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Mit ein paar einfachen Maßnahmen könnten zumindest einige rasche erste Schritte zur Erreichung der Klimaziele gemacht werden. Doch nichts geschieht. (Von Wolfgang Pomrehn)
Eigentlich ist es eine ziemlich klare Angelegenheit. Seit 2019 hat Deutschland ein nationales Klimaschutzgesetz (KSG), das die Ziele ziemlich genau festlegt. Die sind zwar auch nach der im Sommer 2021 aufgrund eines Richterspruchs aus Karlsruhe erfolgten Nachbesserung noch immer viel zu bescheiden. Doch immerhin gibt es diese klar fixierten gesetzlichen Vorgaben, die für die einzelnen Sektoren wie etwa Industrie, Verkehr und Landwirtschaft festlegen, wie hoch der Ausstoß der Treibhausgase noch sein darf. Und zwar nicht irgendwann in ferner Zukunft, sondern mit eindeutig definierten Schritten, Jahr für Jahr.
Das Problem: Das Gesetz ist nicht nur unzureichend, da selbst mit dem nun endlich abgesteckten Rahmen Deutschland nicht seinen Anteil zur Begrenzung der globalen Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau beitragen wird. Sondern das KSG wird von der Bundesregierung auch noch fortgesetzt ignoriert. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat daher nun eine Klage beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingereicht. Schon 2021, im zweiten Jahr, für das das KSG Emissionshöchstgrenzen vorsieht, wurden die Ziele in den Sektoren Gebäude und Verkehr gerissen. Das hatte seinerzeit der vom Gesetz vorgesehene Expertenrat der Bundesregierung ins Stammbuch geschrieben. Konkret geht es dem BUND darum, die vom Gesetz für den Fall der Zielverfehlung vorgesehenen, aber insbesondere vom Bundesverkehrsministerium verweigerten effektiven Sofortprogramme zur Emissionsminderung zu erzwingen.
Dabei könnten mit ein paar einfachen Maßnahmen zumindest einige rasche erste Schritte gemacht werden. Zum Beispiel mit einem Tempolimit auf den Autobahnen, wie es seit Jahrzehnten in den allermeisten Ländern üblich ist. Oder mit einer Förderung des öffentlichen Massenverkehrs. Das Neun-Euro-Ticket hat letztes Jahr gezeigt, was möglich wäre, wenn endlich Verkehrspolitik für alle betrieben würde.
Doch nichts von dem geschieht. Statt dessen wird in Lützerath mit Polizeigewalt der Weg für den weiteren Abbau von Braunkohle freigeprügelt, statt dessen sollen noch mehr als 800 weitere Autobahnkilometer entstehen und der Ausbau nun sogar noch per Gesetz forciert werden. Mancher davon durch wertvolle Wälder wie den Dannenröder Forst in Osthessen oder den Fechenheimer Wald bei Frankfurt am Main. Dort werden in diesen Tagen wieder einmal mit Hilfe vieler Uniformierter junge Klimaschützer aus dem Weg geräumt, um den Weg für das Zerstörungswerk freizumachen. Und überall tragen die Verantwortung auch Minister von Bündnis 90/Die Grünen, Minister jener Partei, die viele noch immer für eine Klimaschutzpartei halten. Allerdings sind deren einst leuchtend grüne Parteifahnen längst ins Olivfarbene verblichen und verströmen nun einen modrigen Leichengeruch.
- https://www.jungewelt.de/artikel/443520.ignoriertes-gesetz.html