#kritik

taschenlampe@despora.de

Realitätsverlust und suizidale Drift - Der Abstieg des Westens im Viruswahn und „Krieg gegen Putin“

Lesestoff!

Erster Teil es dreiteiliger Essay...Wer Zeit hat, sollte sich die Gedanken Urbans mal "reinziehen". Nicht dass ich alles unterschreiben würde was Urban da von sich gibt, aber prinzipiell trifft er mMn hie und da ins Schwarze und offenbart die Irrationalität "unserer" Reaktionen auf Corona und Putin.

Sowohl die Corona-Krise als auch der aktuelle Ukraine-Krieg legen ein beredtes Zeugnis von der Plausibilität und Tragfähigkeit der wertkritischen Krisentheorie, gerade im Hinblick auf ihre sozialpsychologischen Implikationen, ab. In den vergangenen zweieinhalb Jahren wurden wir Zeugen einer auch für krisentheoretisch geschulte Beobachter beeindruckenden Irrationalität des im Verfall befindlichen Spätkapitalismus und seines postmodernen Krisensubjekts. Diese Diagnose beschränkt sich bei weitem nicht nur auf mehr oder weniger abstruse Verschwörungstheorien, wie sie in der Corona-Krise in einigen Segmenten der Bevölkerung um sich griffen – und denen zufolge das Coronavirus etwa eine Erfindung von Bill Gates und Co. und die Corona-Impfung Teil eines genozidalen Bevölkerungsreduktionsprogramms sei –, sondern umfasst auch und gerade die offizielle Seuchenbekämpfungspolitik der Staaten wie auch die gesamtgesellschaftliche Reaktion auf das Virus – eine Reaktion, die besonders in den Staaten des globalen Westens nicht minder wahnhafte und paranoide Züge annahm (vgl. Schink 2023). Damit verbunden ist auch ein offenbar auf neue Höhen gekletterter Realitätsverlust, der in der Stilisierung einer grippeähnlichen Infektionskrankheit zu einem „Killervirus“ und einer „Jahrhundertseuche“ ebenso Gestalt annahm wie in der völlig verzerrten westlichen Wahrnehmung des Ukraine-Krieges, seiner Ursachen sowie seines Verlaufs, der zunehmend von einem historischen Debakel des Westens und insbesondere der US-amerikanischen Hegemonialmacht kündet

https://wertkritik.org/beitraege/urban-realitaetsverlust-und-suizidale-drift-teil1
https://wertkritik.org/beitraege/urban-realitaetsverlust-und-suizidale-drift-teil2
https://wertkritik.org/beitraege/urban-realitaetsverlust-und-suizidale-drift-teil3

#corona #covid #psychologie #kritik #wertkritik #theorie #kapitalismus #debatte #gedanken #putin #nato #urkaine #westen #realität #usa #eu #gesellschaft #krise

simona@pod.geraspora.de

Die aktuelle Bankenkrise zeigt wieder einmal wie Kaputt unser Kapitalismus ist.

1) Banken werden gerettet.
2) Rohstoffunternehmen machen Übergewinne und treiben dadurch die Inflation an.
3) Private Hausbesitzer werden in den ruin getrieben weil sie sich den Hauskredit nicht mehr leisten können.
4) Wer kein Kapital besitzt wird vollends in die Armut getrieben weil steigende Löhne angeblich nicht gut sind bei Inflation.

Also mal wieder das altbekannte Problem: Gewinne werden privatisiert und Verluste trägt die Allgemeinheit wobei die ärmere Hälfte den Löwenanteil übernimmt :(


#kritik #system #problem #politik #finanzen #Geld #Umverteilung #bankster #Kapitalismus #Armut #Ausbeutung #inflation

simona@pod.geraspora.de

Der konservative merkbefreite Gutmensch als Gegenstück zum links grün Gutmensch.

Ja beides Kampfbegriffe und einer Diskussion nicht zuträglich aber die Gesellschaft ist so gespalten, dass eine ernsthafte Diskussion ohnehin kaum noch möglich ist.

