang Ischinger, von 2008 bis 2022 Leiter der taktgebenden „Münchner Sicherheitskonferenz“, und Günther Verheugen, ehemaliger stellvertretender EU-Kommissionspräsident und EU-Kommissar für die Osterweiterung. Sie führten für den Ukrainekonflikt dabei ähnliche Ursachen an, wie dies vor ihnen bereits Henry Kissinger, der wohl einflussreichste Außenpolitik-Vordenker der USA im Kalten Krieg, der konservative Internationale-Beziehungs-Theoretiker und Politikwissenschaften-Professor an der University of Chicago, John Mearsheimer, und sogar der US-amerikanische Neocon und Vordenker des Irakkriegs, Robert Kagan, getan hatten.

Zu enger Schulterschluss mit den USA

Ischinger betonte in einem am Vorabend des Kriegs in der Süddeutschen Zeitung erschienenen Beitrag, dass erst die aggressiven Versuche seitens der US-Regierung von George W. Bush, die ökonomisch, politisch, ethnisch-linguistisch gespaltene Ukraine in die NATO zu ziehen, die Entfremdung Russlands von Europa und die nationalitätenpolitische, russische Destabilisierungspolitik im Kaukasus, in der Ukraine und auch die russische Syrienpolitik begünstigt habe. Startpunkt für das westliche Gezerre an der Ukraine sei der NATO-Gipfel in Bukarest (2008) gewesen. Dabei wäre ein Eintritt des Landes in das Verteidigungsbündnis nicht nur gegen die damalige Verfassung der Ukraine gewesen, sondern entsprach auch nicht dem damaligen Mehrheitswillen in der Ukraine oder den Interessen der westeuropäischen NATO-Verbündeten.

Ähnlich kritisierte Verheugen (FDP, später SPD) vor allem die Politik seiner Nachfolger. Das 2002 vom damaligen EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi erklärte Ziel, der EU einen „Ring von Freunden“ zu schaffen, sei gescheitert, weil man auf Russlands Bestrebungen, einer engen Partnerschaft auf Augenhöhe – mit Perspektive gar eines russischen NATO-Beitritts oder, wie damals unter dem Jubel der Europäer von Putin vorgeschlagen, gemeinsamen eurasischen Wirtschaftsraums „von Lissabon bis Wladiwostok“ – nicht eingegangen sei, sondern „die östliche Partnerschaft der EU nach 2007 ohne Beteiligung Russlands in Gang gesetzt“ habe. Und das, während sich die NATO – gegen die explizite Warnung seitens der russischen Regierung – osterweiterte.

Die Europäer hätten damit in viel zu engem Schulterschluss mit den USA agiert und letztlich gegen ihre eigenen ökonomischen, politischen und friedens- und sicherheitspolitischen Ziele verstoßen. Stattdessen hätte es einer viel unabhängigeren Position im Verhältnis zu den USA bedürft. Es sei „zwingend notwendig, die gesamte Vorgeschichte des Ukraine-Krieges zu verstehen und richtig einzuordnen“, so Verheugen. Die EU werde dann „auch bereit sein müssen, eigene Fehler aufzuarbeiten.“ Bei der Analyse der „Vorgeschichte“ des Kriegs müssten „zwei Fragen genau unter die Lupe“ genommen werden: „An wem ist das Minsker Abkommen gescheitert, und wer oder was hat die EU dazu getrieben, sich im Jahr 2013 an einer Regimechange-Operation in der Ukraine zu beteiligen?“

Dabei sprach sich Verheugen auch gegen die Tabuisierung der Vorgeschichte des Ukrainekriegs aus, die zu benennen, stets als Relativierung der russischen Kriegsschuld ausgelegt worden ist. Das Versagen aber, die „ganze Vorgeschichte (…) wirklich ernsthaft aufzuarbeiten“, würde bedeuten, „dieselben Fehler zu wiederholen.“ Es sei schon „merkwürdig, dass über Ursachen und Entwicklungen, die zum Ersten und zum Zweiten Weltkrieg führten, ganze Bibliotheken geschrieben wurden.“

Enormes Eskalationspotenzial

Die Tatsache, dass dieser Krieg ein enormes Eskalationspotenzial hat, wurde von hohen, aber von der Gehorsamspflicht befreiten Ex-Militärs benannt: darunter Brigadegeneral a.D. Helmut W. Ganser, Erich Vad, Bundeswehrgeneral a.D. und ehedem Sicherheitsberater der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel, und Harald Kujat, General a.D. der Luftwaffe, ehemaliger Generalinspekteur der Bundeswehr und Vorsitzender des NATO-Militärausschusses. Es kann nicht nur in der Ukraine selbst eskalieren, wie die russischen Kriegsverbrechen mitten im kontinentalen Winter und bei einer sehr vulnerablen Bevölkerung zeigen. Auch ein Schlafwandel in einen Dritten Weltkrieg ist denkbar.

Während Kujat die Politik der Offensiv-Waffenlieferungen als hochgradig eskalativ kritisierte, hat Vad immer wieder gewarnt, dass Russland die Eskalationsdominanz besitze. Er kritisiert, dass die Waffenlieferungen ohne erkennbare Diskussion der damit verbundenen militärstrategischen Ziele erfolgten. Im vergangenen Monat trat Vad auch als politischer Akteur in Erscheinung, im Rahmen des von Sahra Wagenknecht, Alice Schwarzer und ihm selbst initiierten „Manifests für den Frieden“, das bis heute über eine Dreiviertelmillion Menschen in Deutschland unterzeichnet haben.

Ganser wiederum sah in der Politik der Bundesregierung und der Vereinigten Staaten eine „unfassbare Nonchalance“ im Umgang mit der realen Aussicht auf einen Atomkrieg. Der UN-Generalsekretär António Guterres wiederum sorgte für Aufsehen, als er vor einem Monat vor der UN-Generalversammlung vor der Ausweitung des Ukrainekriegs warnte: „Die Aussichten auf Frieden werden immer geringer, die Aussicht auf weitere Eskalation und Blutvergießen wachsen stetig.“ Seine Angst sei nicht, dass die Welt in einen größeren Krieg schlafwandle. „Meine Angst ist, dass sie dies mit offenen Augen tut.“
Einfach Lenin lesen

Der Krieg wird nicht militärisch und nicht mit einem „Siegfrieden“ enden, wie von der herrschenden Politik – von US-Verteidigungsminister Lloyd Austin bis zur deutschen Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) – viel zu lange angenommen und immer noch angestrebt. Stattdessen wird es eine Verhandlungslösung geben. Diese Tatsache wurde wiederum von Personen ausgesprochen wie dem erzkonservativen Osteuropa-Historiker Jörg Baberowski, der zugleich ebenfalls vor einer Eskalation des Kriegs durch eine ideologisch getriebene und gefährlich naive „westliche“ Außenpolitik warnte. Oder dem außenpolitischen Realisten und Professor der Politikwissenschaften an der Universität Halle-Wittenberg, Johannes Varwick. Auch von Kujat, der davor warnt, dass der Krieg in eine Pattsituation eingetreten sei und Waffenlieferungen Krieg und Blutvergießen jetzt ohne ein erkennbares Ziel nur verlängern würden.

Ja, selbst der höchstrangige Militär der USA, US-Generalstabschef Mark A. Milley, ein belesener, sogar die militärstrategischen Schriften von Engels, Lenin und Mao konsultierender, außenpolitischer Realist, äußerte sich so. Im November begründete er in einer Presskonferenz des Pentagon seine Zweifel an der „Wahrscheinlichkeit eines ukrainischen militärischen Sieges, definiert als die Vertreibung der Russen aus der ganzen Ukraine, einschließlich der von ihr beanspruchten Krim.“ Diese Wahrscheinlichkeit sei, „militärisch betrachtet, nicht besonders hoch.“ Und er fügte hinzu: „Politisch betrachtet, könnte es eine politische Lösung geben, bei der – politisch – die Russen sich zurückziehen.“ Das sei denkbar.

