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Unter CIA-Aufsicht folterte der afghanische Geheimdienst NDS, der von den Amerikanern geschaffen wurde, regelmäßig und systematisch. Jetzt ist Rahmatullah Nabil mit Ahmad Massoud, Sohn des bekannten Mudschaheddin-Führers und Warlords, der gegen die Taliban kämpfte, unterwegs in Europa, um für die Nationalen Widerstandskräfte zu werben.
Während Massoud an die Weltgemeinschaft, die zunehmend das Interesse an Afghanistan verloren und sich in vielerlei Hinsicht mit den Taliban abgefunden hat, appelliert, hat er vor allem jene Regimefiguren um sich geschart, die für die Gesamtmisere, sprich, Rückkehr der Taliban, Fall der Republik und Scheitern des westlichen Einsatzes, maßgeblich mitverantwortlich sind. Dies machte die Teilnehmerliste in Wien abermals deutlich. Neben den Namen von bekannten, in Korruptionsskandalen verstrickten Ex-Politikern fand man auch jenen des ehemaligen Geheimdienstchefs, Rahmatullah Nabil.
Nabil ist kein unbeschriebenes Blatt. Während der Amtszeit von Ex-Präsident Hamid Karzai führte er in den 2010er-Jahren den afghanischen Geheimdienst NDS (National Directorate of Security), der zu Beginn des „War on Terror“ von der CIA kreiert wurde. Die Amerikaner rekrutierten dabei vor allem innerhalb der Mitglieder der Nordallianz, die bereits in den 1990er-Jahren während des Bürgerkrieges für Angst und Schrecken sorgten (auch Massoud Seniors Erbe wird deshalb kritisch betrachtet, da seine Milizen zahlreiche Menschenrechtsverbrechen begingen), und unter den Überbleibseln des kommunistischen Geheimdienstapparates der 1980er-Jahre. Letzterer war während des Kalten Krieges für seine Brutalität besonders bekannt und füllte einst die Folterkeller des Pol-e Charkhi-Gefängnisses in Kabul mit Tausenden von Unschuldigen, die nie wieder das Tageslicht erblickten. Auf dieses Erbe wurden die Fundamente des NDS errichtet.
Dass man in Washington und Langley mit Menschenrechtsverbrechern, die den Taliban in nichts nachstanden, zusammenarbeitet, war eine bewusste Entscheidung. Die Moral fiel weg, denn es gab sie nie. Stattdessen wurde das neu rekrutierte Personal von US-Offiziellen und Militärs gehuldigt. Ihre „Expertise“ wurde geschätzt und erweitert. Unter CIA-Aufsicht folterte der NDS regelmäßig und systematisch. Den Führungsposten erhielt man wie Nabil nur, wenn man von den amerikanischen Foltermeistern auserkoren und abgesegnet wurde.
Bis zu seinem Zusammenbruch im August 2021 verfügte der NDS landesweit über zahlreiche Folterzentren, in denen sich auch Kinder in Gefangenschaft befanden. Laut der UN wurden mehr als ein Dutzend verschiedener Foltermethoden vom NDS angewendet, darunter Schläge, simuliertes Ersticken sowie sexuelle Gewalt. Viele Jugendliche sowie junge Männer schlossen sich den Taliban an und radikalisierten sich aufgrund der Vorgehensweise des NDS.
Im Frühling erzählte mir ein Taliban-Kämpfer aus der nördlichen Provinz Baghlan während eines Interviews von seiner mehrjährigen NDS-Gefangenschaft. „Die Folter war besonders schlimm. Sie war Teil meines Alltags“, fasste er kurz und knapp und sichtlich geschädigt zusammen. Auch er war zum damaligen Zeitpunkt minderjährig. Laut der UN wurde die Folter als das beste Mittel betrachtet, um an Geständnisse zu kommen. Dies ist umso weniger verwunderlich wenn man bedenkt, dass die Architekten des „War on Terror“ nicht anders dachten und ein Folterregime errichteten, das in Guantanamo bis heute seine Pforten geöffnet und jegliche rechtsstaatliche Errungenschaften untergraben hat.
In den letzten Jahren häuften sich außerdem gezielte Attentate und Mordversuche, für die afghanische Beobachter den NDS verantwortlich machten. Manche munkelten gar von der Errichtung eines geheimen Zirkels, der aus aktiven und ehemaligen NDS-Führungspersonen bestand und es sich zur Aufgabe gemacht hatte, einen Machtverlust zu verhindern. Mit jener Macht war auch viel Geld verbunden. Das jährliche Budget des NDS lag bei mindestens 225 Millionen US-Dollar. Berichten zufolge lagen die Bargeldreserven des NDS im August 2021 kurz vor der Rückkehr der Taliban bei 70 Millionen US-Dollar. Als die Taliban das Hauptquartier des Geheimdienstes in Kabul einnahmen, war das meiste Geld bereits weg. Selbst US-Offizielle machen hierfür ehemalige Geheimdienstoffizielle, die sich ein letztes Mal bereichern wollten, verantwortlich.
Trotz der bekannten Tatsachen können Männer wie Nabil unbehelligt durch die Welt reisen und weiterhin für „ihre Sache“ werben. Zuletzt war er etwa nicht nur in Wien, sondern auch bei der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) in Berlin, was vom bekannten Afghanistan-Kenner Thomas Ruttig heftig kritisiert wurde. „Doch zugleich wird hierzulande jemand wie Nabil, der politisch für Folterungen verantwortlich war, offenbar unhinterfragt als Experte akzeptiert
- https://overton-magazin.de/krass-konkret/wenn-der-afghanische-ex-folterchef-durch-europa-tourt/