Woran erkennt man solche konservativen Kräfte:

  • Sie haben keine Ahnung aber viel Meinung. Sie beschäftigen dich stundenlang damit ihnen grundlegende Zusammenhänge zu erklären und haben alles am nächsten Tag schon wieder vergessen.
  • Sie beharren darauf, dass legale Migration möglich ist und genutzt werden sollte. Jeder der im Mittelmeer ertrinkt hat selber schuld.
  • Zuerst sollte man einheimischen Obdachlosen helfen bevor ein Asylant nur einen Cent erhält. Da dies nicht geschieht soll halt kein Ausländer Geld erhalten.
  • Wer flüchten muss soll gefälligst in ein Nachbarland flüchten und nicht zu uns.
  • Wer mir vorwirft ich wäre menschenverachtend weil ich die Augen vor vom Westen verursachten Problemen verschließe der kommt auf die ignorieren Liste.

#politik #Populismus #diskurs #Diskussion #Gesellschaft #kritik #noNazis #nieWiederCDU #niemehrcdu #union

diggers@diaspora-fr.org

Ein postideologischer #Totalitarismus

Quelle:streifzuege.org

Es ist ein längere Text, der sich eigentlich mit den psychoanalytischen #Thesen zweier großer Psychoanalytiker beschäftigt, heißt es dort u.a in der Einleitung:

Zuweilen konnte man sich in den vergangenen zwei Jahren nur wundern, mit welcher Selbstverständlichkeit der Großteil der Linken davon überzeugt war, mit ihrer vorbehaltlosen Unterstützung der rigorosesten staatlichen Corona-Maßnahmen auf der politisch richtigen Seite zu stehen, auf der linken nämlich

Stattdessen ist man mit Worten rasch zur Hand und nimmt es mit der Logik nicht allzu genau: Wer angesichts des Corona-Regimes von Diktatur spricht, verharmlost wahre Diktaturen und ist damit ein Holocaust-Leugner. Eine Mutter, die ihr Kind nicht impfen lassen will, als Nazi zu beschimpfen, ist aber kein Problem und auch, dass damit die Frage des Antisemitismus völlig sachfremd instrumentalisiert wird. Hauptsache man wähnt die Moral auf seiner Seite. Jedenfalls beansprucht dieser linke Diskurs, in Sachen Schutz der Bevölkerung der einzig legitime Standpunkt zu sein und seine Vertreter sind überzeugt davon, mit dieser Haltung rechtes Gedankengut abzuwehren

Das Frappanteste ist, wie weitgehend sich die Linke seit Beginn der Corona-Krise aus ihren angestammten Kritikfeldern, allen voran der #Kritik an den internationalen Organisationen der Globalisierung, verabschiedet hat, sodass man zuweilen den Eindruck bekommt, ihre Haltung sei nicht mehr von derjenigen des WEF und seines Begründers Klaus Schwab zu unterscheiden

Anm: auch die jeden wirklich wissenschaftlich gebildeten Menschen schon im Vorfeld bewussten #Kollateralschäden finden hier noch einmal Beachtung:

Dass durch die Maßnahmen, nicht durch das Virus, weltweit mit 20 Millionen mehr Hungertoten zu rechnen ist, wie Oxfam schon im letzten Sommer warnte

... zu einer massiven Verschärfung der eh schon skandalös grossen sozialen Ungleichheit führt....

...wie die FAO berechnet, durch die Corona-Maßnahmen weltweit 70-161 Millionen mehr Menschen hungern, und, wie die UNO berechnet, 140 Millionen Kinder zusätzlich in Armut gestürzt werden?

** ist das kein Rassismus? Und ist es sozialdarwinistisch oder gar rechts, solche Fragen zu stellen – und nicht vielmehr links?**

Umso erstaunlicher ist es, dass die gleichzeitig immer autoritärer werdende Staatsform kein Thema mehr sein soll. Denn dieses autoritäre Regime setzt etwas fort oder fügt sich jedenfalls problemlos darin ein, was schon seit längerem als autoritärer Neoliberalismus bezeichnet wird....

Wir sind immer noch im #Kapitalismus und der Staat stellt sich immer noch, mit autoritären Mitteln, in dessen Dienst, aber sein Gesicht hat sich verändert.

Dieser #Staat – und dieser Kapitalismus – braucht die alten Insignien rechter Ideologien ganz einfach nicht mehr. Im Gegenteil: Ich meine, dass rechte Ideologien überhaupt disfunktional zu den Erfordernissen der heutigen Kapitalakkumulation geworden sind.