Und in einem Mitte Februar erschienenen Interview in der Financial Times sagte Milley: „Es sei im Grunde ausgeschlossen, dass Russland seine politischen Ziele mit militärischen Mitteln durchsetzen“ könne. Es sei „unwahrscheinlich, dass Russland die Ukraine überrennt. Es wird einfach nicht passieren.“ Es sei aber genauso umgekehrt der Fall und könne eigentlich nur bei einem „faktischen Kollaps des gesamten russischen Militärs“ passieren. Und auf die Frage, ob „der Moment für Diplomatie zwischen Moskau und Kiew“ vorbei sei, antwortete Milley: „Bis zum Beginn des Frühlings“, das heißt möglicher Offensiven, seien es „nur noch Wochen“, aber es gebe ein „flexibles Möglichkeitsfenster“. Für Friedensverhandlungen gebe es „zu jeder Zeit Möglichkeiten“, auch wenn beide Seiten sich „stark eingegraben“ hätten in Bezug auf „ihre Kriegsziele und den Unwillen zu verhandeln.“

Weltkriegerischer Wahnsinn

Die vierte, besonders unbequeme, Wahrheit folgt nun aus der Einsicht, dass die bisherigen ukrainischen und US-amerikanischen Kriegsziele einer „Rückeroberung“ des gesamten Donbass und auch der Krim-Halbinsel völlig unrealistisch sind. Die einzige Alternative hierzu wäre, weil der ukrainischen Regierung langsam das kriegsverwendungsfähige Personal zur Bedienung der gelieferten Waffen ausgeht, die NATO-Truppen direkt zu involvieren. Diesen weltkriegerischen Wahnsinn hat außer dem deutschen Kanzler in Wartestellung Friedrich Merz und irren WELT-Journalistinnen sowie den grünliberalen Hobby-Außenpolitiker:innen auf Twitter glücklicherweise noch niemand ernsthaft in Erwägung gezogen.

Und auch Annalena Baerbocks Aussage, der zufolge „wir“ Europäer „einen Krieg gegen Russland kämpfen“, lässt sicherlich tief blicken, aber war doch ein Versprecher, unbedacht und gefährlich, und doch wohl bloß dem Eifer des Gefechts geschuldet. Wenn die militärische Lage aber nun so ist, dann wirft das die Frage auf, ob in den an Verdun und den Ersten Weltkrieg erinnernden Abnutzungsschlachten bei Bachmut erst noch weitere Hunderttausende oder womöglich Millionen ukrainische und russische Arme verheizt werden müssen, bis diese Wahrheit den handelnden Staatschefs klar wird. Oder ob ein solches Gemetzel noch verhindert werden kann.

Sogar Stoltenberg weiß es

Die vierte Wahrheit aber, dass der Krieg nicht ohne territoriale Zugeständnisse seitens der Regierung in Kiew vonstattengehen wird, wurde von niemand anderem und dazu noch so früh ausgesprochen, wie von Jens Stoltenberg selbst. Während Annalena Baerbock dies bis heute ausschließt und sich vehement dagegen ausspricht, erinnerte der NATO-Generalsekretär schon im Juni vergangenen Jahres an den sowjetisch-finnischen Krieg (November 1939 bis März 1940) und die territorialen Konzessionen seitens der damaligen finnischen Regierungen, die aber für das Land im Ergebnis noch die beste Lösung gewesen seien: „Die Frage“ sei, so Stoltenberg, „welchen Preis ist man bereit für den Frieden zu zahlen? Wie viel Territorium? Wieviel Unabhängigkeit? Wie viel Souveränität?“ Dies sei moralisch sicherlich ein „Dilemma“, und natürlich müsse am Ende „die Ukraine“ selbst entscheiden, welche Antwort sie darauf gebe. Aber durch Stoltenbergs Äußerungen war die Frage der territorialen Zugeständnisse freilich auf dem Tisch.

Dass im Übrigen auch die Frage im Raum steht, welche Kriegsverbrechen zum Beispiel an den „Kollaborateuren“ begangen werden, sollte es der Regierung in Kiew gelingen, die abtrünnigen Gebiete in der Ostukraine und die Krim zurückzuerobern, gehört dabei zu den besonders stark tabuisierten Fragen in dieser Hinsicht. Und das, obwohl es bereits Erfahrungswerte aus den von der Regierung in Kiew zurückeroberten Cherson und Charkiw diesseits der Kontaktlinie gibt, wo im Anschluss viele Tausende Menschen aus Angst nach Russland flüchteten und andere auf der Grundlage eines Anti-Kollaborationsgesetzes vom März 2022 drastischen Verhören ausgesetzt waren. Dennoch erntete der einflussreiche Jurist und emeritierte Professor Reinhard Merkel, als er es in der FAZ wagte, infrage zu stellen, dass die Bevölkerung der Krim-Halbinsel sich militärisch „zurückerobern“ lassen wolle. Daraus leitete er eine Verpflichtung für die Ukraine ab, in – im Oktober von der Selenskyj-Regierung per Dekret verbotenen – Verhandlungen mit Russland zu treten, sofern Russland ebenfalls zu solchen gedrängt werden kann. Bereits 2014 hatte Merkel, ebenfalls in der FAZ, die Krim-Abspaltung völkerrechtlich als eine „Sezession“ (in Folge des Maidan-Regime-Changes in Kiew) und eben nicht als Annexion beurteilt und sich damit einen veritablen Shitstorm im deutschen Blätterwald eingehandelt.

Die vier unbequemen Wahrheiten über den Ukrainekrieg auszusprechen gilt nun, mit Franz Josef Degenhardt gesprochen, „als äußerst unfein in diesem Land“, ja im gesamten westlichen Teil dieser Welt. Bis heute markieren sie ein Tabu, an dem zu rühren, Ächtung in den Medien der bürgerlichen Öffentlichkeit nach sich zieht – oder einen grünliberalen Shitstorm in den sozialen Medien. Wer „sich zu weit vom Mainstream entfernt“, hat kürzlich der – medial als einer der wenigen Kritiker mit regelmäßiger medialer Präsenz – Johannes Varwick bemerkt, „der wird kaltgestellt“, zumindest ins Jenseits des engen Korridors rechtmäßiger Meinungen. Denn während der Krieg in der Ukraine nun in einen grausamen Abnutzungskrieg mit täglich bis zu tausend toten Soldaten auf beiden Seiten, die auf beiden Seiten selbst zunehmend den Sinn dieses Krieges hinterfragen, sind hierzulande Kritiker:innen, die mit der Mehrheit der Bevölkerung im Rücken die einseitige Fokussierung auf die Logik des Militärischen hinterfragen und Verhandlungen fordern, als „gewissenlose Unterwerfungspazifisten“, „Lumpenpazifisten“, „Friedensschwurbler“ und sogar – aus dem ideologischen Arsenal des Kalten Kriegs schöpfend – als „fünfte Kolonne Putins“ diffamiert worden.

Linksliberaler Krieg

Auf sie wirkte und wirkt bis heute die ganze Macht einer herrschend-liberalen „Cancel Culture“. Sie findet sich in den Redaktionen der großen, meinungsmachenden Zeitungen und Zeitschriften und der Fernsehtalkshows, in denen ihre Position allenfalls vorkommt, damit drei weitere Gäste zusammen mit dem Moderator den Gegner der herrschenden Politik am Nasenring durch die Manege ziehen können. Dass die Politik im Westen dabei nicht weniger propagandistisch (und dazu doppelmoralisch mit zweierlei Maß messend) ist, darauf hat ein anderer konservativer Publizist mehrfach hingewiesen: der Rechtswissenschaftler und frühere Vorsitzende Richter des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs, Thomas Fischer.

Nun stellt sich die Frage, wie es sich eigentlich erklärt, dass die vier unbequemen und tabuisierten Wahrheiten zwar immer mal wieder auch von Linken, aber eben genauso prononciert aus konservativ-liberalen Kreisen, aus den Staatsapparaten und dem Militär zu hören gewesen ist. Dies hat sicherlich damit zu tun, dass es niemals egal ist, wer etwas sagt und mit welcher Autorität. Es hat aber sicherlich auch damit zu tun, dass eine gefährlich abstrakt-moralische anstatt konkret-realistische Außenpolitik vor allem im (links-)liberalen Spektrum anschlussfähig ist beziehungsweise hier ihren Ursprung besitzt. Es ist nun einmal so, dass je weiter Politiker:innen, Journalist:innen, Twitter-Aktivist:innen vom realen Militär und auch der Verantwortung für ihr eigenes Reden entfernt sind, angesichts der schrecklichen Bilder von Tod, Leid und Zerstörung heute umso leichtfertiger in der Logik des Militärischen Zuflucht suchen, während man vor allem im Militär die Grenzen des Militärischen kennt – nicht zuletzt aus den Erfahrungen in Afghanistan, dem Irak und Mali.

Dies reicht als Erklärung aber zweifelsohne nicht aus. Zur Erklärung, warum das linksliberale Spektrum die herrschende Politik in dieser Weise unterstützt, gehört sicherlich auch, dass sie nicht von konservativen und rechten Regierungen getragen wird, sondern von den US-Demokraten und den Grünen. Zur Verunsicherung in der Linken in Bezug auf die herrschende Politik und den offensichtlichen inneren Spaltungslinien wiederum gehört, dass die russische Invasion in der Ukraine drei tief verankerte linke Gefühle anspricht: die Antikriegshaltung, den Antifaschismus und den Wunsch, mit den Schwachen und auch international solidarisch zu sein. In dieser Weise ist der Ukrainekrieg auch ein „linker“ beziehungsweise linksliberaler Krieg.

Die Suche nach Antworten, wie dieser fürchterliche Krieg und das Blutvergießen so schnell wie möglich beendet werden können, muss jedoch mit der Auseinandersetzung mit den realen Verhältnissen beginnen. Dazu gehört die Anerkennung und Enttabuisierung seiner vier unbequemen Wahrheiten. Dies sind wir denen schuldig, die diesen Krieg heute durchleiden: der ukrainischen Zivilbevölkerung, die von Russland mit diesem Krieg überzogen worden ist, den im Krieg vor allem auf russischer, aber auch ukrainischer Seite oft gegen ihren eigenen Willen verheizten Armen, den Menschen, die vor diesem Krieg fliehen mussten und Hilfe brauchen, den unteren Klassen im globalen Süden, vor allem in Afrika, die die Inflation völlig ungebremst trifft und deren Staaten in Folge dessen zu zerfallen drohen, und auch den arbeitenden Klassen in Europa und den USA, die diesen Krieg und seine Verlängerung mit massiven Realeinkommensverlusten bezahlen.

  • Ingar Solty ist Referent für Außen-, Friedens- und Sicherheitspolitik am Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung und war Sachverständiger im Auswärtigen und im haushaltspolitischen Ausschuss des Deutschen Bundestags

Quelle: https://www.freitag.de/autoren/ingar-solty/vier-tabuisierte-wahrheiten-ueber-den-ukrainekrieg

Weitere Leseempfehlung: Der Ukrainekrieg und die Propaganda: Eingebettete Meinungen (Eine Kolumne von Thomas Fischer)
- https://www.spiegel.de/kultur/ukraine-krieg-und-propaganda-eingebettete-meinungen-kolumne-von-thomas-fischer-a-2af4cb6d-ca9d-4073-a8f5-2e30757a7492

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #krieg #frieden #verhandlungen #klima #hunger #elend #siko-nachlese #brasilien #kolumbien #globaler-süden

Noch so ein Aspekt der SiKo in München, der in keinen wertewestlichen Medien Erwähnung fand:

Münchner Konferenz: Kolumbien und Brasilien definieren globale Sicherheit anders

Francia Márquez: "Alte Richtlinien zur Militarisierung des Lebens" passen nicht zu den Bedürfnissen der Welt. Brasilien für friedliche Lösung im Ukraine-Krieg (Von Hans Weber/amerika21)

Die kolumbianische Vizepräsidentin Francia Márquez hat sich bei der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) vom allgemeinen Tenor einer andauernden Militarisierung des Ukraine-Kriegs distanziert. Sie forderte einen entmilitarisierten Ansatz in Sicherheitsfragen. Der Außenminister von Brasilien, Mauro Vieira, bekräftige die Bereitschaft seines Landes, eine Verhandlungslösung für den Krieg in der Ukraine mit zu erarbeiten. Márquez sagte in einer Podiumsdiskussion über die 'Verteidigung der UN-Charta und der regelbasierten internationalen Ordnung': "Es ist nicht gut, weiter darüber zu streiten, wer in einem Krieg verliert und wer gewinnt. Wir haben alle verloren, und wer in einem Krieg verliert, ist die Menschheit".

"Ein großer Teil der Welt fühlt sich heute unsicher. Aber ich glaube, wir müssen weiter denken. Denn Sicherheit lässt sich nicht mit Waffen lösen", so die afrokolumbianische Vizepräsidentin. Es sei notwendig andere Wege zu finden, denn die "alten Richtlinien zur Militarisierung des Lebens", wie sie bislang umgesetzt werden, passten nicht zu den aktuellen Bedürfnissen der Welt. Sie seien "anachronistisch". Márquez rief zu "einer neuen Weltordnung" auf, "die das Leben in den Mittelpunkt stellt und nicht die Militarisierung". Es gehe nicht darum, sich an der Seite von einer der Kriegsparteien zu positionieren, also nicht dafür, Russland oder die Ukraine zu schlagen. "Wir sind gegen den Krieg, denn der Krieg hat die Menschheit immer zerstört", äußerte sie.

Laut Márquez muss die Welt ihre Aufmerksamkeit auf andere Faktoren lenken, die Unsicherheit verursachen. Dies seien die Migrationskrise, die soziale Ungleichheit und die Ungleichheit der Geschlechter, der Hunger und das Elend sowie der Mangel an Ernährungssouveränität. Die 42-jährige Politikerin verwies insbesondere auf die Klimakrise als Faktor der globalen Unsicherheit. Kolumbien erwarte Klimagerechtigkeit von Europa, von der Welt. Es reiche nicht, Finanzmittel von Europa zu bekommen. Es sei wichtig, dass die Welt sich wirklich um die Klimakrise kümmere. Der kolumbianische Staat gehöre zu den Ländern der Welt, die nicht für große CO2-Emissionen verantwortlich seien, aber trotzdem die Verluste und Schäden der Klimakrise erleiden. [...]

Andere Teilnehmer:innen der Podiumsdiskussion teilten den pazifistischen Ansatz von Márquez. Der Außenminister Brasiliens, Mauro Vieira, verurteilte die Invasion Russlands in die Ukraine, sprach sich aber für eine friedliche Lösung des Konflikts aus. "Wir können nicht weiterhin nur über den Krieg sprechen". Es sei notwendig, Schritt für Schritt die Möglichkeit der Verständigung und Verhandlung zu suchen.

Dies führte Vieira auf der Publikumsveranstaltung "Im Mittelpunkt des Interesses: Brasilien" weiter aus. Präsident Lula da Silva missbillige die Agression und die Invasion, die gegen internationales Recht sei. Er habe verurteilt, was geschehen ist. Auf der anderen Seite habe Brasilien sich nicht an den Sanktionen beteiligt. Sanktionen, die nicht vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen beschlossen werden, seien illegal, so der Außenminister. Seine Regierung schlage vor, eine Reihe von Ländern zusammenzubringen, die bei Verhandlungen zur Wiedererlangung des Friedens helfen. Dies bevorzuge Brasilien, anstatt am Krieg teilzunehmen. Neben Márquez war aus Kolumbien auch Außenminister Álvaro Leyva zur Konferenz eingeladen. "Natürlich lehnen wir Invasionen ab und respektieren das Völkerrecht", sagte Leyva der Deutschen Welle. Kolumbien sei jedoch für eine friedliche Lösung des Ukraine-Russland-Konflikts und nicht für eine "ewige Verlängerung des Kalten Krieges".

Die Beiträge von Márquez und Leyva auf der Münchner Sicherheitskonferenz sind besonders bemerkenswert vor dem Hintergrund, dass Kolumbien das einzige Land in Südamerika ist, das den Status eines "globalen Partners der Nato" hat. Sie blieben in den deutschsprachigen Medien indes ebenso wenig erwähnt wie die Beiträge des brasilianischen Außenministers.
- vollständiger Artikel: https://amerika21.de/2023/02/262813/siko-muenchen-kolumbien-brasilien

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

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Chinas Position zur politischen Beilegung der Ukraine-Krise (24-02-2023)

  1. Respektierung der Souveränität aller Länder. Das allgemein anerkannte Völkerrecht, einschließlich der Ziele und Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen, muss strikt eingehalten werden. Die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit aller Länder muss wirksam gewahrt werden. Alle Länder, ob groß oder klein, stark oder schwach, reich oder arm, sind gleichberechtigte Mitglieder der internationalen Gemeinschaft. Alle Parteien sollten gemeinsam die grundlegenden Normen für die internationalen Beziehungen aufrechterhalten und für internationale Fairness und Gerechtigkeit eintreten. Die gleichmäßige und einheitliche Anwendung des Völkerrechts ist zu fördern, während doppelte Standards abgelehnt werden müssen. 

  2. Abkehr von der Mentalität des Kalten Krieges. Die Sicherheit eines Landes sollte nicht auf Kosten anderer Länder angestrebt werden. Die Sicherheit einer Region sollte nicht durch die Stärkung oder Ausweitung von Militärblöcken erreicht werden. Die legitimen Sicherheitsinteressen und -belange aller Länder müssen ernst genommen und angemessen berücksichtigt werden. Es gibt keine einfache Lösung für ein komplexes Problem. Alle Parteien sollten gemäß der Vision einer gemeinsamen, umfassenden, kooperativen und nachhaltigen Sicherheit und mit Blick auf den langfristigen Frieden und die Stabilität in der Welt dazu beitragen, eine ausgewogene, effektive und nachhaltige europäische Sicherheitsarchitektur zu schaffen. Alle Parteien sollten sich dem Streben nach eigener Sicherheit auf Kosten der Sicherheit anderer widersetzen, eine Blockkonfrontation verhindern und sich gemeinsam für Frieden und Stabilität auf dem eurasischen Kontinent einsetzen.