Es ist die #Linke, die mit ihrer Haltung das Feld der berechtigten Kritik der Rechten überlassen hat, weil sie sich weigern, irgendetwas in Frage zu stellen, obwohl die Ungereimtheiten sich längst bis zum Himmel türmen. Sie sind verantwortlich für einen Zulauf nach rechts, wenn es ihn denn geben wird.


Anm.: Jetzt fährt der Text mit der Psychoanalyse fort. Hier werden die durchaus ambivalenten Thesen eines Jacques #Lacan:

Dabei greifen diese Ansätze auf eine Feststellung Lacans zurück, dass der kapitalistischen Produktionsweise eine totalitäre Tendenz inhärent ist, deren Autoritarismus sich gerade nicht aus der Verpflichtung auf ein höheres Ideal, dem „ideellen“ Gehalt der deshalb so genannte Ideologie, herleitet, sondern umgekehrt aus dem Schwinden oder Bedeutungsverlust jeglichen Ideal

Diese psychoanalytische Version der Biopolitik hebt ein totalitäres Moment hervor, das in der Auslöschung der Dimension des Subjektes liegt.

Das Postideologische reduziert das Dasein auf die Immanenz des Lebens und entkleidet es so jeder transzendenten Dimension.

Anm: mit der vor 15 Jahren aufgestellten #These von Massimo #Recalcati:

... dass der postideologische Totalitarismus sein bevorzugtes Tätigkeitsfeld auf dem Gebiet der Gesundheit findet und er prägte dafür den Begriff des „hypermodernen Hygienismus“

Dabei greift diese „horizontale Regierung des Lebens“ nicht auf offene Formen von Gewalt zurück, sondern auf aseptische (Anm. #keimfrei) Evaluations- und Auswertungsverfahren.

Sie hat nicht die Form repressiven Verbote, sondern „jene der fälschlicherweise als fortschrittlich verstandenen einer allgemeinen Quantifizierung des Lebens“

Er vergisst die Dimension einer strukturellen Versehrtheit des Lebens und versucht stattdessen, „nach Maßgabe einer verrückten moralischen Pädagogik“, anzugeben, welches das richtige Verhältnis zum Glück ist.

Wenn dies geschieht – und es geschieht heute mittels einer propagandistisch verbreiteten Medikalisierung der Gesundheit –, so sind wir, wie Lacan stets betont, nur noch einen Schritt von jener ‚innerlichen Katastrophe‘ entfernt, die wir #Totalitarismus nennen.“

Anm: Fazit dieses psychologischen Betrachtung:

Liest man Recalcatis Text vor dem Hintergrund der vergangen zwei Jahre, so muss es einem erscheinen, wie wenn er eine Dystopie vorweggenommen hat, die nun real geworden ist

Denn das Corona-Regime trägt alle Züge eines hypermodernen #Hygienismus:

Was wir hier vor uns haben, ist jene von Lacan beschriebene grausame Dimension des Über-Ichs, das in seiner puristischen Verfolgung des moralisch Richtigen an ein obszönes Genießen stößt: Die Verzichtsleistung, die das Über-Ich fordert, wird in ihrer Absolutheit ihrerseits triebhaft


Dass dies auch eine, wenn für uns auch vollkommen neue Form des Totalitären ist, scheint die Linke nicht nur zu verkennen, sondern auch, dass sie längst selbst zu dessen wichtigster Promotorin geworden ist. Womit sie sich ganz in die Logik des Diskurses des Kapitalismus stellt, dem sie sich offenbar vollumfänglich verschrieben hat – selbst dann, wenn dieser sich zunehmend eines autoritären Staat bedient und damit eigentlich dem entspricht, was sie selbst als rechts bezeichnen würde.


#Analyse #Politik #Gesellschaft #Psychologie #Psychoanalyse #Corona #Pandemie #streifzuege

dg7bba@diaspora.psyco.fr

RⒶmonⒶ ⁽⁽⁽i⁾⁾⁾ - vor 3 Jahren

Angebot von der #Sparkasse
Wie lange dauert es noch bis es alle begriffen haben, dass unser #Finanzsystem im Arsch ist?

#Kapitalismus #euro #finanzen #politik #system #kritik
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Deus Figendi
Deus Figendi - vor 3 Jahren

Was bedeutet *?