  3. Beendigung der Feindseligkeiten. Konflikte und Kriege sind für niemanden von Vorteil. Alle Parteien müssen rational bleiben und Zurückhaltung üben, es vermeiden, die Flammen zu schüren und die Spannungen zu verschärfen, und verhindern, dass sich die Krise weiter verschlechtert oder gar außer Kontrolle gerät. Alle Parteien sollten Russland und die Ukraine dabei unterstützen, in die gleiche Richtung zu arbeiten und den direkten Dialog so schnell wie möglich wieder aufzunehmen, um die Situation schrittweise zu deeskalieren und schließlich einen umfassenden Waffenstillstand zu erreichen. 

  4. Wiederaufnahme der Friedensgespräche. Dialog und Verhandlungen sind die einzige praktikable Lösung für die Ukraine-Krise. Alle Bemühungen, die zu einer friedlichen Beilegung der Krise beitragen, müssen gefördert und unterstützt werden. Die internationale Gemeinschaft sollte sich weiterhin für den richtigen Ansatz zur Förderung von Friedensgesprächen einsetzen, den Konfliktparteien dabei helfen, so bald wie möglich die Tür zu einer politischen Lösung zu öffnen, und Bedingungen und Plattformen für die Wiederaufnahme von Verhandlungen schaffen. China wird in dieser Hinsicht weiterhin eine konstruktive Rolle spielen. 

  5. Beilegung der humanitären Krise. Alle Maßnahmen, die dazu beitragen, die humanitäre Krise zu lindern, müssen gefördert und unterstützt werden. Humanitäre Maßnahmen sollten den Grundsätzen der Neutralität und Unparteilichkeit folgen, und humanitäre Fragen sollten nicht politisiert werden. Die Sicherheit der Zivilbevölkerung muss wirksam geschützt werden, und es sollten humanitäre Korridore für die Evakuierung der Zivilbevölkerung aus den Konfliktgebieten eingerichtet werden. Es müssen Anstrengungen unternommen werden, um die humanitäre Hilfe in den betroffenen Gebieten zu verstärken, die humanitären Bedingungen zu verbessern und einen schnellen, sicheren und ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe zu gewährleisten, um eine humanitäre Krise größeren Ausmaßes zu verhindern. Die Vereinten Nationen sollten bei der Koordinierung der humanitären Hilfe für die Konfliktgebiete unterstützt werden.

  6. Schutz von Zivilisten und Kriegsgefangenen (POWs). Die Konfliktparteien sollten sich strikt an das humanitäre Völkerrecht halten, Angriffe auf Zivilisten oder zivile Einrichtungen vermeiden, Frauen, Kinder und andere Opfer des Konflikts schützen und die Grundrechte der Kriegsgefangenen achten. China unterstützt den Austausch von Kriegsgefangenen zwischen Russland und der Ukraine und fordert alle Parteien auf, günstigere Bedingungen für diesen Zweck zu schaffen.

  7. Sicherheit von Kernkraftwerken. China lehnt bewaffnete Angriffe auf Kernkraftwerke oder andere friedliche kerntechnische Anlagen ab und fordert alle Parteien auf, das Völkerrecht, einschließlich des Übereinkommens über nukleare Sicherheit, einzuhalten und von Menschen verursachte nukleare Unfälle entschlossen zu vermeiden. China unterstützt die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) dabei, eine konstruktive Rolle bei der Förderung der Sicherheit friedlicher Nuklearanlagen zu spielen.

  8. Verringerung der strategischen Risiken. Atomwaffen dürfen nicht eingesetzt und Atomkriege dürfen nicht geführt werden. Die Androhung oder der Einsatz von Atomwaffen sollte abgelehnt werden. Die Weiterverbreitung von Kernwaffen muss verhindert und eine nukleare Krise vermieden werden. China lehnt die Erforschung, Entwicklung und den Einsatz von chemischen und biologischen Waffen durch jedes Land unter allen Umständen ab.

  9. Erleichterung der Getreideexporte. Alle Parteien müssen die von Russland, der Türkei, der Ukraine und den Vereinten Nationen unterzeichnete Schwarzmeer-Getreide-Initiative in ausgewogener Weise vollständig und wirksam umsetzen und die Vereinten Nationen dabei unterstützen, eine wichtige Rolle in dieser Hinsicht zu spielen. Die von China vorgeschlagene Kooperationsinitiative zur globalen Ernährungssicherheit bietet eine praktikable Lösung für die weltweite Nahrungsmittelkrise.

  10. Beendigung einseitiger Sanktionen. Einseitige Sanktionen und maximaler Druck können das Problem nicht lösen; sie schaffen nur neue Probleme. China lehnt einseitige, vom UN-Sicherheitsrat nicht genehmigte Sanktionen ab. Die betroffenen Länder sollten aufhören, einseitige Sanktionen und die "weitreichende Gerichtsbarkeit" gegen andere Länder zu missbrauchen, um ihren Teil zur Deeskalation der Ukraine-Krise beizutragen und die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass die Entwicklungsländer ihre Wirtschaft ausbauen und die Lebensbedingungen ihrer Bevölkerung verbessern können.

  11. Aufrechterhaltung der Industrie- und Lieferketten. Alle Parteien sollten sich ernsthaft für den Erhalt des bestehenden Weltwirtschaftssystems einsetzen und sich dagegen wehren, die Weltwirtschaft als Werkzeug oder Waffe für politische Zwecke zu benutzen. Es bedarf gemeinsamer Anstrengungen, um die Auswirkungen der Krise abzumildern und zu verhindern, dass sie die internationale Zusammenarbeit in den Bereichen Energie, Finanzen, Lebensmittelhandel und Verkehr stört und die weltweite wirtschaftliche Erholung untergräbt.

  12. Förderung des Wiederaufbaus nach Konflikten. Die internationale Gemeinschaft muss Maßnahmen ergreifen, um den Wiederaufbau nach Konflikten in Konfliktgebieten zu unterstützen. China ist bereit, dabei Hilfe zu leisten und eine konstruktive Rolle zu spielen.

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #krieg #ukraine #russland #nato #linke #verhandlungen #frieden

Die billigen Argumente der moralisch erhabenen Waffenfetischisten, jede abweichende Meinung sei naiv oder zynisch, sind nervenaufreibend, lassen sich aber mühelos parieren. Tatsächlich naiv ist es, zu glauben, die Atommacht Russland ließe sich kurzerhand mit westlichen Waffen besiegen, und dann dürften sich alle wieder des Weltfriedens erfreuen. Die Ukraine wird nach dem großen Blutvergießen als ökonomisch nicht überlebensfähiger Staat noch lange mit seiner Abhängigkeit seinen Preis für den westlichen Beistand im Krieg zu zahlen haben. Zynisch wiederum ist es, die Fortführung des Krieges als alternativlos darzustellen, solange man selbst in sicherer Entfernung sitzt und andere mit dem Leben bezahlen lässt.

Linke, die auf schwer durchschaubare rechte Positionen im Ukraine-Konflikt reagieren, indem sie Waffenlieferungen gutheißen, haben, oft ohne es zu merken, längst jegliche linken Überzeugungen aufgegeben und sind eigentlich nicht mehr ernst zu nehmen. Und auch dem Letzten, der gestern noch vorgab, ein offenes Ohr für die Wünsche der Opfer zu haben, sollte so langsam dämmern, wohin das führt, wenn von offizieller ukrainischer Seite Phosphorbomben und Streumunition eingefordert werden.

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #krieg #ukraine #russland #nato #kriegsgetöse #moral #analyse #verhandlungen #uno

Der Text ist zwar vom letzten September, aber immer noch aktuell. Die Zeitstrecke vom Herbst letzten Jahres und die Zahl der Toten in dieser Auseinandersetzung bis jetzt unterstreicht nur die Notwendigkeit endlich die Notbremse zu ziehen

Verhandlungen statt Siegfrieden

Auch wenn die ukrainische Armee zuletzt Teilerfolge erzielen konnte, ist sie von einem militärischen Sieg weit entfernt. Solidarität mit der Ukraine heißt daher zuallererst sich dafür einzusetzen, dass das Töten aufhört.