Nunja, das Sternchen hin oder her, viel lustiger finde ich “Nur solange der Vorrat reicht”. Das klingt als hätten sie halt 12 Millionen Euro in Cach in so Jutetaschen à 50.000€ herum liegen und wenn die alle sind, dann gibt es eben kein Geld mehr XD

Ich fände es ja fast witzig einen Beratungstermin zu machen und zu eröffnen mit “wie groß ist eigentlich ihr Vorrat (an Geld)?”
RⒶmonⒶ ⁽⁽⁽i⁾⁾⁾
RⒶmonⒶ ⁽⁽⁽i⁾⁾⁾ - vor 3 Jahren

Ich fände es ja fast witzig einen Beratungstermin zu machen und zu eröffnen mit “wie groß ist eigentlich ihr Vorrat (an Geld)?”

Habe ich probiert. Der normale Berater kapiert gar nicht worum es geht und die Leute vom Fach werden dir niemals Zahlen nennen. Es gab mal Reporter die herausfinden wollten wie hoch die Absicherung der Banken ist. Im EU-Raum werden dir deine Spareinlagen bis €100.000 garantiert selbst wenn die Bank pleite geht. Angeblich sind dir Rücklagen für diese Versicherung so gering, dass nicht mal eine Kleinstbank pleite gehen darf.
ictus@diasp.org
ictus@diasp.org - vor 3 Jahren

Ja, zumindest sind 100.000 € Einlagen EU-weit garantiert (daneben auch noch ein bestimmter Betrag aus Wertpapiergeschäften). Notfalls muss der Staat einspringen. Es ist aber nur die gesetliche Regelung, daneben gibt es noch freiwillige Einlagensicherungen bei Banken. Volksbanken und Sparkassen haben Systeme, die alle Einlagen sicherstellen sollen. Wenn ein Großteil der Institute auf einmal plötzlich pleite ist, dann würde dies natürlich nicht klappen. Oder wie in Bulgarien, wo eine Großbank Pleite ging, konnte man nicht innerhalb der gesetzlich bestimmten Zeit die Gelder auszahlen (weil die Rücklagen im Fonds nicht ausreichten). Der EuGH stellte dann fest, dass dies eine Vertragsverletzung ist (also durch Bulgarien). Die 100.000 haben die Leute bekommen, nur paar Wochen später.

mikhailmuzakmen@pod.geraspora.de

#politik #kritik #gerechtigkeit #bürgerliches-denken #kapitalismus

Jenseits der Gerechtigkeit

Auch wenn da immer noch allen warm ums Herz wird, ist doch zu fragen, wohin diese Losung trägt. Vierzehn Paragraphen gegen die Umtriebe der Gerechtigkeit (von Franz Schandl)

§ 1

Gerechtigkeit ist die Anrufung der bürgerlichen Seligkeit durch das bürgerliche Subjekt gegen die bürgerliche Realität. Die Erzählung von der Gerechtigkeit gehört zu den fairy tales of commerce. Der Schrei nach Gerechtigkeit ist der bürgerliche Traum. Alle meinen in seinem Namen auftreten zu müssen. Kaum spielt es diesen Evergreen, ist das Publikum erleichtert. Es lauscht einer bekannten Melodie und fühlt sich heimisch. Von einigen Herrschaftszynikern ausgenommen, singen alle die gleiche Hymne. Besonders inbrünstig erklingt sie in den Gesängen der Linken. Gerechtigkeit gehört zu den Grundtermini unserer bürgerlich-liberalen Gesellschaft. Jedes Denken, Fühlen, Handeln hat sich in diese Hülsen zu stecken. Gerechtigkeit ist eine demokratische Göttin, an der sich alle anhalten wollen, wenngleich die Anschauungen extrem divergieren.

§ 2

Gerechtigkeit ist eines dieser Worte, die mehr sagen als wir denken. Alle sind dafür, die Linken, die Liberalen, auch die Rechten. Dritte-Welt-Gruppen fordern „Fairtrade“, Grüne sprechen von „Fairteilen“, der austrokanadische Multimillionär Frank Stronach setzte wie einst Jörg Haider auf eine „faire Marktwirtschaft“. „Infinite justice“ benannte der oberste Weltpolizist George Bush unmittelbar nach dem 11. September den sodann folgenden Kreuzzug gegen das Böse auf der Welt. Und mit der Formel der „Carbon justice“ wird eine Entwicklung hin zu gleichen Pro-Kopf-Emissionsrechten gefordert. Ohne Gerechtigkeit scheint kein Diskurs zu laufen und kein Vorhaben zu begründen.