Nach mehr als sechs Monaten Ukrainekrieg mehren sich zwar die Stimmen für Verhandlungen. Doch bei den machtpolitisch wichtigsten Akteuren scheinen die Zeichen auf Fortsetzung auf ungewisse Zeit zu stehen. Washington und sein europäisches Gefolge steigern erneut die Waffenlieferungen an Kiew, der Wirtschaftskrieg nimmt immer drastischere Formen an und in den großen Medien gelten Verhandlungsangebote nicht nur als unrealistisch, sondern sogar als unmoralisch. Wenn sie überhaupt einmal in Tagesschau oder FAZ & TAZ vorkommen, werden sie als Lumpenpazifismus beleidigt und mit Nazi-Vergleichen eingedeckt. „Defätisten“ wollten „einen Waffenstillstand von Putins Gnaden herbeireden,“ so die FAZ am 5. September (S. 9), ein wahrer Propagandasound aus Blut und Eisen. Die moralische Diskreditierung von Kritik am offiziellen Kurs soll einschüchtern und ist nicht völlig wirkungslos. Selbst bis in Teile der gesellschaftlichen Linken und der Friedensbewegung ist sie spürbar.

Allerdings scheint der zwischen politischer Klasse und Medien inszenierte Konsens zur Fortsetzung des Krieges in der Bevölkerung nicht so recht zu funktionieren. Eine Studie der Friedrich Ebert Stiftung kommt zu dem Ergebnis, dass die sog. Zeitenwende „Deutschland nicht in ein vollkommen anderes Land verwandelt, denn die öffentliche Meinung hält weiter an Pragmatismus und Pazifismus fest. Die Skepsis gegenüber militärischen Mitteln hat sich seit Beginn des Krieges sogar verstärkt.“ So waren bei einer Umfrage im Mai 49 Prozent der Meinung: „Das Wichtigste ist, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden, auch wenn das bedeutet, dass die Ukraine die Kontrolle über Gebiete an Russland abgibt.“ Nur 19 Prozent meinen, man müsse „Russland für seine Aggression bestrafen, auch wenn dies bedeutet, dass mehr Ukrainer*innen getötet und vertrieben werden.“

Auch nach einer FORSA-Umfrage von Ende August wollen 77 Prozent der Deutschen, dass der Westen Verhandlungen aufnimmt. Nur 32 Prozent befürworten die Lieferung schwerer Waffen, 62 Prozent sind dagegen. Bei aller Skepsis gegenüber Umfragen, es gibt zumindest eine starke Minderheit, die den offiziellen Kurs nicht mitträgt. Und das, während das Wetter noch recht mild ist und die toxische Mischung aus Krieg, Energiekrise, Inflation, Corona und sozialer Krise noch kaum spürbar.

All das zeigt, dass die Forderung nach sofortigen Verhandlungen keineswegs auf so verlorenem Posten steht, wie es an der medialen Heimatfront verkündet wird. Es gibt ein bedeutendes Potenzial, das von der Friedensbewegung und auch von 4,9-Prozent-Parteien in politischen Druck transformiert werden kann. Dafür muss man sich freilich auch offensiv mit dem bellizistischen Narrativ auseinandersetzen sowie die Überzeugungskraft der diplomatischen Alternative plastisch sichtbar machen.

Der Tod der anderen

Die moralische Sicht auf diesen Krieg hat dabei für ihre User durchaus Vorteile, denn sie vereinfacht die Dinge sehr. Moral analysiert nicht, sondern urteilt und verurteilt. Dabei muss man mit nur zwei Variablen arbeiten: Gut und Böse. Komplexe Probleme, deren Verständnis und Lösung eine gewisse intellektuelle Anstrengung und Differenzierungsvermögen erfordern, erscheinen dann plötzlich ganz einfach. Eine Analyse der strukturellen und historischen Zusammenhänge, aus denen heraus der Krieg entstand ­­­̶ eigentlich eine Selbstverständlichkeit für aufgeklärtes und erst recht gesellschaftskritisches Denken ­­­ ­­­̶ , ist dann überflüssig.

Moral hat aber auch einen großen Nachteil: Sie ist unteilbar. Wer selber immer mal wieder andere Länder überfällt, wie das Deutschland 1999 im Verein mit der NATO gegen Jugoslawien tat, oder die Ukraine, die 2003 das sechstgrößte Truppenkontingent (von 36) in George W. Bushs Koalition der Willigen bei dem Krieg gegen den Irak stellte, wird moralisch unglaubwürdig, wenn er das Böse nur bei den anderen sieht. Aus Moral wird dann Doppelmoral.

Dabei geht es nicht darum, Moral prinzipiell in Frage zu stellen. Als normative Orientierung, als Kompass für die Richtung praktischen Handelns ist sie nicht nur legitim, sondern notwendig. Allerdings lässt sie sich nicht bruchlos in Alltagspraxis übertragen, und schon gar nicht in die komplizierten Zusammenhänge der internationalen Beziehungen.

Max Weber hat versucht das Problem zu lösen, indem er zwischen Gesinnungsethik und Verantwortungsethik unterschied. Wie sinnvoll das ist, sei dahingestellt. Aber für den Krieg in der Ukraine ist den Anhänger*innen der militärischen Lösungen weder das eine noch das andere zuzubilligen. Denn ihr Kriegsziel – sei es ein militärischer Sieg der Ukraine, oder auch nur die militärische Durchsetzung einer starken Verhandlungsposition – ist weder moralisch noch verantwortungsvoll.

Denn es ist moralisch inakzeptabel, auf unkalkulierbare Zeit eine unkalkulierbare Zahl von Menschen in den Tod zu schicken. Baerbock & Co. können sich nicht um die Frage drücken, ob sie zehntausend, fünfzigtausend, hunderttausend oder mehr tote Soldaten und Zivilisten akzeptieren, um ihr Kriegsziel zu erreichen. Um sie am Ende dann doch nicht zu erreichen.

Der Tod der anderen, von dem Anführer, Könige, Herrschende schon immer meinten, dass sie das Recht hätten, ihn einfordern zu können, ist moralisch verwerflich. Umgekehrt liegt hier die wichtigste moralische Legitimation für glaubwürdige Friedenspolitik. In einer wertebasierten Außenpolitik, die diesen Namen verdient, steht Frieden an erster Stelle, so wie er auch der Zentralbegriff des Völkerrechts ist. Gleiches gilt für die Menschenrechte. In der Menschenrechtserklärung der UNO von 1948 steht an der Spitze aller Rechte nicht zufällig das Recht auf Leben.

Solidarität mit der Ukraine heißt daher zuallererst sich dafür einzusetzen, dass das Töten aufhört. Aber auch aus moralischer Verantwortung gegenüber Dritten, insbesondere gegenüber den armen Ländern, ist ein baldiger Stopp des Krieges erforderlich. Der Wirtschaftskrieg nimmt die Zunahme von Armut, Hunger und Tod im globalen Süden und die Verschärfung des Chaos‘ in der Weltwirtschaft als Kollateralschaden in Kauf. Die Verantwortung dafür liegt bei denen, die über diese Waffe verfügen. Und schließlich absorbiert der Krieg die politischen und materiellen Ressourcen für die Bekämpfung des Klimawandels, des Artensterbens und der anderen Umweltprobleme.

Realismus?

Aber Verhandlungen seien doch völlig unrealistisch, zumindest solange nicht eine der Kriegsparteien erschöpft sei. Dass die herrschende Propaganda ihre Interessen in ein neues TINA-Prinzip ­­­̶ there is no alternative to Waffenlieferungen und Sanktionen – einwickelt, ist normal. Aber für die Linke, deren Programmatik zu 50 Prozent aus utopischen Zukunftsvorstellung und zu 45 Prozent aus derzeit nicht erreichbaren Einzelforderungen besteht, sollte das kein Grund sein, den Gang der Geschichte als mechanisches Räderwerk zu verstehen, dessen Lauf man sich fatalistisch anpassen müsste. Zumindest Sand im Getriebe, und nicht linkes Schmiermittel für die NATO sollte man sein.

Zunächst einmal ist festzuhalten, dass die Anhänger*innen von Waffenlieferungen mit völlig unrealistischen Spekulationen arbeiten. Russland hat seit dem 24. Februar ein Terrain von ca. 100 .000 Quadratkilometern besetzt. Das entspricht fast der Fläche der Niederlande, Belgiens und der Schweiz zusammen. Nimmt man die Krim dazu, die Kiew zurückholen will, ist das ein Territorium in der Größenordnung Englands. All das gegen einen Gegner, der noch lange nicht erschöpf ist, militärisch zu erobern, und obwohl Angriff in der Regel dreimal mehr Ressourcen erfordert als Verteidigung, ist pure Illusion.