§ 3

Gerechtigkeit sagt nicht, was man will, sondern nur wie viel man haben möchte. Alles ist anscheinend eine Frage der Proportion, nicht eine der Portion selbst. Im permanenten Vermessen liegt ihre imaginäre Kraft. Man kann sich vieles darunter vorstellen. Ziel der Gerechtigkeit ist nicht die Alternative zum System, sondern die Korrektur des Quantums. Nicht die politische Ökonomie ist demnach unser Problem, sondern dass nicht alle ausreichend partizipieren dürfen. Gerechtigkeit ist eine Chiffre für äquivalentes Tauschen. Sie meint eine gesellschaftlich kodifizierte proportionale Zuteilung von Ansprüchen, d.h. von Geld, Waren oder Leistungen an Personen oder Gruppen.

§ 4

Die Zukurzgekommenen wollen einfach länger treten. Statt „Wir sagen Nein!“, sagen sie: „Wir wollen auch!“, insbesondere: „Wir wollen mehr!“ Herrschaft soll nicht überwunden, sondern begradigt werden. Statt endlich zu sagen: „Wir haben genug!“, sagen sie: „Wir haben nicht genug!“, oder „Wir können gar nicht genug kriegen“. Mehr, mehr von alledem wollen wir, unbedingt. Mehr heißt übrigens meist nicht mehr als mehr Geld. Gerechtigkeit verlangt nach Wertung durch Aufwertung. „Ich bin diesen Preis wert“, proklamiert das preiswerte Bewusstsein. Gerechtigkeit fordern jene, die meinen, sie hätten zu wenig. Was natürlich die allermeisten meinen. Gerechtigkeit ist ihr normatives Futter. Es macht zwar nicht satt, aber es hält hungrig.

§ 5

Hinter der Parole der Gerechtigkeit verbirgt sich letztendlich doch nur die Formel von gerechten Preisen, gerechten Pensionen oder gerechten Löhnen. Was aber wäre nun Gerechtigkeit? Sind 5 Euro Stundenlohn für eine Textilarbeiterin ungerecht, 12 Euro aber gerecht? Sind 15 Euro für einen Stahlarbeiter ungerecht, 22 aber gerecht? Warum nicht 16 Euro für beide? Oder 32? Und warum soll ein Bundeskanzler oder ein Manager eigentlich mehr verdienen als ich? Dass der Benko mehr hat als der Schandl, das ist doch nie und nimmer gerecht, oder? Der kapitale Bub macht in einer Woche mehr Cash als ich im ganzen Leben. Das kann doch nur ungerecht sein, oder? Und ist es nicht megaungerecht, wenn meine allseits geschätzte Mutter 8600 Jahre als Näherin (also als anerkannte Minderleisterin) hätte arbeiten müssen, um das zu lukrieren, was irgendein gröberes Börsenburli in einigen Minuten zockt oder verzockt? Derlei ist nicht ungerecht, derlei ist irr!

§ 6

Gerechtigkeit ist eine Sackgasse. Solange sie im Zentrum der Forderungen steht, ist nichts Neues in Sicht. Mit dem Postulat der Gerechtigkeit bezieht man sich positiv, nicht kritisch auf die bürgerliche Sozietät. Die unreflektierte Forderung nach Gerechtigkeit zieht sämtliches Unbehagen auf den Boden einer seichten und klebrigen Moral. Man beliebt am bürgerlichen Leim zu haften. Wollen ist lediglich als herrschende Empfindung, in unserem Fall eben als Gerechtigkeit denkbar, spürbar, ausdrückbar. Bevor wir für etwas sind, sind wir schon einmal dafür. Gerechtigkeit meint, dass das, was ich möchte, in eine abstrakte Formel dieser Gesellschaft gegossen, also in einen Wert verwandelt wird.

§ 7

Es dünkt, dass es da noch anderes gibt als die Weltlichkeit von Gesetz und Recht, nämlich eine bürgerliche Geistlichkeit, die die Herzen wärmt. An die Gerechtigkeit zu glauben, unterscheidet sich nicht wesentlich davon, an Gott zu glauben. In Immanuel Kants „Metaphysik der Sitten“ war die Gerechtigkeit ja noch eindeutig an Gott gebunden. Unaufhörlich spricht er in religiöser Terminologie von „Schuld“, „Ehrfurcht“, „belohnender Gerechtigkeit“ und „Strafgerechtigkeit“. Das ist kein Zufall. Das gehört zusammen. Auch wenn mittlerweile eine Säkularisierung stattgefunden hat, ist der Götzendienst am Vokabular unüberhörbar. Es sind Gebete gegenseitiger Versicheurng. Der religiöse Geist hat sich nicht verflüchtigt, sondern bloß verweltlicht. Gerechtigkeit ist nunmehr eines dieser Serienprodukte kulturindustrieller Ideologiebewirtschaftung.

§ 8

Gerechtigkeit ist des Rechts religiöser Geist, ihr ideelles Wesen, unabhängig vom realen Gehalt. Auch wenn sie gegeneinander auftreten, treten sie gemeinsam auf. Die Diskrepanz von Sein und Sollen wird elegant in Stellung gebracht. Freilich offenbart Gerechtigkeit zugleich das Geständnis, dass es mit dem Recht alleine doch nicht funktioniert, sagt aber bereits via Begriff selbst, dass es nur mit den Kategorien und Prinzipien dieser Welt zu denken vermag. Gerechtigkeit ist keine über das Recht hinausweisende Größe, sondern ein ihr aufgeschraubter Scheinwerfer. In Gestalt der Gerechtigkeit erhält das Recht Besuch von seiner eigenen Sittenpolizei.

§ 9

Gerechtigkeit ist der Umweg über die Empörung zur Zustimmung. Gerechtigkeit ist eine Losung, die nie zu einer Lösung führen kann.Ihre Relevanz besteht lediglich in ersterer. So reproduziert sie immanente Haltungen und Handlungen. Kritik wird in die Kanäle der Affirmation geleitet. Wer jene protegiert, möchte – ohne es unbedingt zu wollen -, dass es so bleibt, wie es bereits ist. Das Postulat der Gerechtigkeit drückt Befangenheit aus, nicht Befreiung. Man will anknüpfen, nicht brechen.

§ 10

Um es in aller Deutlichkeit zu sagen: Der Kapitalismus ist die Verwirklichung der Gerechtigkeit. Gerecht ist die Weltwirtschaftsordnung, gerecht ist die Ausbeutung, gerecht sind Löhne und Mieten, Preise und Profite. So viel Gerechtigkeit hat es noch nie gegeben. Die Welt ist gerecht. Der Tausch ist die entsprechende und somit gerechte Form der Realisierung des Wertgesetzes. Und wenn dieses nicht mehr funktioniert, dann simulieren wir einfach weiter. An der Zerstörung der Welt, hat die Gerechtigkeit mehr Anteil als deren Aposteln lieb ist.

§ 11

Mit der Gerechtigkeit fährt man an die bürgerliche Wand. Die inflationäre Dynamik und die zunehmende Lautstärke der Schlagworte werden indes ihren Crash nicht verhindern. Das ist auch gut so. Weniger gut ist, dass wir bisher keine begrifflichen Alternativen haben, sodass wir beharrlich die Phrasen der bürgerlichen Epoche aufsagen. Nach wie vor entlehnen wir ihr „Namen, Schlachtparole, Kostüm, um in dieser altehrwürdigen Verkleidung und mit dieser erborgten Sprache die neue Weltgeschichtsszene aufzuführen.“ (Karl Marx, Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, MEW 8, S. 115) Ein paar Zeilen vorher hält er apodiktisch fest: „Die Tradition aller toten Geschlechter lastet wie ein Alp auf dem Gehirne der Lebenden.“

§ 12

Mit der Gerechtigkeit kann man vielleicht noch mobilisieren, aber man vermag mit ihr nichts zu gewinnen, auch nicht mit einer Klimagerechtigkeit und einer Generationengerechtigkeit, was immer die überhaupt bedeuten könnten. Warum muss sich der vielfältige und begrüßenswerte Klimaaktivismus ausgerechnet als Klimagerechtigkeitsbewegung verstehen? Die Vernichtung der Lebensgrundlagen ist kein ethisches Problem, sondern Resultat der Kapitalherrschaft, Folge ökonomischer Zwangsgesetze. Das Muster der Gerechtigkeit zerbricht auch an den ökologischen Erfordernissen der Zeit. Mit Entschädigungen und Ausgleichszahlungen ist heute nicht einmal mehr Zeit zu gewinnen. Die substanziellen Zerstörungen müssen beendet, nicht mit einigen Millionen abgefedert und umverteilt werden. Doch genau das resultiert aus der Gerechtigkeit.