Die von Selenskij angekündigte Großoffensive zur Rückeroberung der Großstadt Cherson im Süden ist dann auch inzwischen zu einer Operation mit taktischer Reichweite im Gebiet Charkiw im Osten mutiert. Es handelt sich um Territorium außerhalb des Gebiets Lugansk im Donbass, und seine Eroberung gehört daher nicht zum Kern der russischen Kriegsziele. Es ist nicht das erste Mal, dass russische Truppen sich zurückziehen. Der Abzug aus der Region Kiew in der Anfangsphase des Krieges oder von der Schlangeninsel im Schwarzen Meer im Juli sind frühere Beispiele. An der strategischen Gesamtlage hat sich dadurch nichts geändert. Allerdings werden solche begrenzten Teilerfolge dann als Beleg für ukrainische Siegchancen überschätzt und erzeugen trügerische Hoffnungen, wie die Frontberichterstattung in unseren Medien dieser Tage demonstriert. Sie dient dazu, die Kampfmoral an der Heimatfront aufrecht zu erhalten und die Forderung nach Lieferung moderner Kampfpanzer zu rechtfertigen. Am Ende würde das zu einer militärischen Eskalation führen, den Blutzoll erhöhen und Verhandlungen noch mehr erschweren.

Zudem ist die Behauptung, keine Seite wolle verhandeln, so nicht richtig. Moskau signalisiert immer mal wieder, dass es zu Verhandlungen bereit wäre, so Außenminister Lawrow wieder am 11. September - ganz im Gegensatz zu Selenskij. Selbst wenn man meint, dies seien nur Worte im Propagandakrieg, müsste eine Regierung mit Friedenswillen versuchen, sie auf ihre Ernsthaftigkeit zu testen. Schließlich war Moskau im Getreidedeal zu Verhandlungen bereit, ebenso wie bei der Vereinbarung mit der Internationalen Atomenergiebehörde zum AKW Saporoschje.

Doch in der EU hat anscheinend niemand die Courage, eine diplomatische Initiative zu ergreifen. Es ist bezeichnend, dass zwar Macron und Scholz noch manchmal mit Putin telefonieren, Joe Biden aber seit Beginn des Krieges kein einziges Mal zum Hörer gegriffen hat. In Moskau geht man zurecht davon aus, dass Paris und Berlin in der Sache nichts zu melden haben. Denn ein Effekt dieses Krieges ist, dass der Traum von der strategischen Autonomie der EU vorerst ausgeträumt ist.

Wir haben es längst mit einem „proxy war with NATO“, einem Stellvertreterkrieg zu tun, wie Hal Brands, Mitarbeiter im US-Außenministerium, schreibt. Sein lesenswerter Artikel trägt den Titel Why Superpower Crises Are a Good Thing (Warum Krisen zwischen Supermächten eine gute Sache sind). Darin werden die Chancen aufgezeigt, die der Krieg für Washington bietet. Tatsächlich ist die Stellvertreterdimension inzwischen der dominante Treiber des Krieges. Und das Oberkommando des westlichen Lagers sitzt in Washington. Die Internationalisierung führt allerdings dazu, dass die Komplexität des Konflikts und die damit verbundenen Risiken um Größenordnungen größer werden. Damit wird auch das Argument obsolet, wir dürften der Ukraine nicht von außen vorschreiben, was sie zu tun habe. Es gibt kein Außen mehr.

Die Kräfteverhältnisse in diesem Krieg können jedoch nicht auf die militärischen reduziert werden. Auch wenn die Sanktionen durchaus Schaden in der russischen Wirtschaft anrichten und der IWF ein Schrumpfen des BIP um 8,5 Prozent prognostiziert, so wird gleichzeitig für die Ukraine ein Minus von 35 Prozent vorausgesagt. Die sozialen Konsequenzen für die Bevölkerung sind schon jetzt dramatisch und werden in den Wintermonaten noch drastischere Formen annehmen – mit entsprechenden Auswirkungen auf die militärische Lage und die politische Stimmung. Auf Dauer machen die in solchen Situationen üblichen Phrasen der Führung von Heldentum und sicherem Endsieg nicht satt.

Friedenspolitische Alternativen als politische Produktivkraft

Richtig ist freilich, dass diejenigen, die Verhandlungen fordern, auf die militärische und ökonomische Entwicklung (noch) keinen Einfluss haben. Das heißt aber nicht, völlig machtlos zu sein. Ihr Terrain ist die Beeinflussung des Meinungsklimas bei uns. Verhandlungen als Alternative zum Krieg in der innenpolitischen Debatte stark zu machen, ist eine politische Produktivkraft, mit der Druck von unten, aus der Gesellschaft entstehen kann. Kräfteverhältnisse sind nicht statisch, sie können durch Eingreifen von unten verändert werden. Dabei kann man sich u.a. auf Kriegsmüdigkeit stützen, die schon immer ein Verbündeter von Friedenskräften war. So wurde der Vietnam-Krieg nicht etwa durch die militärische Schwäche der USA beendet, sondern durch den Verlust der innenpolitischen Unterstützung.

Aber auch die im engeren Sinne sicherheits- und friedenspolitischen Alternativen müssen anschaulich gemacht werden, selbst wenn sie nicht sofort realisierbar sind. Wie bei anderen Themen ist das Aufzeigen von Alternativen eine Produktivkraft, die Motivation und politisches Engagement erzeugt. Es geht zunächst darum, das Meinungsmonopol des militärischen Narrativs zu brechen.

In der Vielzahl der inzwischen vorliegenden Vorschläge zur Beendigung des Ukrainekriegs kristallisieren sich als Kern folgende Punkte heraus:
- als erstes muss ein Waffenstillstand zustande kommen;
- dazu wird es Vermittler bedürfen. In Frage kommen dafür die UNO und neutrale Staaten, ggf. in Kombination;
- der Waffenstillstand könnte Ausgangspunkt für die Bildung einer entmilitarisierten Zone werden, in der UNO-Blauhelme stationiert werden;
- die Ukraine braucht Sicherheitsgarantien. Die könnten durch Garantiemächte gewährleistet werden, am besten durch solche, die nicht Konfliktpartei sind, wie Indien, die Türkei oder Südafrika, ggf. aber auch gemischt mit Partnern beider Seiten;
- für die russischen Interessen ist zentral, dass die Ukraine nicht zum militärischen Brückenkopf von USA/NATO vor der russischen Haustür wird;
- für die Lösung der Territorialfragen könnten nach einigen Jahren Volksabstimmungen unter internationaler Aufsicht durchgeführt werden. Modell könnte das Saarland sein, dass nach dem Krieg zehn Jahre unter französischer Verwaltung stand. 1955 entschieden sich 67,7 Prozent der Saarländer für den Beitritt zur Bundesrepublik. Die unterlegene Minderheit muss die Option zum Wechsel in das andere Land haben, flankiert durch soziale Unterstützung;
- als positive Anreize ist ein internationales Wiederaufbauprogramm für alle vom Krieg betroffenen Regionen aufzulegen, auch der unter russischer Kontrolle;
- die Sanktionen werden Zug um Zug abgebaut;
- als weiterer Anreiz für Russland werden Verhandlungen zur strategischen Rüstungskontrolle gestartet;
- als längerfristige Perspektive beginnt eine Konferenz über eine gesamteuropäische Sicherheitsarchitektur.

So oder so ähnlich sähe die Agenda einer Friedenskonferenz aus. Sie wäre schwierig und würde mit Rückschlägen zu kämpfen haben. Und natürlich würden alle Seiten Kröten schlucken und Maximalpositionen aufgeben müssen. Das gehört nun mal zum Wesen des Kompromisses. Aber so sieht moralisch integre und zugleich realistische Politik aus.
- von Peter Wahl (Publizist und Vorstandsvorsitzender der Nichtregierungsorganisation Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung (WEED) sowie Gründungsmitglied von Attac Deutschland.)

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #krieg #ukraine #russland #nato #verhandlungen #diplomatie #brasilien #china

Hier noch zur Unterlegung dessen, was Brasilien (Vertreten durch den Präsidenten Lula da Silva) gemeinsam mit China auf den Weg bringen will. Die Vorgaben dafür wurden bereits in einer Resolution der UN-Generalversammlung am 2.März 2022 (!!!) gelegt:

UN-Resolution fordert Verhandlungen

Die Frage ist [...]: Könnten Verhandlungen den Ukraine-Krieg beenden, bevor er weiter eskaliert? Gibt es eine (zumindest provisorische) Lösung, die beide Seiten akzeptieren? Hat man aus dem Verlauf früherer Kriege nicht doch ein paar Lehren gezogen? Oder sind Verhandlungen ohne Druck auf dem Schlachtfeld undenkbar? Wladimir Putin will seine Kriegsziele nicht aufgeben und der ukrainische Präsident hat Verhandlungen per Dekret verboten.