§ 13

Es geht nicht um die Herstellung einer proportionalen Betroffenheit, sondern um die Eliminierung der Verheerungen. Bevor der Welt die Lichter ausgehen, sollten wir dem Kapitalismus den Schalter abdrehen. Es geht also nicht darum, die ungleiche Verteilung der globalen Schäden unter Berücksichtigung des Verursacherprinzips auszugleichen. Es geht auch nicht darum, dass die, die Umweltmalaise angerichtet haben, für diese bezahlen (was sie übrigens nie könnten), es geht darum, dass dieses autodestruktive Treiben sein Ende findet. Es geht nicht um einen schlechten Ausgleich, es geht um ein schlichtes Aus.

§ 14

Die Muster der Gerechtigkeit sind ausgeleiert und ausgelutscht, ideologisches Geschwätz von gestern. Die bürgerliche Burg ist ein Zwinger des Geistes. Das Gerede von der Gerechtigkeit vernebelt nur die Gemüter. Man soll sagen, was man will und was man nicht will. Das dafür aber entschieden. Auf überkommene Glaubensbekenntnisse und abstrakte Werte kann man getrost verzichten. Gerechtigkeit vergiftet alle Anliegen durch ihre bürgerliche Mitgift. Das Wollen hat sich direkt zu artikulieren, nicht als Gerechtigkeit zu kostümieren.

P.S.: MARX-KASTEN

„Die Gerechtigkeit der Transaktionen, die zwischen den Produktionsagenten vorgehn, beruht darauf, dass diese Transaktionen aus den Produktionsverhältnissen als natürliche Konsequenz entspringen. Die juristischen Formen, worin diese ökonomischen Transaktionen als Willenshandlungen der Beteiligten, als Äußerungen ihres gemeinsamen Willens und als der Einzelpartei gegenüber von Staats wegen erzwingbare Kontrakte erscheinen, können als bloße Formen diesen Inhalt selbst nicht bestimmen. Sie drücken ihn nur aus. Dieser Inhalt ist gerecht, sobald er der Produktionsweise entspricht, ihr adäquat ist. Er ist ungerecht, sobald er ihr widerspricht. Sklaverei, auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise, ist ungerecht; ebenso der Betrug auf die Qualität der Ware.“ (Das Kapital, Band 3, MEW 25, S. 351f.)

mrd_ill_be_back@diasp.org

#rassismus und zur #ideologie gewordener #antirassismus, anstatt #kritik des rassismus, brauchen #ideologiekritik / #antifa
https://www.nd-aktuell.de/artikel/1170132.antirassismus-gefuehle-sind-noch-keine-wahrheit.html

Das Projekt der #Moderne werde einseitig als Grundlage des modernen Rassismus abgelehnt, anstatt es in seiner #Dialektik zu begreifen. Marz moniert die fehlende Unterscheidung von politischem und ökonomischem #Liberalismus. Die Erkenntnis, dass dem Rassismus ökonomische Konflikte vorausgehen, wird für eine #Gesellschaftsanalyse geopfert, die die Grundlage der Veränderung in der Aufgabe von #Privilegien zu sehen meint. Von einer radikalen #Gesellschaftskritik kann insofern keine Rede sein. Nimmt man den Rassismus als partikularistische Ideologie wahr, der »die Einheit der Menschheitsgattung« bestreitet, dann gilt es gerade dann an einem #Universalismus festzuhalten, der der individuellen statt der kollektiven Verschiedenheit Raum gibt. Dieser Universalismus sieht die unterschiedlichen (Diskriminierungs-)Erfahrungen und reflektiert sie am konkreten historischen und gesellschaftlichen Fall, um der Spaltung, wie sie im Rassismus angelegt ist, die Stirn zu bieten. Die #CriticalWhiteness indes läuft Gefahr, eben jene Spaltung zu verfestigen, obwohl sie einst angetreten war, einen essentialistischen Kulturbegriff abzulehnen.