Ganz unrealistisch ist eine Kontaktaufnahme dennoch nicht. Denn bereits wenige Tage nach Kriegsbeginn hat die UN-Generalversammlung in ihrer Resolution ES-11/1 vom 2. März 2022 einen Ausweg empfohlen. Zwar wurde der Inhalt der spektakulären Resolution in westlichen Medien extrem einseitig wiedergegeben – man hob vor allem die Verurteilung des russischen Angriffskrieges durch 141 der 193 UN-Staaten hervor –, doch das Kleingedruckte enthält durchaus eine Überraschung. In Punkt 8 der Resolution fordert die Generalversammlung die Konfliktparteien auf, „sich an die Minsker Vereinbarungen zu halten und in den einschlägigen internationalen Rahmen, einschließlich des Normandie-Formats und der Trilateralen Kontaktgruppe, konstruktiv auf deren vollständige Umsetzung hinzuwirken“. Punkt 14 fordert noch einmal „nachdrücklich die sofortige friedliche Beilegung des Konflikts zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine durch politischen Dialog, Verhandlungen, Vermittlung und andere friedliche Mittel“.

Nun werden kundige Völkerrechtler einwenden, die UN-Generalversammlung könne so viele idealistische Empfehlungen abgeben wie Sandkörner in der Sahara liegen, zuständig für eine Konfliktbeendigung sei allein der Sicherheitsrat, und dort blockiere Russland mit seinem Veto eine Lösung. Dieses Veto kann jedoch umgangen werden, und zwar durch die am 3. November 1950 anlässlich des Korea-Krieges beschlossene Resolution „United for Peace“. In ihr wird der Generalversammlung die Befugnis zur Einberufung von Dringlichkeitssitzungen erteilt, wenn der Sicherheitsrat durch ein Veto blockiert ist. Zwar kann die Generalversammlung keine militärische Friedenserzwingung beschließen, aber politische Maßnahmen kann sie durchaus ergreifen. Etwa die Bildung einer „UN Ceasefire Group“ aus nichtständigen Mitgliedern des Sicherheitsrates, wie es Indien, Kanada und der Iran im Dezember 1950 versucht haben. Eine Garantie für das Erreichen eines Abkommens ist das nicht, aber einen Versuch wäre es wert. Brasilien als nichtständiges Mitglied des Sicherheitsrats könnte in einer solchen Waffenstillstandsgruppe die Führung übernehmen.

Eine UN-Friedenstruppe

Nimmt man die Verhandlungsergebnisse in früheren Kriegen als Maßstab, wird sich die Ukraine, obwohl eindeutig Opfer der russischen Aggression, auf einen schmerzlichen Kompromiss einlassen müssen. Die wichtigsten Punkte sind die Festlegung einer Demarkations- oder Waffenstillstandslinie, die Einrichtung einer demilitarisierten Zone, der Abzug aller fremden Streitkräfte, die Rückführung der Kriegsgefangenen und die Überwachung des Waffenstillstands durch eine neutrale Friedenstruppe der UN. Anschließend käme das zu Unrecht geschmähte Minsker Abkommen wieder auf die Agenda....
- aus https://www.freitag.de/autoren/wolfgangmichal/eskalation-oder-verhandlungen-zwei-szenarien-fuer-den-ukraine-krieg

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

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Klartext:

Ohrfeigen für Scholz

Bundeskanzler zu Besuch in Brasilien (Von Jörg Kronauer)

Eine »Charmeoffensive«: So hatten Politik und Medien zu Jahresbeginn das peinlich schleimige Auftreten von Frank-Walter Steinmeier beim Amtsantritt seines brasilianischen Amtskollegen schöngeredet. Der Bundespräsident habe es doch tatsächlich geschafft, noch vor den offiziellen Feierlichkeiten zur Amtseinführung einen Gesprächstermin bei Luiz Inácio Lula da Silva zu ergattern, hörte man: ein Privileg! Nach dem Treffen strahlte Steinmeier in die Kameras, tätschelte Lulas Unterarm, betonte gönnerhaft, es sei »gut zu wissen, dass Brasilien zurück ist auf der internationalen Bühne«: So sehen enge Partner aus, nicht wahr? Olaf Scholz hat am Montag nun die Berliner »Charmeoffensive« fortgeführt: »Wir freuen uns alle, dass Brasilien zurück auf der Weltbühne ist«, schnulzte der Kanzler – und seine Entourage prahlte stolz, Scholz sei der erste auswärtige Regierungschef, den Lula nach seinem Amtsantritt in Brasília empfange: Wie nahe steht man sich doch!

Enge Partner? Lula hat die schmierige Anwanzerei, neben Scholz vor der versammelten Presse stehend, mit einer doppelten Ohrfeige beantwortet. Munition für die Ukraine? Brasilien hat Geschosse für den Flugabwehrpanzer »Gepard«, seit es ihn zum Schutz seiner Stadien bei der Fußball-WM 2014 erwarb. Es ist aber nicht bereit, sich am Ukraine-Krieg zu beteiligen, und rückt die Munition deshalb nicht raus. »Brasilien ist ein Land des Friedens«, erklärte Lula – und das heißt im Umkehrschluss: Deutschland, das sich so gern als angebliche Friedensmacht inszeniert hat, ist heute ein Land des Kriegs.

Die zweite Ohrfeige? Nein, Lula lässt sich auch politisch nicht gegen Russland in Stellung bringen, im Gegenteil – er stößt eine Verhandlungsinitiative im Ukraine-Krieg an. Damit positioniert er Brasilien nicht nur zwischen der Ukraine und Russland, sondern faktisch auch zwischen Russland und dem Westen: als eigenständigen Machtpol. Dass er darüber hinaus auch noch China in die Vermittlungsbemühungen einbinden und damit Beijing eine weltpolitische Schlüsselstellung zubilligen will, ist der nächste Schlag für Berlin.

Scholz hat versucht, die Differenzen zu übertünchen und Gemeinsamkeiten zu betonen – etwa den Wunsch, das Freihandelsabkommen der EU mit dem Mercosur endlich unter Dach und Fach zu bekommen. Bislang haben einige EU-Staaten, darunter Frankreich, gebremst – im Interesse ihrer Agrar- und Fleischproduzenten, die südamerikanische Konkurrenz abwehren wollen. Inzwischen fühlt sich aber auch Argentinien stark genug, auf Nachbesserungen zum Schutz seiner schwachen Industrie gegen die Übermacht aus der EU zu dringen. Wie weiter? Der Mercosur werde »zeigen, wie flexibel wir sind«, kündigte Lula an – dies allerdings nur dann, wenn auch »die Europäer« Flexibilität an den Tag legten. Die Zeiten, in denen der Westen nicht nur Krieg und Frieden diktieren, sondern auch die Ausplünderung des globalen Südens einseitig oktroyieren konnte, sind wohl – »Charmeoffensive« hin oder her – vorbei.
- https://www.jungewelt.de/artikel/443995.ohrfeigen-f%C3%BCr-scholz.html

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#politik #krieg #ukraine #russland #nato #verhandlungen #diplomatie #brasilien #china

Brasilien will vermitteln

Scholz-Besuch: Lula will mit China Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau anstoßen (Von Jörg Kronauer)

Brasilien wird der Ukraine keine Munition liefern und sich statt dessen um politische Vermittlung zwischen Kiew und Moskau bemühen. Das hat Präsident Luiz Inácio Lula da Silva am Montag (Ortszeit) anlässlich seines Treffens mit Bundeskanzler Olaf Scholz mitgeteilt. Lula erläuterte mit Blick auf die Bitte Berlins, der ­Ukraine Munition für »Gepard«- und »Leopard 1«-Panzer aus dem Besitz der brasilianischen Streitkräfte zur Verfügung zu stellen, sein Land habe »kein Interesse« daran: Man wolle »keinerlei Beteiligung an diesem Krieg, auch nicht indirekt«.

Seine Regierung sei jedoch gewillt, sich als Vermittler zwischen Russland und der Ukraine zu betätigen. Es sei »notwendig, eine Gruppe von Ländern zu bilden, die stark genug ist und respektiert wird«, erklärte Lula, »und sich mit den beiden an einem Verhandlungstisch zusammenzusetzen«. Dabei spielten »unsere chinesischen Freunde eine sehr wichtige Rolle«: »Es ist Zeit, dass China anpackt.« Lula fügte hinzu, er habe über seine Vorstellungen schon mit Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gesprochen.

Der Bundeskanzler war bemüht, trotz der doppelten Abfuhr beim Abschluss seiner Südamerikareise einen vermeintlichen Schulterschluss mit Lula zu suggerieren.....
- https://www.jungewelt.de/artikel/443961.scholz-in-brasilien-brasilien-will-vermitteln.html

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #krieg #ukraine #russland #nato #uno #lateinamerika #diplomatie #verhandlungen #waffenruhe

Manchmal liest man Sachen, von denen man sich wirklich nur wundern kann, dass diese in den westlichen Medien nicht auftauchen. Aber im Wertewesten ticken wohl alle so wie Selenskij, der sich auf internationalem Parkett so aufführt als wäre er Weltenherrscher. Dabei ist er nur ein weiterer Lakei der sogenannten "führenden Industrienationen".

Lateinamerika und der Krieg in der Ukraine

Lateinamerika hat im internationalen System ein eigenes Gewicht als Frieden bringender und stabilisierender Akteur gewonnen. Friedensvorschlag des mexikanischen Präsidenten in der UNO-Vollversammlung.

Auf der 77. Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York trat am 22. September 2022 der mexikanische Außenminister Marcelo Ebrard mit einem Friedensvorschlag zur Beendigung des Ukraine-Krieges auf, der von weiteren lateinamerikanischen Ländern unterstützt wurde. Es geht um die Beendigung des Krieges durch Verhandlungen.

Der mexikanische Präsident Lopez Obrador gab auf den Feierlichkeiten zum mexikanischen Unabhängigkeitstag diesen Vorschlag das erste Mal bekannt: "Die Friedensmission muss unverzüglich die Einstellung der Feindseligkeiten in der Ukraine und den Beginn direkter Gespräche mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj und dem russischen Präsidenten Putin anstreben."1

Verhandlungsorganisatoren sollen der Papst, der UN-Generalsekretär und der indische Ministerpräsident Narendra Modi sein, die einen Waffenstillstand von fünf Jahren durchsetzen sollen.

Prompt kam die Antwort durch einen Mitarbeiter von Selenskyj, der Obrador vorwarf, dieser wolle den Krieg ausnutzen, um Publicity zu machen. Außerdem twitterte er: "Ihr 'Plan' ist also ein russischer Plan".2

Was die ukrainische Regierung vollkommen unterschätzt, ist, dass der Vorschlag des mexikanischen Präsidenten in einer Kontinuitätslinie seines Auftretens seit Beginn des Ukraine-Krieges liegt und dass er sich im Einklang mit den meisten Staatsoberhäuptern Lateinamerikas befindet. Mehrfach beklagten Obrador und eine Reihe lateinamerikanischer Staats- und Regierungschefs wie Alberto Fernandez und Cristina Kirchner aus Argentinien, der Präsident Boliviens Luis Arce und der neugewählte brasilianische Präsident, Luiz Ignacio Lula da Silva, dass der Krieg in der Ukraine wegen mangelnder Verhandlungsbereitschaft nicht verhindert wurde. Sie geben sowohl Russland als auch den USA, der Nato sowie der Ukraine gleichermaßen die Schuld an dem Krieg.

Die Regierung in Kiew hat scheinbar nicht wahrgenommen, dass die meisten Länder der Welt, mindestens zwei Drittel, wenn nicht sogar drei Viertel, eine andere Position als die westlichen Staaten zum Ukraine-Krieg einnehmen. Auch wenn sie den Krieg Russlands gegen die Ukraine verurteilen, wie das in der UN-Vollversammlung im März 2022 mehrheitlich der Fall war, so beziehen sie zu den Sanktionen, der Schuld- und Verursacherfrage und vor allem mit Blick auf die Beendigung des Krieges eine andere Position als die westlichen Staaten und die Ukraine.

Da gerade die lateinamerikanischen Staaten in ihrer Geschichte besonders oft Opfer von gewalttätigen Interventionen der USA, von militärischen Eingriffen bis zur Installation von Militärregimen und der Unterstützung rechter Putschisten im Namen der US-amerikanischen Monroe-Doktrin waren, 3 lehnen sie Gewalt in den internationalen Beziehungen, die Verletzung der Souveränität und Integrität anderer Staaten vehement ab und treten für die Einhaltung des Völkerrechts ein. Und gerade deshalb hat kein lateinamerikanischer Staat in der UNO gegen die Verurteilung Russlands wegen seiner Intervention in die Ukraine gestimmt.

Aber sie lehnen nicht nur die russische Intervention in der Ukraine ab, sondern alle Interventionen, auch die der USA in Lateinamerika und anderswo wie in Vietnam, in Afghanistan, im Irak, in Jugoslawien und in Syrien mit Millionen Toten.

Der Regierung von Selenskyj ist offensichtlich auch entgangen, dass sich Lateinamerika aus seinem Hinterhof- und Stellvertreter-Dasein gegenüber den USA im Sinne der Monroe-Doktrin gelöst und eine eigenständige, stabilisierende und Frieden bringende Position in der Welt erlangt hat.

Erst vor kurzem hat Lateinamerika beim Zustandekommen des Kernwaffenverbotsvertrages von 2021 eine Initialrolle gespielt. Dabei bauten die Länder auf ihren Erfahrungen der Kernwaffenfreiheit im Vertrag von Tlatelolco über eine kernwaffenfreie Zone in Lateinamerika von 1967 auf. Sie wollen diese auf die ganze Welt ausdehnen, um einen Nuklearkrieg zu vermeiden.

Aufgrund der Äquidistanz-Position Lateinamerikas zwischen den Großmächten, der Vertiefung der regionalen Integration im Mercosur und der Celac – der Gemeinschaft lateinamerikanischer und karibischer Staaten 4 – und durch die Diversifizierung seiner Außenbeziehungen konnte Lateinamerika einen erheblichen politischen Freiraum erringen, der die Abhängigkeit von den USA und von Europa verringerte.

Dazu gehören vor allem der wachsende wirtschaftliche Einfluss Chinas als wichtigster Kreditgeber und zweitwichtigster Handelspartner und Investor in der Region und der Ausbau der Beziehungen zu Russland, ohne dass diese beiden Staaten Lateinamerika ihre "Werte" aufdrücken wollen. Kurz vor Ausbruch des Ukraine-Krieges besuchte etwa der argentinische Präsident China und Russland, während der brasilianische Präsident nach Russland reiste. Lateinamerika baute in den letzten Jahrzehnten ein Netz von Beziehungen zu China (Belt & Road-Initiative) und Russland auf.

Aber auch das Agieren Lateinamerikas in der Gruppe der G20 und den Brics gehören zu der erfolgreichen Diversifizierungsstrategie.

Der wachsende Freiraum zeigte sich ebenso in der selbstbewussten Position auf dem "Summit of the Americas" im Juni 2022, der zur Organisation Amerikanischer Staaten gehört und unter der Hegemonie der USA eine Neuauflage der Monroe-Doktrin zur Zurückdrängung des Einflusses von Russland und China in Lateinamerika anstrebt. Eine Reihe von lateinamerikanischen Staatschefs folgte der Einladung nach Washington aus Protest gegen den Ausschluss Kubas, Venezuelas und Nicaraguas nicht. Diese Verweigerungshaltung lateinamerikanischer Regierungschefs war für die hemisphärischen Hegemoniepläne der USA ein herber Rückschlag....
- vollständiger Artikel: https://amerika21.de/analyse/261444/lateinamerika-krieg-der-ukraine

deutschewelle@squeet.me
deutschewelle@squeet.me

Wie Eritrea den Krieg in Äthiopien befeuert | DW | 13.10.2022

Das Land am Horn von Afrika hat anscheinend ein massives Aufgebot eigener Truppen in das äthiopische Tigray entsandt. Damit könnte es weitere Friedensverhandlungen torpedieren. Die internationale Kritik nimmt zu.#Eritrea #Krieg #Äthiopien #Tigray #Verhandlungen
Wie Eritrea den Krieg in Äthiopien befeuert | DW | 13.10.2022

lester_bangs@pod.mttv.it

Russische Drohungen mit #Atomwaffen : #Verhandlungen jetzt

Es muss alles dafür getan werden, um mit #Putin ins Gespräch zu kommen.
Solange der #Diktator am roten Knopf sitzt, droht die größtmögliche #Eskalation

#taz #asmuth #russland #fuckputin #ukraine #krieg

https://taz.de/Russische-Drohungen-mit-Atomwaffen/!5884829/

"Wäre das nicht der Kniefall vor dem Despoten? Ja, aber … Würde das Putin besänftigen? Vielleicht nicht, aber… Würde er nicht später noch mehr fordern? Gut möglich, aber … Macht das den Westen nicht erpressbar? Hier wenigstens ein klares Nein. Der Westen hatte sich längst erpressbar gemacht – durch die Abhängigkeit von russischem Gas, Öl und anderen Rohstoffen. Und er wird erpressbar bleiben, solange Putin am roten Knopf sitzt."

Ich bin ratlos. die Angst ist natürlich brechtigt, aber was hieße das für die Welt? Putin macht, was er will, weil er Atomwaffen hat?